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'£. Da» kleinste «and Europa'». Zwei Stunden von der alten Kai serstadt Aachen, zwischen den Königrei chen Preußen und Belgien, liegt das sogenannte neutrale Gebiet von Mores net, des „des kleinsten Landes Euro paS." Seiner geographischen Lage nach grenzt das Neutralgebiet, welches die Form eines nach Norden hin lang zuge spitzten stumpfwinkeligen Dreiecks hat, im Osten und Süden an Preußen, im Westen an Belgien die südlichste Spitze wird von dem Geulbach durchflössen, welcher sich unterhalb Maastricht in die Maas ergießt. Im-vergangenen Jahrhundert bildete das Ländchen unter österreichischer Herrschaft einen Bestandteil der Graf schaft Dalhem (Herzogthum Limburg). Als 1795 die Franzosen die Länder diesseits des Rheins erobert hatten, wurde Moresnet dem Kanton Aubel (Departement de l'Ourthe) zugetheilt, welcher Landestheil unter andern im Jahre 1815 von Frankreich an die ver bündeten Mächte abgetreten wurde. Zwar war schon in den Artikeln 25 und 66 der Wiener Kongreßakte die Grenze zwischen Preußen und den vereinigten Niederlanden durch. Aufstellung einer Grenzlinie im allgemeinen festgesetzt worden, allein die zur endgültigen Fest legung der Grenzlinie ernannten preu ßischen u. niederländischen Kommissäre haben sich nicht einigen können. Die serhalb ist in Artikel 17 des am 26. Mai 1816 zu Aachen zwischen den bei den Mächten geschlossenen Grenzver träges die nachfolgende Bestimmung getroffen worden: „Artikel 17 ... die unbestimmt, da den Grenzen des Kantons (supen von Süden nach Norden nach dem Be rührungspunkt der drei hingezogenen Geraden liegt, jedenfalls dem Konig reich Preußen angehören suti day endlich der zwischen den vT'' Grenzlinie bleibt die beiden nen sich über *f beiderseitigen Kommissio- die Theilung des tlemen Theiles des Kanton Aubel nicht haben einigen können, welcher ... dem König reich Preußen angehören soll, böte je Schwierigkeit wird der der Entscheidung Regierungen unter- breitet, welche zur Beseitigung dersel ben Maßregeln, erachten, so sie als zweckmäßig zu ergreisen haben. Bevor diese Entscheidung getroffen, soll die provisorijcye Grenze für Die Gemeinde Moresnet dergestalt gevildet werden: day derjenige &heti der Ge meinde, welcher links von einer geraden Linie zwischen dem Beruhrungspuntl der drei Kantone und dem der drei A)e partements liegt, auf jeden Fall dem Königreich der ytteberlanoe zuMt day derjenige &heil, welcher rechts von einer von Verden Lünen gelegene Theil selbiger Gemeinde, als einziger der da villigerweise streitig ge macht werden könne, einer gemeinscyast lichen Verwaltung untergeordnet wird und von keiner der beiden Machte mili tärisch besetzt werden darf." Der letztere Theil dieser Bestim mung, betreffend das neutrale Gebiet, besteht bis heute unverändert fort und ist grundlegend für die Existenz und Berwaltung desselben. Nur sind mit der belgischen Utevolution die Rechte der Bereinigten Niederlande an das Königreich Belgien übergegangen. Durch die gemäß obigen Artikel vorge nommene Theilung stelen von der Ge meinde Moresnet etwa 60 Häuser an Preußen, 80 Häuser an die Bereinigten Niederlande. Neutral-Moresnet noch nicht 350 Hektar groß, zählte bei seiner Entstehung noch ungefähr 250 Ein wohner und 50 zerstreut liegende Häu ser. Daß eine Einigung Uber ein so geringfügiges, weder kommerziell noch strategisch wichtiges Gebiet nicht zu Stande kam, liegt in der Rechtsauf fassung beider Staaten, welche dahin geht, daß nach richtiger Auslegung der Wiener Kongreßakte jedem der Allein besitz zukomme. Veranlassung zu die sen entgegengesetzten Auffassungen bil det wohl nicht das Gebiet als solches, sondern das auf demselben gelegene, sehr bedeutende Galmeibergwerk des Altenbergs (Galmei ist ein Zinkerz), dessen Alleinbesitz den betheiligten Staaten sehr werthvoll erschien. Weder Preußen noch Belgien haben in Moresnet bis heutigen Tages ein selbstständiges Gesetzgebungsrecht, es bestehen vielmehr die franzosischen Ge setze und Einrichtungen von früher wei ter fori. Das Gebiet untersteht einem preußischen und einem belgischen Korn missär, welche beide mit der gemein schaftlichen Verwaltung betraut sind u. ihre Sitze in Aachen respektive Verviers haben. Von ihnen werden auf Grund des Artikels 20 des Gesetzes vom 28. Pluviose des Jahre 8 (17. Februar 1800) der Bürgermeister und die Stadträthe ernannt. Der Gemeinde rath setzt sich zusammen aus zehn Bür gern. Eine eigene Gerichtsverwaltung be sitzt Moresnet nicht, es steht den Be wohnern frei, ihre Klagen und Streit fragen bei den zuständigen preußischen oder belgischen Gerichten vorzubringen. Die Ortspolizei wird vom Bürgermei ster ausgeübt, welchem preußische und belgische Gendarmen, sowie ein neutra ler Gemeindediener in diesem Amte zur Seiti stehen. Auch für die Steuerabgaben.gelten die alten Bestimmungen es sind zu entrichten: Grundsteuer, Personal- und Mobiliarsteuer, Thür- und Fenstetsteu er und Patentsteuer. Demnächst soll auch eine Gewerbesteuer für Schank lokale eingeführt werden. Was die militärischen Verhältnisse des Gebietes betrifft, so sind die bereits bei Entstehung desselben ansässigen Bürger und deren Nachkommen von der Militärpflicht entbunden, wo hin-1 gegen die preußischen oder belgischen Staatsbürger sich durch Answande rung auf neutralen Boden keineswegs dieser Pflicht entziehen können. Altenberg, der Gemeindehauptort, liegt am Südende des Gebietes an der Aachen Lütticher Chaussee. Der üb rige bewohnte Theil besteht aus zer streut liegenden Häusern und Gehöften. Diese mit eingerechnet, zählt die Ge meinde heute ungefähr 2900 Seelen, worunter 400 neutrale Bewohner sein dürften. Das landwirtschaftliche Bild, welches das Städtchen seinen Besuchern darbietet, ist ein sehr freundschaftliches. Von der Sohle des Altenberges lang sam ansteigend, lacht es freundlich in's Thal mit seinem spiegelhellen See und seinem industriellen Getriebe hinüber in's deutsche Land zu den waldigen Höhen, wo auf festem Felsengrunde über rauschenden Baumkronen die Em maburg sich stolz erhebt, bespühlt von dem lustig dahinsprudelnden Gohlbach. Alte Sagen knüpft der Volksmund an diese Beste aus früheren Jahrhunder ten. Hier soll Karls des Großen Tochter Emma, mit ihrem Geliebten Einhard in Zurückgezogenheit gelebt haben. Die anmuthige Geschichte der Liebe dieses großen Geschichtsschreibers zu der Kaisertochter ist in Gedichten u. Dramen unzählige Male behandelt worden, so daß sie fast den Charakter und die Geltung einer geschichtlichen Thatsache erlangt hat. Die Burg in ihrer- reizenden, stillen Lage ist aber auch zu einer Stätte der Minne gera dezu wie geschaffen, und der Duft ver gangener, schönerer Zeiten durchweht sie. Am Fuße der Emmaburg liegen die Steinbrüche von Preußisch Moresnet und die der Bergwerksgesellschast ge hörigen reichen Zinkerzgruben Fossey und Schmalgraf. Von hier führt am Rande des Gohlbaches entlang der Weg ins offene Thal, an dessen Rändern sich die Erzwäsche und Aufbewahrungsan stalt der „Altenberggesellschaft" aus breitet. Die Besichtigung des Berg Werks bildet für den Besucher von Al tenberg ein Hauptinteresse, da ja das selbe mit der Entstehung und dem Fortbestand von Neutral-Moresnet in nächstem Zusammenhang steht und srü her mehr denn heute die Haupterwerbs quelle für dessen Bewohner bildete. Seine Geschichte läßt sich bis in das 15. Jahrhundert verfolgen. Erst An fangs dieses Jahrhunderts, als von dem damaligen Pächter desselben, Do ny. die Reduktionsmethode für Zink erz entdeckt worden war und das Zink nach und nach in die Reihe der noth wendigen Metalle eintrat, begann die Blüthezeit des Bergwerks, und die bel gisch französische Gesellschaft „Societe zinc de la Vieille Montagne", welche seit 1837 dessen Ausbeute betreibt, hat vermöge ihrer bedeutenden Hilfsquellen und der tüchtigen Leitung des Betrie bes die Erträge des „Altenberg" in nie geahntem Maße gesteigert. So zum Beispiel beträgt der Ertrag desselben im letzten Halbjahrhundert mehr denn zwei Millionen Tonnen reinen Gal meis. Rascher Aufschwung der wirtschaft lichen Verhältnisse ging für den Neu tralstaat damit Hand in Hand. Von 500 im Jahre 1837 stieg die Bevölke rung bis zu 2570 im Jahre 1858 das heißt genug! Treten wir in das Städtchen hinein, so begegnen wir allenthalben jenem ge sunden, kräftigen Menschenschlag des Westens. Die bei weitem vorherrschende Sprache ist die deutsche. Der Haupt theil der Bevölkerung setzt sich aus Ar beitern und deren Familien zusammen, welche theils im Bergwerk, theils in dem nahegelegenen Aachen ihren Er werb finden, sowie aus Kleingewerb treibenden. Ein geringerer Theiler nährt sich von den Erzeugnissen der Landwirtschaft. Für gesunde und freundliche Arbeiterwohnungen hat die Bergwerksgesellschaft in ausgiebigster Weise gesorgt. Alle Maaren gehen zollfrei ans den Nachbarstaaten ein und werden erst bei etwaiger Wiederaus fuhr zollpflichtig. Als katholische Pfarrei wird die Ge meinde von einem Pfarrer und einem Vikar geleitet und gehört dem Bis thurn Lüttich an. Eine große, schone Pfarrkirche, welche im Jahre 1863 mit einem bedeutenden Zuschuß der Berg Werksgesellschaft vollendet wurde, trägt iiirn 11 InWMiliiafrin in Vellage z«m nicht wenig zur Verschönerung des Städtchens bei. Für die wenigen Be wohner protestantischer Konfession wurde im Jahre 1856 eine Kapelle ge stiftet. An Unterrichtsanstalten besitzt Al tenberg zwei Knaben- und zwei Mäd chenschulen. ferner eine Näh- und Strickschule, sowie eine Kleinkinder bewahr Anstalt. Postämter sind zwei vorhanden, ein belgischs und ein deutsches, und wird das Gebiet von beiden Postverwaltun gen als Inland betrachtet. Im Jahre 1886 bestand neben diesen ein drittes, neutrales Postamt mit besonderer Postwerthzeichen, welches nur den Cha rakier einer Lokalpost trug und bereits dreizehn Tage nach seiner Eröffnung (am 19. Oktober 1886) einging, da die Kommissäre die Genehmigung dazu nicht ertheilt, hatten. Nur so lange freilich wird sich Mo tesnet seine Lilipuweutralität bewah ren, so lange seine Wichtigkeit als Bergwerksgebiet dauert. Ist diese vor fiber, wird auch Moresnet aus der klei nen Zahl der Staatsmißgebilde schei den und nur trauernd an die große Zeit seiner Neutralität zurückdenken. Revolution im SiUltli* del. Professor M. Philippson in Bonn veröffentlicht in der neuesten Nummer der „Nation" einen interessanten Auf satz: „Eine Revolution im Welthan del", dem wir folgende Ausführungen entnehmen: Bei Beginn der Neuzeit war Deutschland eines der betriebsamsten, bevölkertsten und reichsten Länder der Welt. Selbst die Söhne des hochkul tivirten Italien bewunderten die Zahl seiner Bewohner, ihren Wohlstand und ihre gewerbliche Thätigkeit. Nach ziem lich zuverlässigen Schätzungen zählte Deutschland 30 Einwohner auf den Quadratkilometer, also im Ganzen ungefähr 20 Millionen Menschen, zu einer Zeit, wo Frankreich nicht mehr als 10, England 2 ls2 Millionen, Schottland etwa 800,000 Seelen ent hielten. Vermögen von 240,000 Du katen, oder, nach heutigem Geldwerthe, 12 Millionen Mark, besaßen damals oberdeutsche Handelshäuser zweiten Ranges die Fugger geboten über eine Habe von 4 3s4 Millionen Gulden, die heilte 175 Millionen Mark entsprechen wurden. Die deutschen Kausleute ver fügten über ein so großes bewegliches Kapital, daß sie dem Kaiser, den Kö ntgen von Frankreich, England, Spa nien, überhaupt den meisten europäi schen Herrschern die Gelder „Fortschritt", New Ulm, Minnesota. Vorschossen, die diese in ihren eigenen Ländern nicht fanden sie wurden die Gläubiger fämmtlicher Potentaten. Man braucht nur die Prachtbauten deutscher Renais sance in Bürgerhäusern Nürnbergs. Lübecks. Hildesheims. Brannschweigs, den reichen und zierlichen Prunk aller Geräthe jener. Zeit zu betrachten, um den behäbigen und feinen Wohlstand des damaligen Deutschlands zu begrei sen. Der Ackerbau stand in solcher Blüthe, daß Getreide. Wein. Waid, Krapp, Hanf und Flachs über das Be dürfniß erzeugt und massenhaft ausge führt wurden. Der deutsche Bergbau war der wichtigste Europas. Deutsch land, nicht England, galt als das Land Land der Maschinen und Erfindungen, die von den Fremden angestaunt und eirfig nachgeahmt uwrden. Baum wollen- wie Leinen-Industrie blühten in hohem Maße und arbeiteten zum großen Theile für den Export, der auch Metall-, und zwar besonders Stahl waayren, Takel- und Tauwerk, sowie Hausrath der verschiedensten Art be traf. Nicht minder entwickelt war der deutsche Handel. Die oberdeutschen Kaufleute unterhielten Faktoreien in Ungarn. Italien, Spanien. Portugal, Südfrankreich und zumal in Antwer pen. wo sie infolge ihrer gewaltigen Kapitalkraft die erste Rolle spielten. Selbst die Entdeckung Amerikas sowie des Seeweges nach Ostindien, die den Welthandel aus seinen bisherigen Bah nen riß und den Schwerpunkt des Ver kehrs vom Mittelmeer nach dem At taktischen Ocean verlegte, hatte einst weilen die süddeutschen Kaufherren nicht schwer betroffen, da sie sich mit vieler Gewandtheit beeilt hatten, sich an der Spanier und Portugiesen über seeischen Handelsunternehmungen zu betheiligen. Die norddeutsche Hansa hatte freilich den Höhepunkt ihrer Macht schon überschritten indeß be herrschte sie immer noch durch zahlreiche Vorrechte den Verkehr der skandinavi schen Staaten und Englands, und ihre Fahrzeuge vermittelten auch den Zwi schenhandel an den europäischen Küsten des Mittelmeers. Nur an englischen MMMMO Tuchen verschifften sie jährlich für mehr als 300.000 Pfund Sterling (nach heutigem Geldwerthe mehr als 20 Mil lionen Mark) und außerdem erhebliche Mengen von Wolle, Blei und Zinn, mit einem durchschnittlichen Jahresnutzen von etwa sechs Millionen Mark. Der Verkehr zwischen England und Süd frankreich allein beschäftigte unausge setzt vierzig hansische Schiffe. Wie kam es nun, daß im Laufe ei nes halben Jahrhunderts Deutschland die gewerbliche und kommerzielle Vor Herrschaft in der Nordhälfte unseres Welttheils an England verloren hat? Diese wichtige, interessante und bisher noch nie von Grund aus behandelte Frage wird an der Hand neuen um fassenden handschriftlichen Materials gelöst von Rich. Ehrenberg, Sekretär des königlichen Kommerzkollegiums in Altona, in einem Buche, das unter dem Titel „Hamburg und England im Zeit alter der Königin Elisabeth" in die Welt tritt (Jena, Fischer, 1896). Nicht sowohl die Gunst der Natur, zumal der geographischen Lage, ja nicht einmal die wachsende technische und wirth schaftliche Tüchtigkeit des englischen Volkes, als vielmehr die zielbewußte und kräftige Thätigekit der britischen Regierung yat zunächst den Anstoß zum Aufblühen des englischen Gewer bes und Handels gegeben. Diese That fache, die der seit Darwin und Buckle weit verbreiteten mechanischen Luffas-' sung geschichtlicher Vorgänge durchaus widerspricht, wird durch Ehrenberg's Darlegungen über jeden Zweifel er hoben. Die Fürsten des Hauses Tudor, das seit dem Ende des 15. Jahrhunderts den englischen Thron einnahm und dic| Einheit des Reiches, sowie die königli-' che Bollgewalt in dort bisher nie gese hener Weise herstellte, arbeiteten plan-' mäßig auf Hebung der Mittelklasse hin,' auf die sie sich hauptsächlich stützten. Ungleich ihren Vorgängern und den Fürsten des Festlandes, strebten sie nicht Eroberungen an, sondern Vor-I theile für den Handel und das Gewerbe' ihrt^Unterthanen: die ersten konsequen ten Handelspolitiker Europas. Sie be seitigten die mittelalterlichen Vorrechte der Fremden, die sie vielmehr in un günstigere Stellung versetzten, als die Einheimischen. Sie stifteten Gilden see fahrender Kaufleute und später sörm liche Aktiengesellschaften zum Handels betriebe sie begünstigten die einheimi sche Schifffahrt und Industrie durch Zölle und Sperrmaßregeln jeder Art, nicht aus allgemein protektionistischen Grundsätzen, sondern mit sorgfältiger Berücksichtigung der Produktions Möglichkeiten des eigenen Landes. Die kaufmännischen Jnteteffen wurden für diese Tudorfürsten die schlechthin maß gebenden. Mit Eifer betraten die Engländer die von ihren Königen ih nen eröffnetn Bahnen nicht nur der Bürgerstand, sondern auch der Land adel, dessen Interesse als Schafzüchter eng mit der Wollenmanufaktur und dem Ausfuhrhandel verknüpft war, sowie das niedere Volk, das am Web stuhl arbeitete oder die englischen Kauf fahret und Piratenschiffe bemannte. Der englische Handel war zunächst, streng national, deshalb aber auch Sa che der Nation. Die Gunst der Lage —an den neuen Seewegen, mit tresfli-, chen Häfen und doch als Jnfel vor feindlichen Angriffen geschützt sowie die Milde und Feuchtigkeit des Klimas, das den Wiesenwuchs und damit die Viehzucht in hohem Maße förderte/ thaten das ihrige, um der praktisch ge sinnten Nation einen glänzenden Auf-' schwung zu ermöglichen. Königthum, Adel. Bürgerthum, Volk waren ein müthig in gleicher Richtung beschäftigt sämmtliche Hauptmächte des Staates bildeten eine auf dasselbe Ziel hinstre betide Interessengemeinschaft. Das er klärt den schnellen materiellen Auf schwung Englands. Stehlend Thier-. Der alte „Pitaval" erzählt uns eine sonderbare Anekdote. Einer der be rühmtesten englischen Taschendiebe wurde im vorigen Jahrhundert in Lon don gehängt und starb sehr reuig. Un ter dem Galgen, als er sich von dem Geistlichen, der ihn auf dem letzten Gange begleitete, verabschiedete, schenk te er dem Seelsorger sein einziges Be fitzthUm, nämlich einen zierlichen klei nen Hund. Der Geistliche nahm diesen Hund an sich und beschloß ihn gut zu halten, aber schon bei dem ersten Spa ziergang über die Straße entdeckte er bei dem Hunde sehr sonderbare Kunst fertigkeiten. Der Hund sprang an Herren, die über die Straße gingen, in die Höhe, zog ihnen die Taschen tiicher ans der Tasche, ohne daß sie etwas davon merkten, und überbrachte dann die Taschentücher seinem neuen Herrn. Der Hund war zum Stehlen abgerichtet und hatte seinen früheren Herrn, den Tafchendieb, bei seinen „Arbeiten" unterstützt. Der erschreckte Geistliche übergab den Hund den Ge richten, und diese sorgten für die Töd tung des Thieres.— Mehr als hundert Jahre später spielte sich eine ähnliche Geschichte in Paris ab. Im Jahre 1890 brachte der „Figaro" die Mittheilung, daß die Pariser Polizei einen Hund und zwar einen Jagdhund aufgegriffen ha be, welcher von feinem Herrn dazu dressirtwar, in den großen Modewaa renmagazinen Diebstähle zu verüben. Der Hund war darauf eingeübt, ttt das Magazin hineinzulaufen und irgend einen Gegenstand, den er fortschleppen tonnte, in das Maul zu nehmen und sich durch die Menge ungesehen bis zum Ausgang hinauszuwinden, wo ihn sein diehjscher Herr erwartcie und ihm die gestohlene Waare abnahm. Der Hund war auf frischer That ergriffen und festgehalten, seinem Herrn gelang es, zu entfliehen. Die Polizei beschloß, das Thier tobten zu lassen. Diese Nachricht des Pariser „Figaro" rührte das Herz einer russischen Dame in St. Petersburg. Sie sandte schleunigst hundert Francs an den damaligen Präsidenten Carnot und bat ihn. den Hund zu begnadigen die hundert Frcs. sollten dazu dienen, den Schaden wie der gut zu machen, den der Hund ange richtet hatte. Die Russin wollte den Hund zu sich nehmen, um ihm seine verbrecherischen Neigungen abzuge wohnen. Die Absichten der empfind samen Russin ließen sich aber nicht realisiren. Als ihr Gnadengesuch beim Präsidenten der Republik einlies, war der Hund bereits von Polizei wegen getödtet. Carnot schickte mit einem höflichen Entschuldigungsschreiben die hundert Francs an die russische Dame nach St. Petersburg zurück. Diese zwei Fälle, in denen Hunde zum Stehlen abgerichtet worden, sind keineswegs vereinzelt. Wiederholt hat man die Beobachtung gemacht, daß Verbrecher Hunde zum Diebstahl anler nen, ebenso wie ja auch Hunde mit gro ßem Erfolg besonders an der spanisch französischen Grenze zum Schmuggeln verwendet werden. Nächst den Hunden sind es die Affen, die als Diebeshelfer auftreten. Die Londoner Taschendiebe haben wiederholt Affen, wenn auch nicht direkt zum Diebstahl, so doch als Ge Hilfen verwendet. Auf den Straßen Londons ziehen viele Italiener herum, welche sich mit ihren Affen produziren. Zwei Gauner verkleiden sich als Jta liener, und einer von ihnen trägt auf der Schulter oder im Brusttheil des Rockes einen kleinen Affen. Sobald die Gauner auf ihrem Wege einer Da me begegnen, welche reich mit Schmuckfachen behängt ist, erhält der Affe ein Zeichen, und schreiend und kreischend stürzt er sich auf die Dame, der er auf den Hals oder auf den Hut springt. Die Dame ist tödtlich er schrocken und einer Ohnmacht nahe. Während der eine der Pseudo-Jtalie net sie von dem Affen zu befreien sucht, plündert sie der andere Gauner voll ständig aus, indem er ihr, ohne daß sie es bemerkt. Brosche, Uhr, Armbänder und so weiter abnimmt. Wenn die Dame sich von ihrem Schrecken erholt hat und bemerkt, daß sie von Taschen dieben ausgeplündert wurde, sind die Gauner mit ihrem Affen längst über alle Berge. HerstSrnngSsncht russischer Vau ern titto ihre Folgen. Bei Bogorodizk im Gouvernement Tula wurden jüngst nach einem Markt tage sechs erfrorene Bauern gefunden. Sie hatten am Abend, nachdem sie der Flasche tüchtig zugesprochen, mit ihrem Schlitten den Weg »cach dem fünf Kilo meter von der Stadt entfernten Dorf Towarkowo eingeschlagen. Gleich hin ter der Stadt, in der baumlosen Stehpe, fing ein Schneewehen an und bald waren die Pferde vom Wege abge kommen. Einige der Angetrunkenen waren vom Schlitten gefallen, andere hatten die Pferde, als sie nicht mehr weiter konnten, ausgespannt und waren, augenscheinlich den Weg, su chend, entkräftet hingefallen und dann im Schlaf erfroren. So meldet die Deutsche Petersb. Ztg." und fährt dann fort: Viele Tausende Menschen (die Statistik erfährt wohl kaum den vierten Theil aller Fälle, die gern ver schwiegen werden) kommen jährlich in Rußland auf diese Weise um. Und wenn nicht viel mehr Tausende jährlich IM« demselben Schicksal verfallen, so haben wir das nur der Kaiserin Katharina der Großen (1762 bis 1796) zu ver danken, die mit zäher Energie das Be pflanzen der Landwege mit Bäumen durchsetzte. Diese Alleen, oder viel mehr ihre traurigen Ueberreste, sind bei Nacht und Schneewehen die einzi gen Wegweiser, die den Reisenden si eher von Dorf zu Dorf führen. Leider verschwinden sie immer mehr auf die grausamste und unvernünftigste Weife werden sie von der Landbevölkerung vernichtet. Viele Landschaften haben es versucht, diese Alleen zu erneuern und zu ergänzen, aber bei dem unerklärli chen Hang der russischen Bauern zur Vernichtung alles Angepflanzten ist das unmöglich, und die Kraftmittel, die einst der General-Gouverneur Ba laschow anwandte, um den Willen der großen Kaiserin durchzusetzen, stehen der heutigen Generation nicht mehr zu Gebote wir meinen Spießruthen und Verschickung in die Bergwerke, mit denen damals die Baumfrevler ab gehalten wurden, die jungen Anpflan zungen zu zerstören. Daß so scharfe Strafen nur die Durchführung der menschenfreundlichen und nützlichen Idee ermöglichten, beweist, daß der Bernichtungstrieb auch damals wie heute vorhanden war. Das auch jetzt obligatorische Abstecken der Winterwe ge, zu dem in Ermangelung jedes Wal des gewöhnlich Wermuthstengel oder die eingetrockneten Sonnenblumen ver wandt werden, entspricht höchstens nur am Tage seinem Zweck, in det Dunkel heit oder bei Schneesturm sind diese meist noch von Schnee bedeckten Weg weiser vollständig unsichtbar. Jeder, der sich auch nur einmal während eines Schneewehens in der Steppe befand, weiß aber, mil welcher unglaublichen Geschwindigkeit auch die letzte Spur jedes Weges verschwindet, doppelt ge sähtlich, weil die Pferde in solchen Fällen immer die Neigung zeigen, eine Richtung einzuschlagen, bei der sie den Wind im Rücken haben, einerlei, wohin es führt. Humoristisches. I a a Wirthin: „Sie nehmen ja Ihre Medi zin nach der Mahlzeit. Ich dachte, der Doktor sagte Ihnen, Sie sollten sie vor der Mahlzeit nehmen?" Boarder: „Er sagte, es mache keinen Unterschied, so lang ich sie nur auf leeren Magen nehme." 1 tg •m S aß A „Unser Gewerbe ist schon recht gut, wenn nur der Galgen nicht wäre." Straßenräuber B.: „Ja, das ist's ja gerade, was unser Gewerbe aufrecht er hält denn sonst wäre ein Kamerad vor dem anderen nicht sicher!" Genügsam. „Junge, was mach' ste denn da?" „Ich fische." „Hast wohl keinen ordentlichen Köder dran?" „Nee!" „Hast Du denn überhaupt einen Angelhaken an Deiner Angel?" „Nee!" „Ja, wie kannst Du denn da Fische fangen?" „Ich thu' ooch man bloß so!" Stammtisch sitzende Freunde streiten sich, wer von ihnen wohl den ältesten Stammalbum habe. Lieutenant von Kikrinzki erzählt, daß seine Vorfahren bereits in den Kriegen gegen die Tür« ken vor Wien gekämpft hätten. Regie rungsassessor von Schnabel weiß zu be richten, daß seine Vorfahren in den Kreuzzügen kämpften. „Das ist noch gar nichts," sagt daraus der Referen dar von Falkenstein. „Einer meiner Ahnen hat bereits die Völkerwanderung als Einjährig Freiwilliger mitge macht." X':f •t-T* 'S a d- ß. Der Herr Professor schickt seine beiden Jungen zu seiner Schwester auf's Land. Der eine indeß hat die Abfahrt des Zuges versäumt, und da der andere keine Auskunft über ihn zu geben vermag, so telegraphirt die Tan te an ihren Bruder zurück: „Ein Inn ge angekommen. „Herzlichsten Glück wunsch!" antwortet ihr sofort telegra phisch der Professor in seiner Zerstreut heit. 3@ a „Finden Sie nicht, daß ich recht.elend aussehe?" Arzt: „Allerdings, meine Gnädige!" Dame: „Und was rathen Sie mir?" Arzt: „Wischen Sie sich den Pu der ab!" a A rer: „Heute sind wir in der Naturge schichte bei der Gans angelangt hat vielleicht nicht Einer von Euch eine bei sich?" A Er: „Aber ich kann Dich jetzt nicht heirathen. Denk' nur einmal nach, was es mich kosten würde, Dich zu hei rathen!" Sie: „Ja, und denk' einmal, was es Dich kosten wird, wenn Du mich nicht heiratheft!" JJ§ ih" iL* WD AM