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SDenthauscn räusperte sich und fuhr mit der für einen Landwirth auffal lend weißen Hand über das spärliche, aber schön frisirte Haar. „Was ich Ihnen da vortragen woll te, lieber Herr Fabricius," sagte er. Es trat ein kleines Schweigen ent dann sagte der Hausherr, ohne da& sich in dem Klang seiner «Stimme tin wille oder Ueberraschung veaathen hätte: „Mit klaren Worten also: Sie wünschen ein Darlehen von mir zu erhalten, Herr Baron?" „Nun ja! Nennen wir das Ding immerhin beim rechten Nomen!" be stätigte Denkhausen mit einem ge zwungenen Lachen, und hastig fügte er hinzu: „Natürlich würde es sich dabei fur Sie um ein fraglos sicheres Geschäft handeln!" „Also doch um ein Geschäft! Das freut mich, denn einen Freundschafts dienst dieser Art hätte ich zu meinem Bedauern von vornherein ablehnen müssen. Es ist das ein Grundsatz, an dem ich aus Erfahrung festhalte." •±i ..... b" Ohne Ciebe. Roman Reinhold Drtmann. (Fortsetzung.) „Wenn Sie gekommen sind, um etwas Geschäftliches mit mir zu be sprechen. Herr Baron, wie Sie es mir ja gestern schon andeuteten, so machen Sie mich gütigst ohne viele Umschwei se mit Ihren Wünschen bekannt. Kür ze und Klarheit sind für mich bic er sie« Borbedingungen jedes Ge schult»!" ist eiaentlich mehr ein freundnachbcir- andere Sicherheit zu bieten-vermag liches Anliegen, als eine geschäftlicheals Proposition 'im strengen Sinne des Wortes. Ich bin da durch mehrere aufeinander folgende Mißernten und durch allerlei anderes, unvorhergese henes Mißgeschick für den Augenöls eine gewisse finanzielle Bedrängnis gerathen, die die Auf ein so unvermitteltes und nüchternes Vorbringen seiner Bitte, wie es ihm jetzt abgezwungen werden sollte, hatte sich der Baron offenbar nicht vorbereitet. Das unbewegliche gelbe Gesicht und die kalten stechenden Augen, denen er sich da gegenüber sah. tteiaerten seine Verlegenheit, und er erniedrigt hatte, beherrschte ihn fast ftorfte sckon mitten im ersten Satz, als'noch mehr als die Verzweiflung über Fabricius durch ein eigentümliches das FehlMagen seiner Hoffnung^Mit Hüsteln sein Mißbehagen über die freilich recht durchsichtige Einleitung auszudrücken schien. Der braun lackirte Rohrstuhl wurde dem Baron schon jetzt zu einer wahren Marterbank. Er hatte sich den Em pfang von Seiten feines neuen Nach fc itn aus bestimmten Gründen denn ganz anders vorgestellt. „Ich wiederhole Ihnen. Herr Fa icius." sagte er mit einem schwachen rsuch, eine würdige Haltung anzu -hmen, „ich wiederhole Ihnen, daß em zufälliges Zusammentreffen :r -.driger Umstände mich in die peinli- Lage bringen konnte" „Entschuldigen Sie. Herr Baron! Die Ursachen Ihrer Kalamität küm inern mich durchaus nicht, und ich lie es nicht, in solchen Situationen es iiiiyi, ui |uuytn WUUU1W..V.. vertrauliche m,t 1,eten rtren tcymt wanoe tft. recht an dem Gut §aü,ntrf tn weitete Belastung Ihres Cl" mehr geHort! Auf Ihr ^nen ^.l5ma"b Hunde Und warum nicht? Wurden |ie Bedenken tragen, mit: a Haus fesseln und ihn seinen Wünschen ÖL! N mich da in einem Jrrthurn, so wird es Ihnen ein Leichtes fem, mir denselben Beinahe heftig stieß Herr v. Denk hausen seinen Stuhl von sich. „Wofür halten Sie mich, mein Herr? Wenn ich mich meinen reichen Freunden überhaupt hätte entdecken wollen, würde ich mir die Demiithi gung dieser Bitte an Sie wohl erspart haben! Ich hoffte auf etwas mehr Vertrauen und Zartgefühl rechnen zu dürfen." „Verzeihen Sie! Ich glaubte, Sie wollten die Angelegenheit geschäftlich behandelt sehen!" klang es unverän dert kalt und gleichmüthig zurück. „Sie verweigern mir also thatsach Itch Ihre Hülfe, wenn ich Ihnen keine mein Wort und meine Wechsel- Unterschrift?" „Ich bedaure, bei aller Werthfchä tzung Ihrer Person. Beides nicht für ausreichend halten zu können." „Nun wohl, Herr Fabricius. so ba be ich die Ehre, mich Ihnen zu em pfehlen." Noch nie war es dem wohlerzogenen Kavalier so schwer geworden, seine ruhige Haltung zu bewahren. Sein Athem ging rasch, und seine Lippen zuckten. Die Erbitterung über die be schämende Rolle, zu der er sich diesem knöchernen Geldmenschen gegenüber raschen Schritten eilte er zur Thür, und schon hatte er seine Hand auf den Drücker gelegt, als ihn Fabricius durch einen Zuruf zurückhielt. „Schenken Sie mir noch einen Augenblick, wenn ich darum ersuchen darf, Herr Baron. Auch ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen, und ich werde Sie nicht hindern können, seine Annahme von der Gewährung Ihres Wunsches abhängig zu machen." Denkhausen horchte hoch auf. Sein Zorn war schon wieder verraucht, denn wenn sich Fabricius nicht gerade zu einen grausamen Scherz mit ihm machen wollte, klangen seine Worte ja verheißungsvoll genug. Und der Mann mit dem Pergamentgesicht sah wahr lich nicht aus wie Einer, der geneiat ist. zu scherzen. Steif und hölzern lehnte er in feinem Stuhl. Seine Mie ne war undurchdringlich, tote bisher, und man brauchte ihn nur anzusehen, um sogleich die Ueberzeugung zu ge Winnen, daß kein überflüssiges oder zweckloses Wort von diesen schmalen blutlosen Lippen kommen würde. „Wie Sie wohl schon bemerkt ha den, bin ich ein alleinstehender Mann." sagte er im nüchternsten Ton. „Ich bin durch Gründe verschiedener Art in meiner Jugend daran verhindert wor den, zu heirathen, und ich würde auch jetzt nicht daran-gedacht haben, wenn mich nicht ein Zufall mit Ihrer Tock ter bekannt gemacht hätte. Ich ver stehe mich nicht darauf, einetv derar tigen Antrag in zierliche Worte zu kleiden, und ich denke, Klarheit und Kürze sind auch hier am Besten da rum frage ich Sie, ob Sie geneigt st in würden, mir die Hand des Fräuleins 2" MitthcUungen zu empfan- 3« Seoen. t4 --N. d«wP«^bung nach«d°ch uny'b" h°llsm den ©prechenden an. Son vorhin, wenn Hingehört Habe, Do mB (i4(ei(fn 6ie i()m nm$ kann gc|ommcn ba 3U gang Thaler leihen. Koketterien gesteigert hatte. Daß Je Der Baron hatte sich erhoben. Set- ner e§ a{,er ne Wangen färbten sich nun doch mit Werbung um die schöne, junge, glän etwas höherem Roth. zende Baronesse zu denken, das war „Das ist eine kühne Behauptung, benn doch eine Ungeheuerlichkeit, für Herr Fabricius!" sagte er. „Sie müs sen ungewöhnliche Miel besitzen, sich über die Vermögensverhältnisse Ihrer Nachbarn zu unterrichten." f„, efitn durch d-n Kopf geschossen waten, om v- =i siirrf» hatte er doch an diese nicht gedacht. be„" lÄn üÄS'LnS Wohl hatte daß meine Besitzung im Ganzen vortrefflichem Zustande ist." nung im Walde wahrzunehmen ge glaubt, daß Antoniens Schönheit ei- nen „Hm. Sie dachten doch wohl tttch n-maM 6n6e. und wobl batt an etne Gutes?" sehr lebhaften Eindruck auf Fa bricius gemacht habe, und wohl hatte er gerade daraus seine Hoffnungen ootaufcht^en. tein Bedenken getragen, Antonien eine f. ffU „i2 i* hn6 h,r dahin zielende Andeutung zu machen, ?n und wenn sie ihn daraus auch feinet gefügig machen. Ja! et hatte sogar SA« Antwort gewürdigt hatte, so war sie iud)t ein SöQitin frintt nidßt Qcttnflcn »ficubc Partes, nicht 3ie9el »SÄ* bei dem gestrigen Feste dem wetthvol- Im Gast mit einer Liebenswürdigkeit bic ftd) unb offenkundigen kleinen wagen konnte, an eine C! L. C«S«t Vam fif i» die dem vornehmen Herrn für den Äu genblick jedes Verständniß fehlte. Hatte dieser Mensch den Verstand verloren, daß er von seiner Verhei- •vw.» verloren, Daß er von icwiet „Deren bedarf es durchaus nicht, u. ^athung mit Antonie von Denkhausen ich meine, die Art, wie tch tn den Besitz jg gleichmüthig sprach, wie von dem jener Kenntnisse gelangt bin, tbate beabsichtigten Kauf eines Pferdes? auch hier nichts zur Sache. Befinde tch 0ber sollte fein Antrag in der That )mr eine ber öor nachzuweisen." sich schließen? „Das wurde nur unter endlosen Umständen möglich sein. Ich hoffe, Fast war dieser geneigt, das Letztere wir werden einen einfacheren Ausweg anzunehmen die Farbe kam und gmg finden. Ich werde Ihnen Wechsel aus- raschem Wechsel auf seinem Gesicht, stellen fürSbt Darlehen." Er hatte eine heftige Entgegnung auf „So ließe sich's wohl machen,-na- den Lippen aber es fehlte ihm wun türlich eine Mitunterschrift von Leu- derbarer Weife trotz alledem an Mutti, ten vorausgesetzt, die mir als »ah- sie auszusprechen. lungSfähig hinlänglich bekannt sind." „Ihr Antrag ehrt mich. Herr Verhöhnung des als Bitten- erschienenen Barons in Fabricius," brachte er endlich mit An strengung heraus, „aber Ihre Be kanntschaft mit meinem Haufe ist eine so kurze, daß ich in der That nicht weiß, ob ich ihn vollkommen ernsthaft zu nehmen habe." „Seien Sie versichert, daß ich mit solchen Dingen keinen Spaß treibe. Herr Baron! Ihr Einwand ist indes sen nicht unberechtigt, und ich würde aus derselben Erwägung noch einige Wochen gewartet haben, wenn mir nicht der Gegenstand unseres vorigen Gesprächs ein Beweis dafür gewesen wäre, daß Sie selbst unsere Bekannt fchaft für alt genug halten, um eine gewisse Vertraulichkeit zu begründen, und wenn ich nicht außerdem geglaubt hätte, Ihnen mit der raschen Erledi gung einen Dienst zu erweisen." In Denkhausens Kopfe wirbelten die verschiedenartigsten Gedanken wirr durcheinander. Ganz unerwartet hatte sich ihm die Möglichkeit einer Rettung aufgethan, wie er sie vollständiger u. günstiger niemals erhoffen durfte. Fa bricius war reich, und als fein Schwiegervater mußte er ihm an standslos jedes Opfer bringen. Au ßerdem erschien er alt und gebrechlich aller menschlichen Voraussicht nach waren seine Tage gezählt, und wenn Antonie sich dazu verstand, seine Gat tin zu werden, war sie vielleicht schon binnen Kurzem die alleinige Erbin ei nes unermeßlichen Vermögens. Das war eine Aussicht, deren blendender Zauber ihn schwindeln machte. Dann aber warf ein einziger Blick auf die ab stoßende Erscheinung des Bewerbers all' seine Luftschlösser wieder über den Hausen. Woher sollte er den Muth nehmen, seiner schönen, stolzen, in Ju gend und Lebensfülle prangenden Tochter auch nur in der Form einer schüchternen Andeutung ein so unae heuerliches Ansinnen zu stellen? Muß te sie sich nicht mit Verachtung von ihm abwenden, und mußte nicht fein ohne hin schon recht unglückliches Verhält niß zu ihr dadurch ein völlig unleidli ches werden? Nein, es war jedenfalls besser, diesem anmaßenden Menschen von vornherein und aus eigenem An trieb jede Hoffnung zu benehmen. „Sie sind vorhin von einer so dan kenswerthen Offenheit gegen mich ge wesen, Herr Fabricius," sagte er, sich hochmüthig in die Brust werfend, „daß ich Ihnen ein Gleiches schuldig zu sein glaube. Ich gebe zu, daß Ihre gcachte te gesellschaftliche Stellung mich le-cht über gewisse andere Unterschiede hin wegsehen lassen könnte, die in den Augen meiner Standesgenossen sonst von großer Bedeutung zu sein Pflegen. Ein sehr bedenklicher Unterschied aber bliebe trotz alledem immer bestehen, und das ist derjenige des Lebensal ters! In Ihrem eigenen Interesse „Verzeihung, Herr Baron," fiel Fabricius gelassen ein. „Es will mir scheinen, als ob Sie im Begriff seien, der Entscheidung der zumeist Bethei ligten vorzugreifen. Mein eigenes In teresse in dieser Angelegenheit zu wah ren, fühle ich mich alt und verständig genug, und wenn Ihnen mein bürger licher Name nicht als Hinderniß er scheint, dürften Sie die Erwägung aller übrigen Umstände getrost Ihrer Tochter überlassen. Vielleicht legt sie der Verschiedenheit der Jahre und ei nem wie ich gerne zugebe wenig bestechenden Aeujjeten doch ein gerin geres Gewicht bei, als Sie selbst anzu nehmen scheinen!" Mit weit aufgerissenen Augen starr te der Baron auf sein Gegenüber, Die se beispiellose Art, einen Heirathsan trag zu behandeln, brachte ihn völlig außer Fassung. Er hatte als junger Offizier im Kugelregen mehrerer Schlachten gestanden, ohne daß sein Herz wesentlich schneller geschlagen hätte er hatte sich auf der Mensur vor den Pistolenlauf eines Gegners gestellt, ohne daß eine Regung der Furcht in ihm erwacht wäre, aber jetzt in dieser scheinbar so friedlichen Situation befiel ihn plötzlich ein herz beklemmendes Bangen vor der un heimlichen Macht des Menschen, der ihm da so gleichgiltig und regungslos gegenüber saß. Er fuhr sich verwirrt über Stirn und Haar und fagte dann mit einem tiefen Athemzuge: „So gebe ich Ihnen anHeim, selbst mit meiner Tochter zu sprechen, Herr Fabricius! Ich werde mich jeder Ein wirkung auf ihre Entschließung ent halten!" „Das ist alles, was ich von Ihnen erbitten wollte. Wenn Sie einverstan den sind, begleite ich Sie auf der Stelle nach Hattendorf. Gerade an diesem Vormittag dürfte man mich hier am leichtesten entbehren können!" Der Baron antwortete nur durch eine stumme Verbeugung, und Fabri cius trat in das Nebengemach, um sei nen Anzug zu wechseln. Während sei ner Anwesenheit rührte sich Denkhau sen nicht von der Stelle und starrte unverwandt auf denselben Fleck in der Tapete. In seinem Gehirn war nur Platz für den einzigen Gedanken: „Was wird Antonie sagen? Und was wird aus mrr werden, wenn sie den wahnwitzigen Antrag diesen Alten mit Verachtung zurückweist?" Er wußte kaum, wie lange er der Wiederkehr des Hausherrn geharrt hatte. Erschrocken fuhr er zusammen, als die widerwärtige heisere Stimme wieder an sein Ohr schlug. In seinem schwarzen, unmodischen, schlotternden Gef?llschaftsanzuge stand Fabricius vor ihm, durch eine kurze Bemerkung erklärend, daß er bereit fei, die son derbare Brautfahrt anzutreten. Mit gesenktem Haupt ging der Baron an seiner Sekte zum Wagen. „Wäre nur dieser Tag erst vorü 6er!" stöhnte er aus dem tiefsten Grunde seines Herzens. Auf dem ganzen weiten Wege durch die im Sonnenschein prangende Land schaft wurde kein Wort zwischen ihnen gewechselt. 5 a Antonie stand am Fenster ihres reich detorirten Boudoirs und spähte auf die Fahrstraße hinaus, die sie weit übersehen konnte. Fabricius' unerwar tete Entfernung am gestrigen Tage hatte auch sie mit tödtlichem Schrecken erfüllt, und obwohl sie ihren Vater an diesem Tage noch nicht gesprochen hatte, wußte sie doch, daß seine Aus fahrt kein anderes Ziel gehabt haben konnte, als das Schloß Erlenstein. NUN harrte sie mit brennender Unge duld seiner Heimkehr, und die düste ren Falten auf ihrer Stirn, wie die fest zusammengepreßten Lippen gaben Zeugniß dafür, daß es nicht allzw freudige Hoffnungen waren, welche sie auf das Ergebniß seines Besuches setz te. Sie hatte ein Klopsen an die Thür des Zimmers überhört, und erst als sie das Geräusch eines Schrittes hinter ihrem Rücken vernahm, wandte sie sich um. Ihr Vetter Ewald war es, den sie vor f"* sah. Er war bleich, und seine dunklen Augen brannten wie im Fieber. Ohne ein Wort zu sprechen, reichte er ihr einen halbzerknitterten Brief, den er offen in der Hand getra gen. Hastig ergriff sie das Blatt und überflog den Inhalt. Die von einer kaufmännischen Hand herrührenden Schriftzüge waren leicht zu entziffern. Sie lauteten: „Herrn Sek.-Lieutenant von Denk hausen, Hochwohlgeboren. Von falschen Voraussetzungen aus gehend ertheilte ich Ihnen vor einigen Tagen die Zusage, im Fall Ihrer Ver lobung mit der Tochter Ihres Oheims, die verfallenen Accepte noch einmal prolongiren und von den von Ihne'« uneingelösten Ehrenscheinen keinen Ge brauch machen zu wollen. Ich bin zt meinem Bedauern genöthigt, diese Zu sage zurückzuziehen. Wie ich anneh me, war es Ihnen selbst unbekannt daß die Vermögens-Verhälwisse Ih res Herrn Oheims die Erwartung et ner nennenswerthen Mitgift rechtfertigen können und mir eine ei waige Bürgschaft desselben als nahezu werthlos erscheinen lassen müssen Sollten Sie darum nicht in der Sage fein, mich innerhalb zweier Tage na Empfang dieses Briefes voll zu befrie digen, so werde ich die erforderliche: Schritte nicht nur untiertoeilt einle ten, sondern auch dem Herrn Obersten Ihres Regimentes von der Lage bei Dinge eine wahrheitsgemäße Mitthei lung machen. Mit vorzüglicher Hochachtung Paul Traube." Antonie ließ den Arm sinken. „So ist das Lügengebäude denn doch in die Lust gesprengt," sagte bitter. „Und Du glaubst, daß es Mann Ernst ist mit feiner Drohung? „Es wäre unnütz, auch nur eine ein zige Bitte an ihn zu verschwenden." „Zwei Tage also! Wohl, st müssen wir in zwei Tagen Hilft schaffen!" Ewald trat stürmisch auf sie zu unt ergriff ihre Hände. „Wie foll ich es anfangen, Dir fü: Deine Hochherzigkeit zu danken, Anto nie! Jede Andere würde sich nach mei nem Geständniß zürnend von mir ab gewendet haben, Du aber „Laß es gut sein, Ewald! Ich thui es nicht um des Dankes willen." „Nein, Du willst mich retten, 2)u mich liebst! Aber was wäre denn schließlich für Dich und mich mit die ser Rettung gewonnen? Du würdest mir für immer verloren fein, und mich selbst würde inmitten dieser unglückse ligen Verhältnisse das Unvermeidliche früher oder fpäter dennoch treffen. Quäle Dich darum nicht mit dem nutz losen Versuch, einen Weg der Hilfe für mich zu finden! Laß immerhin über uns hereinbrechen, was doch nicht mehr aufzuhalten ist, und wenn Deine Lie be so stark und groß ist, wie die mei nige, wenn Du wirklich bereit bist, mir ein großes, ein heroisches Opfer zu bringen, dann werde mein Weib trotz alledem. Die Welt ist groß, und irgendwo werden wir sicherlich ein Plätzchen finden, auf dem wir uns ein bescheidenes Nest bauen können. Sehe ich aus, als ob ich uns verhungern las sen würde?" .Er hatte sich bemüht, einen leichten, beinahe frivolen Ton anzuschlagen, aber die düstere Gluth einer wild lei denschaftlichen Erregung loderte ihm aus den Augen. Er versuchte, Anto mens herrliche Gestalt an sich zu zie hen, aber, diesmal widerstand sie ihm sehr entschieden und zog ihre Hände aus den seinigen. „Du weißt wohl selber kaum, was Du sprichst!" sagte sie mit jenem Aus druck, der ihrer klangvollene Stimme zuheilen eigen sein konnte. „Was Du mir zumuthest, mag gut sein für ein Märchen, aber nicht für die Wirklich keit! Du selbst würdest ein fo wahn witziges linterfangen sicherlich zuerst bereuen!" „Niemals, Mädchen, Niemals! Um Seinetwegen würde ich den Kampf aufnehm«» mit einer Welt! ttitb was wäre dem, auch f» Große» zu thun! ES waren doch Meie vor mir fo der nämlichen Lage, die t§ nachher doch noch zu etwas Rechtem gebracht haben. Wovor um» fürchten, wenn wir «nS lieben?" „O, e& giebt doch sehr ötelts, vor dem ich mich fürchte! Zum Beispiel: Die Armuth, die Dürftigkeit, das jammervolle Ringe» am das tägliche Brod!' Und weil wir doch ehrlich mt einander reden, Ewald: nie wird meine Liebe zu einem Manne so stark sein, daß, ich um ihretwillen dies alles ertrüge!" Er preßte die Sippen zusammen und schaute finster vor sich nieder. „Du hast Recht," sagte er nach einer kleinen Weite. „Es war ein Wahnwitz, der mich überkam! Ich will's denn doch lieber mit dem Beispiel meine? ruhmreichen Großvaters hatten „Wenn es keine andere Hoffnung mehr giebt—meinetwegen! Noch aber bist Du and as Versprechen gebunden, das Du mir gestern gegeben, und ich fordere von Dir" Sie unterbrach sich selbst, und eine eigentümliche Veränderung ging auf ihrem Antlitz vor. Sie hatte einen Blick durch das Fenster geworfen und gesehen, in wessen Begleitung ihr Va ter zurückkam. Ihr Athem stockte, denn sie fühlte mit vollster Gewißheit, daß die nächste Stunde eine folgenschwere Entscheidung in sich schließen müsse. Ohne sich selbst einen Grund dafür angeben zu können, hegte sie den drin genden Wunsch, eine Begegung zwi sche Ewald und Fabricius zu verhin dern. „Ich bitte Dich, mich jetzt für eine kurze Zeit allein zu lassen." sagte sie dringend und hastig. „Und ich be schwöre Dich, auf Deinem Zimmer zu bleiben, da ich wahrscheinlich sehr bald Wichtiges mit Dir zu sprechen habe, das keinen Aufschub duldet. Frage mich jetzt nicht weiter, aber geh' ich bitte Dich inständig: geh'!" Mit sanfter Gewalt hatte sie ihn von sich gedrängt, und halb wider strebend leistete er ihrer Aufforderung Folge. Antonie athmete tief auf, als fein Schritt draußen verhallte und als ihr das Zufchlagen einer Thür bewies, daß er wirklich gethan habe, was sie begehrt. Kaum eine Minute später betrat Baron Felix das Zimmer. Er war roth vor Aufregung, und die Rück fichtöloftgkeit, mit der er sich in seiner Verwirrung mehr als einmal durch das schön frisirte Haar fuhr, beyuate am besten, in einem wie mitleidswür digen Gemütszustände er sich befand. „Antonie," sagte er, indem er mit schlechtem Gelingen versuchte, einen sehr herzlichen Ton anzuschlagen. „Du wirst mir in dieser Stunde den Be weis liefern müssen, wie weit ich auf Deine Kindesliebe und auf Deine Opferwilligkeit rechnen kann. Unser Nachbar Fabricius hat den unfinniaen Entschluß gefaßt, sich um Deine Hand zu bewerben. Woher er den Muth dazu genommen, weiß ich nicht. Viel leicht hast Du selbst seinen thörichten Hoffnungen einige Nahrung gegeben, jedenfalls aber ist es zwecklos, daß wir uns darüber jetzt den Kopf zerbre cheN. Ich will Dich nicht etwa bestint men, seine Werbung anzunehmen, ich sehe selbst ein, daß eine Heirath bei solchem Altersunterschied Dir als ein Wahnwitz, als eine Unmöglichkeit er scheinen muß! Aber ich bitte Dich: weise ihn nicht allzu unfreundlich zu rück! Nimm ihm nicht gleich jealicke Hoffnung! Bedinge Dir eine Bedenk zeit oder thue, was Dir sonst zweck mäßig erscheinen mag, um die letzte Entscheidung noch für eine kleine Wei le hinauszuschieben! Meine Ehre. Deine und meine Existenz sind es, die hier auf dem Spiele stehen!" Antonie hatte den ängstlich hervor sprudelnden Wortschwall über sich er gehen lassen, ohne auch nur durch ein Wimpernzucken zu verrathen. daß et was Besonderes in ihrer Seele vor gehe. „So hat Fabricius vermuthlich mei ne Hand zur Bedingung für seine Hül fe gemacht?" fragte sie mit eiftqer Kälte. Der Baron wagte nicht, feine Toch ter anzufehen. „Ich will nicht hoffen, daß es fo ist!" sagte er unsicher. „Und, wie ge sagt. ich muthe Dir gar nicht zu, ein so ungeheuerliches Opfer zu bringen, ob wohl ich Mancherlei dafür fagen könn te, wenn ich ein felbftfüchtiger Vater wäre! Ich habe Dir. immer Deinen freien Willen gelassen, und ich will auch jetzt nicht die Verantwortung auf mich nehmen, Dir einen folgenschwren Rath zu geben. Nur für eine kurze Zeit sollst Du Deinen Empfindungen Gewalt anthun! Erlange ich damit nur für den Augenblick feinen Bei stand, fo ist immerbin eine Frist ge wonnen, während deren ich auf ande re Weife Rath schaffen werde!" „Laß es gut fein, Papa!" fiel sie ihm mit einer abwehrenden Handbe wegung in's Wort. „Ich weiß nun, um was es fich handelt, und ich bin genugsam vorbereitet, Herrn Fabri cius anzuhören! Laß mich allein mit ihm und versuche nicht, uns zu be lauschen. Ich hoffe. Du wirst mit metner Opferwilligkeit und meinet Kindesliebe vollauf zufrieden fein!" Die beinahe verächtliche Bitterkeit in dem Ausdruck ihrer letzten Worte mochte ihn schwer genug treffen aber et nahm sie schweigend hin und machte keinen Versuch. Antonie zurückzuhal ten. als sie jetzt nach einem letzten ra schen Blick auf den Spiegel das Zim mer verließ. Sie wußte, daß ihr Vater den selt samen Gast in den großen Salon ge führt haben würde. ZN der That harrte Fabricius dort ihres Kommens. Seine eckige, in jeder Linie durchaus plebejische Gestalt nahm sich sonderbar genug aus inmitten des reichen, mit ebensoviel Geschmack als verschwende tischet Pracht ausgestatteten Vtaumcd. Aver der Glanz dieser Umgebung hat te offenbar nichts Bedruaendes fur ihn. Er betrachtete ihn mit dem ge rmgschätzenven Blick eines Mannes, der jcyarfsichlig genug ist, hinter dem gleißenden Prunk die grinsende Fratze oes Elends zu erspähen,—eines Man nes, dessen selbstvertrauende Ruhe nichts zu erschüttern vermag, weil er stch seiner überlegenen Macht in ihrem ganzen Ilmfange oewufet ist. iute Art. in welcher er Antoniens kiihien Gruß erwiderte, war nach sei ner ungeschickten Jmet|e Höstich zu nen nen. „Mein Papa theilte mit mit, daß Sie mich zu sprechen wünschen, Herr Fabrtctus!" sagte sie ohne Platz zu nehmen und ohne ihn zum Niedersetzen aufzufordern. Ihr Antlitz war mar mottau, und außer einer tiefen Blässe verrteth nichts ihre Erregung. „Und et hat Ihnen muthmaßlicy bereits gesaat. um was es steh han delt 5" gad der Gutsherr zurua, ]ie mit feinen tieinen stechenden Augen fHats sixtrend. Antonie hielt seinen Blick ruhig aus. „Ja!" erwiderte sie einfach. »Sie er wet Jen mir die Ehre, mich zu Ihrer (Satrnt zu begehren!" Wenn ihn ihre Art vielleicht be fremdete, so war er doch nicht der Mann, es zu sagen. „In der That, mein Fräulein, fo ist es! erklärte et gelassen, „wennschon ich keinen An fpruch darauf erhebe, daß Sie diesen Antrag als eine besondere Ehre an sehen! Aber es ist mir lieb, daß wir damit über den Anfang unserer Un terhaltung hinaus sind! Sie roevben es mir vielleicht ohne Weiteres glau ben, daß es keine sogenannte Berstan desheirath ist, welche ich da zu ichlie ßen wünsche, aber Sie müssen es an dererseits verzeihlich finden, oaß mir für die Ausmalung meiner befühle nicht mehr die feurige Beredtsamte.: der ersten Jugend zur Verfügung steht!" ..Ich bitte Sie sogar auf das Drin gendste, fich und mir diese Ausmalung zu erlassen!" Das klang herbe und stolz, aba* es verletzte ihn augenscheinlich nicht. zum Zeichen der Zustimmung neigte er den Kopf. „So darf ich denn ohne Weiteres von den äußerlichen Verhältnissen sprechen, deren Beschaffenheit sicherlich von einigem Einfluß auf Ihre Ent schließung sein wird. Oder sollten Sie diese Entschließung bereits ohne das gefaßt haben?" Die Frage war in einem halb spöt tischen, halb lauernden Tone gestellt doch sie erschütterte Antoniens unnah bare, hoheitsvolle Haltung nicht. „Ich werde Ihnen antworten, wenn ich Sie zu Ende gehört habe!" sagte sie, ihm mit ihren schönen, dunklen Augen fest in's Gesicht sehend. Und Fabricius fuhr in feiner ge wöhnlichen, trockenen Weife fort: „Sie werden Ihre Bedingungen und Vorbehalte machen wollen hö ren Sie denn auch gütigst die meini gen. Ich bin von der bescheidensten Herkunft. Meine Eltern gehörten dem Arbeiterstande an und waren bettel arm. Aber es ist mir während eines ziemlich langen und gut angewendeten Lebens gelungen, ein Vermögen zu er werben, das ich ohne Übertreibung sehr groß nennen kann. Soweit der Besitz des Geldes gegen die traurigen Wechselfälle des Lebend Schutz zu ge währen vermag, würde meine Frau auch nach meinem Tode dieses Schu tzes theilhastig sein, und sie würde jederzeit alle Vortheile und Annehm lichkeiten des Reichthums genießen können, fofern sie nicht durch ihr eige nes Verhalten den Anspruch darauf verwirkt. Ich bin, wie es meinen Ge wohnheiten entspricht uvd meinen Jahren geziemt, einem einfachen, zu rückgezogenen Leben geneigt, aber ich würde meiner Frau auch die Freuden der Geselligkeit in einem bescheidenen Umfange, dessen Grenzen ich indessen jederzeit selbst zu ziehen hätte, nicht versagen. Meine Grundsätze sind in der Schule des Lebens gereift und da rum viellicht von einer etwas strengen Art. Ich bin stets bestrebt, Jedem zu geben, was ihm gebührt, tn meinem eigenen Haufe aber wird niemals ein anderer Wille maßgebend fein, als der meinige. Und ich will es dabei nicht unausgesprochen lassen, daß meine Anschauungen über weibliche Züchtig keit und Sittsamkeit andere sind, als die der sogenannten guten Gesellschaft heutzutage. Ich kenne keine Duldsam keit gegen eine Frau, welche auch nur den geringsten Makel auf die Reinheit ihrer Ehre kommen läßt!" (Fortsetzung folgt.) Die ersten Eisennägel hierzulan a 1 7 7 7 berland, N. I., hergestellt.