L. Jahrgang
Wochrtsü?âtt.
Sttittttb.
Durch einen betrunkenen Arbeiter
wurde in San Francisco ein gegen
Japaner gerichteter Aufruhr inscenirt,
der von der Polizei erst unterdrückt
werden konnte, als sie einige der Rä
delsführer verhaftet hatte. Der Be
trunkene, King mit Namen, schlug in
einer von einem Japaner geführten
Wäscherei ein Fenster ein. Der Be
litzer der Wäscherei und einer seiner
Freunde brachten den Betrunkenen
nach einem Hinterzimmer, und wäh
vend sie ihn dort bewachen ließen, be
gaben sie sich nach der Polizei. Als
diese auf der Bildfläche erschien, war
das ganze Haus des Japaners bereits
von einer wüthenden Menge umgeben,
die den dort festgehaltenen betrunte
nen Arbeiter befreien wollte.
In Philadelphia war Frau White
sehr überrascht, als sie von einem Ge
schäftsgange nach Hause zurück kehrte
und ihre beiden Söhne (George und
Louis sterbend vorfand. Während
ihrer Abwesenheit waren die Beiden
in Streit gerathen und der fünfund
dreißig Jahre alte George hatte sein
Gewehr ergriffen und seinen jüngeren
Bruder, den zweiunddreißigjährigen
Louis, erschossen. Louis hatte bereits
den letzten Athemzug gethan, als seine
Mutter das Haus erreichte, und
George lag im Sterben denn er hatte
den Versuch gemacht, durch einen
Schuß seinem eigenen Leben ein Ziel
zu setzen.
Kriegssekretär Taft eröffnete in
Manila im Beisein sämmtlicher Mit
alieder und einer großen Anzahl von
Besuchern die erste Philippinen As
sembly mit einer Rede, in der er er
klärte, daß er betreffs der Fähigkeit
der Filipinos, sich selbst zu regieren,
immer noch dieselbe Ansicht habe, die
er früher gehabt. Er glaube, daß das
Volk erst vielleicht nach einer Genera
tion imstande sein werde, sich selbst
zu regieren. Doch das sei, wie er
sofort hinzufügte, eine Angelegenheit,
die der Congreß der Ver. Staaten
entscheiden müsse. Herr Taft betonte
mit großem Nachdruck, deß die Ver.
Gtaaten nicht die Absicht hätten, die
Inseln zu verkaufen.
Auf Veranlassung bet japanischen
Regierung befinden sich sowohl in den
Ver. Staaten wie auch in verschiede
nen europäischen Ländern japanische
Commissäre, die sich mit den Einrich
tungen und vor allem mit den culina
rischen Produkten der verschiedenen
großen Hotels bekannt machen sollen.
Zu diesem Zweck haben die Japaner
in den Hotels Stellung genommen,
deHalten dies« eine Zeitlang und ach
ten genau auf alles, was um sie her
vorgeht.
Das Ehepaar W. I. Wall von
Fremont, Mich., hat wahrscheinlich
die kleinsten Zwillinge im ganzen
Staate Michigan. Eleonor und
Ellen, die zwei kleinen Mädchen, wie
gen zusammen nur 4y2 Pfund, Eleo
nor gerade 2 und Ellen 2% Pfund.
Bei der Geburt wog das eine 1
Pfund, das andere etwas über 2
Pfund. Die Babies haben ganz be
quem zusammen in einer Hutschachtel
Platz. Sie sind ganz gesund und
sehr beweglich und gerade vier Wo
chen alt.
Her Distriktsanwalt von San
Francisco erklärte, daß Eugene
Schmitz, der frühere Bürgermeister der
Stadt, der bekanntlich wegen Annah
mt von Bestechungsgeldern und Er
^ssung zu einer Zuchthausstrafe von
fünf Jahren verurtheilt worden ist,
fein Recht, gegen das Urtheil Beru
fmtfl einzulegen, verscherzt hat und
in den nächsten Tagen nach dem Zucht
hause gebracht werden wird. Die
Anwälte des Verurtheilten haben an
aebttch ein Versehen begangen, da sie
den für die Appellation bewilligten
Termin unbenutzt verstreichen ließen.
In Tamden ist der deutschen evan
gelisch-lutherischen Dreifaltigkeits-Ge
meinde eine große Ehrung und Freude
zutheil geworden, indem ihr zu ihrem
oldenen Jubiläum voir deutschen
Kaiser ein Prachtbild mit eigenhändi
\*x Widmung und Bibelvers durch
«n deutschen Botschafter in Washing
ion, Freiherrn Speck von Stern-
i"e|e
•q, übermittelt worden ist. Das
kaiserliche Geschenk war von einem
herzlichen Schreiben des Botschafters
a.. den Pastor der Gemeinde, Reo.
Dr. Gerr, begleitet. Die Bibel hat
feinen Ledereinband und kostbaren
Metallbeschlag, die vier Ecken der
Vorderseite zeigen die Embleme der
vier Evangelisten in Metall eingra
viri.
In Annapolis, Md., kehrte Unter
leutnant James N. Sutton vom
Bundesmarinecorps mit mehreren
Kameraden von einem Tanz nach sei
nem Quartier zurück. Einige Au
genblicke später sah man ihn mit ei
nem Revolver auf der Straße in der
Nähe seiner Wohnung, und mehrere
Offiziere versuchten, ihn zu entwaff
nen. Dabei entlud sich die Waffe und
mehrere Ossiziere wurden leicht ver
wundet. Während der Aufregung,
die nun folgte, machte Sutton durch
einen Schuß in die Schläfe seinem
Leben ein Ende. Sutton war 22
Jahr« alt und stammte aus Portland,
Ore.
Joseph Powers, ein in Diensten
der Burlington Eisenbahn stehender
Telegraphist aus Waldron, Mo.,
wurde in St. Joseph, Mo., verhaftet.
Die gegen ihn erhobene Anklage lau
tet auf: ungesetzliches Verhindern der
Beförderung von Depeschen der We
stern Union Telegraph Co. Durch
diese Manipulationen soll Powers
auch das Signalistren von Zügen,
wenn nicht ganz und gar vereitelt,
so doch wenigstens sehr erschwert ha
ben. Die Beamten erklärten, daß
noch ander« Verhaftungen folgen
würden.
In Pittsburg wurde behauptet, daß
Eduard Grötzingen einer der best
bekannten Großkaufleute der Stadt
und Millionär, seit sechzig Tagen
vermißt und in der ganzen Welt ge
sucht wird. Es hieß sogar, daß vor
Kurzem dessen Leiche aus dem Wasser
gezogen und ganz im Stillen begra
ben wurde, aber das wurde bestritten.
Etwa $100,000 an Belohnung sind
ausgesetzt worden für Nachrichten, die
Gewißheit über das Schicksal des
Verschwundenen geben. Grötzinger ist
63 Jahre alt und stand mit der ver
krachten German National Bank in
Verbindung.
Sechs Mitglieder der Familie deS
Handschuhzuschneiders Frank, der Va
ter und fünf Töchter sind in einem
Feuer, das ihr Haus vollständig zer
störte, erstickt. Der Vater hatte den
Versuch gemacht, seine Töchter, die im
oberen Stockwerk waren, zu retten
und war dabei, vom Rauch über
mannt, auf der Treppe zusammenge
brachen. Die Mutter und zwei klei
nere Söhne entkamen. Das Feuer
wurde von der Frau des Hauses ent
deckt, kurz nachdem eine Gesellschaft
von Nachbarn da? Hau? verlassen
hatte.
Der 53 Jahre James K. Hazleton
fiel auf einer Farm in der Nähe von
San Seville, Texas, von einem Heu
schöbet herunter und blieb ztoet
Stunden bewußtlos liegen. Als er
wieder zu sich kam. erinnerte er sich
daran, daß er nach einer schweren
Krankheit vor 22 Jahren in Mon
treal, Canada, seine Gattin und vier
Kinder im Stich gelassen hat. Bis
zu diesem Unfall konnte er sich an
nichts aus seiner Vergangenheit er
innern.
Bei dem furchtbaren Sturm, der
auf dem Superiorsee herrschte, ist
der Dampfer „Cyprus" mit 22 Per
sonen untergegangen. Nach den Aus
sagen eines Ueberlebenden, der an die
Küste gespült wurde und sehr schwer
erkrankt ist, ereignete sich daS Unglück
in der Näht von Deer Park, zwanzig
Meilen von Grand MaraiS. Als
Grund gab er an, daß die aus Eisen
erz bestehende Ladung sich lockerte und
auf eine Seite rollte, wodurch das
Schiff mit Wasser gefüllt wurde.
Im Detroit Flusse, eine kurze
Strecke oberhalb der Limekilns-Kreu
zung. collidirten die Dampfer „John
W. Moore" und „Queen City."
Duncan McJntyre, ein an Bord des
erstgenannten Dampfers angestellter
Arbeiter, wurde beinahe auf der
Stelle getödtet. Der Dampfer
„John W. Moore" wurde so schwer
beschädigt, daß er sank. Auch der
andere Dampfer ist nicht ganz unbe
schädigt davongekommen.
In den der American Bridge Co.
gehörenden Pencoyd Eisenfabriken in
Philadelphia wurde durch ein Feuer
ein Schaden von $300,000 angerich
tet. Nur mit größter Mühe gelang
es den Löschmannschaften, das Feuer
auf seinen eigentlichen Herd zu be
schränken. Eine Untersuchung hat er
geben, daß es von zwei Landstrei
chern angelegt worden ist, die wäh
rend des Tages in der Nähe der Fa
brik gesehen wurden.
Auf Grund einer von dem preußi
schen Minister für Auswärtige Ange
legenheiten in Denver eingetroffenen
Kabeldepesche wurde Carl Jngrund,
der Sekretär des hiesigen deutschen
Viceconsuls George Pichn, unter der
Anklage des Unterschieds und der
Unterschlagung verhaftet. Er soll
Zahlen auf Bankanweisungen ge
fälscht und auf diese Weise minde
stens etwa $5,000 ergaunert haben.
3tuslanb.
Der deutsche Colonialsekretär Dern
bürg hat seine Studien der deutsch
ostafrikanischen Verhältnisse an Ort
und Stelle beendet und hat die Heim
reise von Dar-es-Salem angetreten.
Am 15. Juli war der Colonialsekretär
von Neapel auf dem Dampfer „Feld
marschall" in Begleitung des Oberst
leutnants Quade und einer Anzahl
Großindustrieller nach Dar-es-Salam
abgereist. Das von Dernburg in der
Zeit seines Aufenthaltes gesammelte
Material ist äußerst reichhaltig. Be
sonders gespannt ist man auf die Er
gebnisse, die feine Erhebungen in Be
zug auf die deutsch afrikanische
Baumwollenkultur zu Tage gefördert
haben, die er bei seiner Abreise Haupt
sächlich im Auge hatte, und deren
Schaffung seinen Reisebegleiter Com
meretenrath Otto aus Reichenbach be
sonders interessirte. Auch für die
weitere Ausgestaltung des Bahnnetzes,
die Bodenkultur und den Handelsver
kehr werden von den Berichten Dem
burg's wichtige Resultate erwartet.
In einer in Berlin abgehaltenen
Versammlung des „Verbands deut
scher Juden" wurden bemerkenswerthe
Resolutionen gefaßt. Es wird in den
Beschlüssen erklärt, daß die von der
Verfassung gewährleistete Äleichberech
tigung im Heer wie bei der Besetzung
öffentlicher Aemter dauernd verletzt
werde. Es wird mit Entschiedenheit
gefordert, daß die Gleichberechtigung
endlich durchgeführt werde. Protest
wird dagegen erhoben, daß ein Glau
bens'wechsel belohnt werde, indem sol
chen, die vom Judenthum übertreten,
staatliche Vortheile gewährt werden.
Des Ferneren wird erklärt, daß Aus
Weisung wegen des Bekenntnisses und
Verweigerung der Naturalisation jü
discher Ausländer eine Kränkung der
deutschenJudenschaft bedeute. Schließ
lich wird gleiche Berücksichtigung und
Förderung der jüdischen mit der
christlichen Religions Gemeinschaft
verlangt.
Ein aus Schottland und dem Nor
den von England nach Bristol be
stimmter Passagierzug entgleiste in der
Nähe von Shrewsbury, England, und
wurde beinahe vollständig zertrüm
mert. Sechzehn Personen, darunter
zehn Passagiere, wurden auf der
Stelle getödtet, und viele wurden ver
letzt. Die Geleise machen in der Nähe
der Station eine starke Biegung, und
die Lokomotivführer haben die streng
sten Befehle erhalten, an dieser Stelle
nicht schneller als zehn Meilen per
Stunde zu fahren. Der Lokomotiv
führ« dieses Zuges scheint diesen Be
fehl gar nicht beachtet zu haben denn
nach der einstimmigen Aussage der
Passagiere fuhr der Zug zur Zeit, als
der Unfall pafsirte, mit einer Schnel
ligkeit von mindestens zwanzig und
mehr Meilen per Stunde dahin.
Die auS Berlin gemeldete Berur
tHeilung des Rechtsanwalts Dr. Karl
Liebknecht zu anderthalbjähriger Fe
stung durch das Reichsgericht in Leip
zig zeitigt weitere Hochverraths-Pro
Hesse wegen der antimilitaristischen
Agitation. Zunächst wird der anar
Landwirthe können viel Geld verdienen
Rugby, Rord-Dakota, Donnerstag den 24. Oktober, 1907.
Abzüge gemacht »erben. Wenn Sie nun eine Staudmühle »auseu. die ben Weizen und Flachs gut reinigt, dann können Sie vie. Geld verdienen mit derselben, denn Sie bekomm«, dann „'Zaici'n
frucht, sondern erutben auch ferne Abziige.-Jch verlause die „Success" SlaubmÜhleu und bemonfhi« täglich vor meinem Maschinenschnppen, daß dieselbe alles Getreide „rundlich W "tot ZnJIi "I
^""bmühle arbeitet. Dieselbe macht sich schnell bezahlt. Nachb-m Sie sich andere Stanbmnhle» angesehen haben, betrachten Sie sich einmal die „Success- und ich bin uberzeug,.
chistische Arzt Dr. Friedeberg sich vor
dem höchsten Gericht wegen Hochoer»
raths zu verantworten haben. Dann
kommt der Redakteur des Anarchisten
Organs „Der Freie Arbeiter".
Ostreich, an die Reihe, welcher schon
vor ein paar Wochen, wie damals ge
meldet, wegen Hochverrats in Hast
genommen worden war. Das Delikt
wird in einem Artikel „Anarchismus
und Antimilitarismus" erblickt. Fer
ner wird dem Reolutionär Zumpe der
Prozeß gemacht werden. Zumpe be
findet sich gleichfalls in Haft.
Der deutsche Kronprinz Friedrich
Wilhelm begann seine Thätigkeit in
dem Ministerium des Innern, die ein
Jahr dauern soll. Der Kaiser selbst
hat für den künftigen Thronerben ein
Programm entworfen, das genau be
folgt werden wird. Wie in Verlin
verlautete, wird derKronprinz in allen
Ministerien nach einander arbeiten,
um so unter der speziellen Aufsicht
und Anleitung der Minister selbst
sämmtliche Zweige der complicirten
Verwaltungsmaschinerie kennen zu
lerne«. Er hat täglich bestimmte Bu
reaustunden, die er pünktlich einhalten
muß.
ES verlautet von sonst gut unter
richtetet Seite, daß der Franziskaner
Pater Nazarius die ihm angetragene
erzbischöfliche Würde von Posen und
Gnesen abgelehnt habe. Wie vor
einiger Zeit gemeldet, war der Pater.,
zur Zeit im Klostet auf dem Apolli
narisbevh bei Remagen im Regie
rungsbezirk Koblenz, von der preu
ßischen Regierung für den seit dem
Tode des Dr. Florian v. Stablewski
verwaisten Erzbischofsstuhl ausersehen
worden.
Durch die letzten Ueberschwemmun
gen in Spanien sind in dem Hob
regat Thal große Verwüstungen ange
richtet worden. Der Gesammtschaden
wird auf mindestens zwei bis drei
Millionen veranschlagt. Die Ernte
ist fast überall vollständig vernichtet
und viele Fabrikgebäude sind zerstört
worden. In einzelnen Ortschaften
stand das Wasser in den Straßen von
,',wöls bis fünfzehn Fuß hoch und hat
sich immer noch nicht verlaufen. Der
Gouverneur von Barcelona hat den
durch die Ueberschwemmung ihrer
ganzen Habe beraubten Bewohnern
Hilfe zu Theil werden lassen.
Eine hervorragende Persönlichkeit
hatte mit dem Grasen Leo Tolstoi in
Jaßnaja Poljana eine Unterredung
über die Judenfrage und theilt im
„Tulskija Wjedomosti" die Worte
mit, die der greise Dichter geäußert
hat. Tolstoi sagte: „Eine spezielle
„jüdische Frage" darf es gor nicht ge
ben. Alle Menschen sind Brüder. Die
Hetzereien und Aufreizungen der anti
semitischen Presse werden auf anstän
dige Leute keine, wie immer geartete
Wirkung haben. Was nun die Frage
der Gleichberechtigung betrifft, so düt
fen die Juden als Menschen von dieser
Gleichberechtigung nicht ausgeschlossen
werden. Sie sind im humanitären
Sinne Brüder aller anderen Nationa
litäten und keine Einschränkung ihrer
Menschenrechte darf geduldet werden.
Meiner Ansicht nach liegt auch keine
Nothwendigkeit vor, die Assimilation
der Juden mit den christlichen Völkern
anzustreben, denn, sehen Sie (Tolstoi
In München yaden dte nach amen*
kanischem Muster zu einem Trust tx*
einigten Brauereien einen Aufschlag
von anderthalb Pfennig pro Liter de
schlossen. Das bedeutet natürlich im
Ausschank ein Mehr von drei Pfen-
Wti» Ge,ch«,«splatz ist «S.vttch vom »ahngelcisc. Lm iWtm GRßKNTm ttfyftltMf 1% RUgbVm
n?.elgrr.
i
machte dabei mit einem Stäbchen ei
nige Zeichen), hier stehen Juden, hier:
Christen, aber über den Juden und
Christen erhebt sich das allgemeine
Menschheitsideal. Diesem Ideal müs
sen Juden und Christen in gleicher
Weife zustreben und dann wird die
Assimilation von selbst kommen. Wo
tin besteht dieses Ideal? In der
Selbstvervollkommnung, im Wohl
thun nach Kräften und im lebensfreu
digen Sinne des wahrhaften Glau
bens, der das Leben erneuert. Dieser
Glaube muß nun von den Wucherun
gen befreit werden, die verschiedene
Irrlehren der Juden und der Christen
etzeucn baben.
v
ntg. Solchen Wucher am Allernö
thigsten läßt sich der Münchener nicht
gefallen. Man mag ihm das Brod,
seine köstlichen „Kalbshaxen", ja so
gar seine „Radi" vertheuern. Da
murrt er blos. Aber wenn's an's
Bier geht, da hört seine Gemüthlich
keit auf. Als die Brauertrust Für
sten der bayerischen Hauptstadt ihren
Aufschlag verkündeten, gellte ein
Schrei der Entrüstung nicht blos
durch München und das Vayernland,
sondern durch alle Reichs- und
schwarz gelben Winkel, in denen
man mehr oder minder echtes „Miin
chener" trinkt und es wurde beschlos
sen, durch Mäßigung eine Einschrän
kung des Bierconsums herbei zu füh
rett.
Die neue Eisenbahnlinie, welche
Dar es Salam, die Hauptstadt
und den wichtigsten Hafenplatz
Deutsch Ostafrikas, den 40 Meilen
von der Meereslüfte entfernten Ort
Mrogoro verbindet, wurde von dem
Colonialsekretär Dernburg dem Be
trieb übergeben. Herr Dernburg
weilt gegenwärtig in Afrika, um aus
eigener Anschauung die commerzielle
und landwirtschaftliche Entwick
lungsfähigkeit der deutschen Colonien
kennen zu lernen. Wie dem Berliner
„Lokalanzeiger" telegraphisch aus
Mrogoro gemeldet wird, drangen zwei
Löwen, die in jener Gegend zahlreich
vorkommen, während eines im Bahn
hofe abgehaltenen Banketts in einige
Nebengebäude und raubten einSchwein
aus einem Stalle.
Aus dem Süden Marokkos trafen
sehr beunruhigende Nachrichten ein.
Der bekannte und überall gefürchtete
Häuptling Caid Anfloos der „Rai
fuli des Südens", wie er oft genannt
wird, soll Mogador besetzt, den dor
tigen Gouverneur Bargasch, den Ver
treter des Sultans, in's Gefängniß
geworfen und selbst die Zügel der Re
gierung ergriffen haben. Von Tanger
aus sind zwei französische Kriegs
schiffe nach Mogador abgeschickt wor
den aber diejenigen, welche Caid
Anfloos kennen, glauben nicht, daß er
der Aufforderung der Franzosen
nachkommen und die Stadt ohne
Kampf aufgeben wird.
Kaiser Wilhelm wird den Wunsch
des Brooklyner „Arion" erfüllen. Die
Sänger des Vereins werden bei ihrer
nächstjährigen Deutschlandfahrt der
Auszeichnung theilhaftig werden, vor
dem Monarchen zu singen. Der Kai
sex hat die ihm von dem amerikani
schen Botschafter übermittelte Corre
spondent welche das Schreiben des
Herrn Hermann Nidder an Herrn
Tower enthielt, gern entgegengenom
men und aus den Rand des Brieses
eigenhändig tie Bemerkung geschrie
ben: „Es wird mir ein großes Ver
gniigen bereiten, die Sänger deS
Brooklyner Arion anzuhören."
Der Erfinder des Phosphors.
vah«br«chend» Entdeckung de» „Zauberer«
von der Psaueninsel."
In diesem Sommer waren es 220
Jahre, daß ein einsamer Mann aus der
Pfaueninsel bei Potsdam eine wichtige
Entdeckung machte. Es war Johannes
Kunckel, der Geheime Kammerdiener
des Großen Kurfürsten. Es war da
mals die Zeit der Alchemie, des Su
chenS nach dem Stein der Weisen, der
Goldmacherkunst. Kunckel hatte in
Sachsen gewohnt und sich, da er zwei
fellos ein gewiegter Chemiker war, in
den Ruf gebracht, Gold machen zu tön
nen. Das veranlaßte den Großen
Kurfürsten, ihn an seinen Hof zu zie
hen. Kunckel legte auf der Pfaueninsel
ein Laboratorium an. Die Insel, auf
der es wild und wüst aussah, hieß da
mals Kaninchenwerder. Hier führte
der „Zauberer", wie er bald im Volks
munde hieß, ein seltsames Leben. Tag
und Nacht scch man Rauch und Qualm
und Feuer, urfd eS verbreiteten sich die
wunderbarsten Legenden über die Thä
tigkeit des Einsiedlers, den man nie zu
sehen bekam und der auf der Insel, die
ihm Friedrich Wilhelm schenkte, nur
mit einem häßlichen Diener und einem
schwarzen Hunde hauste. Der Kur
fürst opferte dem Alchimisten große
Summen. Als dieser einst dem Kur-
I
liu
Fürsten sagte, fein Nentmeister tordbt
wohl ein böses Gesicht dazu machen,
soll ihm Friedrich Wilhelm die chaiaX*
teristische Antwort gegeben habest
»Darum dürst Ihr Euch niht beküm
mern. ich frage Niemand darum irof
ich will, muß geschehen. Ich habe alle*
zeit so viel in meiner Schatulle, drß ids
dar keinen darf um fragen. Ich spiel«
itzt nicht sonderlich mehr, habe aber
öfters 1000 Thaler auf einmal
fptfhlt, auch wohl zur Lust so vieyl io
die Luft fliegen lassen. So sann icy
auch zu meinem Vergnügen an aller
handt Wissenschaften auch
tjg§
wenden
und darf niihr niemand* cmceoen, wa§
ich buhn und lassen will."
Es gelang nun zwar diesem Alchi
misten so wenig wie seinen Vorgängern
und Nachfolgern, Gold herzustellen.
Bei seinen chemischen Versuchen glückte
es ihm aber zunächst, bunies Glas her
zustellen. Er fertigte sehr geschmack
volle Gefäße an, und der Kurfürst war
außerordentlich erfreut. Im Sommer
1687 machte er feine bedeutendste Er
findung er entdeckte einen bis dahin
ganz unbekannten Stoff. Er gewann
diesen in Stäbchen von oer Länge und
Stärke eines Fingers. Ein seltsames
Leuchten ging von diesen Stävchen auS«
Nahm man eins in die Ha^d, so über
trug sich das Leuchten iogl.ich auf die
Haut. Dabei entwickelte sich ein
schwacher Dampf von höchst unange
nehmem, stechendem Geruch. Zündete
man das Stäbchen an, so leuchtete eS
weithin in einem nie gesehenen wunder
baren Glanz. Kunckel gab dem Stoff
den Namen Phosphor, und dieser ist es
also, der jetzt 220 Jcchre alt ist. Nach
dem Tode des Großen Kurfürsten
scheint sich Kunckel nicht mehr recht
sicher gefühlt zu haben. Vielleicht
fürchtete er einen Prozeß. Er folgt«
deshalb einem Rufe Karls XI. von
Schweden nach Stockholm. Dort
brachte er es zu hohen Ehren. Er
wurde zum Oberbergrath ernannt und
als Baron Kunckel von Löwenstern ge
adelt. Anfang des IX Jahrhunderts
ist er gestorben. Unter den Potsdamer
Fischern spukt aber immer noch die
Sage, daß in den Sommernächten eine
schwarze Gestalt mit einem schwarzen
Huitde auf der Pfaueninfel umgehe.
Künftige heimische Lakriheneultur.
Es ist schon die Rede davon ge
Wesen, die Lakritzenwurzel auch in den
Ver. Staaten anzubauen. Gewiss«
Theile Kaliforniens und anderer
Staaten sollten sich ebenso gut süt
das Wachsthum dieses Süßholzes
eignen, wie die flcinasiatischenf süd
sibirischen oder chinesischen Heimath
!gegenden.
Bis jetzt sind überhaupt nur wenige
Versuche zum Anbau differ Pflanze
gemacht worden, und in den genann
ten Gegenden wächst sie fast aus
schließlich wild. Im October fangen
I Bauern an, die Wurzel auszugraben,
und sie liefern sie an bestimmten La
icn ab, wo sie nach der Menge
zahlt werden. Die Wurzel wird
I
bann acht bis neun Monate an der
Luft gründlich getrocknet, wobei sie
I die Hälfte ihres Gewichtes verliert
I in Ballen von je etwa 220 Pfund
die mit Wasserkraft Maschinerie ge»
preßt und mit Eisenbänder gebunden
sind, wird sie in die Welt versandt.
Die Ver. Staaten, die erst seit
etwa 50 Jahren Lakritze benutzen,
sind heute der Hauptconsument dieser
Wurzel, die im Naturzustände zollfrei
eingeht. Das würde sich natürlich
ändern, wenn sie hier angebaut
würde. Für etwa $550,000 diese?
Wurzeln werden jährlich hierher ge
fandt, und außer für direkten Ge
nuß ist die Lakritze u. A. auch für
das Tabakgeschäft wichtig geworden.
A n a u w i e
,©Tauben Sie die Erzählung von
dem Maler, der ein Spinngewebe so
kunstvoll und täuschend auf den Pla
fond malte, daß das Dienstmädchen
sich stundenlang abmühte, es mit dem
Besen herunter zu wischen?" Dame:
„Möglich, daß es so geschickte Kiinst
ler gegeben hat aber ein solches
Stubenmädchen niemals!"
großer iheil des dieses Jahr geernteten
Weizens und Flachses ist mit Hafer, sowie
mit ^enf- und anderen Samen vermischt, so-
4 «Ä «!Ze
«'TS
No. 13
S e a e i n a i n e i n e a s i n e n s u e n v o u n e k u n i E u n a e i n e n e i s e n