OCR Interpretation


Der Staats=Anzeiger. (Rugby, N.D.) 1906-current, February 23, 1911, Image 11

Image and text provided by State Historical Society of North Dakota

Persistent link: https://chroniclingamerica.loc.gov/lccn/sn89074935/1911-02-23/ed-1/seq-11/

What is OCR?


Thumbnail for

I
Das Geheimniß des
Schattens.
(14. Fortsetzung.)
»Haben Sie ihn gefragt?"
„Ich wollte es thun, er ist aber
nicht mehr hier."
„Nicht mehr hier?" tief Harold er
staunt.
„Nein, Mix, ertappte ihn vor ei
mqen Tagen bei einem Vergehen und
entließ ihn auf der Stelle. Wie ich
idce,
soll er die Gegend verlassen
haben."
„Sonderbar", murmelte Harold.
„Darüber muß ich Alix befragen, sie
sagte mir kein Wort von der Ange
legenheit, als wir in Pitsea zusam
mentrafen. Da Tuckle indessen erst
vor zwei Tagen das Feld räumte,
blieb Ihnen genügend Zeit zu einem
Verhör."
„Ein- oder zweimal nahm ich ihn
mir auch vor aber er leugnete al
les."
Aoule ärgerte sich. Bei dem aal
glatten Doktor wußte man nie, ob
er die Wahrkeit redete oder nicht. Fort
während verwickelte er sich in Wider
sprüche. Ihn auf diesen Fehler auf
merksam zu machen, war zwecklos, er
hätte nur seinen alten Lügen neue
hinzugefügt."
„Sahen Sie Ainsley gestern?"
„Gewiß, er kam hierher, während
Alix nach Pitsea gefahren war."
„Theilten Sie ihm das mit?"
„Ja es schien ihm unangenehm zu
sein."
„Erklärte er Ihnen den Grund sei
ner Mißstimmung?"
„Nein, und ich fragte ihn auch
nicht darnach. Er sagte mir nur,
Frau Brady habe seine Frau er
mordet."
„Fing er von selbst davon an?"
„Na, ich hätte es doch wahrhaftig
nicht gethan", erwiderte der Doktor,
„ich habe genug von der Geschichte.
Er erzählte mir, Frau Brady sei
am Abend des Verbrechens in den
„Blasteme Arms" gewesen an
dem bewußten Sonntag und habe
Frau Ainsley aus Eifersucht ermor
det."
„Wie kam sie in das Haus?"
„Darüber schwieg er sich aus, und
ich wollte nichts mehr hören die
Sache macht mich schon ganz krank."
„Fragten Sie ihn nicht, wie er die
Anklage gegen Sie mit der gegen
Frau Brady in Einklang bringe?"
„Ja, das that ich," erwiderte bet
Doktor in beleidigtem Ton, „und er
gestand mir, er habe mich nur be
schuldigt, um Alix zu einer Heirath
mit ihm zu zwingen. Jetzt verwei
gere ich aber jede weitere Erklärung,"
endigte Parsons, erhob sich und ver
suchte, eine würdevolle Miene anzu
nehmen.
Moule zog die Schultern hoch.
„Wie Sie wollen. Sie reden ja
doch kein wahres Wyt!"
„Wie können Sie es wagen? Ich
habe die Wahrheit gesprochen!"
„Dann geschah es jedenfalls zum
ersten Mal in Ihrem Leben," gab Ha
rold kühl zurück. Seine Abneigung
gegen den Arzt war so groß, daß er
ihn am liebsten über die nächste Hecke
geschleudert hätte, hinter der sich ein
verlockendes Nesselbeet ausbreitete.
„Ich begreife nicht, wie Alix zu solch
einem Vater kern. Es hat indessen
keinen Zweck, die Unterhaltung mit
Ihnen weiter auszudehnen. Ainsley
soti mir seine Anklage gegen Frau
Brady, an die ick nicht glaube, be
weisen. Adieu!"
Aber so leicht ließ ihn der Doktor
nicht los.
„Todtschlagen möchte ich Sie,"
sprudelte er voller Wuth. „Sie ha
ben mich beleidigt, mich, einen Mann
von fleckenloser Ehre! Sie sind ein
Renommist, ein Feigling, und glau
ben, einen Gentleman unbestraft be
schimpfen zu dürfen. Niemals sollen
Sie meine Tochter heirathen nie
nie niemals! Ich tödte 'Sie
ich erschieße Sie im Dunkeln
ich
Was das sich immer stärker erei
fernde Männchen noch hinter ihm her
rief, hörte Aoule nicht mehr. Achsel
zuckend über diesen Wuthansall.
schlenderte et davon. Er begab »'.ch
zum Haupteingang. Thomson öffnete
ihm die Thür und erlaubte sich ein
bewillkommnendes Lächeln, als er
den Gast erkannte. Gewöhnlich sprach
Harold nur mit den Dienstboten,
wenn er etwas von ihnen verlangte,
doch während er lern Haushofmeister
Hut und Stock reichte, gestattete er sich
die Frage:
„Wie ich höre, sind Sie Tuckle los
'geworden?"
„Ja, Herr, und wir freuen uns alle,
daß die infame Krabbe, ich bitte um
Entschuldigung, fort ist. Er soll sich
in den „Blastorne Arms" aufhalten."
Harold, der schon weitergehen woll
te, drehte sich hastig wieder um.
„Wissen Sie das bestimmt?"
„Ganz bestimmt, Herr. Wir dach
ten, er hätte die Gegend, die er so
lange verunzierte verlassen. Und das
that er wohl auch und ging nach Lon
don zu Ainsley. Jetzt ist er wieder
mit ihm hier, um uns durch feine Ge
genwart zu ärgern."
Aoule lachte, da er aber alles, was
er zu wissen wünschte, erfahren hatte
und noch etwas mehr dazu, ging er
stillschweigend weiter. Aus der That»
fache der Rückkehr des Pagen zu sei
nem früheren Herrn ersah er deutlich,
Ö03 der Streit damals nach dem
Begräbniß zwischen Gilbert und
Tuckle eine abgekartete Sache gewesen
war. Tuckle hatte zurückbleiben müs
sen. um zu spionieren, und war
wahrscheinlich dc.be erwischt worden.
Trotz seiner Ingen!, war er, wie der
würdige Thomson behauptete, wirklich
„eine infame Krabbe".
Alix saß aufgeregt im Salon. Bei
Harolds unangemeldetem Eintritt sah
sie ärgerlich auf, doch als sie ihren Be
such erkannte, eilte sie ihm mit aus
gestreckten Armen entgegen und warf
sich an feine Brust.
„Ich dachte, es sei Mr. Ainsley,"
begann sie, nachdem sie sich beruhigt
hatte. „Ich hörte, er solle in den
„Blastorne Arms" sein, und wußte,
daß er herkommen und mich quälen
würbe."
„Nicht, solange ich bei dir bin," er
widerte Harold fest. „Mir ganz allein
gehörst du, Liebli' g, und Gilbert mag
seine Hände von dir lassen. Fürchte
dich nicht. Er ist allerdings im Gast
hof abgestiegen, aber heute zu Frau
Brady gefahren, die bei Sir George
Tykc in Gravesend zu Gast ist."
„Was thut er dort?"
„Ich weiß es nicht. Uebrigens hat
sie ihren Widerstand gegen deine Hei
rath mit ihm ausgegeben."
„Sehr liebenswürdig von ihr," ant
wortete Alix und erröthete vor Aerger.
„Ich beabsichtige ganz und gar nicht,
Mr. Ainsleys Frau zu werden. Das
ist doch wobl erledigt und abgethan."
„Gewiß aber Frau Brady weiß
nichts von dem. was wir erfahren ha
ben. Er hat sicher ihre Einwilligung
erzwungen dadurch, daß er sie, gleich
deinem Vater, de? Mordes anklagte."
„Was?" rief Alix und griff nach
den- Arm des Geliebten. „Willst du
damit sagen, daß
„Ja. Ainsley beschuldigte deinen
Vater, um dich zu gewinnen, und be
schuldigte Frau Brady, um sie loszu
werden."
„Hältst du sie für die Mörderin,
Harold?"
„Nein. Aber wenn es um mein
Leben ginge, könnte ich dir den Thä
ter nicht nennen. Auf alle Fälle werde
ich indessen die Schauspielerin auf
suchen, mit Gilbert reden und viel
leicht die Polizei zur Hilfe nehmen."
„Ach, Harold," entfuhr es dem
jungen Mädchen ängstlich, „mein Va
ter
„Dem geschieht nichts. Frau Brady
oder Robert Ainsley oder Rug oder
irgend einer selbst der alte Bar
nacles mögen das Verbrechen ver
übt haben, dein Vater aber ist un
schuldig, Herz, das ist mir zur Ge
wißheit geworden Und nun
kannst du mich ein paar Tage bei dir
beherbergen? Da dein Papa im Hause
ist, schadet es de'nem Rufe nichts."
Mit Freuven, Geliebter. Ich bin
ganz entzückt. Dein Gepäck
„Besteht nur ans einer Handtasche,
die ich in den „Blastorne Arms" ab
gegeben habe. Erst wollte ich dort
wohnen, ich halte es aber für klüger,
Ainsley so lange aus dem Wege zu
gehen, bis ich für eine Begegnung
hinreichend gewappnet bin. Die Ta
sehe hole ich mir nachher und kann
dann noch rechtzeitig zum Essen zurück
fein. Jetzt sage mir, warum du
Tuckle entließest."
„Ach, Harold, von wem hast du das
erfahren?"
„Von deinem Vater. Weshalb er
zähltest du mir gestern nichts da
von?"
Verwirrt führte Alix die Hand an
den Kopf. „Ich hatte es thatsächlich
vergessen, Schatz. Diese ewigen Auf
regungen machen mich ganz nervös."
„Mich auch. Ich will froh fein,
wenn wir erst Frau Ainsleys Mör
der entdeckt haben und zur Ruhe kom
men. Das Detektivgeschäft liest sich
ganz schön in Büchern, im wirklichen
Leben ist es oft sehr monoton. Also,
Kind, was hatte Tuckle verbrochen?"
„Ich mußte ihn entlassen, weil ich
ihn dabei überraschte, wie er in mei
nem Wohnzimmer deine Briefe las.
Ich hatte einige offen auf dem
Schreibtisch liegen lassen, und er be
saß bie Frechheit, feine Nase hineinzu
stecken."
„Jedenfalls auf Ainsleys Befehl.
Du setztest ihn also an die Lust?"
„Ja." antwortete Alix lebhaft, „lei
der habe ich ihm keine Ohrfeigen gege
ben, wie er sie verdient hätte. Er ist
ein in Grund und Boden verdorbener
Bengel."
„Er ist einer der gefährlichsten
Spitzbuben." erwiderte Harold sehr
entschieden. „Mit diesem Master
Tuckle werde ich noch ein Hühnchen
rupfen. Es würbe mich nicht wun
dern doch davon später, Liebste.
Reden wir nicht mehr von dieser Kri
mincilgefchichte, sondern von unseren
eigenen Angelegenheiten, bis ich nach
den „Blastorne Arms" zurück muß."
„Soll ich nicht einen Boten hin
schicken?"
„Nein, ich möchte sehen, ob Ains
ley wieder da ist. Vielleicht sehe ich
mir auch Tuckle und fein Treiben ein
mal an. Er führt etwas im Schilde,
verlaß dich darauf. Um acht kann ich
zum Essen hier sein. Ist das nicht
zu spät?"
i,Vater
speist am liebsten um sieben,
wir werden aber di- Mahlzeit um
eine Stunde verschieben."
„Nicht doch, wenn irgendwie mög
lich. stelle ich mich um sieben ein."
„Nein, um acht ntrd gegessen," ent
schied Alix, die nur zu froh war, dem
Aeliebten einen Gefallen erweisen zu
sönnen. „Jetzt laß uns von unseren
Anaelegenbetten sprechen."
Das thaten ~te denn auch. Nach
.ill den trübseligen und aufregenden
Begebenheiten war es ihnen eine
Wonne, von ihrer Liebe zu schwär
men. Sie bauten Lustschlösser für die
Zukunft, tiefen sich angenehme Erin
nerungen in's Gedächtniß, und die
Seit entschwand ihnen wie im Fluge.
Erst da die Dämmerung herabzusin
ken begann und die Nachtigallen an
fingen, in den Büschen zu schlagen,
riß sich Harold los. Fröhlich nahm
er Abschied und versprach, auf den
klügeln der Liebe heimzueilen.
Als er das Gasthaus erreichte, hörte
er, daß Ainsler» bereits wieder dage
wesen, doch wieder fortgegangen fei.
Mit der angenehmen Empfindung,
ihm nicht unvorbereitet in den
nelaufen zu fein, ergriff Harold feine
Tasche und wanderte nach der Grange
Zurück. Die Hauptstraße beiseite las
send, schlug er einen 5?nßnfad über die
Wiesen ein und genoß in vollen Zü
gen das herrliche Zwielicht. Es mar
noch nicht ganz dunkel. Tiefer Friede
lagerte über der Natur, langsam ver
längerten sich die Schatten, und freu
dig klopfte das Herz des jungen Man
nes. der sich das Antlitz der Angebete
ten vorzauberte. Plötzlich leuchtete ein
Blitz auf, ein Knall ertönte aus her
.^ecke, und Aoule fühlte einen scharfen
Schmerz im Bein. Er stürmte zu Bo
den und versuchte, sich aufzurichten,
doch es gelang ihm nicht. Der Schuß
aus dem Hinterhalt hatte ihm den
Fußknöchel zerschmettert.
Zweiundzwanzigstes Kapitel.
A i u n a n a y
Ein zweiter Schuß wurde nicht ab
gefeuert. Vielleicht dacht? der Angrei
fer, als er Aoule stürzen sah, er fei
todt. Harold vermuthete dies und
verhielt sich vollkommen still und be
wegungslos. Wagte sich der Unbe
kannte aus seinem Versteck, um zu
sehen, ob er sein Werk richtig voll
bracht, so beabsichtigte Aoule da
er nicht laufen sonnte den Schützen
ani Bein festzuhalten. Wenigstens
würde er ihn erkennen.
Doch der Thäter erschien nicht.
Alles blieb still, und die erschreckten
Nachtigallen begannen auf's Neue zu
singen. Der Schmerz in dem verletz
ten Gelenkknochen wurde immer stär
ker, und Aoule nahm seine ganze
Kraft zusammen, um die Besinnung
nicht zu verlieren. Mit gewaltiger
Anstrengung unv trotz der furchtbar:
sten Qualen gelang es ihm, bis zum
Hauptweg zurüefzukriechen. Hier ver
langte die Natur ihr Recht, er wurde
ohnmächtig. Doch bevor ihm ganz die
Sinne schwanden, hörte er noch einen
Feldarbeiter pfeifend des Weges da
herkommen, und er stieß einen Schrei
aus, der, obgleich schwach, dennoch
vernommen wurde.
Als er aus feiner Betäubung er
wachte, lag er auf einem Bett, und
Mir beugte sich angstvoll über ihn.
Er öffnete die Augen und flüsterte
ihren Neimen. Mit Thränen in den
Augen neigte sie sich über ihn und
küßte ihn.
„Liebster, ich fürchtete, du wärest
tobt."
„Wie habt ihr mich hierher ge
bracht?" fragte er mit matter
Stimme.
„Einer der Feldarbeiter hörte dich
rufen und fand dich. Er eilte in's
Dorf, um Hilfe herbeizuholen, und
als man dich erkannte, brachte man
dich nach der Grange. Ach, Harold,"
schluchzte sie und schlang die Arme
um seinen Hals, „wenn ich dich ver
loten hätte!"
„Das wirst du ganz gewiß, Alix,
wenn du nicht zu sprechen aufhörst,"
ermahnte Dr. Parsons. „Das Wund
siebet kann jeden Augenblick eintreten.
Ueberlag ihn mir und gehe hinun
ter."
„Nein, ich will ihn pflegen. Ordne
nur an, was ich thun soll, Vater."
„Geh' lieber hinunter, Kind."
„Ich will nicht," erklärte sie eigen
sinnig. „Keiner als ich soll Harold
berühren."
Der Kranke, obgleich schon wieder
beinahe bewußtlos, mußte bei ihren
Worten lächeln.
„Es ist nicht so schlimm," murmelte
er. „In Afrika hatte ich weit schlim
mere Wunden. Sorge dich nicht,
Alix, und Auf's Neue schwanden
ihm die Sinne.
„Da," sagte Varsons streng, „nun
siehst du, was du angerichtet haft!"
..Laß mich ihn pflegen, Vater."
Der Doktor brummte und beugte
sich über den Verletzten.
„Irgend einer muß ihn warten,
also meinetwege: du. Hole mir aus
meinem Zimmer Verbandwatte. Ich
will das Bein untersuchen."
Gehorsam entfernte sich Alix, und
Parsons, alle früheren Streitigkeiten
vergessend, wurde ganz zum Arzt. Er
wünschte nicht Harolds Tod, errieth
er doch nur zu gut, daß Aoule der
Einzige war, der ihn vor Ainsleys
Bosheit schützen konnte. Wenn dieser
seinen Willen in Bezug auf Alix nicht
durchsetzte, war er wohl imstande,
eine Schwenkung zu machen und den
Doktor anzuklagen, und Parsons
wußte ganz genau, da"' ihn Gilbert in
eine sehr unangenehm? Lage versetzen
konnte. Darum versuchte er sein Be
stes bei dem Kranken, und als wirk-
Xcr Stants-Anzeiger, Rugby, N. D., bcit 23. Februar 1911.
lick) guter Chirurg ^zog er die Kugel
geschickt aus der Wunde.
Aoule wußte nicht, was mit ihm
geschah, denn das Wundfieber hatte
ihn gepackt. Die ganze Nacht wachte
Alir an feinem Lager, und als er
gegen Morgen in erfrifchenoen
I «Schlummer verfiel, sahen ihre Wan
gen blaß und durchsichtig aus. Doch
trotzdem ihr der Vater rieth. 311 Beti
zu gehen, folgte sie ihm nicht, hielt
nur immer Harolds Hand in der ihri
gen und iihte ihr schweres Pflegeramt
auf's Vortrefflichste aus.
Am Nachmittag erwachte der Kranke
zum Bewußtsein unS Parsons er
laubte ihm, einige Worte zu sprechen.
Er erfuhr, daß man den Menschen,
der den Schuß abgefeuert Hatte, "uf t"
und daß Inspektor Unwin aescHtfi
tooiden sei.
e
sFea
„Nein, nein," raunte er Alir ,u.
die sich über ihn retate. „die
soll nicht gerufen werden. Schlafende
Hunde darf man ^iait 'recken. Ich
werde ihn schon.
fe"trafen."
„Wen?" fr-iitfe Alix le'r**?
„Gilbert Ainsley. ^ch glaube, er
er
Von Müdigkeit und Stfmäche über
wältigt, fiel er wieder in Schlaf. So
viel errieth aber Alix. daß er Ainsley
für den Attentäter hielt. Unwahr
scheinlich war es nicht. Aoules fvige
Jagd nach Frau Ainsleys. Mörder
konnte leicht Geberts Plänen, durch
eine Heirath nui Alix wieder ii' den
Besitz des Vermögens zu gelangen, ge
fährlich werden.
Auch sie sah ein, daß für'- erst?
bis Harold nnht gekräftigt war, die
Polizei ans dem Spiele bleiben mvß
te, und ließ Jrftcktor Unwin in die
fem Sinne benachrichtigen. Troy'icw
kam er, und sie hatte ihre qanv
Überredungskunst anzuwenden, bis
er sich endlich sehr aeaen »inet
Willen zum Warten mt fehle
„Ich sehe ja ein, daß es nicht an
ders geht," erwiderte er und blickte auf
das blasse Gesicht des Verwundeten
nieder. „Mr. Aoule muß uns genau
erzählen, wie alles kam, ehe wir uns
ordentlich mit der Sache befassen fett
nen."
Alix, die einzige, die Harolds ge
flüsterte Worte gehört hatte, bewehrte
Stillschweigen. Sie schickte zum Gast
hof und erfuhr, da7] Ainsley ebne1 eist
fei, den Pagen jedoch bort aeloiseu
habe. Nach Aussog- der Winhin
sollte Gilbert wiederkommen wie das
junge Mädchen vernahm, wollte er
warten, ob Harold am Leben bliebe
oder stürbe. Damit er über alles auf
dem Laufenden erhalten wurde, be
trieb Tuckle sein gewöhnliches Ge
schäft als Spion. Das war natürlich
alles nur Vermuthung, doch Alix
konnte sich Gilberts Betragen auf
keine andere Weife erklären.
Als Harold am zweiten Tage Nach
mittags erwachte, ließ er Unwin zu
sich bitten. Der Inspektor wollte wis
sen. wer den Schuß abgefeuert hatte.
Harold erklärte, er sei durch die Wie
sen gewandert und habe Niemand ge
sehen. Unwin, sehr enttäuscht, ent
fernte sich, um selbst auf Entdeckung
auszugehen. Hierauf erzählte das
Mädchen dem Geliebten, Gilbert habe
Blastorne auf einige Zeit verlassen,
und freute sich, daß Harold ihr
Schweigen gelobte.
„Ich bin fest überzeugt, er hat auf
mich geschossen," sagte er zu Alix, als
sie allein waren. „($r kam zu Frau
Push zurück und erfuhr von ihr, ich
set hier und würde mir meine Tasche
holen. Wahrscheinlich hat er außer
halb des Hauses auf mich gelauert
und folgte mir dann. Da er den Weg
kennt, war es ihm ein Leichtes, sich
hinter der Heeke zu verbergen und auf
mich abzudrücken. Er dachte wohl, ich
fei todt, fürchtete sich jedoch vor Ent
deckung und kam deshalb nicht heran,
um sich zu vergewissern. Hätte er es
gethan, so würde ich ihn am Bein ge
packt haben. Vielleicht ist es aber bes
set so, geliebte Aiix."
„Warum?" fragte sie und schüttelte
ihm die Kissen zurecht.
„Weil er fürchtet, ich erfahre zu viel
von der Sache."
„Du glaubst doch nicht, daß er seine
Frau ermordet oat Harold?"
„Nein, das nicht. Wir haben ihn
ja in der Pagode schlafen sehen, und
unseren Augen sollten wir wohl
trauen dürfen. Trotzdem muß er, da
er von der Testamentsänderung nichts
wußte, ein Komplott geschmiedet ha
ben, um Frau Ainsley aus dem Wege
zu räumen."
„Denkst du an Robert?"
„Ja und nein. Gilbert, so entsetz
ltey der Gedanke auch ist, würde keine
Sekunde zögern, feinen Bruder zu
opfern, wenn er dadurch fein Ziel er
reichte. Ich begreife nur nicht, wie er
den schwachsinnigen, morphiumsüchti
gen Menschen dazu bringen konnte,
eine alte Frau, die ihm nie ein Leid
zugefügt hat, umzubringen. Aller
dings ist dein Vater noch da
„Harold, Harold!"
„Kind, wir müssen uns nach jeder
Richtung hin orientiren. Dein Vater
ist, gleich Robert, ein Schwächling,
wenn auch thatkräftiger und nicht
ganz so hilflos. Gilbert, mit feiner
starken Willenskraft, hat vielleicht den
alten Herrn zu dem Verbrechen ge
trieben. Ich kann es zwar nicht glau
ben."
„Es ist auch nicht der Fall," er
klärte Alix bestimmt. „Papa hat we
nig Widerstandsfähigkeit, aber so
würde er nicht handeln. Lächerlich
und thöricht mag er sich manchmal be
ttagen, doch das Leben eines Neben
menschen ist ihm heilig. Und Frau
Ainsley hat ihm nur Gutes erwiesen.
Du beurtheilst ihn wirklich zu hart."
„Vielleicht thue ich es," entschuldigte
sich Harold. „Aber wie steht es nun
mit Frau Brady?"
„Ich glaube kaum, daß eine Frau
stark genug genesen wäre, Frau
Ainsley' zu erwürgen."
„Frau Brady ist sihr kräftig," er
widerte Aoule gedankenvoll. „Freilich
trotz Rugs gegentheiliger Behaup
tung und Barnacles' Vertheidigung
kann immerhin der Kapitän der
Schuldige fein. Ich weiß nicht mehr,
was ich seinen soll, die Geschichte
macht mir Kopfschmerzen."
„Reben wir jetzt nicht mehr dar
über." schmeichelte Alix, „versuche zu
schlafen. Ich werde di' etwas Leises,
Beruhigendes borfingen."
Harold drückte ihre Hand und gab
schweigend danni zu verstehen, wie
sehr er sich freute, durch ihre Stimme
eingelullt zu werden. Bald hatte Alix
denn auch die Befriedigung, ihn in
erfrischenden Schlummer versinken zu
sehen. Wohl eine Stunde faß sie an
dem Bett und loollt: aerade die Augen
schließen, da trat Thomson auf den
Fußspitzen ein. Obgleich ihn feine
junge Herrin stirnrunzelnd anblickte,
näherte er sich ihr.
„Eine Dame wünscht Mr. Aoule
zu sprechen," flüsterte et, „und will
keine Absage annehmen. Hier ist ihre
Karte, Fräulein."
Alix, die noch .immer Harolds
Rechte umsnannte, warf einen Blick
auf das Stückchen Karton, das ihr der
Haushofmeister auf einem silbernen
Teller hinhielt, und fuhr in die Höhe,
als sie Frau Bradys Namen las.
Eine Sekunde fa'i sie auf den schla
fenden Mann, dann war ihr Ent
schluß gefaßt, und sanft löste sie seine
Hand aus der ihrigen. Mit dem Fin
ger auf dem Mund Schweigen gebie
tend,' bewegte sie sich nach der Thür,
gefolgt von Thomson, dem sie dran
gen, noch immer in leisem Ton, da
mit Harold nicht erwache, befahl:'
„Schicken Sie die Haushälterin zu
Mr. Aoule, sie soll einstweilen meine
Stelle vertreten. Ich werde die Dame
selbst empfangen."
Thomson verbeugte sich und begab
sich auf die Suche nach der Gewünsch
ten, während Alix die Treppe hittun
terftieg und sich im Stillen fragte,
warum Frau Brady wohl gekommen
fei, und aus welchem Grunde sie Ha
rold zu sehen wünsche. Sicherlich hing
ihr Besuch mit der Mordthat und
Gilberts dunklem Gebähten zusam
men. Das junge Mäbchett vermochte
nur nicht einzusehen, wie und aus
welche Weise Aoule der ehemaligen
Schauspielerin helfen könne.
Frau Brady, die wunderbar schön
in einem modernen Sommerkleid aus
sah, trotz ihrer blassen Wangen und
unruhig leuchtenden Augen, erhob sich
bet Alixens Eintritt.
„Sie sind gewiß Miß Parsons,"
sagte sie. „Kann ich mit Mr. Aoule
reden?"
„Ich glaube kaum, Frau Brady,"
erwiderte Alix ruhig, „et wurde ver
wundet und ist noch immer sehr
krank."
„Ich hörte, daß ihn Jemand er
schießen wollte," entgegnete sie mit
ziemlicher Beherrschung. „Die Wir
thin der „Blastorne Arms" erzählte
es mir. Ich ging dort hin, um Mr.
Ainsley zu sprechen, doch soll er nach
London abgereist sein. Als ich daraus
von dem tinfall erfuhr, der meinen
alten Freund betroffen hatte, eilte ich
hierher, um mich nach seinem Befinden
zu erkundigen."
Alix kräuselte ihre Lippen.
„Sie nennen es einen Unfall."
zürnte sie, „ich nenne es Mord."
„So ähnlich drückte ich mich vor
einigen Minuten ans. Lassen Sie uns
nicht streiten, Miß Parsons. Ich
komme als Freundin und nicht als
Feindin."
„Ich wüßte auch nicht, weshalb
wir Gegner sein sollten,- Frau
Brady."
„Sie vergessen wir lieben beide
denselben Mann."
„Mr. Aoule?"
„Mt. Ainsley", gab Frau Brady
schnell zurück.
„Da irren Sie. Meine Neigung
gehört Mr. Aoule, nicht Mr. Ains
ley."
„Aber sie sind mit dem letzteren
verlobt."
„Ich bitte um Verzeihung, ich bin
mit Harold Aoule versprochen."
„Sie waren es," erwiderte die
Künstlerin etwas verlegen, „doch
Gilbert sagte mir"
„Ich hätte Harold seinethalben der
Laufpaß gegeben", endiott Alix der:
angefangenen Satz. „Leider mußte ich
das für einige Tage thun, aber nur
gezwungen. Jetzt, wo ich mich mit
Harold wieder verstehe, habe ich mei
ne Meinung geändert."
„Sic scheinen etwas launenhaft zu
fein", bemerkte Frau Brady und trat
ungeduldig mit dem Fuße auf.
„Sie wären es auch gewesen, wenn
Sie Mt Ainsley in meine Lage ge
bracht hätte." Alix blickte scharf auf
Frau Brady, um sich den Erfolg
ihrer nächsten Worte nicht entgehen
zu lassen. „Er beschuldigte meinen
Vater des Mordes an seiner Frau.
Damit er ihn bei der Polizei nicht
anzeige, entschloß ich mich, feinen
Antrag anzunehmen."
11.
„Nichtswürdig, nichtswürdig",
murmelte die Schauspielerin und et*
blaßte. „Aber wir wissen Sie unfr
ich, werthes Fräulein wir wissen,
daß Gilbert kein guter Mensch ist."
„Dennoch sieben Sie ihn."
„Und Sie möchten wissen, wie dai
möglich ist", entgegnete Frau Brady
heftig. „Ich verstehe, daß mich ein
Mann danach fragen sann, doch Sie
sind ein Weib und sollten unser Ge
schlecht kennen. Ich liebe Gilbert, und
was er auch thun mag, werde ich ihn
immer lieben müssen! Welchen Grund
können Sie mir für Ihr erneutes
Verlöbniß mit Aoule angeben?"
„Keinen anderen, als daß ihm mein
Herz gehört", erwiderte Vllir lächelnd.
„Das mußten Sie doch bereits."
„Ja, Sie beide zusammen sind ein
schönes Paar, möchten Sie recht glück
lich werden' Ich habe Harold, den ich
seit langen Jahren kenne, sehr gern.
Aber tragen Sie es, Gilbert Trotz zu
bieten?"
„Ich wage und thue es."
„Er teinn Ihren Vater festnehmen
lassen."
„Das getraut et sich nicht."
„Seien Sie Ihrer Sache nicht zu
sicher. Wenn er zu seinem Ziele kom
men will, scheut Gilbert vor nichts
zurück. Er schob mich sofort beiseite,
um Sie und Ihr Vermögen zu et#
I
langen."
„Und Sie erlaubten es ihm?"
Frau Brady senkte das Gesicht und
i flüsterte leise: „Mir blieb keine Wahl.
Gilbert nimmt eben auf Niemand
Rücksicht."
„Dieses Mal soll es nicht nach sei
nem Kops gehen", gab Alix trocken
zur Antwort. „Ich bin der festen
Ueberzeugung, daß er mit nicht scha
den wird."
„Und Ihrem Vater?"
„Auch ihm nicht. Er ist unschuldig."
„Für schuldig habe ich ihn niemals
gehalten," erwiderte di? Künstlerin,
„doch daran stößt sich Gilbert nicht, et
hängt eben Ihrem Papa das Verbre
chen an."
„Gerade so wie Ihnen", gab Alix
zurück und zuckte mit den Schultern.
Frau Brady stieß ein grimmigen
Schrei aus und erhob sich:
„Was bedeuten diese Worte, Miß
Parsons?" fragte sie wild.
„Das, was sie ausdrücken. Gilbert
sagte meinem Vater, Sie hätten"
„Es ist eine Lüge", zischte die an
dere und ballte die Faust, daß set
Handschuh zerriß. „Allerdings rieth
mir Gilbert, meine Einwilligung zu
seiner Heirath mit Ihnen zu geben,
sonst würde er mir den Mord in sie
Schuhe schieben. Ich war leider tn
einer Lage, in der ich oh, daß er
von allen Männern mich anklagen
sollte!"
„Und Sie können wirkick? einen
Menschen lieben, der eine so nieder
trächtige Rolle spielt?"
„Ich weiß es nicht. Er ist ein
Schurke, ein Lügner, ein ach,
Mädchen, Mädchen, danken Sie Gott,
daß Aoule ein guter, ehrlicher, ehren
hafter Mann und kein solch verw:tre
nes Geschöpf wie Gilbert Ainslev ist."
„Sie müssen Ihre Neigung bekäm
pfen, Frau Brady. Er ist Ihrer nicht
würdig."
„Das weiß ich wußte ich all die
Jahre und dennoch wir Weiber,
welche Thörinnen sind wir, wenn un
ser Herz unseren Verstand regiert!
Aber ich muß mich bezwingen. WaS
Sie mir erzählt haben, erleichtert ttir
die Arbeit. Der Schuft, er klagt mich
an, wo er weiß, daß ich unschuldig
bin."
Alix ergriff Frau Brady's Hand
und sagte ernsthaft: „Von Ihrer Un
schuld bin ich fest überzeugt. Ich
werde Ihnen immer eine Freunein
sein."
„Freundin! Freundin! Gott weiß,
daß ich eine brauche. Ja, meine Freun
din, um Ihnen zu beweisen, wie ehr
lich ich es mit unserer Freundschaft
meine, will ich Ihnen gestehen, wer
Frau Ainsley ermordet hat."
„Wer?" fragte Alix mit schnellet
pochendem Herzen
„Robert Ainsley Gilberts
wahnsinniger Bruder."
i (Fortsetzung folgt.)
stand: So, meine Herr'n, jetzt baten
Sie die neue Ventilation und immer
gute frische Luft hoffentlich kommt
jetzt Niemand mehr um Urlaub.
V o e i i e
„Sagen Sie mir nur, wie es Ihren
möglich war, zweiunddreißig Dieb»
stähle zu verüben und bei keinem er
wischt zu werden?" Dieb: „Ja,
Herr Richter, Uebung macht den Mei
ster."
Besuch: Wo ist denn deine Frau?
Mann: In der Küche. Besuch:
So! Und da klagst du stets, daß sich
deine Frau nicht um das Kochen tum*
mert? Mann: Ja, sie malt eben
ein Bild: „Am häuslichen Herd".
—E in 0 i z e i k n i s s. „Glau
ben Sie mir nur", erzählt der be
rühmte Detektiv Schnapperl. „selbst
der gewiegteste Kriminalist kann sich
irren! Da kam ich z. B. einmal amt
Iich mit einem Frauenzimmer in Be
rührung. die war so sanft, so zart,
so liebenswürdig kurzum ein En
gel in Menschengestalt. Später al
lerdings habe ich gemerkt, daß vet
leibhaftige Teufel in ihr stockte!"
„Aber, Herr Sckmapperl, wie haben
Sie das rausgekriegt?!" „S?hr
einfach, ich habe sie geheiratet!"

Roman von F. Hume.
e n e u e a u s v o
E i n e u s i e a u

xml | txt