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I Aus Rußland. I
*•1
ÄSIt N^ackltuua! Unsers i'elfr in 9?u6Un
tV
sönnen Den 3abrf«bftrofl
1* b«t Blatt ($2.00 ober 4 Rubel) unter Zuschlag der
Ntienbttoften bei unleren Korrespondenten einzah
le*, welche berechtigt sind, Gelder f6r un? zu tafiiren.
Vit gewählte Prämie wird ihnen dann prompt zuge-
Bekellnngen auf oder flatilungen für da?
fuatt tonnen i6t|eil gemacht werden, denn wir
etfcmen Bestellungen jederzeit entgegen, i'eute also,
welche boB Blatt in Ruhland bestellen wollen, mögen
getrost an unsere Korrespondenten bort roenben.
Wir erlassen diese Ankündigung, um den Leuten bort
*te Sache wesentlich z» erleichtern.
i e e s s u n
Spczial-Korrespoudenz.
Lieber Staats-Azeiger:
Also will ich, da es die Zeit erlaubt,
doch wieder einen kurzen Bericht von
hier einsenden. Ich hätte freilich schon
längst das thun sollen.
Tie Witterung ist dieses Frühjahr
féhr ungünstig, denn es mangelt an
Feuchtigkeit und dabei haben wir
außergewöhnlich kaltes Wetter. Am
26. April noch hatten wir so starken
Frost, daß alles Obst erfror und alle
Bäume mtb Neben. Alles was schön
grün sich zeigte, ist schwarz geworden.
Die Feldfrüchte leiden auch Noth in
folge kalten Wetters und allhalten
der Trockenheit. Am 13. Mai hatten
wir den ersten Regen. Dieser war
zwar recht ausgiebig, aber es ist be
reits wieder zu trocken.
Unsere Gemeinde hat beschlossen,
eine neue Kanzlei (Gemeindehaus)
zu bauen. Ter Bau ist bereits abge
geben worden für die Summe von
8690 Rubel. Ter Bauherr hat alles
fertig zu stellen und den Schlüssel ab
zuliefern. Es soll' ein prachtvolles
Eckhaus werden, ans Steinen aufge
führt und mit Zinkblech-Tachdeckimg.
Tie Gemeindeglieder thun keine Ar
beit daran, der Potretschik hat alles
zu stellen und zu liefern, als da sind:
Steine, Holz, Eisen, Blech, usw., auch
die Fenstern und Thüren. Tic alte
Kanzlei ist abgegeben worden zum Ab
brechen und die neue wird ans dem
alten Platze errichtet. Tas neue Ge
bände erhält Wasserheiznng durchweg.
Ter Versammlungsort der Gemeinde
ist inzwischen im alten Schulhaus, bis
die neue Kanzlei fertig ist.
Vor drei Jahren bauten wir ein
neues Schnlhans, damit alle Schul
kinder Platz haben sollten, aber schon
heute haben wir nicht mehr Platz ge
nug. Wir haben sech5 blassen in nn
serer zweiklassigen Kirchenschule mit
sechs Lehrern und eine Semski
Schule, aber wir müssen eine Klasse
mehr haben, denn es find zu viele Ktiv
der da und jeder Lehrer spll nicht
mehr als sechszig Kinder in
einer Klasse unterrichten. Somit ist
unsere Gemeinde gesinnt, eine zweite
Semski-Schnle einzurichten, da diese
billiger kommen als Privatschulen.
Wie ich bereits berichtete, wurden
Steine angekauft, die einzelnen Land
Parzellen anzuzeigen, sogenannte
Tschastoksteine. Ta aber der Ver
kauf ohne Spruch oder Erlaubniß ge
schah, war es fraglich, ob diese Steine
von den Gemeindegliedern einzeln,
oder aus der Gemeindekasse bezahlt
werden sollen. Nun hat endlich das
Gericht entschieden und festgestellt,
daß Terjenige, welcher die Steine
kaufte, sie auch bezahlen muß, weil der
Kauf nicht auf Gemeindesprnch hin
geschah. Tas dürfte Vielen zur War
ming dienen nnd sie dahin bringen,
nichts zu kaufen nnd aus der Gemein
dekasse bezahlen zu wollen, ohne ge
hörige Erlaubniß.
Morgen, den 26. Mai, wandern
ans nach Amerika: Peter Malsam
nebst Fran und Kindern. .Herr Mal
sam ist ein Kleinliebenthaler, aber
schon mehrere Jahre in Kandel seß
haft. Weiter anch Margaretha Hnn
gele, 18 Jalire alt, die Tochter des
verstorbenen Leopold Himgele und
das einzige Kind der ersten Frau Hun
gele's, welche aber schon vor 12 Jah
ren ihrem Manne im Tode voranging.
Gestorben sind: Magdalena, Fran
des Adam Kurz, geb. Teschner ans
Mannheim, im Alter von 35 fahren.
Tie Verstorbene war die dritte Ehe
fran des Adam Kurz und hinterläßt
ihm zwei Kinder. Sie starb am 23.
April und wurde am 21. beerdigt.
Am 15. Mai verstarb weiter anch
Georg Tillman, eine tiefbetrübte
Wittwe nnd fünf Kinder hinterlassend.
Peter Bosch segnete das Zeitliche am
J5. Mai nnd auch Simon Kunz ist ge
storben. (Ihrem Wunsche werden wir
Rechnung tragen. Näheres brieflich.
Tas Geld, vier Rubel, Jahresbetrag
für Johannes Hnngele auf Chutor
Timinskni, haben wir erhalten. Tas
Blatt geht ihm prompt zu. Besten
Tank!—Red. Staats-Anzeiger.)
3nrn Schluß übermittele herzliche
Grüße an alle alten Kandler und an
alle Leser des Staats-Anzeiger.
Lndwig Stroh.
Spezial-Korrespondenz«
Kleinliebenthal (Cherson)
den 3. Juni.
Seit zwei Tagen haben wir Regen
wetter. Tie Frucht steht jetzt mittel
mäßig wie es weiter wird weiß nur
der liebe Gott.
Neuigkeiten giebt es von hier nur
wenige zu berichten. Bei Sebastian
Däschle räumten Tiebe die vordere
Stube gänzlich aus und stahlen alle
Kleidungsstücke und auch 150 Rubel
in Geld.
Familienzuwachs stellte sich in fol
genden Familien: Bei Martin
Gabriel ein Töchterchen, bei Wilhelm
Heizmann ein Söhnchen. Auch bei
Joseph Sperle hinterließ Freund
Langbein etwas kleine Waare.
Zwei 18jährige Mädchen (Zwil
linge), welche Herr Johannes Eberle
aufzieht, geriethen im Garten mit ein
ander in heftigeil Streit, der insofern
einen tragischen Ausgang nahm, alt
das eine Mädchen das andere mit ei
nein Spaten (Grabscheit)aus den Kopf
schlug und dieses kurz darauf den
Geist ausgab. Es ist dies ein schwerer
-Schlag für Herrn Eberle.
Gestorben sind in letzter Zeit in
Kleinliebenthal: Helena Johs, Joseph
Wolf mid Raimund Wolf.
Ter Herr Lehrer Kürschner hat
unsere Gemeinde verlassen. Kirchen
Väter sind bei uns: Jakob Johs und
Anton Tewald.
Friedrich Kirchgessler hat sich ein
neues Haus gebaut mit Ziegeldach
decknng.
Verheirathet haben sich kürzlich
Lisa nnd Ehristina, die beiden Töchter
meines Schwagers Georg Johs. Lisa
schloß den Bund für's Leben mit Jo
seph Sperle, Sohn von Ignatz, und
Ehristina mit Johannes Ott, Sohn
voll Gregori.
Mit Grnß an Schwager nndSchwä
gerin Johs, und an alle Leser des
Staats-Ailzeiger, schließt für diesmal
Michael Hartmann.
Spezial-Korrespondeuz.
Kostheim, (Tannen)
den 2. Juni.
Ta die geehrte Redaktion des
Staats-Anzeiger aufforderte, der Le
serkreis möge ein Urtheil über die Ab
handlungen des geehrten Herrn Kor
respondents! Romuald Tirk abgeben,
welche von Zeit zu Zeit im Blatte er
schienen, so will ich gerne bemerken,
daß ich seine Artikel sehr gut finde.
Herr Tirk entwickelt gesunde Ansich
ten und giebt vernünftige Rathschläge.
Es wäre entschieden gut und heilsam,
wenn unsere deutschen Hansfrauen im
allgemeinen dieselben befolgten, we
nigstens so viel es die Umstände zu
lassen. Obwohl ich selbst noch ledig,
bin ich doch in die Verhältnisse weit
genug eingeweiht und kann mich in
die Lage der Tinge hineindenken. Na
türlich ist es nicht allein das Weib,
sondern auch der Mann. Beide haben
schwere Pflichten übernommen, die
aber leicht werden, wenn jedes seinen
Theil thut. Gehorsam ist ein wichti
ger Faktor nicht nur im Eheleben,
sondern bereits viel früher, schon in
erster Jugend im Elternhause und
später auch in der Schule. Es läßt
sich nicht verkennen und wegleugnen,
daß unser junges Volk, beiderlei Ge
schlecht», heutzutage mehr oder weni
ger verwahrlost ist. Ursache ist Mangel
an Schule und Erziehung. Wie be
merkt, ich schätze die Abhandlungen
Herrn Tirk's sehr hoch und sie haben
meinen ungeteilten Beifall. Ueber
mittele dem Herrn unbekannterweise
freundlichen Gruß.
Ter Stand der Fruchtselder in die
ser Gegend darf als mittelmäßig gel
ten. In manchen Gegenden, resp.
Dörfern, fehlt es freilich an Regen,
denn derselbe geht sehr verschieden und
strichweise nieder. Kostheim war seit
her immer glücklich genug, rechtzeitig
Regen zu erhalten, sodaß sich unsere
Saaten von den Strapazen des kalten
Frühjahrs erholt haben, denn wir hat
ten ausnahmsweise kaltes Wetter und
Nachtfröste bis zum 1. Mai. Mit dem
Müinionat aber tauten zugleich durch
weichende Regen und warmes Wetter,
sodaß die Natur gewissermaßen mit
einem Schlage auflebte. Mit dem 1.
Mai fingen auch die Obstbäume zu
blühen an.
In der Nacht auf den ersten Mai
ereignete sich iuNikolaifeld eine schreck
licher Vorfall. Es fuhren des abends
per Fuhrwerk einige Kronsfelder Bur
scheu nach Nit'olaifeld, um dort einem
abgemachten Feste beizuwohnen. Als
dieses zn Ende, fuhren die Kronsfel
der nach Hanfe, wurden aber unter
wegs vom Nikolaifelder Nachtwächter
angerufen und aufgefordert zu halten.
Ta die Burschen aber nicht auf seine
Rufe achteten, machte der Nachtlväch
ter von seinem Revolver Gebrauch und
schoß auf die Gesellschaft mit dem Re
sultat, daß A. Bürgel, einer der
Burschen, einen Schuß durch den Kopf
bekam und nach einigen Tagen seinen
Geist aushauchte.
In der Nacht auf den 6. Mai wur
den den Alexanderheimer Einwoh
nern Langle und Greulich fünf Pfer
de gestohlen. Tie Tiebe, zwei Zigeu
ner und eilte Zigeunerfrau, wurden
später im Russendorfe Wesjoloje ding
fest gemacht.
Herzlichen Gruß an alle Leser die
ses Blattes und an Herrn Redakteur
F. L. Brandt, und viel Glück und Er
folg in Bismarck, der neuen Heimath
des Blattes.
Joseph Zeiser.
Vermischte Nachrichten aus Rußland.
Sulz, Kreis Odessa. Ant 3. Juni
kam endlich der heißersehnte Regen.
Es war eine Art Landregen. Un
längst hatten einige Sulzer—man
weiß nicht wer—unseren Thierarzt,
Herrn Kaiser, beim Minister verklagt.
—Ant 2. Juni wurden hier die Pferde
und. Wagen ausgeschrieben. Der
Baden, Od. Kreis. Wie Bereits in
diesem Blatte gemeldet wurde, sind
die Obst- und Weingärten im Kut
schurgan von verspäteten Frösten fast
gänzlich vernichtet worden. Tie Land
wirthe sahen damals traurigen Her
zens dem Zestörungswerk der Na
tur zu, trösteten sich aber mit der Hoff
nung auf eine gute Getreideernte. Je
doch auch diese Hoffnung scheint uns
das Schicksal nehmen zu wollen, denn
letzte Zeit hat unsere Saaten ein Rost
befallen, der schon bis jetzt großen
Schaden angerichtet hat. Namentlich
das Sommergetreide leidet stark da
runter, der Winterweizen weniger,
weil er zn reifen anfängt. Auch die
Hefsenfliege hat sich auf einigen Fel
dern gezeigt und einen merklichen
Schaden angerichtet.—Tic Versamm
lung der Kreislandschaft, die zurzeit in
Odessa tagt, hat den Antrag des Land
amts, in Baden eine zweiklassige
Landamtsschule zu eröffnen, ange
nommen.
Landau, Od. Kreis. Tie Schnlbe
Hörde hat endlich dem Bittgesuch des
Landauer Bildungs- und Wohlthätig
keitsvereins stattgegeben und die Er
laubniß zur
Eröffnung
Der Staats Anzeigen Bismarlk, R. D. den 18. Juli.
Student Friedrich Weber, der vor ei
niger Zeit in Snlz angekommen ist
wird diese Tage nach Odessa reisen,
um dort Materialien für seine Tifer
tation über die Wirtschaftspolitik
des Odessaer Landamtes zu sammeln.
der 4. Klas
se in der Mädchenschule ertheilt. Tas
bedeutet ohne Zweifel eilten guten
Schritt vorwärts in der Entwicklung
dieser Schule. —Z.R.
Rastadt, Aiianj. Kr. Hier hat es
noch nicht bedeutend geregnet kleinere
Regen hatten wir schon öfters. Die
Feldfrüchte können im Durchschnitt
mittelmäßig genannt werden. •—r.
Klcinlicbentlial, Od. Kr. Im
Liebenthaler Gebiet hat es in letzter
Zeit oft nnd gut geregnet. Tie Ern
teailsfichten sind im allgemeinen gün
itig, lit Großliebenthal aber besser als
bei uns, —it.
Krasma, Gouv. Bessar. Am 13.
Juni wird in Kraßna die Einweihung
der neu aufgestellten Orgel (Firma
Manracher) stattfinden. Tie Einwei
hung wird der Hochin. Herr Tekan I.
Tobrowolsky vornehmen.
P. B. Leibham.
tilofterborf, Gonv. Cherson, den 30
Mai. Am 29. Mai ist unser neuer
nannter Seelsorger, P. M. Fir, hier
angekommen. Wie froh sind wir jetzt!
Fast ein ganzes Jahren waren wir
ohnePriester, u. was das heißen will,
brauche ich nicht zu sagen.—Seit dem
7. Mai hatten wir noch keinen Re
gen. Tie Hitze stieg an einigen Ta
gen bis auf 29—32 Grab, doch haben
wir immer noch kühle Nächte, was
der jungen Saate zu gut kommt. Tie
Frucht steht heute noch ziemlich gut
da, Regen wäre aber sehr nöthig. Ter
Roggen steht besser als mittelmäßig,
Sommerweizen, Gerste und Hafer—
gut. Tie Viehweide ist nicht befriedi
gend. —Ter Uebergang zum Einrei
ben fc steht jetzt auch bet uns auf der
Tagesordnung, an Zank und Streit
fehlt es dabei nicht. Ein Unglück
ereignete sich am 30. Mai. Jos. Thau
berger, eilt Iii? gling von 20 Jahren,
brachte drei Pievde au den Tnjepr.
Er ritt mit ihnen ziemlich weit ins
Wasser: als die Vnrde zu schwimmen
begannen, verwickelten sie sich, der
arme Junge wurde abgeworfen und
fand in den Wellen sein Grab. Es
waren Leute am Iis er, aber niemand
hatte den Muth, dem Unglücklichen zu
Hilfe zu eilen. Ter Verunglückte
war ein braver Jüngling. Ter
schmerz der Eltern ist unbeschreiblich.
Lorenz Thanberger.
Heidelberg, Gonv. Tannen. Am
26. Mai fand hier eine Pferdebesich
tigiuig statt. Zugegen waren: ein
Thierarzt und zwei Offiziere.—In der
Mo sot fehlt a steht das Korn schlecht,
der Winterweizen und das Sommer
getreide sind überall gut.
Waldorf, Gouv. Tannen. Nach
Waldorf kanten kürzlich zwei Mon
teure ans Teutschland, die die Ma
schinen in der Milchtrocknungsfabrik
ausstellen werden.
Snlz, den 2. Juni Der 27. Mai
war für Snlz ein merkwürdiger Tag.
An diesem Tage lagen bei uns fünf
Todte.Jakob Gabriel, ein hoher Sieb
ziger, starb an Gehirnlähmnng. Franz
Bender, ebenfalls ein Siebziger, stand
wie gewöhnlich morgens auf, nachdem
er sich gewaschen hatte, kniete er sich
hin, um sein Morgengebet zn ver
richten, da fiel er plötzlich um und war
todt.—Helena Brilz, gegen 59 Jahre
alt, lag fast ein ganzes Jahr vollstän
dig gelähmt, ohne sich im geringsten
helfen zu können. Am 27. Mai er
löste sie der Tod von ihren Leiden.
Rosa Weber, eine Jungfrau von etwa
30 Jahren, war schon lange schwind
süchtig. Am 26. Mai sagte sie zu
ihrem Bruder: „Morgen stehe ich
auf, das kann kommen, wie es will."
Toch ant andern Morgen war sie eine
Leiche. An demselben Tag trat auch
Csarlcstiita Bachmeier, ein Kind von
7 Tagen, seilte Reise in den Himmel
an. —R. i. p.
Saatenstand und Ernteaussichten in
Eiid-Bessarabieu zum 6. (19)
Juni.
Tas Tagesgestirn, die Sonne, näh
ert sich dem Wendekreis auf der nörd
lichen Hälfte der Erde, weiter kann
sie sich nach den Gesetzen des Schöp
fers nicht mehr vom Erdgürtel ent
fernen sie steht am Mittag fast senk
recht über unseren Häuptern nnd
scheint beinahe 16 Stunden. Wir
stehen in den längsten Tagen des Jah
res. Ter Frühling ist entschwunden
der Sommer beginnt, mit dem bei
uns das Getreide in seine Reife ein
tritt, die sich in diesem Jahr aus den
in diesem Blatte wiederholt darge
legten Gründen in Südbessarabien
um 3, mindestens 2 Wochen verspätet
hat denn vom Beginn der Getreide
reife merkt man noch nirgend etwas,
und die Ernte beginnt erst in einem
Monat, fanin früher, also zn einer
Zeit, wo sie sich in der Regel schon
ihrem Ende naht.—Geregnet hat es
in der letzten Mai- und ersten Jitnt
woche fast überall: da genügend, dort
stark und in 4 oder 5 Dörfern wurde
vom Wasser Schaden angerichtet, der
die Höhe vom 500—50Ö0 Rbl. be
trägt, im ganzen aber 20 Tausend
Rbl. erreichen dürfte, die 1200 Tessja.
vom Hagel theils beschäigte, theils
vernichtete Saat, die auf 38,000 Rbl.
tarirt wird, nicht mit eingerechnet
und auch nicht die 4 oder 5 Brücken,
die theilweise nur beschädigt, auf 2
Stellen, wie z. B. in. Starikasatschja,
oberhalb Eigenheim, aber 'ganz weg
geschwemmt find und zur Wieder
herstellung bis 10,000R6I. erfordern.
In ganzen wird man den vom Was
ser und Hagel angerichteten Schaden
auf etwa 70,000 Rubel beziffern
können. Auch 3 Menschen und einige
Hausthiere wurden vom Blitz erschla
gen, in freiem Felde.
Winterweizen ist trotz der günstigen
Witterung nicht gut, höchstens ein
Viertel, vielleicht auch nur einFünftel,
doch fürchtet man daß auch er der
Hessens liege zum Opfer fallen könn
te, was übrigens nicht mehr ganz
wahrscheinlich ist, da die Stengel doch
schon etwas hart sind. Winterweizen
wird also znrAusfuhr nicht viel zu ver
kaufen sein, da er zu Brot und Saat
bleiben muß.
Gerste steht einstweilen befriedi
gend und gut, doch hie und da ist die
Hessenfliege auch schon auf ©ersten»
ackern erschienen und man schaut mit
Bangen in die nächsten zwei Wochen,
denn die Gerste ist noch jung und
weich.
Mais ist schwach, doch seine eigent
liche Wachszeit ist noch nicht da und
von einer Mißernte zu reden, ist ver
früht. Erst in einem halben Monat
kann man sich eine richtige Vorstel
lung über feilt Lage hinsichtlich des
zu erwartenden Ernteergebnisses ma
chen. Tas Wetter ist ihm günstig.
Hascrsclder sehen nicht übel aus,
nur trifft man sie nicht gar häufig an,
doch wieder mehr als'vor einigen Jah
ren.
Hirse ist noch klein, weil er spät ge
sät wurde, nicht in aufgegebene Win
terweizenäcker, auf bereit Rechnung er
und Mais sich ausdehnen.
Heuschlag, dessen Fläche schon recht
klein ist, weil alles fruchtbare Laud
unter den Pflug kommt, steht mittel
mäßig und bessert sich mit jeder Wo
che, doch ist er stark „verunkrautet"
und die Güte des Heues läßt zu wün
schen übrig.
Tie Viehweiden, auch recht stark be
schnitten, sind in einem glänzenden
Zustande kaum daß sich das Vieh da
rauf ernähren kann und nicht Hunger
leidet, doch ist letzteres wie auch die
Pferde nicht gerade mager und die
Limmer sogar ziemlich fett.
Tie Obstbäume scheinen doch etwas
mehr leisten zu wollen, als man nach
den harten Frösten vor 5 Wochen
hoffen durfte, namentlich die, welche
nicht in einem engen, tiefen Thale
stehen.
Von den Weingärten läßt sich nicht
viel Angenehmes berichten und der
Wein vorjähiger Ernte wird jetzt zu
2 R. 30—2 R. 40Kop. pro Eimer ver
kauft. Wo noch ein bischen Trauben
waren, stellten sich Käfer ein und jetzt
der Sauerwurm. Bei diesem feucht
heißen Wetter wird auch der Melthan
nicht mehr lange auf sich warten las
sen.
Kartoffel» und sonstiges Oemüse
sind noch weit zurück, doch fangen
Melonen- und Arbnsenäcker an, sich
lebhaft zu begrünen und tief Pinnen.—
Alles in allem, Winterweizen und
Weingärten ausgenommen, könnte
man zufrieden sein, wenn man nur
die Gewähr dafür hätte, daß sich wei
ter kein Schaden mehr einstellt.
Um nicht mißverstanden zn wenden,
sei bemerkt, daß Winterweizenfelder,
die von der Hessenfliege verschont blie
ben, bis zur Stunde noch schön sind,
doch solche Aecker sind eben nicht häu
fig. Auch finden sich Weingärten, na
mentlich im Sandboden und in der
Nähe des Wassers, die weniger vom
Frost gelitten haben und eine befrie
digende Traubenernte versprechen.
—Raimund.
Mannheim, Goup, Cherson, Kr.
Odessa. Bei uns ging unlängst der
schon so lang ersehnte Regen nieder
obwohl verspätet, wirkt er aber doch
gut auf das sämmtliche Wachsthum,
insbesondere aber auf das Sommer
getreide. Die Winterfrucht steht mi
serabel da, weil sie von der Hessen
fliege beschädigt wird nur die Win
tersaaten auf Grün- oder Schwarz
brache bilden eine Ausnahme. Nach
dem gegenwärtigen Stande urthei
lend, kann solche Brache bis 100 Pud,
und das Stoppelfeld nur bis 20—30
Pud Winterweizen pro Dessjatine ge
ben. Tas kontiert wir auf dem Ver
suchsfelde unserer landwirtschaftli
chen Genossenschaft ersehen. Also—
mehr Brache! Der Heuschlag gibt
heiter ein mittleren Ertrag, weil es an
Regen mangelte. Mais steht gut da
doch wollen auch hier die Hessenflie
gen ihren Appetit stillen. Sämmtli
ches Sommergetreide an jenen Stel
len, wo zeitgemäß gute Strichregen
fielen, befindet sich in gutem Zustande
und verspricht eine gute Ernte.
—Zangt.
Das Wiederaufleben der Flußschiffart.
Zum ersten Male seit fast einem
Menfchcttalter sieht es wirklich aus,
als ob unsere Flußschiffahrt einer
neuen Blüthezeit entgegen gehe. Zwar
ist das etwas phantastisch erdachte
Lucas Schiff, dessen sich unsere äl
teren Leser wohl noch erinnern wer
den, nicht zur Wirklichkeit geworden,
aber neue Barge Linien, kräftig ge
baute Stahlfahrzeuge mit geringem
Tiefgang und bedeutender Tragkraft,
vermitteln einen erheblichen Theil
des Güterverkehrs zwischen St. Louis
und den Städten am mittleren und
unteren Mississippi, und auch der
störrische Missouri muß sich, wenn
auch widerwillig, dazu herbeilassen,
schwere Lastdampfer ans seinem Rü
cken zu tragen. Was aber die Haupt
sache ist—es sieht diesmal wirklich ans
als ob es sich um eine dauernde Er
rungenschaft und nicht wieder um eine
trügerische Hoffnung handelte. Beide
Parteien haben in richtiger Erkennt
niß derLage in ihren jüngst aufgestell
ten Nationalplatformen versprochen,
daß sie mit allein Eifer an die gründ
liche Regulirmig der so lange ver
nachlässigten Ströme gehen würden.
Man wird sie beim Wort nehmen, und
sie wissen selbst wohl ganz genau, daß
keine von ihnen int Westen fernerhin
auf Erfolg rechnen darf, falls sie sich
nicht redlich bemühen, das Verspre
chen einzulösen.
An dringenden Mahnungen zur
Lösung der Aufgabe hat es seit Jah
ren nicht gefehlt die dringendste aber
war ohne Frage die große Ueber
schwemmung im letzten Frühjahr,
durch welche nicht nur Tausende von
Qnadratmeilen fruchtbaren Landes
verheert und ein Schaden von Millio
neu angerichtet, fondern anch zahlrei
che Menschenleben vernichtet wurden.
Ta mußte es auch dem Blödesten auf
dämmern, daß die Wiederholung sol
cher Vorkommnisse nach Möglichkeit
vermieden werden müsse und daß hier
zu eine sachverständige, systematische
Korrektur des Flußbetts, durch welche
zugleich eine jederzeit bentttzbarcFahr
rittne geschaffen würde, das beste wenn
nicht das einzige Mittel bilde.
An andern Gründen ist auch kein
Mangel. Ter Bau neuer Bahnen
hat in letzter Zeit fast aufgehört, und
die vorhandenen reichen zur Bewälti
gung des Güterverkehrs mit dem Sü
den von Jahr zu Jahr weniger aus.
Schon um die Bahnen zu entlasten
also, ganz abgesehen von den hohen
Kosten der Beförderung per Achse, ist
eine Rückkehr zur Schiffahrt nöthig.
Selbst das alte, mit einem dichten
Schienennetz bedeckte Europa, kann
ohne seine natürlichen und künstlichen
Wasserwege nicht auskommen. Tie
ersteren, lange nicht so großartig wie
die unsern, sind längst zu ihrer vollen
Leistungsfähigkeit ausgenutzt die
letzteren, die Kanäle, werden inFrank
reich, Teutschland, England von Jahr
ztt Jahr vermehrt, nnd matt kann
kaum eilte europäische Zeitung auf
schlagen, ohne von netten Kanalprojek
ten zit lesen. Und da rechnet man int
sparsamen Europa lange nicht so ge
nau wie hierzulande, weil man weiß,
daß die Kapitalanlage hundertfältige
Zinsen tragen wird.
Und dann noch der Hauptgrund:
die ganz in die Nähe gerückte Eröff
nting des Panainakanals. Wie sich
der Welthandel diese neu erschlossene
Straße zn Nutze machen wird, ist vor
erst noch ein Gegenstand der Speku
lation daß sich aber ein enormer Kü
ftcnhmidel zwischen den Gestaden des
Atlantischen und Stillen Ozeans ent
wickeln wird, daran kann auch nicht
der mindeste Zweifel bestehen. Will
der große, reiche Mittelwesten unseres
Landes daran den ihm gebührenden
Antheil und den vollen Nutzen davon
haben, so müssen wir eine billige Was
serverbindung mit der Küste haben,
müssen wir für die sichere und dauern
de Befahrbarkeit des Mississippi, des
Missouri und ihrer größeren Neben
flüsse sorgen. Die Sache leidet keinen
Aufschub mehr jeder Tag, an dem
nichts geschieht, ist ein verlorener.
Darum alle Schultern an's Rad, oder
besser alse Mann an Deck!
—AL. P.
Abwälzung der Mutterpflicht auf die
Schule.
Die Frauenklubs, welche mit der
Politik und der Herbeischaffung des
Frauenstimmrechts sich befassen, suchen
nach neuen Wirkungskreisen für die
Frau und übersehen dabei gern den
alten, in dem sie so sehr nöthig ist.
Auf der kürzlich stattgefundenen Ver
sammlung des Generalverbandes der
Frauenklubs des Landes in Los Ange
les, (Kalifornien, erklärte eilte Delega
tin aus Nord-Dakota, Frau Frank
White, „wenn es dahin gekommen ist,
daß das Durchfchnittsmädchen von
zehn Jahren nicht imstande ist. Pup
penkleidchen zu machen, dann ist es
doch an der Zeit, daß die öffentlichen
Schulen eingreifen und ihr lehren, wie
das zu machen." Tazu sagt der Chi
cago „Jttter-Ocean" in einem Leit
aufsatz folgendes:
„Wir wissen nicht, ob es wahr ist
oder nicht, daß das heutige Durch
schnittsmädchen von zehn Jahren nicht
imstande ist, ein Puppenkleidchen zu
machen. Fran Frank White scheint
das zu behaupten. Die kleinen Mäd
chen des genannten Alters, etwa ein
Tutzend oder so, die wir zu kennen den
Vorzug haben, scheinen auf dem Wege,,
sich jene Fähigkeit anzueignen. Sie
mögen allerdings keine Turchschnitts
nuidcheit sein. Indessen, sie lernen,
wie es zu machen, und zwar unter der
Anleitung ihrer Mütter und nicht in
der Schule.
„Es will uns scheinen, als sei Frau
Whites Eingeständnis, oder Behaup
tung einigermaßen unklug seitens
einer, die sich die Förderung der Frau
enklubbewegung zur Ausgabe gemacht
hat, was man doch für Frau White
voraussetzen kann, angesichts derThat
fache, daß sie das Geld und die Zeit
erübrigen konnte, behufs Theilnahme
einer Frauenflnbfoiwention vouNord
Takota nach Ealiforitien zu gehen.Wir
fürchten, daß solche Eingeständnisse zu
unangenehmen Fragen führen mögen.
Wenn das durchschnittliche kleitteMäd
chen von heute nicht lernt, wie zu nä
hen und all' das andere zu thun, was
kleine Mädchen müssen thun können,
wenn sie alsFmiicit befähigt sein wol
len, ihren eigenen Haushalt zu leiten
und.zu beherrschen—wessen Schuld
ist das dann nnd warum ist es so?
Was thut denn die Tnrchschnittsmnt
ter, deren kleine Mädchen in solcher
Weise vernachlässigt sind? Ist ihre
jeit derartig in Anspruch genommen
durch Besuche von Frauenklnbver
sammlnngen oder Konventionen, die
Förderung von Reformbewegnngen
und anderweitige Bemühungen um
die Menschheit und das Weltall im
allgemeinen und die Kinder anderer
Leute, daß sie keine Zeit hat, sich um
ihre eigenen Kinder zn bekümmern?
Wir befürchten, daß dies die Antwort
sein könnte.
„Wir kernten wenigstens eine Leh
rerin von nahezu zwanzigjähriger
Schulerfahrung, die überzeugt ist, je
den Herbst von den neuen, in ihre
Klasse kommenden Kindern sagen zu
können, welche von thuen Mütter ha
ben, die eifrige Frauenklubmitglieder
sind und sich die Veredelung der Men
schen und Verbesserung des Weltalls
im allgemeinen angelegen sein lassen,
und welche nicht, und zwar ohne daß
sie vorher irgend etwas wußte über
die Familien der Schüler. Tie Kinder
jener sind im allgemeinen viel unsau
berer gehalten und weniger gut ge
nährt, als die Kinder der Frauen, die
sich nicht viel an der Frauenklub- nnd
Weltverbesserungsbewegung betheili
gen. Und diese Lehrerin lehrt in ei
ner Nachbarschaft, in der die „Arbei
terfrau" nicht zahlreich vertreten ist.
„Wir müssen uns oft verwundert
die Frage stellen, woher es wohl kom
me, daß diese guten Frauen, deren
Neigung oder Langeweile sie dazu
führt, so viel nachzudenken und zu re
den über die allgemeine Lage der
menschlichen Gesellschaft und die Feh
ler und Mängel nnd Verbesserung^
nothdurft ihrer Nachbarn, immer
gleich bei der Hand sind, nach der öf
fentlichen Schule zu schreien, wenn sie
finden, daß in dem Haushalte anderer
etwas nicht so ist, wie es sein sollte,
und verlangen, daß diese Abhilfe
bringe und thue, was unterblieb.
„Tie öffentlichen Schulen thtin
heutzutage in unserm Lande im all
gemeinen so vielerlei, daß es ihren
Lehrkräften nicht selten so geht, wie
einer anderen Volksschullehrerin, die
wir kennen: Von den „höheren Mäch
ten" war bekannt gegeben worden,
daß verschiedene „Sonderstudien" aus
genommen werden und verschiedene
„Speziallehrer" an den und den Ta
gen der Woche erscheinen würden, den
Kindern während so und so vieler
Stunden die neuen Wissenschaften bei
zubringen. „Das ist ja alles sehr
schön," sagte dazu die Elementarleh
rerttt. „Es wäre jedenfalls ganz rei
zend, wenn die Kinder all das lernen
würden. Ich möchte aber nur wissen,
wo ich dann die Zeit herkriegen soll,
diesen fünfzig Kindern das Lesen,
Schreiben uitdNechnen beizubringen!"
Würde es nicht besser sein, die Müt
ter zu ermahnen und zu veranlassen,
ihren Kindern etwas mehr Zeit und
Aufmerksamkeit zu schenken als von
der öffentlichen Schule zu verlangen,
daß sie so vieles thue, was Sache der
Mütter ist, den Kindern so vieles leh
re, was ihnen früher im Hanse und
in der Familie gelehrt wurde? Fängt
die Reform, die darauf aus ist, die
Verantwortlichkeit vom Heim und der
Familie auf die Schule abzuwälzen,
nicht am verkehrten Ende an?"
—Dav. Dem.
Abonnirt auf den Staats-Anzeiger,
die tonangebende deutsche Zeitung
Nord-Dakota'S
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Kandel, (Cherson.)
den 25. Mai.