Newspaper Page Text
Am Kriege. Hew«« »en C. «Wer* (4. Fortsetzung.) MS sein Vater ihm von bei Höf. Uchleit deS preußischen Offtcierë er zahlte. brauste er auf. Er vermochte bas Lob feiner Gegner nicht zu er» tragen. Ernst und fest blickte der alte Ca pitän seinem Sohn in die Augen. Ich denke, sagte er mit tiefer rauher Stimme, daß ich über den Verdacht erhaben bin. ich könnte mein Vattr land, mein Frankreich, nicht über olles lieben, für das ich in zwanzig Schlachten gekämpft und geblutet hab«. Aber ich denke auch, daß man dem Gegner Gerechtigkeit widerfahren lasten soll, das war wenigstens quit alte Sitte, wie fit die französische Höflichkeit der alten Zeit heroorgt bracht bat. Man soll von den Fein den lernen, und leidertz'ann die Armee Frankreichs sehr sehr viel von dem deutschen Gegner lernen. Vater...?! Genug. Laß uns über diesen Ge genstand nicht weiter sprechen, Ich weiß, was ich zu thun habe. Ich habe den Lieutenant von Simmern heute zum Abendessen eingeladen, ich will, daß der deutsche Officier in meinem Haufe mit aller jener Ach tung behandelt wirb, die seinem Stande und seinem würdigen Beneh men uns gegenüber geziemt. Du magst dich glücklich schätzen, daß ein solcher Feind unser Haus besetzt hat. 6m anderer hätte unser Haui durch sucht. dich gesunden und dein wei teres Schicksal wäre besiegelt. Victor senkte das Haupt. In sei ntm Herzen quoll ein ingrimmiger Zorn empor er haßte den preußischen Officier nicht mehr alZ Feind seines JtaterlandeS, sondern als persönlichen Gegner. (?r fühlte es wohl, daß fein Vater im Stillen einen Vergleich zwi fchen der französischen und deutschen Armee, zwischen ihm, seinem Sohn, und dem preußischen Officier zog, und daß dieser Vergleich zu Gunsten der deutschen Armee, zu Gunsten des preußischen Offiners ausgefallen war. Wenn du den preußischen O^icier in dein Haus ziehst, sagte er nach einer Weile, wird er meine Anwesen hcit bald entdecken. Du wirst ihm. wenn er dich sehen sollte, nicht als Soldat entgeacnire ten, du bist mein Sohn, der die Be wirthschaftung unseres Gutes leitet. Wir werden dich nicht verrathen, ver rathe du dich nicht selbst. Und ich soll nicht mehr an dem Kampfe gegen die Preußen theilneh mm? Wenn du dich heimlich entfernen und die Armee wieder erreichen kannst, fr hindere ich dich nicht, im Gegen tle'l w-rbe ich dein Borhaben gut heißen. Solange du es aber nicht ausführen kannst, mußt du Vorficht üben. Victor sah ein, daß fein Vater recht hatte, und fügte .sich mit stillem Groll den Anordnungen. Als man gegen Abercd im Speise zimmer versammelt war. meldete Anna, das elsässische Dienstmädchen, in größter Ausregung, daß der preußische Officier soeben gekommen sei. Der Capitän ging ihm entgegen und führte ihn in das Zimmer, ihn feinen Damen vorstellend. Madame Hoffet und Josephine müßten nicht ein für die Aeußerlich kittn in der Erscheinung und dem Benehmen empfängliches Frauenherz besessen haben, wertn sie nicht durch den Anblick des jungen preußischen Cfficierë auf's angenehmste berührt worden wären. Axel von Simmern hatte die Felduniform mit einer fa lonsahigern vertauscht, die feine fttilanfe, kräftige Figur, fein frisches, soldatisches Gesicht auf's vortheilhaf teste hervorhob. In artigster Weise begrüßte er die Damen, ittbem er ihnen die Hand küßte, eine Sitte, welche die französischen Damen nicht kannten, aber sehr ritterlich und Hibsch fanden. Als man zu Tisch ging, bot Lieutenant von Simmern Madame Hoffer ben Arm und gelei tete sie in ehrerbietigster Weise auf ihren Platz am obern Ende der Ta fei. In harmloser Art plauderte er dann mit dem alten Ehepaar von diesem und jenem. Die kriegerischen Ereignisse berührte er kaum er er zählte, wie er vor einigen Jahren zur großen Weltausstellung in Parte ge wesen war, und wußte nicht Rühmen des genug von der französischen Hauptstadt zu erzählen. Mit seinem Tact vermied er alles, was seine Wirthe unangenehm hätte berühren können. Er schien in feinem Wesen mtd seinem Benehmen fast zu rück sichtsvoll für einen Soldaten, der sich kl Feindesland befand so meinte we «igstens der alte Capitän, der wäh lend feines Soldatenlebens ganz an der« Erfahrungen in dieser Hinsicht tztmacht hatte. Lieutenant von Simmern richtete feine Worte hauptsächlich an Ma dame Hoffer, die. ihre anfängliche Scheu bald überwindend, dem Ge- ghtlichemde« a-uder fremden Offiners Wohlgefallen lauschte. Ihre fingen Augen bemerkten aber auch sehr wohl, daß, so aufmerksam Herr Vvn Simmern ihr oder ihrem Gatten EIben zu hören schien, feine Blicke doch rfchend und interefftrt oft zu den iunaen Mädchen binüberflo- ßen. die am untern Ende bei Tische» Wweigenb besahen. Besonders die brünette Schönheit Jeanneè schien dee Officier« Aufmerksamiei! erregt zu haben. Madame Hoffer glaubte zu bemerken, daß auch Jeannes Au gen zuweilen flüchtig zwar, aber mit eigenem Ausdruck das Antlitz des Gastes streiften, daß dieser ben Blick Jeannes aufzufangen bestrebt war und, wenn ihm dieS gelungen, ihn ftstzuhalttn versuchte. Eine leichte Rothe überwog dann Jeanne? Wan gkn, und rasch senkte sie den Blick. Beim Dessert ließ der Kapitän Champagne reichen. Als die Gläser erfüllt waren, trbob er ben schäumen dtn Kelch unb sich leicht gegen Sieute nant^vonSimmtrn verbeugend, sprach er: Sind Sie gleich als Gegner mei nes Vaterlandes gekommen, Herr von Simmern, so füble ich mich doch ver pflichtet, auf Ihr Wohlergehen zu trinken. Ich bin Ihnen dankbar für bis Rücksicht, die Sie gegen die Mei nigen, meine Familie und meine Landsleute geübt haben. Wir hatten uns das alles s*!immer gedacht Herr von Simmern. qertatten Sit mir, auf Ihr Wohlergehen dieses Glas zu trinken. Mögen Sie wohl behalten aus dem Kriege zu den Ihrigen zurückkehren. Der junge Officier hatte sich bei den Worten des Kapitäns erhoben und hörte betn Trinispruch ehrerbietig zu. Als ber Capitän sein Glas auf einen Zua geleert und es auf den Tisch zurückstellte, ergriff Herr von Simmern sein Glas und entgegnete: Herr Capitän, Ihre Worte sind da8 ehrendste Zeugniß für mich, das mir ausgestellt werden tonnte. Ich danke Ihnen herzlich. Ihnen und Ihrer Familie für die freundliche Aus nakme. Wir führen keinen Krieg gegen die friedlichen Einwohner des Landes, das wir als uraltes deutsches Land schätzen und lieben. Die Na men Straßburg. Elsaß-Lothringen, Metz sind bei uns in Deutschland noch nicht vergessen. Wir führen Krieg gegen die Regierung des Kai fers Napoleon, der uns berausgesor dert Hai. der unseres Königs Ehre an zutasten wagte. Herr Capitän, nicht wir sind schuld an bit st in Kriege, den wir nicht wünschttn, den wir aber mit Kraft burchzusühren wissen wer ben. Mit Kraft gegen bie französi sche Armee, mit Milde unb Gertchiig feit und Schonung gegen das franzö sische Volk. Wir wünschen, baß ein balbiges Ende des Krieges ihm und uns die Segnungen des Friedens zurückführen möge. Diesem Wunsch gemäß, Herr Capitän. gestatten Sie mir, mein Glas auf Ihr und der Ihrigen Wohl zu leeren und Ihnen allen zuzurufen: Auf Wiedersehen im Sonnenschein des Friedens! Sein blaues Auge leuchtete bei die sen Worten aus und senile sich tief in den Blick Jeannes. bie, sich und ihre Umgebung vergessend, hingerissen von dem Zauber, den der junge deutsche Officier auf sie ausübte, zu dem Red ner emporsah. Wie zwei Flammen schlugen ihre Blicke ineinander und schienen sich nicht trennen zu können. Ties ath mtte Lieutenant von Simmern auf, hob hastig den Champagnerkelch an die Lippen und leerte ihn rasch, ihr Herz, und ihre Lippen bebten vor innerer Erregung. Madame Hoffer bemerkte die Bewegung ihrer Nichte und lächelte leicht. Niemand wagte das Schweigen zu unterbrechen, das den Worten deS Lieutenants von Simmern folgte. Da öffnete sich die Thür und Anna trat eilig ein. Es ifcht en Soldat drauße, sagte sie stammelnd und verlegen errö thend. Er möcht' den Herrn Officier spreche. Mit einer leichten, entschuldigenden Verbeugung entfernte steh Axel, um nach kurzer Zeit mit einem Papier in der Hand wieber einzutreten. Ich muß mich leider verabschieden, Herr Capitän. Soeben wird mir eine wichtige Meldung geschickt, bie mich nach ber Feldwache zurückruft. Doch kein neues Gefecht? fragte etwas neugierig Madame Hoffer. Vielleicht, Madame, entgegnete Axel lächelnd. Jedenfalls steht uns eine unruhige Nacht bevor. Unsere Ar tillerie ist eingetroffen. Auf ber An höhe von Les Baraques, vor btm Bois bts Chenes. haben bit Batte rien Ausstellung genommen. Man wirb Pfalzburg bombardi ten? Ja, Herr Capitän. Der Com mandant will eL nicht anders. Mabi-ne Hoffer brach in Thränen aus, Josephine schmiegte sich ängstlich an ihre Mutter. Ernst blickte Jeanne bor sich nitbtr, während der Capitän Axel bit Hanb rtichtt und tinfach fagtt: Thun Sie Ihre Pflicht als Officier Ihres König». Leben Sie wohl! Noch einmal verbeugte sich Axel vor den Damen. Jeanne blickte auf. und noch einmal trafen sich ihre Augen in stummer Frage, in schwei gender Bitte. Dann wandte sich Jeanne ab. Axel verließ rasch das Gemach. In der Ferne rollte der erste Schuß donnernd durch den dunkelnden Sommerabend. e. Mm WvRe. Hnstere GsmmeMgcht brach an. Ueber den Vogesen thürm ten sich schwarze Wolkenballen auf, bie ab und zu durch einen fahl auf flammenden Blitz zerrissen wurden. Ier Staat« Änzetzer. tHfcmartf. X. 1., den 1. Cftobrr. Die undurchdringliche Dunkelheit der Na±t erhöhte noch die Schrecken der Beschießung, bie. bei Einbruch ber Nacht beginnenb, sich immer heftiger unb furchtbarer entwickelte. Sechzig Felbgeschiitze schleuderten ihre verder einbringenden Grüße auf das un glückliche Städtchen, dessen Kanonen nur schwach antworteten. Wie ein feuriger Ring zogen sich die preußi scher, Batterien im Halbkreis um die Festung, bei DuarrrVent* beginnend bis nach Les Baraques und der Höhe von Lützelbitrg. Mit bebendem Grausen blickten die Bewohner Cha teau Pernettes aus das furchtbar schöne Schauspiel, dessen donnernde? Krachen die Erde ringsum erzittern ließ, um dumpf von dem wölkender Hangenen Himmelsgewölbe wider.^u hallen. Die preußischen Truppen in den Vorvostenstell«ingtn standen in Ge ftdbt?bereiffchaft da. um einen etwai gen Ausfall der Pfalzburger Be satzung zurückzuweisen, odcr d? Be fehls gewärtig, mit stürmender Hand bit durch die Beschießung der Artille rie zertrümmerten Wällt zu nehmen. Aber in Pfalzbmg rührte sich nichts. Nur hin und wieder blitzte ein Schuß auf dieser ober jener Bastion aus die Granate fuhr zischend durch die Luft, bohrte sich tief in das Feld oder schlug prasselnd und knackend in den Wald, ohne ben Gegner Schaben zu zufügen. Man war sich augenfchein lich noch nicht klar, wo der Gegner stand, und feuerte auf's Gerathewohl in der Richtung der aufflammenden Schüsse der feindlichen Artillerie. Da man aber bei der herrschenden Dun kelheit daS Einschlagen der eigenen Geschosse nicht beobachten konnte, so vermochte man auch die Richtung und Distanz nicht zu corrigiren und er zielte keinerlei Wirkung. Aber auch bis preußische Artillerie hatte nur geringen Erfolg. Die Wälle der Festung waren in den stahlharten Granit des Felsens einge sprengt, fo daß die preußischen Feld (trotteten wirkungslos an dem harten Gestein zersplitterten. Wohl schlugen vereinzelte Granaten in die Stadt ein und zünbeten auch Hier und dort, aber die Garnison war rasch mit dem Löschen ber Brände bei ber Hand, und schließlich öffnet« auch der Hirn me! feine Schleusen ip überreichlicher Fülle, so daß man von einer weiteren Beschießung als gänzlich nutzlos in dieser Nacht absehen mußte. Nach zwei Stunden ermattete der Donner der Kanonen und schlief nach kurzer Zeit vollständig ein. Die Bewohner von Schloß Per nette athmeten erleichtert auf, wenn ihnen auch jetzt die Stille gegenüber dem Tosen beS Bombardements fast unheimlich erscheinen wollte. Unwill fürlich horchte jeder, ob die Beschie ßung nicht wieder ihren Anfang neh men würde. Man war viel zu auf geregt, als daß man an Schlaf in dieser Nacht hätte denken sollen, und so wackte man, im Wohnzimmer ver sammelt. dem Morgen entgegen, der grau unb feucht herausgekrochen kam. so langsam, fo schwerfällig, als ob es niemals Tag werden sollte. Bei Beginn der Beschießung hatte eS Victor nicht mehr im Bett gelit ten. Er erhob sich, kleidete sich rasch an man hatte ihm einen Civilan zug bereit gelegt unb begab sich in bas Wohnzimmer. Besorgt eilte ihm die Mutter entgegen. Laßt mich nur bei euch bleiben, wehrte er die Mutter ab, die ihn wie der in's Bett zurückbringen wollte. Ich bin nicht mehr krank die geringe Mattigkeit in den ©liebern werde ich schon llberwinben. Aber wie kann ich ruhig im Bett liegen, wenn die preu ßischen Kugeln euch und mein elterli ches Haus bedrohen? Die Geschoßrichtung führt nicht auf Pernette, entgegnete der Capi tän. Wir haben hier nichts zu furch ten. Ein Geschoß kann sich leicht ver irren, und wer weiß, ob die Preußen nicht mit Absicht die der Festung nahe liegenden Gehöfte in Brand Thießen. Welchen Nutzen hätten sie davon? Wenn auch keinen Nutzen, fo wer den sie es auS Lust ant Zerstören thun. Da? werden sie nicht! Du thust den Preußen unrecht, Victor.' Nimmst du unsere Feinde in Schutz, Vater? Ich lasse ihnen im* Gerechtigkeit widerfahren. Eine spöitifcheEntgtgnung schwebte Victor auf den Lippen. Er unter drückte sie jedoch, da bie Mutter ihm die Hanb leicht auf ben Arm legte unb ihn bittenb ansah. Er setzte sich in einen Winkel, stützte bas Haupt in die Hand und beobachtete mit verstoh lenen Blicken Jeanne, welche, am Fenster stehend, die glühenden Strei sen der preußischen Granaten ver folgte. Während die anberrt Frauen •sich ängstlich zusammendrängten und bei jedem Schuß zitternd auffuhren, stand Jeanne hochaufgerichtet, in ruhiger Haltung da. dem finster schönen Schauspiel zusehend, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie schien auf ihre Umgebung nicht zu achten. Ihre Augen starrten groß in die dunkle Nacht hinaus, die Lippen waren fest aufeinandergepreßt, zwi schen den Augenbrauen grub sich eine tiefe Falte ein, die Arme waren über die Brust gefaltet, die sich in tiefen, hastigen Athemzügen hob und senkte. Victors Auge hing mit heißet Sehnsucht an der ttolien. fémteain* men Gestalt, an dem düstern, schönen Anilitz bts jungtn Mädchtns. Er Wellie zu ihr treten, als sich stint Mutier neben ihn setzte und ihn zu rückhielt. Bleib noch einen Augenblick, flü« sttNe sie. inbein sie einen beobachten« den Blick nach Jeanne warf: Ich weiß, welche» Gefühl dein Herz be wea: bei betn Anblick Jeannes. und ich freue mich, daß bein Herz unsere Wabl billigt. Aber ehe du um Jeannes Liebe wirbst, möchte ich bir ein Geheimniß anvertrauen, welches ich beute entdeckt habe. Der fremde Officer, welcher unser Gehöft besetzt halt, ist in Liebe zu Jeanne tnt» bräunt, und Jeanne selbst blickt nicht ohne ein tieferes Interesse auf ihn. Krampfbast umfaßte Victors Hand das Handgelenk der Mutter. Un» möglich, Mutter! Sie wird sich so weit nicht vergessen! Des Menschen Herz ist ein wunder? lief) Ding, entgegnete Madamt Hoffer mit leichtem Lächeln, und vielleicht erscheint der Deutsche unserer Jeanne in einem heldenhaften Lichte, an dem sich ihre Phantasie berauscht. Ich hade sie beoballtet unb bin meiner Sacke gewiß. Ich theilt bir mtint Beobachtung mit, baß du dein Be nehmen Jeanne gegenüber darnach einrichten kannst! Ich werde sie fragen ich werde ihr die Schmach dieser Neigung vor werfen... Halt, mein Sohn! Auf diese Weise kommst du nicht zum Ziel. Jeanne ist stolz und von eigenwilligem Cha talier, du würdest sie nutzlos beleibi gen, denn niemals glaube ich, baß sie dem Gefühl für den deutschen Officier auch nur das geringste Zugeständnis) macht. Sie wird die Schmach einer solchen Liebe selbst einsehen unb sie mit ihrem starken, stolzen Herzen be zwingen. Dann wird sie auch dein:r Liebe willig Gehör schenken hast bu aber rottn Trotz verletzt, dadurch, baß bu ihr Geheimniß, das sie selbst sich und aller Welt verbergen möchte, öffentlich preisgibst, dann wirb sie dir niemals verzeihen und niemals die Deine werden. Also sei vorsichtig und fordere nicht ihren Stolz, ihren Trotz heraus. Madame Hoffer entfernte sich leise, während Victor in schweigendem Groll in feinem Winkel sitzen blieb. Er mochte die Gestalt Jeannes nicht mehr sehen es gab ihm einen Stich in's Herz, wenn er in ihr schönes Antlitz schaute und darin die Ge danken an den fremden Officier, an feinen und ihren Feind, zu Itftn glaubtt. Finsttr vor sich hinbrütend feilte er zu Bodtn. Da legte sich eine schwere Hand auf feine Schulter. Er blickte auf. Neben ihm stand der Förster Pierre Michel aus dem Forst haust von La Sonnt Fontaint, ben das Bombarde ment nach Chateau Pernette geführt hatte. Pierre Michtls straff-, hagere Ge statt glich der eines wilden Wolfes und sein gelblich-fahles Gesicht mit der starken, scharfen Nase und ben funkelnden, grüngrauen Augen hatten etwas Raubvogelartiges an sich. Der Förster war früher Soldat gtwtstn, hattt in Algitr und am Senegal ge dient, zuletzt unter Bazaine inMexico, und war tin fanatischer Patriot. Ktnntn Sit mich nicht mehr, mon lieutenant? fragst er lächelnd, tooM ei in taufend Fälichtn gar seltsam über sein hagtrts Gtsicht zuckte. Gewiß, Pierre Michel, entgegnete Victor. Waren wir doch'letztes Jahr zusammen auf der Wolfsjagd. Auf der Sie, mon lieutenant, einen Wolf weidwund schössen. Und Sie das wüthende Thier mit Jbr-n Händen erdrosselten. Pah. die Bestie war keinen Schuß Pulver mehr werth. Außerdem hät ten wir ihr durch einen zweiten Schuß das schöne Fell noch mehr verbrannt. Aber was ich sagen wollte, mon lieutenant, begeben Sie sich wieder zur Armee? Gewiß. So wie sich die Gelegen heit bietet, unbemerkt mich durch die Linien der Preußen zu schleichen. Schade. Weshalb schade, Pierre Michel? Weil Sie uns hier vitl nützen könnten, mon lieutenant. Hier? Ich Jhntn nützen? Ich wüßtt nicht, auf wtlcht Weise? Hören Sie mich an, mon lieute nant. Sie wissen, daß sich unsere Armee bis zur Mosel zurückgezogen hat. Wie ich durch meine Waldläufer erfahren habe, soll aber auch die Mosellinie schon aufgegeben fein es wird eine große Concentration der Armee bei Metz, vielleicht sogar erst bei Chalons geplant. Der Kaiser hat also Elsaß-Lothringen aufgege ben und wir stehen schutzlos dem Feinde gegenüber. Wir aber wollen uns selbst schützen und zu gleicher Zeit dem Kaiser und Frankreich nützen, indem wir eine Volkserhebung in's Werk setzen. Eine Volkserhebung? Ja. mon lieutenant, wie weiland die Spanier, als unser großer Napo leon seine Armee nach der Pyrenäen Halbinsel sandte. Oder, wie die Landleute der Vendee, ali sie sich ge gen die Revolutionsheere empörten. Der Gedanke ist so übel nicht. Nicht wahr? ES xtgt sich schon üb. -ill. In jedem GtWchyi» in je dem Dörfchen habe» WMWschlos ftne Männer die ANèMWW'm die Hand genommen. ten und Unterosficieren feblt S nicht, die die Bauei-ndurfchen führen und fintjtrrirtn können, soweit eS noth wendig erscheint. Vorzüglich die Dciianitr# und dit Förster und Mniyauftt in btn Vogesen eignen sich dazu, solche Franctireurtruppe zu bilden. Es fehlt uns aber an Offi» fieren, welche unsere Operationen let» ten und die Pläne entwerfen. Alte Ofsiciere gibt« ja genug im Elsaß, aber die sind stumpf und hinfällig, die können wir nicht gebrauchen. Und da haben Sie an mich ge« dacht? Ja. mon lieutenant. Junge, active Ofsiciere müssen wir haben, die den Krieg kennen, die llnterntb mungsgeift besitzen, die die Preußen ebenso hassen wie wir, und *Mt ent schlossen sind, nicht eher zu ruhen, bis die Pteuften wieder übet den Rhein zurückgeworfen sind. Victor blickte eine Weile nachdenk lich zur Erde nieder. Er verhehlte sich die Schwierigkeit eines solchen Unternehmens nicht, wenn er auch der Kühnheit und Entschlossenheit jener Männer, die ihr Leben an die Be freiung bes Vaterlandes wagten, große Sympathie entgegenbrachte. Wie Mist ihr tu* dtnn bissen Krieg gedacht? fragte er. Ci werden unter gitigntttn Füh rt rn kltintrt oder größere Trupps ge bildet, die, mit Gewehren ausgerüstet, feindliche Abtheilungen überfallen, bie Etappenstraßen der dtutschtn Arm« beunruhigen, Etappenposten ausheben, Proviant und andere Ko lonnen vernichten, den Btlagerun^s corps in den Rücken fallen, kurz, den sogenannten kleinen Guerrillalrieg gegen die Deutschen suhren sollen. Die Frandirnirtrupps brauchen dabei nicht immer beisammen zu sein. Im Gegentheil, eS ist weit besser, wenn man nur zu bestimmten Unterneh mungen heimlich zusammenkommt, rasch das Unternehmen ausführt und dann sich wieder zerstreut, in bit Dör fer. in daS Gebirge zurückkehrt und weiterlebt, als sei kein Krieg in ber Welt. Wißt ihr. Pierre Michel, erwiberte Victor ernst, daß diese Art Krieg hart an das Räuberhandwert grenzt? Pah, mon lieutenant, wenn eS gilt, das Saterland von dem Feinde zu befreien, braucht keine Rücksicht genommen zu werden. Wenn die Preußen solche Frei schär'er fangen, erschießen sie sie oder knüpfen sie auf. Sie stehen nicht unter den Kriegsges?tzen. W e n n i e e u e n u n s a n e n lachtt dtr Försttr. In dtn Vogtstn gibt es so vielt Schleichwege, baß wir den Preußen aus den Augen sind, ehe sie oie Lichter ordentlich geöffnet ha ben. Mon lieutenant, beulen Sie an das bedrängte Vaterland! Denken Sie an den übermüthigen Feind! Wir wollen hier eine Freischaar ber nördlichen Vogesen bilben. Es fehlt uns ein Führer Sie, mon lieute nant, sind unser Mann! Wir wer den mit unsern Vorbereitungen in we nigen Tagen fertig. Dann schlagen wir los. und dem BelagerungöcorpS von Pfalzburg soll unser erster Streich gelten. Hier die Besatzung von Cha terau Pernette könnten wir in einer solchen stürmischen Regennacht, wie heute, leicht aufheben. Die für jeden Fremden unwegsame Schlucht von La Bonne Fontaine zieht sich bis dicht an das Schloß. Ich kenne einen Schleich weg durch die Schlucht, welcher uns ungesehen von allen Posten und Pa trouillen bis nahe an die Feldwache ber Jäger bringt. In fünf Minuten ist sie umringt unb niedergemacht ehe die Nebenkosten unb Wachen heran» kommen, sind wir schon im Walde ver schwunden. Man könnte auch ben Of ficier hier in's Schloß locken, er Hat sich ja schon an die Damen gemacht, der freche Preuße. Haben wir ihn hier im Schloß, dann ein Dolch stoß. und er ist hin! Schweigen Sie, Michel! Dal ist Mord! Es ist berechtigte Gegenwehr, mon lieutenant. Die Preußen sollen über den Rhein zurückgehen, oder wir todten sie. wie man tolle Hunde und wilde Wölfe niederschießt. Gegen die Feinde des Vaterlandes sind alle Mit ie! erlaubt. Die Augen des alten Zuavenunter officierS leuchteten tn unheimlicher Gluth. Wer diesem Mann in die Hände fiel, der war unrettbar verlo ren. Victor konnte sich eines leichten Schauders nicht erwehren. Wenn solche Freifchaarer. gebildet werden, sagte Victor nach einet Weile des Nachdenken«, dann müssen sie un ter ein einheitliches Commando gestellt werden, müssen Uniformen erhalten, an denen sie als Soldaten zu erkennen sind, und sich der regulären Feldarmee anschließen. Sonst sind eS Räuber banden, mit denen ich nichts zu thun haben will. Mon lieutenant?! Frankreich steht nicht auf dem Punkte, baß es ohne eine solche BokkS erhebung verloren wäre. Die kaiser licht Armee ist groß und stark, sie wird die Vertheidigung Frankreichs wirk fam durchführen. Indem sie sich immer rückwärts con centrirt, höhnte der alte Förster, unb unsere Häuser, unsere Familien schütz loS dem Fetftde preisgibt. Wir wer de» Uli» selbst 1* schäm wissen, ver- WAMS? zusammen, um euren Plan zu bera then? Im ForsthauS La Lonne Fontaine morgen Nacht. Gul. Ich tptrdt bmttten, wenn ich irgend kann. Dann wollen mit weiter über die Angelegenheit sprechen. Der Morgen dämmerte grau durch die Fenster. Der Capitän erhob sich aus dem Lehrt stuhl, in dein er die Nacht verbracht hatte, und satte: Ich glaube, wir können uns zur Ruht be gs btn. Dit Btschitßung wirb nicht erneuert. Ja. laßt unS zu Ruhe gehen, ent gegnete Madame softer, die kaum noch die Augen aufzuhalten vermochte, in dem sie Josephine weckte, die auf dem Sofa entschlummert war. In diesem Augenblick warb an Thür geklopft. Alis Anna sie öffnete, schrak sie mit einem leistn Schrei zu rück. Lieutenant von Simmern tnt in das Zimmer. Ich bitte um Verzeihung, sprach er höflich. Auf einem Rondengang be merkte ich Hier Licht und wollte ni.M vorübergehen, ohne Ihnen. Herr pitän. die Versicherung zu geben, dii Sie sich ruhig niederlegen können. T.t Beschießung wird vorläufig nicht e: neuer! werben. Es ist ein Varianten tät an den Fe st u n sc o nt ,i tt dar, ten abgedickt, um ihn nochmals zur Ca» pitulation aussortiern. Die Nackt und auch wahrscheinlich der heutiae Tort werden ruhig verlausen. Ich danke Ihnen für Jhrt Mitthei lung, mtin Htrr, entgegnete der Capi tän. Victor sah den preußischen Officier zum ersten Mal und blickte mit b' preislichem Interesse c. :s ihn. Wäh rend er sprach, flog sein Auge zu d-r schlanken Gestalt Jeannes hinüber, sich bei seinem Eintritt rasch um^l' w a n a e V i o s a a s A u leuchten im Auge des Preußen tint bemerkte, wie sich die Wangen Jean»' in tiefe Glutd tauchten, während ihre Augen mit betten des fremden Offi cers einen kut.'.c.t Gruß zu tauschen schienen. Eine wilde Eifersucht bemächtige sich des Htrzens Victor«. Er ballte bit Hände und biß sich aus die Lippen, um ein unvorsichtiges Wort gewaltsam zu unierdrücken. Seine Mutter trat zu ihm und sah ihn mahnend und bit« teno an. Er setzte sich rasch wieder in den düstern Winkel zurück, aus dem er sich bei dein Eintritt des preußischen CHiciers überrasch! erhoben hatte. Dieser grüßte noch einmal artig und entfernte sich bann rasch. Auch bie Siloßberoohner zogen sich in ihre Schlafzimmer zurück. Ehe Victor ging, trat er an Pier« Michel heran unb legte ihm die Hand aus die Schulter. Auf morgen Nacht, Pierre Michel, raunte et ihm zu. ich bin der Eitrige. Pierre Michel zwinlerte mit den li stigen Augen unb drückte des junge» Mannes Hand. Auf morgen Nacht, flüsterte er mtb eilte davon, nach wenigen Minuten tn dem nahen Walde von La Benot 2fW» tfline verschwindend, -3 7. Immer neue deutsche Truppen lang ten vor Pfalzburg an. iFaft oie ganz« Armee des Kronprinzen Friedrich IBiU heim von Preußen passirte die Stra» ßen südlich und nördlich von der klei« nen Festung, um weiter nach der obern Saar und der Mosel zu matschittn. Denn soviel Truppen auch anlangten, größere Abtheilungen machten bei Psalzburg nicht Halt, sondern mar schirten eilig weiter,dadurch denBeioei» erbringend, daß der militärisch: Werth ber Festung verloren gegangen war. In früheren Zeiten, wo nur die eine große Straße von Straßburg titer Zcibern und Pfalzburg nach dem Innern Frankreichs führte, mochte Pscilzburg große» Werth als Sperr» sort besessen haben, jetzt hielt es^nur eine kleine Abtheilung des deutschen Heeres zu seiner Beobachtung und Ein« schließung zurück. Dennoch bemühte sich die deutsche Heeresleitung, die kleine Felsenfestung tasch in ihre Ge walt zu bekommen, ba sie den wichti gen Eisenbahnknotenpunkt man aber nur und die Tunnels von Liitzeldurg bedrohte. Man zog deshalb nach einigen T^gen abermals zehn Baiierieen heran, baut« aus einer Anhöhe nahe bei dem Dorf« Weschheim. nördlich von Pfalzburg» Batteriestände und eröffnete am 18. August früh Müsens aus 60 Geschü tzen eine Beschießung, welche bis fünf Uhr Nachmittags währte unb den nordwestlichen Theil der Stadt, meh» rere Magazine sowie die schöne, alte katholische Kirche in Trümmer legte. Den Festungswerken selbst vermochte geringen Schaven zuzu fügen die Wallgeschütze antworteten der deutschen Beschießung so gut wie sie es vermochten, und bet Comman dant wies nach Einstellung bes Bom barbements abermals die Aufforde rung zur Capitulation energisch jtu rät (Fortsetzung folgt.) EeinGeschenk. „tttr? hast Du Deiner Braut zu Weihnachten ge schenkt?" „Ein silbernes Armband/ „Und sie Dir?" „Ich hatte |e schon acht Tage vorher um 20 Mart angepumpt!" In der Kneipe. Gast: Weshalb staunen «ich denn die Leite hier all« f» an, ÄeSaet? QIH Wm OTT! bis «*f «tum f» AßOWM.DMM, Michel. Irami ih,