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Deutscht Tmie. Von E. Zorllcr-Lionhkort. (7. Fortsetzung.) Wie zu einem Feste hatte sich die junge Fraue dazu schmücken lassen, und vor einer Stunde noch war ihr Gesicht von strahlender Heiterkeit ge wefen. Da traf ein Gast, ein ganz unerwarteter, ein. Sein Kommen war ein heimliches gewesen: er war auch nur mit der ausgesprochenen Absicht hierhergereist. Olga Paulow na ein paar Augenblicke allein zu sprecken. um sie an ein feierliches 'Versprechen zu erinnern dann mar er ebenso still, wie er eingetroffen, -aul Sofia wieder verschwunden. Die junge Frau, die von Lebens mut geschwellt, in strafender Da seinsfrtude den Gartensaal betreten, liitet den die Weinrauken ter Veranda zitternde Sichter woben, loa jetzt still lang ausgestreckt auf dem Diwan und träumte in die grüngoldene Dämme rung. Wie ein einziger lichter Sommertag war dieses Jahr ihrer glücklichen Ehe dahingeflossen. Paul hatte al Its gehalten, was sie sich von ihm ver sprochen. Er war der ritterliche, eh renhafte Charakter, den ste in ihm erträumt, und doch ein weicher Ge mütsmensch, wie ste ihn noch nie bei einem ihrer Nation angetroffen. Ein so köstliches Gemisch von bewußter ManneSkraft und Zartsinn, wie es ihr noch nie in ihrem Leben vorge kommen. Er trug sie aus Händen und verzog und vergötterte sie, daß es oft schien, als habe er jeden eige nen Willen in ihr aufgegeben: und sie batte das hingenommen, das ver wöhnte Lieblingskind der Götter, als käme ihr das zu. und sie brauchte nicht besonders dankbar dem Geschick für -das auserlesene Glück zu fein, ein Glück so tmgewöbnüif et Art. daß kaum die kühnsten Träume es je ei nern Renschen nahebringen. Umrahmt von allen Vorzügen des höchsten ver feinerten Lunis, umbegt von zart forqendster Siebe, und nun dieser letzte Gegen noch das kirschrote, in Spitzen eingewickelte Püppchen, das die ?lmme eben in seiner rosa ver hangenen Korbwiege hereinträgt, damit die junge Mutter sich an dem Anblick des kleinen, runzlichen Ee sichtchcns, an das beide geschlossene Fäiirichtn gedrückt sind, weiden sann. Wie bedrückt aber Olga Paulow nas Herz jetzt plötzlich ist! Wie hart und entschieden der Unerbittliche sie an ihren Eid gemahnt, wie er mit herber Abwehr auch nicht den leise sten Widerspruch, kein Wort der Bitte auskommen ließ! Wie er ihr heißes Flehen:,.Gib mir mein Wort zurück, gib mir meinen Frieden!" mit zorniger Energie zum Schwei gen brachte, sie erinnernd, daß sie sein Geschöpf fei, abhängig von seinem Willen und feiner Gnade al lein. Er hatte ihr in diesem Augen blick des Schwankens und Zaudern3 ein Geheimnis ifyrer Geburt verra ten: daß sie keinen Namen habe und keinen Rechtsanspruch, wenn er widerriefe, was er der Welt versichert, und er batte Bande des Blutes wie tier für sich geltend gemacht, von de nen sie bis zu dieser Stunde keine Ahnung gehabt. „Mein Vater, mein Vater, Erbar men!" ächzte sie, um ihr Glück kämpfend wie eine Verzweifelnde. „Weil ich das mit dir habe, weil ich dein Glück will und mit ihm das Glück jenes, an den du dich gekettet deshalb bestehe ich daraus, daß du ihn mit allen Mitteln der Lersüh rung, mit allen Mitteln, die dir so zahlreich zu Gebote stehen, zu unZ herüberziehst. Hier schwankt alles auf morschen Pfeilern, die euch vielleicht mitbegraben würden. Ihr müßt ohne Säumen euch zu uns hinüberretten, ehe «s zu spät ist. Das „Wie" ist deine Sache. Wenn du so wenig Macht über deinen Mann fühlst, daß du ihn schlimmstenfalls nicht mora lisch zum Abfall von Aleraitber zwingst, könntest du mit leid tun. Was wäre feine vielgerührnte Siebe zu dir dann wert, was könntest du dir auf den Besitz eines Mannes einbilden, der sein bißchen National dunkel dir nicht einmal zum Opfer bringen wollte? Ich schätze dich und deinen Einfluß höher, mein Kind! Du mußt hörst du du mußt in vierundzwanzig Stunden ihn in unser Soger treiben, und wendetest du die äußersten Mittel dazu an. Drohe ihm", und er flüsterte ihr et was zu, das sie vor Schreck erbleichen machte, „und widersteht er dann noch, führe es aus, das wird ihn auf alle Fälle mürbe und gefügig nachen Der Ungehorsamen, Undankbaren wartet mein Fluch und Enterbung du weißt, wo du mich zu suchen hast. Sei klug, fest und geschickt, mein teu res Kind?" Dabei hatte er sie zärtlich auf die Stirn geküßt, war unhörbar hinaus- Sie eglitten, und bald darauf knirschten Räder feines Reisewagens auf dem Kies vor der Freitreppe und roll ten dann schnell voy bannen Wie zermalmt von der Wucht des Ersahrenen lag Olga Paulowna nun still in ihrem kühlen Gartengemach. Ihre weißen Hände zusarnrn-ngefloch ten. starrte sie flehentlich bin zu dn von Palmen überschatteten Stalue bet fortiina, die aus grünem Hain em porzuschweben schien. „Verlaß uns nicht", dachte sie mit stummer Inbrunst. „Hilf mir, dari ich sein Herz wende, hilf mir, daß ich schön, bestrickend wie eine (Firce bin, um ihm den festen Sinn zu umaarnen." Und dann stieg es wie eine Zorneswelle in dem Sinn der verwöhnten jungen Fürstin auf. „Mit widerstehen, wenn ich ihm die Alternative stell«? Z 'enn er mich liebt, gibt es kein Bedenken mehr, und er liebt mich, liebt wich mehr als sein Seben!" jauchzte es selig in ihr aus. Und dann folgten neue Zweifel, ob is nicht an ihr sei, sich dem aelieb ten Manne unterzuordnen, alles da hinziiaeben für ihn: und sie dachte der Jugendfreundin, die das eins! getan, der kleinen engen Verhältnisse, der knavpen Mittel, des bescheidenen Heims, des friib durch die gemeinen Sebensforgen verwelkten Jugendrei zes und es ekelte ihr vor den Ent behrungen, dem Schönhntsmangel, den kleinlichen. Geist und Körper ein engenden Verhältnissen, und sie blickte mit Mitleid die samtweichen Hand? an, an denen wie rosige Muscheln die gepflegten Nägel glänzten. Ties» lilienweißen, ideal schönen Hände durch niedrige Arbeit entstellen, von dem hohen Sockel ihrer geiellschaftli chen Ausnahmestellung herabsteigen zu den Hauèfrauenpslirfiten der kleinen Hcniptmannösrau mit Hauptmanns fold es wäre zu albern, zu un möglich, zu lächerlich! nein, Paul mußte sich unbedingt fügen! Das konnte er ihr nicht zumuten, nicht an tun. Sie konnte nicht, weil er ei gensinnig war, auf jenes Prestige ei ner vornehmen Häuslichkeit, üppiger Gewohnheiten verzichten, die sie wie. das notwendige Leben-element um gaben. Ebenso gut hatte er ver langen können, sie gäbe Speise und Trank ifim zu Gefallen auf und nähre sich von der Früchten deZ Fei des. Bis P«il nach Hause kam, hatte sich die etwas nervengereizte junge Mutter in einen so aufgebrachten Zustand gegen den Schuldlosen hin einphantasiert. daß er sie in hochgra diger Erregung antraf, als er etwas verspätet ankam. Fürst Alexander hatte ihm nämlich lachend einen anonymen Warnungs brief gezeigt, dessen Schrift und In halt in die Zurechnungsfähigkeit des geheimen Absenders gelinden Zweifel fetzen ließen. Sie berieten dann noch eine Weile, ob man von der ängstlichen Mahnung, seine Leibtruppen von Slirnica von den Schanzarbeiten zuriickzn rufen. Notiz nehmen sollte oder nickt Die zitternde Frauenhand, der un klare Stil erweckten schließlich so wenig Vertrauen, daß Fürst Aleran der das Schriftstück achfelzuckend bei feite warf Mit einem Iubelrus neben ihr niederkniend, und beide Arme um ihre Gestalt schlingend, begrüßte P.iul We st a feine junge Frau. Durch die angelehnte Fenstertür vom Garten au? kommend, nachdem er seinen elrgc.nten Wagen verlassen, trat er noch ohne Ahnung der feiner harrenden Ueberraschung in den Gartensaal. und dieses glückte vollkommen. Schön wie ein Bild lag Olga schmähend hingestreckt da. Wie eine aoldschim mernde Kaskade floß das gelöste Haar über die Diwanlehne und be rührte mit den leuchtenden Spitzen noch den Teppich. Ein loses Ge wand von weißem, durchsichtig ge fponnenem orientalischen Stoss um schmiegte die noch üpviger entwickel te Gestalt, an der Brust und auf ihren Wangen glühten frische Ro fen und solche der Erregung am die Wette. Pauls Blick hing berauscht an dem berückend schönen Geschöpschen, das ihm beute neu wiedergegeben schien. Er bedeute ihre Hände, ihren Mund mit Küssen und stammelte trunkene Siebesworte. „Mein holdes, holdes Sieb, mein wiedergeschenktes, höchstes, einziges Gut!" Sie entzog ihm etwas kühl ihre Hände. „Nicht so stürmisch!" wehrte sie zwar noch freundlich, über wie eine Huld erteilende Königin. „Sieh auf setz dich da gegenüber und zieh die grünen Jalousien noch mehr zu, die Sonne bricht hindurch", beor derte sie immer noch in dem etwas schleppenden Tone bet verwöhnten Patientin. „Dein Sklave fliegt, et gehorcht", scherzte et gut gelaunt, nickte im Vor beigehen glückstrahlend dem schlafen den Püppchen zu, schloß on der Süd feite vollends die grünen Fensterlä den, so daß noch weicheres Dämmern sich über den kühlen Raum breitete, und dann fragte er galant: „Du er taubst doch, daß ich es mir erst ein wenig beguem mache?" Sie nickte gönnerhaft, und Paul ging und kehrte' bald darauf in einem eleganten Hausrock aus weißem Som metstoff zurück, der feine männliche Erscheinung vorteilhaft kleidete. E» trug höchst eigenhändig einen silber nen Eiskühler zwischen den Fingern, in dem eine weitbäuchige Flasche mit Silbuhals im kleingeschlagenen Eis- bad schaukelte, setzte denselben vor Olga Paulowna nieder, holte zwei Kelchgläser und ließ luftig den Pros sen zur Decke knallen. „Der Tag muß besondere gefeiert werden", rief er munter, „der un seren Familitnräumtn ibre hohe Ge bieterin zurückgibt. Du erlaubst, daß ich dich ganz allein bediene, ja? Nein, wie ich glücklich bin, nein, du glaubst es gar nicht, Hrnlieb! Es war ja kaum zum Aushalten ohne dich. Die Ungemütlichst war uner träglich. und ich glaube, ich könnte sogar so einem kleinen Stammhal ter gram weiden, wenn er häufig die Ursache wäre, dich mir sernzu« halten." „Du kannst mich nicht entbeh ren?" fragte Olga Paulowna. mit scharf beobachtendem Blick zu ihm aufsehend, während er den rosigen Moetschaum an die durstigen Sippen hielt. „Kann der Mensch ohne Sicht fein Dasein noch Seben nennen, bleibt eS nicht ein rein körperliches Fortvege« tiertn?" rief er warm, und feine fchö nen Augen strahlten von Herzlichkeit und Frohsinn. Packte die Ionafarn Sondierende denn kein einziges Bedenken, diesen schö nen Herzenssricden zu stören? War sie ibrer Macht über den liebe betör« ten Mann denn so sieaesaewitz, daß sie ihr ehelich Glück aus eine einzige Karte zu setzen wagte? Warnte sie nichts, nicht die leiseste abmah nende Stimme, daß der harmlos Tändelnde aus anderem Schrot und Korn war als jene anderen, die zu ihren Füßen geschmachtet, willenlose Sklaven ibrer Leinen und Einfälle? Hätte sie Paul Vestap in dem Jahre ihrer glücklichen Ehe noch immer so wenig kennen gelernt, daß sie ihn nicht höher taxierte? Unglückliche, warnt dich nichts, nichts, nicht der unbeareisliche Zufall, der dir das volle Glas aus der Hand ajeiten lci",t. daß es klirrend auf dem Fußhoden zersplittert, nicht dein er« wachendes Kind, dessen Zetergeschrei Pretest zu erheben scheint geien di Fortse^nq des unheilvollen Gesprä ches, nicht der ausfrä .en*e Pavagei, der unriihia in feinem Bin« von S'eb zu Stab flattert und fein angstvolles Geschrei gurgelt, nicht der Sturmwind, der sich urplötzlich da draußen erhebt und. den Kies vor sich herfegend und an den Wein ranken zerrend, unheimlich ächzt und stöhnt? „Es wird ein Gewitter geben, die Suft war den Morgen über auch er drückend schwul", meinte Paul. „Gewitter reinigen zuweilen die mit Elektrizität überfüllte Suft", ent gegnete Olga bedeutsam und richtete sich mit dem Ellenbogen halb auf, um durch das plötzlich einbrechende Dun kel in den Garjen zu spähen. „Ich fürchte, es käme jetzt zur Unzeit es verwüstet wahrscheinlich die Felder, die dieses Mal eine so reiche Ernte versprechen", sagte Paul ganz arglos, während Olga nur ein bedenk liches: „Wenn du dich nur nicht täu schest" äußerte er. Dann schwie gen beide ein paar Minuten, währenb der Gewittersturm sich rasend schnei austobte, und Paul sein neugeboren's Söhnchen in seinem spitzenlehangenen Korbe schaukelte, bis es fest einge schlafen war. Der Papagei sträubte fein rotgrü nes Gesiedet und fuhr wüthend mit dem gebogenen Schnabel zwischen den Messingstäben hindurch. Paul kam von der offenen Veranda zurück und brachte ein paar Stiele blühender Orangenblüten von dort, auf deren metallisch leuchtenden Blüten ein paar große Regentropfen wie große Juwe len funkelten. „Scheint glücklich vorübergegangen zu fein", meldete er, während er ihr die Blumen kniend darreichte dann schob er sich seinen lehnenlc* fen Polstersitz dicht an den Diwan heran, nahm Olgas beide Hände zärtlich in feine und hielt sie fest um schlossen. „Ich hatte heute früh einen so schrecklichen Traum. Du warft mir entschwunden. Ich weiß nicht, wieso, weshalb, ob freiwillig oder gezwun gen. Ich sah deine Gestalt nur noch wie eine von Dämpfen umschwebte Silhouette. Meine Arme griffen nach dir durch dichte Nebel hindurch aber immer gleich fern und gleich nahe, vermochten die Hände dich nicht zu er reichen. Ist das nicht ein seltsamer Traum? Er peinigte mich bis in das Erwachen hinein, et begleitete mich in feiner erdrückenden Nachwir kung den ganzen Vormittag hin durch, und es kam mir wie ein glück liches Omen vor, als ich dich, ftrah« lend von Schönheit und Seben, ge sund und unserem gemeinsamen Se ben zurückgegeben, hier im Garten saal schon antreffe. O Olga, wie lieb habe ich dich, wie grenzenlos glücklich machst du mich wai ware mein L« ben ohne dich!" Ein triumphierender Funke sprühte in den funkelnden Augen der jungen Frau auf. Nun mutig vorwärts, er ist ihr Geschöpf, an Händen unir Füßen gebunden, schmachtet er ja zu ihren Füßen. Viktoria, bet Sieg ist ihrer! Sie sehnte sich zu ihm hinüber, ihr duftendes Haar fiel über ihn hin, ihre weißen Arme umrankten fei« nen Nacken, ihre schwellenden Sip pen ruhten jinnterückenb auf feinem Mund. „Tu liebst mfch über alles, mehr als dein Seben?" hauchte sie. dicht an seine Brust geschmiegt und löste ihre Sippen von den seinen, um ihn wie der sanft-neckisch zu küssen. „Mehr all mein Seben!" stam melte Paul in trunkener Seiden schaft. „beweise es!" kommandierte die Verführerin, indem sie die Arme hin abgleiten und sich selbst wie ermattet auf die Polster zurückfallen ließ. „Befiehl, ich gehorche!" stotterte Paul mit fliegender Brust. „Nun, ich befehle dir, filt mich ganz allein zu leben." „Das tue ich ja. für dich ganz und ungeteilt!" sprach et schier ver wundert „Nicht genug." „Wie kann das noch mehr gesche hen?" fragte et völlig arglos. „Du sollst du sollst sie suchte etwas verlegen nach Worten, die ihn nicht verletzen mußten „du sollst so so bleiben, wie du jetzt bist, die dumme Uniform auszie hen und „Den gehorsamen ersten Diener von Frau Gemahlin spielen? Danke schön!" lachte er gutmütig. „Das wollen wir uns aufbeben, bis wir arbeitsunfähig geworden sind. Nein. Frauchen, nicht böse aussehen, das kann dein Ernst nicht sein. Du möchtest gar keinen Stubenhocker und Faulleuzer zum Mann, der sich das „Tischlein deck dich" der Eristenz fein säuberlich von feinem Weibe cuftra gen ließe. Nein, Herzenskind, das schlag dir ans dem Sinn auf die Bärenhaut legt sich der We st a nicht, so lange er seine --runden zirei Arme noch richten kann. Nichts da, nichts davon, du würdest von dem gelang weilten Tagedieb auch bald mehr als zu viel bekommen." Olga rvi-fte mit nervösem Finger Blatt auf Blatt von den schneeweißen Bfütev.kelchen in ihrem Schoß ab. „Ich sehe es ein: ich möchte dich nicht zur Untätigst verdammen, wenn sie dir widerstrebt. Ich möchte dich am würdigen Platz erblicken. Das Kar tenhaus des Füistciithronfs hier stürzt über kurz oder lang, von unserem Einfluß nicht mehr gestützt, doch mal zusammen und ." „Unserem Einfluß? WaS heißt dass" fiel Paul ihr grenzenlos ver wundert ins Wort. „Bist du ein an deres als ich? Gehörst du nicht zu mir?" „Und begräbt vielleicht alle, die ihm abhängen, \r. seinem Sturz", voll endete sie, als hätte tie die stürmische Unterbrechung gar nicht gehört „Nun. dann gerben sie einen ehr lichen Tod in ibrer Pflicht", sagte er voll Festigkeit. „Schriebst du mir nicht einst in all deinen Briefen, daß es noch ein Höheres als die Pflicht gibt, daß übet ihr die allmächtige Liebe stünde so sagtest du mir tausendmal. Täuscht sich mein Gedächtnis?" sprach Olga vorwurfsvoll, und stür misch war Pauls Antwort: „Ich weiß nicht, wo du hinaus willst schweig, ich mag «8 gar nicht wis sen „Mas ich dir einst sagte, um all den häßlichen Heimlichkeiten ein (5mfe zu machen, galt dem ÜÖtibe, ihrer oft betonten Pflichten der Dankbar feit gegen den väterlichen freund. Die Liebe des Weibes zum Manne muß höher stehen, muß allein ausschlagge bend fein, trenn sie vor die Wahl ge stellt ist. Eltern ober Geliebten auf zugeben. Wehe aber dem Manne, der seine Pflicht vergißt, weshalb es auch fei, selbst aus Liebe zum Weibe Schmach ihm und Verdammung, wenn er sich da schwach und erbarm lieh zeigt!" brauste er in edler Empö rung auf. Olga war aul ihrer leidenden Stellung emporgeschnellt. „Paul, Paul, besinne dich!" tief sie in warnendem Ton. „Das mir, der du eben noch schwurst, ich gelte -dir mehr als das Leben!" schluchze sie er regt auf und ihre Wangen brannten dunkler Zornesröte. „Um Gottes willen, beruhige dich, feine Aufregung!" beschwor et sie in großer Besorgnis. „Laß alles jetzt ruhen. Ich war ein Thor, überhaupt aus solche Unterhaltung jetzt einzu gehen, wo deine Nerven noch gereizt sind. Lassen wit den Prinzipien streit, mein lieber Schatz! Du bist mir das Liebste aus der Welt, glaub's mir, selbst mehr als mein Mütterchen giltst du mir, so schlecht da? von mir Undankbarem ist. Ich gebe alles für dich hin, bis auf die Ehre! Dabei beruhige dich, und laß die akademische Frage, zu welchen Opfern der Mann fähig fein muß, für dich, kleine, verwohnte Prinzeß, bis du lustig aus deinen ge funden Seinen wieder herumlaufen kannst. Jetzt möcht' ich klingeln, damit wir in Gesellschaft heute hier zu Mittag speisen, gelt, lieber Schatz?" Olgas kühn gezeichnete Augen brauen zogen sich drohend zusammen, „Verspotte mich nicht in meinen hei ligsten Gefühlen", sagte sie empfind lich und entzog ihm die Hand, die er neckend festhielt „Mir ist es hei liger Ernst mit dieser Frage, und damit du unsere Sag« voll begreifst, framtt du verliehst. we?haiv ten lie dir so dringlich vorlege, muß ich dir die Alternative stellen, die mir meist Oheim gestellt hat. O Paul und wieder warf sie sich, leidenschaft lich ausgelöst in Tränen, an ilitts er schrockenen Mannes Brust. „Du kannst mich nicht zu dem Elend einer Eristenz verdammen, wie deine Ein fünfte sie uns auferlegen, zöge mein Onkel seine Hand von uns ab! Der Zar kann nichts befehlen, was nicht recht wäre, folglich kannst du's tun, und wenn du .dennoch nicht willst. ist'S nitre Halsstarrigkeit. Du kannst es mir nicht abschlagen, wenn du kein hartköpfiger Egoist bist, wenn du mich wirklich liebst, »renn dir an meiner Befriedigung wirklich gele gen ist!" Sie hatte die beiden Hände be schwörend um feinen Arm geflochten und sab bittend wie ein Kind mit den wunderschönen Augen zu dem tötlich Erblassenden auf. „Und waS fordert dein Oleiin für Gegendienste?" fraate Paul lang sam, zaudernd, als fürchte et sich vor der Antwort, die er herandrohen sah. „Eine Kleinigkeit." „Die wäre?" fragte et ntti stocken» dem Atem. „Du sollst zu uns übertreten." »Da? heißt, hier zu den Russen nicht?" fragte er kaltblütig und tadelnd. „Es ist mir neu, daß du dich mit den Interessen deines Man ne? nicht eins hältst. Wir in Deutschland sefrn di? anders an. Ein Leib, eine Seele, schreibt uns unsere Kirche vor, und wir sind des sen eingedenk, wenn wir den heilig sten Bund fürs Leben schließen. In der Bibel steht ein Wort, das wie nichts anderes die schöne Zusammen geHörigkeit deS Weibes, ihre süße Un ietordnuno unser den, der tns Haus' der Familie ist. kennzeichnet- Wo du hinaehst. da gebe ich auch bin dein Gott ist mein Gott, dein Volk ist mein Volk: wo du begraben wirft, da will ich aveb beqriVvn fein. Lerne !as von unseren deutschen Frauen Du bist feine Russin rrebr. du bist das Weib eines bulgarischen Unter tans, die Mutter eines aeborenen But laren beherziae das!" Er sprach es weich überredend und strich liebkosend über ihren Schemel bin ..Verstehst du denn die hebere Be dentnng der Verschmelzung zweier sich in bester Siebe anaeliörenden Men schen nicht, mein fiißes Weib? Ist es nicht ga« einzig dauernde Band, das einzig durch ein ganzes Leben kesselnde, wenn der erste Nauses) der Flitterwochen zerronnen, dieses Sich geist'g ineinander Auslösen, mit und durch einander leben und sich nanz vnd gar verstehen? Kennst du deinen Mann so wenig, daß du glaubst, äu ßerer Vorteil könne ihn abtrünnig machen?" Je weniger er zu erschüttern war, je sanfter sprach er. eine um so mil dere Form suchte er, um sie von dein Siechten zu überzeugen Es fchmer .te ihn tief, daß sie um seinetwegen Opfer ihres Wohllebens bring?»1 muß te, deshalb umhüllt er ve mit dop pelt, weicht, fast mitleidig« Liebe. Olga mißverstand es. G« glaubte ihn schon halb gewonnen, hielt diese Milde für halbes Nachleben, ein letz tes sanftes Widerstreben seiner er schütterten Grundsätze. Wäre et sonst so ruhig geblieben, während et bii mcils bei dem leisesten Versuch, ihn seiner Pflicht abtrünnig zu machen, schon so leidenschaftlich aufbrauste? Sie verstand die Regunaen in seiner Brust nicht. Gegen die eben ver« rnählte Braut, die seine (thre anzwei felte, hatte sich sein Stolz empört, die bloße Zumutung hatte ihn aus rasen lassen. Der Mutter seines Kindes fühlte er sich mit echter deut scher Mannestreue zu fest geeint, als daß et die heutige Versuchung an ders behandeln konnte wie der könig liche Löwe, der mit einem Kopfwen den die ihn umfurtenöe Mücke gut mütig abschüttelt. Er maß in der ruhigen Beharrlichfeit seines Willens diesen Dingen nicht die Wichtigkeit bei, die sie selber ihnen geben wollte. Olga stachelte sich zu immer ersteiger ter Aufgeregtheit auf, je gelassener er blieb. Es schien alles umsonst. Vor würfe und Zornesausbrüche. Nun kamen Bitten, Tränen, Fteben, Olga ließ sich zuletzt zu einem Fußsafl her ab und beschwor ihn schluchzend, sie durch seine Hartnäckigkeit nicht den ungewohnten Entbehrungen seiner Eristenz auszusetzen, wenn er sie wirklich lieb hätte. Wie ein Kind hob Paul die er« regte Frau vom Boden auf, trug sie zurück auf ihr Ruhebett und legte ihr die Kiffen unter dem Kopf zurecht, die immerfort Aufbäumende mit saus tet Gewalt niederhaltend. Das aber entfesselte erst den ganzen elementa ren Jähzorn in diesem dämonische» Eharaft«. Hätte er mit ihr gerungen um die Herrschaft, wild und erregt, wie ste e# selbst war, vielleicht hätte er in zwölfter Stunde denSieg da vongetragen. Ein Messen der Kraft allein schon hätte ihr wahrscheinlich genügt. Die Ueberlegenheit, die in feiner kühlen Rede lag, die kaltblütige Art, mit bet er, eingedenk ihrer Scho« nungèbedürftigkeit, Bitten und Vot würfe. Anklagen und Beschwörungen eindrucket* an jich abgleiten liefe, kam ihr wie Geringschätzung vor, er« 7 Gitterten ste grenzenlos und entzünde» ten in ihr ihren gefährlichsten Feind, chren besinmingl« und zügellosen Jähzorn. „Alles, waS du bist, hist du durch nick)!" stieß sie in blinder Leiden» schast berauS. Paul wurde einen Augenblick brennend rot, dann leichenblaß. Et traf ihn wie ein Schlag ins Gesicht, dv.ft et fast taumelte. Er zog seine Oiinde zurück, die sie bis zu diesem Augenblick sanft niedergehalten, und stemmte die eine leicht zitternd auf die Tischplatte. Er sprach nicht eher, all bis er sich die Nu he zutrauen durfte, feine Stimme zu belauften. Dann sagte er gelassen: „Du könntest recht haben, wenn ich auch nur eine Se kunde deinen Votschlag in Erwä gung gezogen. Deine Beleidigung gleitet aber eindruckslos an mir ab sie ist aber ein Beweis, wie richtig ich bandle, indem ich der Stimme ohne Schwanken folge, bie in mit spricht." „Ich wollte dich nicht kränken, el ist aliet zu schlecht von dir, zu schlecht!" schluchzte sie auf, „daß btl nicht auch an mich denkst und mir dal fleine Opfer bringst. AnS Trotz, ou4 Eigensinn, bloß, um zu zeigm, dafc du der Herr und Meister bist, ver weigerst du'S. Solche Kleinigkeit, solch ein kleine! Opfer, das du mit zuliebe bringen sollst!" jammerte fk wie ein verzogenes Kind. „Solch ein kleines Opfer!" lachte Paul, zum ersten Male ungeduldig werdend, bitter auf. „Das kleine Opfer meiner tfhre, das kleine Opfer des Verrats an meinem Fürsten, an der Uniform, die ich trage, den Fah neneid. den ich geleistet die Klei nigkeit. ein Landesverräter, ein Ue« lerlstiifer zu werben um elenden Vor« tei'é halber. Wollt ihr mich nicht noch zum Spion dingen, und wel» chen Preis bietet ihr?" wandte et sich kurz fragend, mit schneidendem Sarlasiuus an dir jungt Frau, det et nicht länget wehrte, als sie jetzt» emporgeschnellt, auf beiden Füßen stand. Den Tisch zwischen sich, maßen sie sich mit zornigen Augen wie zwei feindliche Gegner. „Du willst den Preis wissen für deinen Uebertritt? Gut!" flammte sie auf. „Du sollst ihn kennen, wir wollen sehen, ob er dir noch zu gering däucht. Bisher 'iabe ich, ich ganz al lein Opfer zu bringen gehabt, jetzt sollst du beweisen, was ich dir, ob ich dir überhaupt etwa! wett bin. Der Prci» bin ich!" Er stierte sie an, als könne et sei nen Sinnen nicht trauen. „Du? Du? Ich verstehe nicht!" „Ich denke, el ist deutlich genug. Entweder du gehörst zu un8, ober eine Sefiitve stockte sie, das BInt stieg ihr flimmernd in die Augen und hirnbetäubend zu Kopfe die Zähne preßte sie knirschend aufeinander, und schön war sie in ihrer zornigen Ener gie wie ein Dämon, als sie, die Blicke fest auf ihn arbeitet, ihm herausfor dernd geaenül'rstand. „Ober?" widerholte er unheimlich ruhig. „Oder wir trennen unV „Nur ein lei'er Seufzet flog übet feine Lippen, und feine auf der Tisch« platte ruhende, um gebogene Hand grub die Nägel in die innere Fläche. Sonst stand er scheinbar unberührt da. In Olgas Brust rasten alle Fu« rien. „Durch!" raunte ihr dal stolze, jäh'otniae Temperament zu. „Biegen ober brechen!" Sie hatte ihn ja nur sondieren wol len, jetzt war die bloße Drohung schon Entschluß. „Nun?" fragte sie ungeduldig, de er hartnäckig schwieg. „Nun?" wiederholte er hoheitsvoll, ja verwundert. „Glaubst du ernst lich", fetzte er tiefernst hinzu, „daß deine Drohung :ntch erschüttern kann?" „Drohung?" fu 1st sie hochfahret auf. „Dein Ernst sann'S doch unmSg lich fein!" „Mein bitterer Ernst!" Et zuckte nur die Achsel und schwieg. Das Schweigen war bt» redtet als alle Werte. „Du wirft es zu spät «kennen", drang sie auf den scheinbar Unemp« findfamen ein. „Erlaube mir, daß ich eine bessere Meinung von dir habe", sagte et fält „schon die Anwendung solcher Drohmittel ist unedel." „Unedel bist du. mich zum Darben verdammen zu wollen!" grollte fit. Es zuckte geringschätzig um sei« Lippen. „Ich höhne dich nicht eS ging mit nur schmerzlich durch den Sinn, wie verschieden von den Frauen meiner Familie du denkst. Olga Paulowna", sagte er traurig. „Warum machtest du denn de« Fehlgriff, dich an die Fürstin Kor sakoff zu fesseln!" reizte sie ihn mehr und mehr mit höhnisch |ndiafcl« Munde. (Fortsetzung folgt). (in der Mannfchaftsfchule): „Euch wegen eurer Dummheit beim wah ren Namen nennen darf ich leider nicht, ab« Kerle, gebt acht, daß unter euch nicht noch einmal Me Rinderpest aulbricht!" \n\n U s i e e n e w e e