Newspaper Page Text
Tshamkterbild ans dein indischen Volks-leben in der Gegenwart Von Rat-bitter Ehrentheil in Hokus l· Ein schriller Pfiff, ein gewaltiger, mächtiger Ruck und das dampfgeflügelte Ungethüm blieb festgebannt stehen —- der Condncteur rief in üblicher monotoner Weise: »Straschetz! zwölf Mi nuten Aufenthalt,« öffnete die Waggonthüren und ließ die gleich lebenden Gepäcksstücken eingeschachtelten, zahlrei chen Reis enden ihren, in vier Classen ge schiedenen, mehr oder weniger bequemen Gefängnissen entjsptetigem »I- ( Jn wenigen Minuten hatten ncy die Waggons und bald auch der sehr geräu xnige Bahnhof entleertz längst hatten "—Fiaker, Droschken und Privatfuhrwerke die bemittelten Individuen unter denj Angekommenen aufgenommen und hinweg geflihrtz die zu gewiser Stunden deg» Tages so belebte Bahnhofstraße war be reits-, da esZ eben Essenszcit war, fast nnenschenleer geworden, als vom Bahnhof « cher ein junger Mann, sehr einfach aber reinlich gekleidet, einherkam, in der einen Hand einen sogenannten Schattenspender, in der andern einen eben nicht allzuschwe ten Neifekoffer tragend, schen um sich blickend, als wollte er aus der Reihe ders als Eintehrhäufer gekennzeichneten Ge-; bäude prüfeuden Blickes dasjenige heraus- z finden, das geeignet nnd passend wäre,l ihn in seinen gastlichen Räumen für einige » Zeit als Passagier aufzunehmen. Mehr; als ein dienstbeflissener, Erwerb suchen- ; der Helfer in der Noth hatte ans dem; kurzen Wege vom Bahnhose her dem jun- s gen Manne seine Dienste angeboten nnd( hatte sich seines allerdings nicht schweren Gepäckes zuvorkonnnend bemächtigen wol len, doch der junge Mann hatte es immer Freundlich aber entschieden abgelehnt, seine » geringe Habe aus der Hand zu geben, Und schritt fürbaß, die verschiedenen Gasthansschilder musternd, als wollte er es den ver.chiedenen Hotelbenennnngen absehen, ob deren Namensträger auch Raum bösen für Gäste seines Standes Und seiner Verhältnisse. — Da glänzte, mon den Strahlen der Mittagssonne hell angeglüht, das Bild eines gekrönten L ö w en über dem Eingange eines stattli Chen Gebäudes, nnd waren unter den Schildern die Worte «Gasthof zum getrönfen goldenen Löwen« in großer weithinsichtbarer Schrift zu lesen, doch nur dem scharfen Auge des jugend lichen Reisenden war es möglich, schon aus der Ferne wahrzunehmen, daß ans dem Schilde auch das in h e b räis ch ers Schrift · geschriebene Wörtchen in s ziemlich kleinen Vettern angebracht war.; ,,Also ein jiid i i ch es, den religiöien« Anforderungen meiner Glanbensgenossen ; Rechnung tragendeg Hotel« —- sprach dei«!· junge Mann für sich hin —- ,,da wäre ich Z sinu am Ziele, ,,versorgt und aufgehoben«, l wie der Dichter sagt und sogar unter dem Schutze eine-Z g e krö n te n H a up-» t e s. — Aber da regt sich wieder das in ’ mir, was mein guter seliger Vater immer " mein Schlomasel —die Schwär rnerei nannte, — weiß Gott! ich habe kein Vertrauen zu dem Jnhaber dieses Hotels, obwohl er ,,C·iner von un ser e L e n t« ist, —- und hätte nicht übel Lust, trotz lauter Eiiisprache meines Ma gens Und meiner milden Glieder, ein paar Häuser weiter zu gehen; —- warum schämt sich auch dieser jiid i s ch e Speise zoirth der ritn e l i en Einrichtung seiner IGartche nnd läßt das die Qualification vseines Geschäftes fiir Jud en anzeigende Wörtchen so klkttr gefcprxehen Find .1")o·rgucken"? ist wohl ein Eigen jchaftswort seiner Bedeutung nach; für Juden, dcnk’ ich, ist es ein Haupt xv ort, und sollte eben seiner Bedeutung wegen groß geschrieben werden.—— Während der junge Mann, seine Schritte mäßigend, halb laut vor sich hinsprach, fühlte er sich von rückwärts leise an der Schulter gefaßt, und, sich er schrocken umwendend, sal) er in ein völlig fremdes, aber gutmiithiges Angesicht; — - ein altes Männchen guckte ihm gar freund lich und munter schmunzelnd in die Augen. «Scholem alechem, junger Mensch! Sie brauchen nebich ein Quartier und ein gut Essen; kommen Sie nur herüber zu’ mir, beim ,,g e krö n te n L ö w e n« ist man in guter Jiidischkeit gut aufgehoben. Fürchtet nichts, lieber Herr! erstens bin ich nebich, wie Jhr sehet, kein Schimschon Hagibor, nnd zwei tens ist am ,,gekrönten Löwen« nur das Eine noch der Welt ein Räth sel, wie es kömmt, daß heutzutage ein Spksisehzms siclz noch e"rhalt-cu»kann ? Dafür ist«-Z aber auch ein ,,g e kr ö n t e r L ö w e«. — — Der junge Fremde fühlte dem Schwalle von Worten, mit denen der kleine, runde Speisewirth auf ihn eindrang, sich nicht gewachsen, er fühlte sich, ehe er recht zu Worte kommen konnte, von dem alten Gästefänger gefaßt und saß nach wenigen Minuten schon in einer freundlichen, nicht allzugroßen Gaststube vor einer dampfen den Suppe, die ihm eine nach jüngstem Modejournalmnster gekleidetes Fräulein mit einer sanersiißen Miene aufgetragen hatte, nnd mit einem Blicke, der wohl sagen sollte: »Du simpler Alltagsgast stehst mir auch nicht dafür, daß ich deinet wegen die Novelle im Bazar, die ich so- « eben gelesen, unterbrechen mußte, um Dich zu bedienen. ——« Die Suppe war wohl nicht sehr w a r m, dafür war sie aber auch recht sch w a ch er Natur und zeigte nur davon, daß die Wasserleitnng der Stadt in bester Ordnung sein müsse; das Rindfleisch hingegen schien, als wäre es dem Lenden theile eines hartgesottneen Sün ders entnommen, und die eben nicht all zugroße Portion stellte große Anforde rungen an die Kanwerkzeuge des jungen Gastes. Zu einer Mehlspeise ver stiegen sich die Wünsche des Gastes nicht mehr; und als der junge Mann den allerdings schweren Vecnichtungskamps gegen die Zähigkeit des Fleisches auf sei nem Teller mit dem Auswande aller sei ner zermalmendcn Zähnetraft ausge tämpft hatte, srng der ihm Gesellschaft leistende Gastwirth: ,,Wär’ Ihnen nicht ein Braten gefällig?« Und auf das ent schiedene ,,Nein!« des Gastes, antwor tete das gesprächige Männchen blos mit einem ,,n e bich«. - »Aber Herr Wirth,« bemerkte lachend der Gast, den wir nun schon mit seinem ehrlichen Namen W a n sri ed nennen, ,,1varnm sagen Sie so ernstlich bedauernd ,,n eb i ch?« Glauben Sie etwa, daß man ein ,,n e b ich« d. h. b e d a u e rn s w erth sei, wenn man nach Suppe nnd Fleisch bei Ihnen nicht auch einen B ra ten noch genießen will?« »Sie müssen es,« —- sagte darauf be schwichtigend der Hausherr, ,,mit diesem Wörtchen »n ebich« bei mir nicht so ge nau nehmen, ich habe mich im Laufe der Jahre so daran gewöhnt. Jch bin, um Ihnen meine Geschichte kurz zu erzählen , seit fünfzehn Jahren net-ich ein Witt wer, das Madchen, das Jhnen die Spei sen anftrug, ist nebich meine große einzige Tochter, und habe ich auch einen großen einzigen Sohn, der nebich mit meinem Wirthsgeschäftc nicht zufrieden ist nnd ein, wie erUZ heißt: Bankgeschäft hat, » mit dem wieder ich nebich nicht zufrieden bin; —- doch Sie sind die Nacht hindurch wohl gereist, ich sehe, Sie machen kleine Augen, möchten ein Schläfchen machen, kommen Sie, ich führe Sie auf Jhr Zimmer, —- wollen Sie? —« ,,Nun denn ! « sagte der junge Wanfried, »wenn das B e tt bei Jhnen weicher als das Fleisch ist, möchte ich wohl ein wenig nachholen, was ich während der; langen Nacht im Waggon versäumte, die Natur will ihren Tribut haben, und füri iheitte ist nichts mehr zu beginiieii, also « : ,Ja! J1! schlafen istdas Beste, was :««de1 müde schläfrige Mens seh nebich thun ?,kann« sagte Rebb Dowid Gottlieb, der iWiith vom »gekrönten Löwcn«, und ;fiihrte den müden schläfrigen Wanfried "auf sein Zimmer (Fortsetzung folgt.) --—- ———- »O Yanaise und Dpljraim, oder: Tic beiden Culiurstriimungen ver mo dernen Zeit. Eine Gast: Predigt gehalten im Dem-El empel zu New Yoik a11122 Juni 1878, von Dr. K. Ko oW Text, Genesis 41, 5l—-—52. M a. Z. Die von holder Anmut umflossene Geschichte Joseph s war von jeher eine Quelle reicher Belehrung und Erhebung Jn ihr findet die feurige Jugend ihre Träume und Jdeale, das er fahrnngsreiche Alter die rauhen Schick salsstürme und die göttlichen Fügungen und Rettungen des eigenen Lebens wieder. Und wie treffend spiegelt sich die ganze Geschichte Jsrael’s mit seinen stolzen Ah nungen und Verkündungen, seinen Ver folgungen und Versnchnngen, wie seinen Proben von Standhaftigkeit und Edel sinn, ja, und mit seinen schließlichen Tri umpheu wahrer Bruderliebe in dem herr lichen Lebensgemälde ab! Alles das je doch ist Ench, m. v. Z» ohne Zweifel von beredterer Zunge, in kernigerer, schwungvollerer Sprache und mit hinrei ßenderer Begeisterungsglnt dargestellt worden, als ich, ein Gast auf dieser ge feierten Kanzel, es vermöchte Statt deshalb bei den allgemeinen Umrissen des Lebensbildes Joseph’s zu verweilen, lasset mich einen weniger beachteten Zug und Wendepunkt seines Lebens hervor heben. Jn der Seele des zur höchsten Ruhmesstaffel emporgestiegenen Hebräer sclaven wogt ein schwerer Kampf, den die Schrift nur mit einem einzigen scharfen Pinselstrich kennzeichnet, indem sie uns die Bedeutung der Namen seiner beiden Söhne Manafse und Ephraim mittheilt: Sein Weib Asnath, die aegyptische Hohe priesters-Tochter, beschenkt ihn, den Statthalter Pharao’s, mit einem Sohn. Den nennt er Man a fs e : denn, berauscht von seinem Glück, spricht er: ——-,,Gott hat mich ver-I gessen lassen all) mein Leiden und mein ganzes Vaterhaus.« Ein zweiter Sohn wird ihm geboren, und den nennt er in ganz anderem Geist Ephraim, denn: »Gott hat mich zum blühenden Reis gemacht im Lande meiner Er niedrig n n g.« Welch’ ein Gegen satz! Welch ein himmelweiter Abstand zwischen den in beiden Namen kundgege benen Empfindungen! Welcher Hochmut spricht sich im Namen Manasse, welche Demut im Namen Ephraim aus! Rin gen hier nicht zwei Seelen in Joseph’s Brust, wie einst in seines Vaters nächtli chen Geisteskmnpf, miteinander? Steht hier nicht das Kinderherz, das Hebräer gemüth mit dem Fürstensinn, dem Aegyp tergeist im Widerspruch? Betrachten wir sie genau, diese Doppelströmung, diese Krisis! Derselbe Entscheidungskampf zwischen dem alten Gemüthsleben und dem neuen i« Berstandeswaltem wie er bei Joseph auf der Fvöhe seines Lebens zu Tage koiiiii1t,111aehtsicl) heute im weiten» Pienschenkreise wie im Lager des Juden-I thums geltend, und nnr dieselbe versöhn-! liche Wendnng, die er in Joseph-Z Cha rakter schließlich nimmt, kann auch heute allein zum Triumph des Guten und Wah ren führen. Wie im Feuer das Gold und die Eiche im Sturm, so läutert und kräftigt sich jeder Charakter im Kampf Zu Herku les, erzählt die Sage, kamen, da er eben in der vollen Blüthe seiner strotzenden Manneskr aft am Scheidewege stand, zwei lhohe Frauengestalten Spiühend von iLust und leidenschaftlicher Glut, ein Bild bestrickenden SinnenzauberT kani die eine zu ihm nnd sprach: »Folge mir lauf diesem roscnbestreuten Pfad, und die I ganze Welt mit ihren Genüssen und Freu denspenden soll dir sein ohne Mühe nnd Sorgcl« Bedächtigeren Schrittes, voll edlen Ernstes trat die andere Gestalt herzu. Priiiiklos, wie ihr Wesen, war ihre Rede: · »Nicht so leichten Kaner sind die Gaben, die ich dir biete. Jch verheiße dir nichts als Lohn sür gute Thaten. Willst dn herrlichen Ruhm für bewährte Tapfer keit, die Gunst der Jisdischen und der Himmlischen nach edlem emsigen Ringen nnd Streben, du sollst sie haben in schönster Fülle, wie kein anderer der Sterblichen. Wohlan, du bist von edlem Geblüt und zu Großem angelegt! Meide den schlilpfrigen Pfad der feilen Lust, und steige, von mir geführt, den steilen Berg der Tugend nnd der Unsterblichkeit hinan.« Herkules entschied sich sür die Tugend und erklomin den hohen Himmelsberg der Unsterblichkeit. — An diesem Scheideweg sieht sich jeder Mensch a11s«seiner Lebens hahn einmal hingestellt, um zwischen Le bin und Tod zu wählen. Doch wird nur der gemeine Mensch von flatterhafter lSinnenlnst schon umgai«nt. Dem edleren Menschen naht die Versuchung im be stechenden Glanz von neugewonnenen Ideen und Anschauungen, im blendenden Strahlengewand funkelnder Wahrheiten, neuer Geistes-schätze. Leicht mochte der zur edlen eKeuschheit und Sittenreinheit e1«zogene Jakobssohn die Schlingen und Netze zerreißen, die ihm das lüsterne Weib Potiphar’s legte. Joseph’s Cha rakter war doch wohl zu groß angelegt und zu bieder, als daß er der Sirenen stimme der tecken Aegypterin nicht ein taubes Ohr hätte entgegensetzen müssen. Die Feuerprobe, dic er zu bestehen hatte, mußte gewaltigerer Art sein. Versetzet Euch in die Seele des schlich ten, schwärmerischen Hirtenknaben, der von dem bedürfnißlosen Bedninenleben hinweg nach dem Wunderland am Nil geschleppt wird, wo seinem blöden Auge mit einem Mal ein Glanzesmeer von Kunst, Pracht und Grösze entgegenstrahlt, wie seine reiche Phantasie es auch nicht im kiihnsten Ulug erahnen mochte Sind das Menschen seines Gleichen, die solche Steintolosse, solche Riesendenkmäler ans geführt, die Geheimnisse der Sterne, der Buchstaben erspäht, ja dieses Land mit dem Köstlichsten und Schönsten ausge stattet haben, was nur Menschenwitz je ersinnen und Menschenlust je ersehnen kanns Niußte der hebräische Jüngling diese heiteren Aegypter in ihrem großarti gem Pomp, in ihren kunstreichen Pal lästen, in ihren paradiesischen Gärten, in ihren Lichttempeln, in ihren prunkoollen Grabgewölben, in ihrem ganzen Treiben und Trachten nicht wie eine höhere Race, ja, wie Söhne der Sonne, wie sie sich selbst nannten, anstaunens Mußte er sich neben solchen hehren :).ltenschen nicht wie eine Heuschrecke bedünken, bei seiner Unbildung kaum werth, ihnen die Fuß sohle zu küssen? Aber er bleibt keines wegs ein Gegenstand der Verachtung. Dank seiner-Tüchtigkeit, steigt er an Ehren und Ansehen. Nicht einmal der Kerker, in den ihn die böse Zunge ge stürzt hat, vermag ihn in seiner Laufbahn zu hemmen. Vom Gefängniß klimmt er geraden Weges die Stufen des Königs thron hinan, um das vor Kurzem noch als ein höherer Menschenschlag beibrin derte Volk von Aeghpten zu seinen Faßen zu sehen, seiner Befehle harrend. Der Schlüssel zu den Schätzen des großen Landes ist in seine Hände gelegt, er selbst in den Mittelpunkt des ganzen Weltver kehrs gestellt. Außer dem göttergleichen Pharao ist Keiner so allgewaliig wie er, « sein Haus so fürstlich wie kein anderes, sein Weib die Tochter des Hoheupriesters der Sonnenstadt On, des größten Wis senssiirsten der Zeit. Darf Joseph jetzt noch Hebräer sein wollen? Muß er nicht, um echter Weltbürger zu sein, die kleine enge Welt seines Baterhauses mit ihren \n\n T2C Fait ucvftecft auf |etitem todjtlbe ycv= ki naschan m eiohim hiphranni elohim—