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. . . s Sinn neben den alten Sinnen, kein neuer; Verstand neben dem alten Verstand, keine s Seele innerhalb der Seele. Es ist ganz einfach das alte Bewußtsein gegen eine neue Art von Gegenständen gekehrt, nnd » durch die Riickwirknng von diesen Gegen-« ständen bestimmt. Glauben als eine be sondere Anlage des Menschen anzuneh men, oder einen religiösen Justinct einzu schmugaeln, nm dann durch ihn die Reli gion als eine Thatsache zu erklären, würde um nichts besser sein, als die Annahme einer Lebenskraft, um die Thatsache des Lebens begreiflich zu machen. Dies heißt mit Worten, ja mit der Wahrheit Spiel treiben. Solche Ausflüchte mögen in frü heren Zeiten ausgereicht haben; jetzt ist der Kampf Fu weit vorgeschritten, als daß man auf solche Bedingungen hin Frieden schlöst Als ich nn Jahre 1873 einem kurzen Cursns einleitender Vorlesungen iiber Re ligionswissenschaft an der Rai-at ins-titu tjon hielt, versuchte ich die subjektive Seite der Religion, die nmn gewöhnlich Glau ben nennt, in folgender Weise zu defini ren: ,,Religion ist eine geistige Anlage-, welche den Menschen in den Stand setzt, das Unendliche unter den verschiedensten Namen nnd wechselnden Formen zu er fassen, eine Anlage-, die nicht nnr unab hängig von Sinn nnd Verstand ist, son dern ihrer Natur nach, irn schrosssten Gegensatz zn Sinn und Verstand steht. Ohne diese Anlage, ohne dieses Vermö gen, ohne diese Gabe oderdiesen Justinet, wenn wir es so nennen wollen, würde jede Religion, selbst die niedrigste Form des Fetischisinns und des Götzendienste6, unmöglich sein, nnd wenn wir nur Ohren zum Hören haben, so werden wir gar baldin alten Religionen jenen tiefen Grundton der Seele entdecken, der sich in dem Streben, das Unbegreifliche zn begreier und das Unnennbare zu nennen, offenbart, nennen wir nun dieses Stre ben eine Neugierde nach dem Absoluten, eine Sehnsucht nach dein Unendlichen, oder Liebe zu Gott.« Ich citire diese Stelle, nicht weil ich ganz damit zufrieden bin. Selten geschieht es mir, daß ich nach einigen Jahren mit dem, was ich geschrieben habe, noch ganz zufrieden bin. Jch erkenne sehr gern an, daß einige der Einwendungen, welche ge gen mehrere Punkte in meiner Definition erhoben worden sind, ihre Begründung haben. Jch glaube aber dennoch, daß der Kern gesund ist. Jch würde jetzt überhaupt nicht mehr von einer Definition der Religion, selbst in ihrer blos subjeetioen Erscheinung, sprechen. Jch glaube aber, dasz ich das charakteristische Merkmal derselben gege ben habe, das uns in den Stand setzt, zwischen unserem Bewußtsein, wenn es auf religiöse Dinge gerichtet ist, und un serem Bewußtsein von Gegenständen der Sinne oder von Abstraetionen des Ver standes zu unterscheiden. (Fortsetznng folgt., —--——--«-— d (Of (-—————— Verehrliche Nedaetionl Ans Jhre gesallige Ausrung ermachtige ich Sie, mein Antwortschreiben an Herrn Rab biner Spitz in Bette-ff der Proselyien - Frage in der ,,Iewish Aclvemee« zn veröffentlichen. Dasselbe ist ein Privatschreiven und macht keinen Anspruch auf den Werth und den Ernst eines Gutachteiiki, ans Veröffentlichung ein gelegt. Mit meiner Erlaubniß, aber nicht niit meiner Empfehlung mögen Sie demselben in Ihrem geichntzten Blaue einen Raum geben. Achtungsvoll »Ehe Liebman Adler Herrn M. Spitz, Rabbiner der Ernenn El-Gcmcindc in Milwankee! Chiarng 4. Nov. 1877. Geehrter Herr College! Entschuldigen Sie-die verspätete Beant wortung Ihrer geehrten Zuschrift vom 26. v. M. Eine arbeitsvolle Woche legte sich zwischen Ihr und dieses Schreiben. Jch kann mir denken, daß der fragliche Gegenstand, dem ich Jhre verehrte Zu schrift verdanke, Ihnen ein peinlicher sei, wie mir, nachdem Sie mich in die Noth wendigkeit versetzt haben, mich darüber zu unsern. Nur kommt unser Leiden, wie mir scheint, wenn mich ans einer Quelle-, doch aus zwei entgegengesetzten Ansgängen derselben. Bei Ihnen scheint die Geneigt heit vorznwalten, Sich für die Auf nahine des unter» Jorbehalt als Candida ten fiiis Judenthum sich Anuemeldeten zu entscheiden; es wild Jhnen nur schwer-, solches mit den entgegenstehenden 1eligiö sen Bedenken zu vereinigen. Mit erschei nen von vornherein die Bedenken unüber steiglich; nnr thut es mir leid, ein Liebes verhältniß zn trüben nnd Gewissen nnd Liebe der Eltern für deren Kind im Wider sprach zu lassen. Ich darf vorausjetzcm dan Ihnen dte Petrcssendp Stelle in d·tF ylex In Betracht kommt, bekannt ist unoI das; dort die endgültige Entscl)ei-" dung eine für unsere Frage ungünstige ist« Wollten wir uns ober,anch an die verlorene Meinung des RabbiJelJr schnn klannnern, so würden wir schon zuvor an der Klippe scheitern; Und diese Regel ist nicht blos rabbinisch, Inndern auch ganz vernunftgemäß. Kein anständiger, ge schlossener Verein kann sich mit Candida ten wegen deren Aufnahme auf Bedin gungen einlassen. Niemand fände in einem Freimanrer - Orden Aufnahme-. wenn er sich nur unter B c d, i n g un g en dem Orden anschließen wollte, und han delte es sich nur um das SchiIkzchElL Ein gebotener Jsraelit wird als betrachtet und einen Proselyten Iollte man aufnehmen ? Wenn "·-«"-.-.- «- der Meinung ist: so istman sehr im Irr tt)um, wenn man annnnmt, das das die erlcichtcrnde Seite sei. Es fällt ihm nichtJ bei, dem die zu erlassen« Erk meint erschwerend, gleich nach dem Aet; der hat er die9 serantwottuuq eines Jsraeuten zu tragen und Ieme Jgandmnq nen, wie z. B. in Ehe- und verwandt sclzaftxishen Beziehuzigen nnd 1kcht nujhr wIc suchet-, von kemem rclmtojen Be lang. Nach tritt dds erst nach dem erfolgten Act der ein. — Auf dem Boden des Talmuds hat die vorliegende Frage somit keinen Raum. Die Bibel bietet für die Proselyten-Frage nach dem Sinne unserer Zeit gar keinen Anhalt. Somit hat die Frage aufgehört, eine theologische zu sein. Als Rabbiner haben wir darüber keine andere Stimme abwgeben als eine abwehrende. Wäre das Judenthnm mein ausschließ liches Eigentl)11111, ich würde nicht damiti geizen zich wiirdeso weit ach irgendEiuer mit i meinen Opfern gehen, um dem liebendens Paare zu dienen nnd die Bedenken glau- ! benstrener Eltern zn beschwichtigen. Al-i kein das Judenthum ist eine Wenn man eigenmächtig- wenn auch aus den» edelsten Mytivcm darüber yet-fügt, so ist das keine Liberal"ität, son- . dem es gleicht der Gutmüthigkcit des heiligen Crispin. Mir ist die Vernachlässigung des Artes der 11kcht·1uehr als eine mit Bewußt cht des Wedotg verlmcylcjpugte oder eme mit dem Bewußtseins des »’«eil)0t5 genossene Ansta- Jst die Bibel eine Autorität m then Gesetzen so muß sie mir Richtschnm sein in dem Einen wie in dein Andern , ist sie es mir nicht in dem Einen, so ist sie mit es nicht auch in dem iAnderiI. Und wenn Jemand zu mir käme innd sviäcbe: Ich will Ende weiden aber i i s I hcslfe ich nicht, oder detyt Ge nnjz von Austern nnU ich mir nicht versa gen; Ich würde Ihn eben so zurückweier, als wenn er, nne tm vorliegenden Falle nicht gelten lassen will. Können ne glauben, daß das Juden thum was gewinnt, wenn man dessen enge ’ Pforten des Einganges erweitert? Wir leiden schon genug an faulen Gliedern. Der lauwarme Zuwachs-, aus Motiven, die nicht in der Ueberzeugnng liegen, würde uns noch ki«ii11ke1·« machen, als wir ! schon sind Jn nmssenhaftchahl liegt nicht unsere Stärke, . . . —- das s: Ein festgeschlosfener Phalaux von Män-i ueru intensiver Glaubens- und Sitten-i treue, Bildung und Edelmuth, das ist unsere StäiUke Mit Glaiibeiis-Baschij Bosnks, würden wir mik- Unordnung Ini unseic Reihen bringen und eine Judisci plin, von del wir schon mein als qcnugi haben Einst war die vorliegende Frage we-« nigstens im Allgemeinen eine hnnmne Die Vereinigung von Liebenden verschie dener Confefsionen war staatlich nnr durch eine kirchliche Trauung möglich. Vier können aber jai die Liebenden eine (dsivil Ehe eingehen nnd inmitten der Gesell schaft ein ehrbare-s, geachtetes Familien leben führen. Es bleibt da nur noch die Rücksicht auf die Gefühle der frommen, glaubenstreuen Eltern übrig Dis kann aber doch nicht die Wangschale in die Höhe schnellen, in welcher so große religiöse Be denken liegen Tie ginge wiid sich übrigens viel leichter lösen. Wenn Siei nnd ich nnd 20 Andere nicht darnufeingehen werdensich Dutzende finden, denen die Gemeinden Rabbiner kntten angezogen, die fiir ein gut Stück Geld die Sache fertig machen nnd dabei noch gewinnen ach Lhemost libcmianci hjgh111i11de(l(;emlc— men and scholar5. Diese in Eile geschriebenen Worte mö gen als freundschaftliche-r Austausch der Meinungen gelten, keineswegs als ein wissenschaftlich erschöpfende-Z Gutachten, an welchen es Jhnen von mehr competcw ter Seite nicht fehlen wird. Ihr Sie hochschätzender Freund nnd College Liean a n Ad ler. Bndapcst. So tolerant sich au:h unsere Lands-lenke stellen mögen, so guckt Jhnen dennoch zuweilen in abscheulicher Weise der Pferdefuß hervor. Wie bekannt, ist Ministerpräsident von Tisza in De brecin als Abgeordneter durchgefallen. Dieses Ereigniß veranlaßte es, daß sich das Regierungsorgan »Hon« vom 6.An gust, dessen Redakteur Jokai, der bekannte Judenfreund ist, folgendermaßen äußert: »Dort konnte man für den Namen Kos fnch mit dem Hasse gegen die, die Er travillangründe ankaufenden Linden und der Vertheilung des Verbliebenen gemein samen Besitzes sehr gut agitiren.« Be kanntlich schrieb Kossuth an den, von sil discher Abkunft stammenden Jgnatz Helfh zwei Briefe, in welchen er das Treiben der Regierung verdammte nnd friiher, d h am 20. July schrieb der greise Umi grant einen Brief an Ernst Mezei, also auch an einen Juden, in welchem sich der greise Patriot bitter beklagt, daß die Gegner Mezeis. d h. die Regierungs partei sein Jndenthnm Zum Vorwand der Agitation nehmen, um seine Wahl zu ber hindern. Immerhin ist es charakteristisch, daß der greise E tatriotfiir die Juden seiner Partei n :it politischen Mittel n agitirt, die Regier«nngtspartei in Gyoma hingegen gegen Ernst Mezei mit seinem Jndenthnm agitirte, Hiletzt beklagt sich die Regie rungspartei, das; man in Debieezin gegen sie betzen konnte mit den Ertravillangrün: den antanfendenkz nden. Vieles ist fanl im Staate Däneniart, Jstoezy ist in klin ma wieder gewählt worden. Dieser Heiz inacher verbreitete in seinem Blntte »Id vii·nt« die absnrde Nachricht, daß die »Alljan(fe unixcrsel." aus Parls 20,000T Gulden an die Juden in Ungarn schickte, nm Mittel zu haben, gegen ihn zu agiti ren, wahrlich, man weiß sein Geld besser anzuwenden, als gegen diese Person zu agitiren, sollte er im künftigen Reichstage wieder wollen Hetze machen, so wird sich das ungarische Jsrael denken: »Der Hund bellt den Mond an.« Freilich wissen wir es ganz gut, wie wirdaran sind, was wir von unseren Freunden zu halten haben, wir werden auch bestrebt sein, uns vor ihnen zu schützen. Bis jetzt sind folgende Juden in den künftigen ungarischeu Reichs tag gewählt: Mor.Wahr1uaun in Bildn pest-Leopoldftadt, Franz Chorin in Arad, Paul Mandel in Nuirbator, Karl Schwab in Tiirk.-Kanina und Jgnatz Helsh in Debreezisn H. Bezirk. Meinen vor wöehentlichen Bericht erlaube ich mir zu ergänzen, di1«; die Priifungen am 30., :31. Juli und am l. August im Semiuiir statt gefunden habeu, das; am ersten TageMi-— nister Trefort denselben beiwohnte und daß dieselben im Allgemeinen der jungen Anstalt nur zur lifhre gereichen. Am 22. August erschien das l. Programm der An stalt und eine gelehrte Abhandluug von l)r. Lacher-. Als lkuriokum erlaube ich mir mitzutheileu, daß die Altofner israeli tisihe Kiilt11c3-Ge111ei11de ihren Kantor A. S. Wahrmame Sohn des seligen Ober » sttabbiuers Israel Wahrmanu ans Pest, i Onkel des Abgeordneten Wahr1nann, nach I 45jiihriger anf1·eilu-uder Dienstzeit mit einer jährlichen Pension uou 200 fl. ent lassen hat. Lbcrkautor Wahrinann war s. Z. alsZ ein Scheliaih Zibor ersten Rau ; ges im Vaterlande weit und breit berühmt,. Derselbe ist aber auch zufolge seiner Er iziehnug und Charakters eine Zierde des IJudentl)uuis, in dessen Dienste er iu Eh I reu ergraute. Jch enthalte mich, über den I I I I i I l l Gegenstand voreilig mein Urtheil zu fällen, J es wäre daher vom Juteresse, wenn diese 7 Gemeinde ihren Ruf wahren würde, zumal in derselben unser Freund, Se. Ehrwür I deu Herr M. Hirsch, seinen Sitz hat und j sie sich beeilen würde, diesen eutehrenden, « ungerechten Beschluß zurückziniehmen und dem Manne, der ihr in Leid und Freud « ehrlich und treu gedient hat, denwohlver ; dienten Ruhegehalt zu bewilliaeu. s lDie Neuzeitji l l i Das deutsche Theater. I Das kunstsinnige Publikum Chicago’s wird sich freuen zu erfahren, daß die Wurster’sche Gesellschaft jetzt vollzählig ist und am nächsten Sonntag die Saison im Neu-Chicago-Theatcr mit ShakespeareB berühmtem Lustspiele: Die gezähmte Wi derspänstige ("l’amjng of the sitt-Hv) er öffnen wird. Es werden dann allabendlich deutsche Vorstellungen stattfinden, nnd zwar von einer Theater-Gesellschaft, wie an Leistungsfähigkeit nnd Stärke bisher keine im Westen existirt hat und die jeden falls der New-Yorker gleichkommt, wenn sie dieselbe nicht übertrifft. Wir haben, sum dies zu beweisen, nnr nöthig- einige iwenige Namen ans dein Personal des I Herrn Wnrster zu nennen, dem das Ver sdienst gebührt in Chieago ein d en t s ch es T h e a t e r geschaffen in hoben, Namen wie H e d w i g H e s s e , (erste Liebhaberin nnd Salondmne), Fräulein ’J an tz e n, direct vom isarl : Schultze Theater in Hamburg, die erste Sonbrette » Fel. A l w i ne II) e i) n o l d (,,der lustige « und gemüthliche Ke·r1,« wie die N.-Y. Wespen sie nannten J, die Dei-ten H n er tin g , Nu ne n e Je. Chicago hat Be strebungen auf dem Gebiete der Kunst immer anerkannt; auch dem Direktor Wurster wird die wohlverdiente Anerken nung nicht ausbleiben. \n\n THE Jewish Advance: A Weekly Journal Devoted to Social Interests and Progressive Judaism The best medium for Advertisements which are intended to reach the better classevS of Society. Office, 84 and 86 Fifth Ave., CHICAGO. - ILL.