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10 (Schlnß) Aber trotzdem hatten Terry Coulds klare große Augen das blitzschnelle Zupacken der Anne gesehen, und gleichzeitig waren seine harten Brau nen Arme zu den Revolvertaschen ge fabreit. Und er war schneller gewe sen. Bill Botton stürzte. Er stürzte Wie ein schwerer klobiger Baum. Im Fallen noch, im Sterben, schissen seilte beiden Hände, bis die trommeln leer waren. Dann erst entfielen ihm die Revolver. Und dann erst Verkrampfte sich sein erstauntes Gesicht. Sein Kör per streckte sich. Aber so wie Constance Fallot hatte auch er feinen Schrei ausgestoßen, nichts. Myrna Bent, die während dieser Borgänge neben der großen Kiste an der Wand gestanden hatte, löste mit Mühe ihre Augen von dein Toten. Sie konnte es immer noch nicht glau ben, daß sie gerettet ivar, gerettet vor diesem Ungeheuer. Sie sah mit ei nem beinahe ungläubigen Blick zu Terry Could. Er lehnte noch immer am Türpfosten, zerrissen, schmutzig, mit wirren Haaren, und nun sah sie, daß sich sein verkohltes Hemd röter «nd röter färbte. kam sie zu sich. „Sie sind ge troffen", schrie sie leise auf. Sie mott le zu ihm, aber er machte eine ab wehrende Hattdbetvegung. „Ach, nichts", sagte er trocken, aber müde, „er hat nur das Hemd er wischt. Aber kommen Sie. Wir ha ben jetzt höchste Zeit. Der Weld brennt." „Der Wald!" Sie hatte das Feuer seit ein paar Minuten total verges sen. Sie sah Terry Could angstvoll ait. „Wir wir werben nicht mehr hinauskommen?" „Wenn wir uns beeilen, kann es glücken. Aber kommen Sie. Rasch." Cr ließ ihr keine Zeit mehr zu wei teren Fragen. Cr packte sie beim Arm iiitd zog sie kurzerhand aus der Hütte. Während er ihr draußen auf den Gaul half, warf er einen Blick zum Himmel. Es war heller Morgen. Er biß sich ans die Lip^n. Dann schwang er sich anf sein Pferd, und schweigend ritten sie davon. Keiner warf einen Blick zurück. 20. Blindlings folgte Mnrna Bent. Als sie eine halbe Stunde geritten Itktmt, begann sie das Feuer zu mer ken. Der Wind trieb die Hitze heran. Der Morgen war inzwischen längst herausgekommen, und man sah über den Wipfeln der-Bänine riesige Rauch fchmabnt dahin jagen. Terry Could hatte sein Pferd zu äußerster Schnel ligkeit angetrieben. Mit lang gestreck ten! .Körper jagte es anf der Straße dahin, die zum Humboldt River führ te, uiti) Myrna Bent folgte. Von Zeit zu Zeit wandte der Mann vor ihr feine kraftvolle Gestalt, die eins mit dem Pferd zn sein schien, lim nach ihr zn sehen, lind jedesmal lächelte er ihr ermunternd zu. Dieses ermunternde Lächeln hatte sie sehr nötig. 3mfietzt machten sich allmählich die Aufregungen der letz ten Tage und Stunden bemerkbar. Langsam begann Myrna Bent zn er matten. Die Hitze, der Rauch und Oiiatm, der näher und näher kam und Dh!« dichter und dichter wurde, die Fun ken, die von Zeit zu Zeit aus den Rauchschwaden in der Luft über sie herfielen, wurden immer unerträgli cher. Sie mußte alle Kraft zusammen* nehmen, um sich auf dein Pferd zu halten. Terry Conld merkte es sehr gut. Aber er verringerte nicht die Ge schwindigkeit. Er wußte, es ging auf Tod und Leben. Eine kleine Weile noch, und sie lvaren vom Feuer ein geschlossen. Wenn es ihnen nicht ge lang, alls dein Wald hinauszustoßen auf die freie Strecke, ehe das Feuer an der Straße angelangt war, waren sie verloren. Aber er rief ihr nun von Zeit zn Zeit ermunternde Worte zu. „Wir sind bald draußen", schrie er, „passen Sie nur auf. Nur noch eilt paar Minuten, (sie werden stau nen, wie rasch wir am Humboldt River sind." Aber die Minilten dehnten sich im mer veiter, und Myrna lächelte zu den Worten von Terry Could, denn sie kannte sich genau aus, und sie wußte gut, wie weit es noch war. Aber trotzdem taten ihr diese Worte gut. Sie war so gar nicht gewöhnt, daß jemand freundliche Worte zu ihr sprach. Freundliche Worte ohne Hin tergedanken. Und sie gab sich immer wieder einen Ruck. Fester mit) fester biß sie die Zähne aufeinander. Aber dann schien es doch, als wolle der Tod kommen und sie im letzten Augenblick noch mitnehmen. Das Feuer hatte die Straße, die zum Hum boldt River führte, erreicht. Zur tin ken Seite brannten die Bäume wie ächzende Fackeln. Tie Rauchschwaden verdunkelten den Himmel, und Myr na glaubte zu ersticken. Ein paar Augenblicke lang ein Anhalten des jagenden, rasenden Fellers. Dann ein neuer Windstoß, u»»d die Wipfel der Bäume all der rechten Straßenseite hatten die Funken aufgenommen. Wie irrsinnig, mit entsetztem Wie hern jagten die beiden Pferde iit der unerträglichen Hitze dahin. Grell loderte das Feller in die Au gen, aber trotz dieser blendenden Helle tvar der Weg keine fünf Meter weit vor Rauchschwaden" zu sehen. Terry Could schien jedoch diesen krumme» Weg durch den Wald im Schlas zu kennen. Er jagte dahin mit seinem müden Pferd, ohne zn zögern, ohne zn suchen, ohne zu überlegen. Und halb erstickt folgte Myrna Bent. Krampfhaft hielt sie sich mit ihrer letzten Kraft am Zügel ihres Pferdes fest. Sie wurde geschüttelt, ihre Zilnge war geschwollen, und jede Faser ihres Körpers tat unendlich weh. Sie konnte nicht mehr. Sie wollte schreien, aber dann dachte sie daran, daß jede Sekunde kostbar war. Si: war so kostbar, daß Terry Could bereits seit einiger Zeit aufgegeben hatte, sich nach ihr umzusehen. Sie schrie nicht. Deiln was würde es nützen, wenn sie schrie, tuemt sich Terry Could nach ihr umwenden wür de. Er würde, wenn er ihr helfen wollte, kostbare Minuten verliereil und könnte ihr in Wirklichkeit doch gar nicht helfen. Nein, sie wollte still sein. Aber langsam, ganz langsam wollte sie vom Pferde gleiten. So, daß er da Vorne gar nichts merkte. Sie wollte die Füße aus den Bügeln nehmen und die Zügel loslassen, daß das treue brave Pferd immer weiter hinter Terry Could herjagen kennte. Er würde gar nichts merken. Und vielleicht hatte er Glück. Vielleicht konnte er sich mit seiner größeren Kraft, mit seiner zäheren Ansdmler noch retten. Oh, gebe Gott, daß er sich retten konnte. Langsam zog sie die Füße aus den Steigbügeln. Die Schwärze vor de» Augen wurde dichter und bedrücken der. Das war nicht mehr allein der Qnalnt und Rauch. Mit ihrer letzten Kraft jedoch preßte sie ihren Mnnd zusammen, daß ihm kein Lant ent schlüpfte. Dann glitt sie langsam zu Boden. Terry Could hatte sich nun bereits seit einer guten halben Stunde nicht mehr um gesehen. Er hatte keine Zeit mehr dazn. Aber in derselben Se kunde, als« Myrna Bent den Boden berührte, erkannte er an dein Lallt der auf den Boden aufprallenden Hit fc des hinter ihm hergaloppierenden Pferdes, daß es reiterlos war. Er Parierte seinen Ganl, daß er kerzen gerade ill die Höhe stieg. Als er ihn umwenden wollte, bockte er. An ihm vorbei jagte Myrnas reiterloses Pferd in die schwarzen, von lodernden Fun ken wimmelnden Ranchfchwaden. Aber mit eisernen Fänsten riß er feinen Remter zurück. Er stieg ab und hob die bewußtlose Myrna auf. Er fetzte sie vor sich auf sein müdeS, beinahe toll gewordenes Pferd, und mit ei fern entschlossenem Gesicht trieb er den Gaul weiter durch den brennenden Wald. 21. Als Myrna Bent zu sich kam und wieder mit klaren, begreifenden Au gen um sich sah, befand sie sich in ei nem ihr vollkommen fremden Zim mer. Sie lag in einem breiten loci che» Bett. Dieses breite weiche Bett tvar das erste, was sie mit vollem Be wußtsein in sich aufnahm. Dann glit ten ihre erstaunte« Auge» über eine aus schilfere» Bohlen gefügte Zimmer-1 decke, wanderten weiter zu einem Fen ster mit roten Vorhängen, zn einem Tisch, auf dem Herbstblnnien standen, einem geschnitzten Schrank und einem Stuhl il« der Ecke. Auf diesem Stuhl saß ein Mensch. Zuerst dachte Myrna, dort säße nur eine Puppe. Aber bei näherem Zu sehen gewahrte sie, daß dieses regungs lose Wesen doch ein Mensch war. Und zwar eine Fran, eine Negerin. Sie setzte sich erstaunt in ihrem Bett hoch, denn diese Negerin kannte sie doch. Das war doch die Köchin der Penmoores. Wo war sie? Im selben Augenblick aber, als sie sich auffegte, kam Leben in die re gungslos dahockende schwarze Wärte rin. Sie sprang von ihrem Stuhl auf und eilte auf Myrna zu. „Oh, bleiben liegen", sagte sie und Her suchte Myrna mit leiser Gewalt wieder in die Kissen zurückzudrücken. „Sein sehr krank." „Aber ich bin gar nicht mehr krank. Ich fühle mich schrecklich wohl!" rief Myrna. Das tvar jedoch nicht ganz wahr. Sie merkte plötzlich, daß sie doch krank gewesen sein mußte, demt mit einem Male wurde es ihr schwind lig vor den Augen. Aber sie kämpfte energisch diesen Schwächeanfall nieder. „Ich will heraus", wiederholte sie lau ter. „Siehst du denn nicht, daß ich jetzt wieder gesund bin. Ich will hier heraus. Ich muß doch einmal sehen, «ittwsch, W« 13. Febraar f04t wo ich mich überhaupt befinde. Was hier überhaupt los ist. Nimm sofort die Hände weg." Die Negerfrau tvar eine Sekunde lang entsetzt. Dann huschte aber ein erlösender Gedanke über ihr dunkle? Gesicht. Sie ließ-Myrna los, roimte znr Tür hinaus auf den Ganguyd fing ihrerseits an zu schreien. „Hilfe, Hilfe", schrie sie, so daß Myrna sich resigniert wieder in die Kissen zurücksinken ließ. Die Schwat ze schien verrückt zu sein. "Im -nächsten Augenblick hörte sie draußen in der Ferne das Schlagen einer Tür. Es kamen energische lange Schritte den Gang heraufgeeilt, Spo ren klirrten, und dann sagte eine läs sige Stimme draußen vor ihrem Zmi met: „Bist du übergeschnappt? Was schreist du hier wie ein Geier am hell lichten Nachmittag." „Sie will davonlaufen", jammerte die Schwarze. Da wurde die angelehnte Tür auf gerissen, und im Rahmen derselben erschien schlank und mit fröhlichem Gesicht Terry Could. „Ah", sagte er und nahm seinen Sombrero ab, „entschuldigen Sie, daß ich hier hereinkomme. Wollen Sie tat sächlich davonlaufen? Nicht, das ist nicht wahr, was? Betty ist nur ver rückt geworden. Aber es scheint Ih nen jetzt besser zu gehen. Sie sehen ja ordentlich vernünftig aus. Brau chen Sie was?" Mynm bekam einen roten Kopf und versuchte, das hochgeschlossene Nachtkleid, das sie anhatte, noch höher heraufzuziehen. „Ich denke, ich habe immer schon vernünftig ausgesehen", erwiderte sie. Dann besann sie sich etwas und fuhr fort: „Aber kommen Sie nur mal herein. Sie können mir sicher Auskunft geben. W-» bin ich, und was mit mir los ist." Terry Conld kam der Aufforderung sofort nach. Er trat ins Zimmer und machte die Tür hinter sich zu, gerade vor der Nase der schwarzen Betty, M« draußen auf dem Flur stehenblieb. Während er sich auf den Tisch ne ben Myrnas Bett setzte, sagte er lang fallt: „Sie waren krank. So ein we in Nerüettficber, sagte der Doktor. Sie wußten nicht recht, wo Sie waren. Aber jetzt scheint das Schlimmste vor bei zn seilt." „So, ich war krank. Und wo bitt ich jetzt?" „Sie sind auf Nevadas größter Farm. Sie sind bei dent alten Bel litt." Mit einem Schlag standen vor Myrnas Augen wieder die schrecklichen Tage und Wochen, die sie durchlebt hatte. Sie schwieg ein paar Sekun den. Aber dann setzte sie sich in ihrem Bett auf. „Auf Belli,ls Ranch, so?", erwider te sie leise. „Und wo ist mein Bater? Bill Botton sagte, er wäre tot. Ist das ich habe nicht gewagt, als wir durch das Feuer ritten, Sie darnach zu fragen." „Ach wo. Ihr Vater ist ganz ver gniigt. Augenblicklich ist er draußen bei Bellins Herden. Er wird sich heu te Abend freuen, daß es Ihnen besser geht." Myrna schloß die Augen, da sich das Zi iit mer wieder zu drehen begann. Dann sagte sie ein wenig stockend: „Ich habe Ihnen sehr viel zu Sän ken. Sie haben meinen Vater geret tet und mich. Sie haben unendlich—" „Blödsinn", fiel er ihr ins Wort. \n\n Der Mord von Mortonhill