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(4. Fortsetzung) Er führte sie an einen Eckschrank «nd schloß ihn auf. Erika schlug die Hände zusammen. „Ottfei! Da hast du ja eilte ganze Spezialitätentrafik! Nein, so was! Diese Stöße von Zigarrenkistchen und Zigaretten... .nein, diese Menge!" Er freute sich an ihrem Enthusias mus. „Weißt du, wie das kam? Ich hatte eilte Exportfirma, die mich be diente. Zweimal im Jahre kam die Sendung. Ich habe es nie eigens bestellen brauchen. Sie wußten schon, was ich brauche. Nun, und seit Iah rett habe ich sie eben dann liier au ige« hoben, weil mir der Doktor gesagt hat, Nikotin sei Gift für tu id), Aber dein Großvater hat recht: wer lang raucht, lebt lang! Und de» Doktor full der „Psst", machte Erika. Und schon nahm der Onkel eine Schachtel Zi garetten heraus, die feinsten, ging zu rück zu seinem l'elmstuM, öffnete die Schachtel, reichte sie Erika hin und bot ihr dann ettvas eilig seine Hand zitterte dabei Feuer. Dann setzte er sich selbst eine in Brand. Die blatten Ringe des Rauches zo gen langsam gegen die Decke. Erika schwieg. Sie sah. wie er tief atmete und dem Rattch nachsah, den er langsam und feierlich von sich blies. Sie hatten zu Ende geraucht. Da fiel Erika etwas ein. „Onkel", sagte sie, „ich tttttß den ken, tvas hätten die armen Soldaten im Feld für eine Freude mit nur ein paar von diesen vielen Kistchen." Er warf augenblicklich den Rest der Zigarette in die Schale und sah sie scharf an. „Die armen Soldaten? Das soll wohl heißen, die armen Offiziere? Das sott wohl heißet», der arme Ober leutnant oder Rittmeister... .dein Liebhaber, dein du meine Zigar tett...." Sie stand auf. Gattz grad stand sie vor ihm, die Augenbrauen unwillig zitsmirnteitgezo gen. „Onkel! Ich habe keilten Liebha ber! Und weint ich einen Bräutigam hätte, so würde ich es dir gesagt ha bett. Ich lasse mich nicht beleidigen, auch voit dir nicht. Du erlaubst, daß ich mich zurückziehe! Gute Nacht." Er fuhr auf. Seine Lippen beweg tett sich lautlos. Sie war schon drau ßen. Da war zum erstenmal in feinem Leben LaioS Keretß, der Egoist, der sonst immer mit sich zufrieden war, wütend attf sich selbst. Warum hatte er das getan? Er wußte es wohl. Etwas quälte ihn seit Tagen....das war plötzlich gekommen, plötzlich... .mitten in der Nacht.... der Gedanke, sie ist jung, sie ist schön, es wird einer kommen, der nimmt sie dir weg. Vielleicht war er jetzt draußen im Feld, denn sie sprach doch so viel von denett, die draußen waren... .wenn er Glück hatte, würde der Kerl wohl .... fallen, aber was machte das aus? Sie würde einfach ein mal heiraten wolleit, fort wollen von ihm. Er läutete Sturm. Friedrich kam. Er wurde blaß vor Schrecken. Eine Erzählung ««S der »ngarische« Steppe Er schnupperte mit der Nase und sah angstvoll auf seinen Herrn. Wahr •jcheinltch würde ihn jetzt der Schlag treffen. „Kerl, elender!" fuhr ihn Lajos att, „schau nicht so blöd drein! Geh hinauf zu meiner Nichte... .sie wird in ihrem Zimmer sein ich lasse sie bitten herunterzukommen." Friedrich verschwand eiligst. Nach einer Weile kam er zurück. „Das gnädige Fräulein läßt sich entschuldigen, sie ist nicht wohl." Da saß Lajos Keretß wieder ein mal allein, wie früher, beim Sottper. Er stocherte mit der Gabel in den Speisen und sie wurden wieder ab serviert. Er hatte fast nichts gegessen. Am andern Tage sagte er zu Eri ka: „KOMM, wir wollen die Besten anssttchen und ein Liebes Paket machen für das Regiment deines Papas. Ich werde mich erkundigen, Wo es steht." Da war Erika wieder versöhnt und hatte bald den Vorfall vergessen. Mädi! Meine kleine, süße Braut! Wir sind gefahren gefahren... gefahren Ich war im Wagen mit noch einem, der unter mir lag und einen Bauch schuß hatte. Er wimmerte leise fort, mit dem monotonen Geräusch, im Tafte der rollenden Räder. Ich hörte es stundenlang, stunden lang. Wie es sich in mein Hirn hinein* bohrte.. Kein Mensch kann sich eine Vor stettung machen von diesen drehenden Schrauben, die in das Gehirn, das man bloß liegen fühlt ich habe einen Kopfschuß bekommen sich hineinwinden. Jedes Geräusch ist eine solche Schraube, das leiseste, und die Mono tonte macht einen rasend. Mich machte das Wimmern des Ka meraden rasend. Ich bat ihn, ich sprach, versprach Kognak, Zigaretten, lauter Dinge, die ich gar nicht hatte einen ganzen Deli katessenladen habe ich versprochen, daß einem das Wasser im Mitttd zusam menlaufen konnte, beim bloßen Ge danken daralt. Er wimmerte fort, wimmerte fort. Ich schimpfte, fluchte, tobte, er wimmerte fort. Ich schrie, et horte es gar nicht. Durst quälte mich. Ich riß an der Glocke. Ein Sanitäter kam. „Wasser!" brüllte ich. „Und fort! Hinaus! Hinaus!" Er drückte mich zurück und gab mir lauwarmen Tee. Auf einmal hielt der Zug. Ich fühlte nur noch den Ruck und in das leise monotone Wimmern helle Geräusche eindringen und mein Hirn schien auseinander zu reißen, in Fetzen schien mir. Rufe, Signale, Stimmen. Dann wußte ich nichts mehr. Ich ertuachte im Spital... .wo? „Wien!" sagte einer neben mir. Wußte ich, was Wien war? Es hätte jedes andere Wort auch sein können. Ich fühlte einen Globus auf meinen Schultern. Meine zuckenden Hände tasteten.nach ihm. Man riß sie mir herunter. „Nicht rührenl Der verband muß fest bleiben!" Jetzt wußte ich es, der Globus war mein Kopf und ich war ope riert. Sie hatten in meinem Hirn nach Schraptiellstt'tckchen gefischt. Vielleicht hatten sie es gefunden, vielleicht auch nicht. Ich lag in einer Dämmerung, in der alles verschwamm: Sein.... Leben... .Wissen... .Schlafen. Zuweilen fuhr ich auf, denn. ich fühlte nicht Blut, sondern Feuer in meinen Adern. Ich schrie in solchen Stunden die Schwester an, daß sie mir meine und deine Puppe bringen solle, aber sie sahen sich nur an, der Arzt und die Schioester und zuckten bedauernd die Achseln. Ich glaube, daß sie gedacht haben: armer Verrückter! Dann bin ich wieder zu klarem Denken gekommen. In der grauen Eintönigkeit dieser Spitalstage warst du mein Trost. Du warst meine Hoff innig. Du warst meine Rettung, denn die Gedanken, die in dem halb zer schmetterten Schädel wieder normale Bahnen gingen, hatten ihren Angel punkt. Schrecklich, wenn es nicht gewesen wäre, wenn ich niemand gehabt hätte, tun den die aus Fiebergluten Genese tteit ihre Bahn hätten ziehen können. Es sind so schreckliche Dinge im Zug. Man wagt es gar nicht auszu denken. Wir Kameraden sehen aneinander vorbei, denn keiner will im Blick des andern die Bestätigung lesen: Meu tere Es ist das Gespenst im Heer. zieht vom Hinterland an die Front....wie ein großes Schemen... schleppende Falten. .wilde Gebär den... .zieht wie Nebel, ungreifbar ....und doch nicht unwirklich. ES spricht keiner mehr vom....Sieg. Wer noch weiß, daß sein Regiment nicht verseucht ist, stemmt sich mit Ge walt: unmöglich das! Aber so, im Spital, man hört es auf den Gängen flüstern, matt sieht es durch die Zimmer und Säle schlei chen, man liest es im Blick, derer, die mit Gaben kommen: wir wollen nicht mehr! Wir können nicht mehr! Gift ist das, Gift! Dringt in die Kranken, die gesund werden sollen, die es dann mit sich forttragen, hin aus in die Schützengräben: wir kön neu nicht mehr! Wir wollen nicht mehr! Schrecklich, wenn man niemanden hat, ztl dertt man flüchten kann, an den nunt» schreiben kann, Seiten lang ....Bogen voll.... Man kann es dann auf Stinnett vergessen. So warst du mir mehr als ich sa gen kann, in diesen Wochen, Mädi denn ich glaube an unsere Zukunft, in der wir überwinden werden, was vielleicht kommen wird....über die tapfere Armee, über den Kaiser... über unser Oesterreich. Gott schütze es! Bete, Mädi... .bete! Dein Zsiga. Bela war in Pest. Vierzehn Tage Heimaturlaub. Er schlenderte die Straßen hinun ter. Die Geschichte mit Zsiga ging ihm nicht aus dem Kopf. Er hat ein wenig auf eigene Faust sondiert. Hat das gern, der Bela, der so ein wenig Privatdetektiv spie len will. Seine Mama, die alte, liebe B« ronin Gerdöny hat nicht umsonst ge sagt: du mußt deinem Freund hel fen! Er lachte vor sich hin. Was es doch für eilte Sache war! Das geheiirnti*^ volle Kind... .oder die Braut mit der Puppe. Aber dann ward er wieder ernst. Armer Zsiga! Wenn es ihm nut gelingt und ob er schon wieder am Damm ist? Das war ja keine Kleinig keit gewesen.... ein Loch in der Schä deldecke, wie eine Nuß. Da fällt ihm eilt: ich fahre nach Wien, ich such ihn ans! Dann war Bela in Berlin. Frühling mit allem Veilchenduft um das graue Haus, das Spital. Er siegt sogar über die Wolke von Chloroform, die so peinlich und schmerzhaft wirkt, Erinnerungen weckt und peinliche Vorstellungen. Sie sitzen in einem Vorgarten auf Bänken, die Verwundeten, freuen sich an Veilchen. Halten sie andächtig in Händen, legen sie iit Taschenbücher und Briefblätter: Veilchen! Abseits zwischen grünenden Sträu chertt sitzt Zsiga. Er hat den Kopf tief gesenkt, den Stock zwischen den Knien, zeichnet Figuren im Sand. „Zsiga!" Da fährt die Stockspitze mit lanchen Strichen tut Sand hin und her und hat die Figur ausgelöscht. „Bela?" „Grüß dich, Alter! Mie gehts? Hast du noch immer Brummschädel was?" Zsiga lächelt, dankbar und glücklich, faßt feine Hände, zieht ihn neben sich, auf die Bank. „Kommst du zu mir, Bela?" „Hab ein paar Tage Urlaub. war in Pest, zu Hause. Mama war glücklich... .denk ich mir, fahrst du zum Zsiga, schauen, was er macht." „....dos Regiment, Bela?" Angst in der Frage. „Hat sich nichts geändert bei uns", sagt Bela langsam. „Kannst du glau ben, Zsiga, Zweierhusaren, no, kann mau das anders erwarten?" Da lächelte Zsiga, glücklich. „Ich bin schon wieder hergestellt. Nächste Woche bin ich entlassen. Ich fahr mit dir zurück zum Regiment." „Gut", sagte Bela, „wenn du schon darfst." Und dann rückte er heraus: „Hab mich in Pest ein bißt erkundigt nach deiner Sach, Zsiga. Dein Onkel in Belat Keretß lebt noch, soll ihm besser gehen. Soll er junge Dame haben, die ihn pflegt na Alter, Hütt ich dir gewünscht, nach dem Krieg Majo ratsherr zu werden!" „Lassen wir ihn leben", lächelte Zsiga. „Zsiga! Ich war in der alten Woh nung Eckbrechts. Waren wir nicht da mals so oft bei ihm und so fidel, wie noch seilte junge, hübsche Frau gelebt hat. Er ist gefallen." „Ich weiß", nickte Zsiga. „Nim Hab ich mir gedacht, find ich vielleicht Schwester oder Verwandte. Nichts... fremde Leute haben mir aufgemacht. Dann war ich beim Do boskoy, hat eilte Abteilung Reservi sten zur Abrichtung, der Alte. Hab ich auch so ein bißl rumgefragt, über die Jagd damals, Hab ich aber nur erfahren, was er alles geschossen hat, unglaublich viel, weun's wahr ist. Ich denke am besten ist es, Zsiga, du fahrst selber nach Belat Keretß, auf ein oder zwei Tage, bot du wieder \n\n Oßi« ÜBeifrefrtttflb Mittw»ch, de« April 1941