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aus mir folgendes Lebensbild zusam mengestellt. Rüdeger huldigte noch damaliger Sitte dem Minnedienste im edelsten Sinne des Wortes und strebte nach der Huld einer hohen Da me, welcher er Herz und Lied weihen wollte. Sie wollte aber seine Liebe prüfen und hielt ihn hin und der arme Sänger quälte sich in Liebe und Leid: denn war ihr „Wein" auch her be, so wog doch ihre Herzensgüte vor, und der gefangene Vogel flatterte und konnte sich von der Leimrute nicht mehr losmachen. In Liedern goß er seine sühnende Reue, sein Hoffen und Sorgen aus, daß sie uns noch tief er greifen. Sein liebend Herz mochte lange in bangender Qnal gelitten ha ben, als ihm endlich die Dame die Aufgabe stellte, einen Kreuzzug aus Liebe zu ihr mitzumachen. Dann wolle sie ihm Gegenliebe schenken. Rüdeger nahm das Kreuz und fuhr nach dein Orient. Er mochte sich dem Äuge Friedrich des Zweiten ange schlossen haben. Als er nach gelöstem Gelübde zurückkam, scheint seine Sehnsucht gestillt worden zu sein und er Gegenliebe und häusliches Glück gefnnden zu haben." „Das hat er redlich verdient", füg it Edmund bei. „Ein solcher Ausgang gefällt mir besser, als das Los eines Romeo. Treuer Liebe gebührt ihr Lohn." „Mnd hätte es nicht so geendet", bemerkte Lothar, „wäre ihm auch recht geschehen. Warum war der Narr in die eine verrannt an Weibern und Vögeln ist nirgends ein Mangel." Isabella saß schweigend. Hatte sie anfangs aufmerksam zugehört, so wurde sie bald ernst, ja traurig und ihre Seele schien in weiter Ferne verloren zu sein. „Nun, was sagen Sie, Fräulein Lucia, dazu?" sprach Lothar. „War meine Bemerkung nicht richtig?" „Herr Lothar ist witzig wie im mer", enviderte sie, „und nimmt die Welt wie immer", indem sie ihm einen vielsagenden Blick zuwarf. Bald bewegte sich der Zug weiter. Trotz Johanna's Bemühen hing Jsa bella ihren Gedanken nach. Edmund' und Dr. Schall unterhielten sich von unserm Dichter, während Lothar im heitern Gespräch mit Lucia verkehrte. Zwischen Rebgeländen und Maisfel dern, oder efeuübersponnenen Mau ern, an denen ganze Scharen grüner Eidechsen sich sonnten, führte der Weg gegen Osten. Vor unsern Wanderern stand der gesegnete Freiberg mit sei nen bewaldeten Porphyrterrassen, alls denen schattige Schluchten und Buch ten wechseln mit kühnen Felsenvor sprüngen, welche in vollster südlicher Beleuchtung strahlten. Und droben auf dein Berggrate, wie auf tief blauem Grunde hingemalt, ragte die alte Kapelle St. Kathrein in der Schart. „Immer, wie beim ersten Anblicke, entzückt dieser Freiberg meine Au gen", begann Edmund zu Dr. Schall. „Er hat mir etwas angetan und zieht mich geheimnisvoll durw seine schö nen Formen, durch sein lachend Grün und durch die unübertreffliche Berg kapelle an." ,,Das freut mich", entgegnete Dr. Schall, „tvenn Ihnen ein Teil mei ner Heimat gefällt und Freude macht." „Ja, Freude", fuhr Edmund fort. «Man sollte diese wunderbare Hügel Welt Frendenberg nennen, wie man jüngst das Schloß Löwenberg in Le- Dr. Schall war von diesen Aeliße rungen sichtlich überrascht. Er hatte einige Jahre in Wien studiert, und das große, reiche, geräuschvolle Leben der Kaiserstadt hatte auf ihn einen überwältigenden Eindruck geübt. Ihm kaill das kleine Merctn wie eine Totenstadt vor., kein Verkehr, kein Theater er sehnte sich oft alls dem Paradiesischelt Tale sort noch einer große» Stadt mit bewegterem Leben. Cr würde Edmund seine eiltgegenge setzteil Ansichten eröffnet haben, we»n nicht unsere Gesellschaft so eben zum Runste des Maisbaches gekommen wäre. „Hier", rief Dr. Schall mit lauter Stimme, „hier ist eine der schönsten Aussichten ins Tal hinunter bis zur Stelle, wo die alte Burg Hocheppüit das Panorama abschließt. Ich empfehle deshalb bcit Herrschaften ein kurzes Halt." Auf dem Dam me, der den verheerenden Maisbach hindert, in die Weingelände einzll brechen, weilte die Gesellschaft und blickte in das fruchtbare Tal nieder, welches das (Eilberband der Etsch durchzieht, oder bewunderte die rei zende Hügelwelt von Tisens und Völlan. „Es ist ein wahres Para dies", rief entzückt Edmund aus, „ja, ich möchte hier drei Hütten bauen." „Das wäre eben für sechs recht", bemerkte spöttisch Lothar, „doch mir wäre es darin zu enge und zu long weilig." „Da sieht man, daß Sie nicht lie ben oder den Spruch nicht kennen: Ein Hüttchen bietet den Liebenden Raum genug", erwiderte Dr. Schall. Isabella schien von dein Gespräche nichts zu hören, teilnahmslos schaute sie mit ihren großen, blauen Augen in die herrliche Landschaft, kein Lä cheln, kein Zeichen des Beifalls zeigte sich auf dein blasseil, kalten, engelschö nen Gesichte, das die dichten, lichtblon den Zöpfe wie ein Heiligenschein um wölbten. Johanna schwelgte im Au- Ohio Wa»seNfre»«b benberg umgetauft hat, weil sich dort blicke des Heimattales. Ihr feiner so gut leben läßt. Was unsern Berg Geist, ihr kindliches, für Naturschön betrifft, so ist mir es damit ergangen, heiten empfängliches Gmiit fand und wie manchem Jungen, mit seinem Mädchen. Er sah die Holde zum er stenmal mir flüchtigen Blickes und vor stiller Wonne ihre Augen von war von unüberwindlicher Liebe be- einen? Punkte zu Mandern, oder weil siegt. Ihr liebes Bild schwebt ihm bei Tag und Nacht vor." „Ein poetisches Bild", erwiderte lächelnd Dr. Schall, „so recht aus dem Leben gegriffen." „Das wüßte ich nicht, wenigstens nicht ans dem meinen", sprach Ed round. „Ich habe bisher m* der schö nen, an der göttlichen Natur mehr Behagen und Freude gefunden, als an den Menschen. Ein schlankgebauter Baum mit ebenmäßigen Aesten, eine schöne Bltlme, ein Waldhügel mit ra gender Ruine entzückten mich mehr als die reizendste Dame. Tie Natur gibt sich wie sie ist. Sie blickt mit of fenen, blauen KindSaugen dich an voll Sabbatsruhe sie scheint deine Freude, dein fit Schmerz zu teilen, sie spendet Trost und Freude aber die Menschen sind ein falsches, leiden schaftsvolles Geschlecht hinter strah lender Schönheit und zärtlichen Rosen lauert Gift und Verrat. Ich wünsch te oft, mich alts der Welt zurückzie hen und auf einsamem Berghose als Bauer, oder in einem stillen Tälchen als Waldbruder Hausen zu können. Rlihe und Frieden müßte man in sol chen Verhältnisse» finden, und in mi= gestörtem, innigem Verkehr mit der großen, freien Nahte müßte man selbst groß und frei werden, physisch und sittlich erstarken." fühlte jeden Reiz der Landschaft und sog ihn gierig ein. Feuriger blitzten ten freudestrahlend an einer besonders lieben Stelle. „Aber Fräulein Johanna", sprach sie Edmund an, „keine Silbe stiegt von Ihren Lippen. Was denken Sie von Ihrem Heimatlande und dieser Aussicht?" „Ich?" erwiderte wie aus einem Traume auffahrend die Angesproche ne, „ich kann es nicht sagen. Da müßte man ein Dichter sein, um das zu schildern, was so anmutig, so schön und reizend vor uns liegt. Und doch mich zieht noch mehr die stille, abge^ schlössen? Talbucht an, die wir jetzt gleichbetreten werden. Hier ist es zu loeit, man kann nicht alles fassen und ermessen, dort ist ein kleines, ganzes, abgerundetes Bild, über das der Himmel deu heiligsten Frieden streut." Bei diesen Worten setzte sich der Zug in Bewegung und überschritt deu bei nahe versiegten Bergbach. Am jen seitigen Ufer ging es unter riesigen Nußbäumen abwärts in das Tälchen von St. Valentin. Edmund ritt an Johanna's Seite. „Sehen Sie, Herr Baron, jetzt öffnet sich das einsame Hiligtnin, hier müßte die passendste Stelle für stilles Glück oder für welt müde Wanderer sein." Eine ovale Talmulde voll saftigen Wiefeilgrüns und früchtereicher Obstbäume lag vor den Blicken, links umschlossen von weichen Rebenhügeln, rechts von sanft ansteigenden, mit Nuß- und Kasta uienbäumen bepflanzten Geländeu. Beide verband der unten steil an steigende, mit Zwergeichen bewaldete, weiter oben mit Wiesen und Wäldern geschmückte Freiberg. Nahe der ma lerischeil Felswand stand das fchiiillcke Kirchlein, hinter dem durch eine be buschte Felsschlucht ein kristalllieller Wasserfall niederrauschte und Leben in die stille Idylle brachte. Bei der Kapells stand das Heidekorn in voller, weiß rötlicher Blüte, Tausende von Bienen fnmmten um die mild duften den Blüten. „Ein reizend Bild von unaus sprechlichen, frommen Friedens", rief entzückt Edmund aus. „Es ist, als ob man von der Welt auf eine selige Insel entrückt wäre die heilige Stille, das abgeschlossene Tal ohne Aussicht auf eine größere menschliche Ansiedlung. Die niedliche Kirche und drüben, die rechte Flanke hütend, die schmucke Burg und drüberhin der tiefblaue, tvolkenlose Himmel als Ge wölbe dieses Domes." „Ja, ich fühle mich immer wunder bar gesammelt und gehoben", sprach Johanna, „tveitn .ich diese wonnige Einsamkeit betrete. Man fühlt sich der Welt entrückt und dem Himmel näher uud das Bewußtsein, daß hier einer der glaubenseisrigsten Sendboten gelebt und das Christen tum den Heiden verkündet habe, daß er hier einst ruhte uud noch mit Gnade auf diesen Erdenwinkel nieder blickt, gibt dieser Talmulde noch eine höhere eine himmlische Weihe." Während Johanna aus ihres Be gleiters Frage von St. Valentin, der aus Passall vertrieben hier weilte und predigte, erzählte, war man auf dem Wiesenpfad bis znr Kirche gelangt. Man stieg von den Tieren und trat in das kleine Gotteshaus, das nicht durch Pracht, wohl aber durch Rein 11 lichkeit und hübsche Ausstattung jeden Besucher anmutet. Nachdem man al les besehen, Votivtaseln und die hi ho rischen Aufschlüsse gelesen hatte, ging man wieder ins Freie. Isabella ließ sich rasch aus eine Sandfteinbank nieder, die, von Kugelakazien beschat tet, zur Rast im Vorhofe einladet. Ednilind und Johanna folgten ihrem Beispiele. Lothar und Dr. Schall, denen Lncia horchte, sprachen eifrig über das Schloß Trantniannsdorf, das zur Rechte» des lieblichen Täl chens a»»s prachtvolle» Baumgruppen seine grauen Zinnen empörst reckt. „Und doch", bemerkte Lothar, „möchte ich dort nicht wohnen, über sättigten Alten mag das Einsiedler leben in dieser Abgeschiedenheit ge fallen, uns Jüngere entzückt Wechsel. Leben und Liebe." Beifällig winkte Lucia. „Aber den Wasserfall, der bort rauschend vom eicheiibeichatteten Fels abhänge stürzt, mörfit' ich in der Nähe seben", sprach Lothar. „Das kamt leicht geschehen", bemerkte diensteifrig Dr. Schall. „In zehn Minuten stehen wir vor ihm." Lucia zog es auch dort» hiu, ob das Naturschauspiel, ob die Gesellschaft es tat, stellen wir dem Vermuten des Lesers anheim. Ed mnnd stimmte dem Vorschlage bei die beiden Fräulein entschuldigten sich mit Müdigkeit: „Wir wollen einst lveilen hier im Schatten sitze»» bleiben und int Schlitze des 3t. Valentin aus die Zurückkunft harren", sprach Jo hanna. Als die übrige Gesellschaft sich entfernt hatte mid Isabella wie ver loren da saß, begann Johanna: „Fräulein, fehlt Ihnen etwa* ?. Sie sehen so verstimmt und so blaß aus." (Fortsetzung folgt) Unter der Aufschrift „Lesson for War Mongers" berichtet das „Ohio State Journal" unterm t. Juni: „Ein Vorfall in Topeka. Kans., mag unser» Kriegstreiber» zum heilsamen Anschauungsunterricht dienen. Es il lustriert Zustände, die allgemein be kannt sind, aber von de» Interventio nisten grundsätzlich ignoriert werden, wenn sie in die Kriegsposauue stoßen. Brii.-Gen. R. E. Rogers, Kom mandant in Fort Riley, hielt eine Parade über 1500 mechanisierte Truppen in Topeka ab. Als die letz ten vorbeimarschiert waren, rief der General aus: „Das ist fines der er tormiichstett Dinge, die ich je gese hen habe?" Auf der darauffolgenden Verfamin lnng von Geschäftsleuten erklärte der General: „Tiefe soeben aus Ihrer Hauptstraße paradierenden Kriegs wagen waren so hilflos als eine Flotte votl Gemüfewagen. Jeder die fer Trucks hätte drei Mafchinengeiveh re, eine Abwehrkanone nnd Gewehre haben sollen, -aber nichts von alledem war zu sehen." „Der Grund ist ein fach dieser: Wir haben sie nicht." Diese Zustände beschränken sich nicht auf Topeka. Matt findet sie im ganzen Lande, überall, wo diesen jutigen Männern eine militärische Ausbildung gegeben werden soll. Sie »lachen alle Uebnngen thoretisch, me chanisch lind sinnlos mit und sind nachher so klug oder so dumnt wie vorher. Diese ohne jegliche militärische Ausrüstung man gel ha st eingeübten jungen Leute wollen unsere Interven tionisten gegen die erstklassig ausge rüsteten und mit den vollkommensten Waffen versehenen mechanisierten Trilppen Hitlers entsenden! 4 \n\n Mittwoch, de» 18. I»»» 1941 -V *S*T: chWWWMWMiG