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•..Desember fSjp* Das Dogma der Unbfleckten Empfängnis Der 8. Dezember 1854 Maria ist ohne Sünde empfangen. Sie, die Lilie unter den Dornen, die immerdar die Freundschaft ihres Got tes besaß, sie ist uns ein Hoffnungs stern. Eine wenigstens aus unserem Geschlechte hat das Auge gefunden, auf welcher es mit ungetrübtem Wohlgefallen ruhte. Eine hat aus diesem Jammertals reine Hände zu dem Throne des Allmächtigen erho ben. Diese Eine, welche würdig be funden war, das Heil der Welt unter ihrem unbefleckten Herzen zu tragen, sie soll uns auch Vertrauen und Zu verficht gewähren. Sie wird uns bei ihrem göttlichen Sohne vertreten, wie Er unser Fürsprecher und Mittler bei Seinem himmlischen Vater ist. Diese tröstliche Versicherung gibt uns die heilige Kirche. Von frühester Jugend an hat sie uns gelehrt, durch Jesum Christum unfern Herrn vor Gott hin zutreten, und durch Ihn und in Sei nem Namen unsere Bitten vorzutra gen. Von frühester Jugend an zeigte sie uns auch, wie wir zu diesem gött lichen Mittler am sichersten durch je ne gelangen können, durch welche auch Er zu uns kommen wollte. Und wie dankbar müssen wir nicht der heiligen Kirche für diese Lehre sein! Der Sohn Gottes, der einzige Mittler zwischen Gott und den Men schen, der durch eignes Verdienst und durch Sein Blut uns erkaufte, Er ist zwar Mensch und uns ähnlich gewor den aber Er blieb auch unendlicher Gott, die unendliche Heiligkeit und Gerechtigkeit selbst Er ist unser Er löser, aber Er ist auch unser Richter. Müssen wir Seiner Erbarmungen ge denken, so können wir doch auch Sei ner Gerichte nicht' vergessen. Maria, Seine jungfräuliche Mut ter, die Er selbst Sich erwählte, um durch sie uns ähnlich zu werden, und die Er eben dadurch zwischen Sich und uns gestellt, Maria hat nur Menschliches an sich sie hat auch nicht zu richten, nur Fürbitte einzulegen und den Richter zu besänftigen ist ihr mildes Amt. Und sie, die für uns wie für ihre Kinder fleht, ist Mut ter des Richters sie, die für den Sün der Fürbitte einlegt, ist die Unschuld selbst. Braucht es mehr, um unsere verzagten Herzen zum Vertrauen zu erheben? O wie wohltuend ist diese Lehre der Kirche für den, der es ein sieht, daß er der schuldige Sohn eines fluchbeladenen Vaters ist! Es hat darum auch nie eines Be fehles bedurft, um uns die Verehrung und Anrufung Marias zur Pflicht zu machen. Nie hat die vom Hl. Geiste erleuchtete Kirche es für nötig erach tet, ihre Drohungen gegen jene aus zusprechen, welche Maria nicht ver ehren würden. Sie hat sich begnügt, jene zu verdammen, welche in ihrer Verblendung so weit gingen, daß sie behaupteten, die Verehrung oder An rufung der Mutter des Allerhöchsten fei unnütz oder unerlaubt. Sie hat jene verdammt, welche es wagten, die ser hehren Himmelskönigin die Vor züge abzusprechen, bit Gott ihr zuer kannt und uns durch Sein untrügli ches Wort kund getan hatte. Ja, das hat die heilige Kirche allzeit als ihre Pflich-t betrachtet, die Ehre und die Würde dieser jungfräulichen Mutter des Erlösers vor jedem Lästerer zu schützen. Ihre Kinder aber wies sie nur auf diese erhobene Würde der Gottesmutter hin, und auf die vielen damit verbundenen Vorzüge, und überließ es dann ihrer durch den Glauben erleuchteten Vernunft und dem durch die Gnade geleiteten Her zen, den ferneren Schluß zu ziehen. Daher gehört die Verehrung Ma riens, wie ein geistreicher Schriftstel ler bemerkt, zu jenen Gesetzen, von welchen Gott bereits durch den Mund des Propheten vorhergesagt hatte, daß Er sie selbst nicht auf Tafeln von Stein, sondern in die Herzen schrei ben werde. Und in Wirklichkeit fin den sich auch diese Gefühle der An dacht und Liebe zu Maria, dieses Vertrauen auf ihre Fürbitte und ih ren Schutz, in größerem oder gecin gerem Grade von Innigkeit in dem Herzen eines jeden wahren Kindes der Kirche. Wir können uns selbst manchmal nicht Rechenschaft davon geben und doch sind wir nicht im stande uns derselben zu entschlagen, weil wir selbst sie in uns nicht erweckt haben, sondern dieselbe Gnade, die uns zu Kindern der Kirche gemacht, hat uns auch den Kindersinn gegen Maria eingeflößt. Dieses ist so wahr, daß man ohne Andacht zu Maria we der einen wahren Katholiken, noch außer der katholischen Kirche die wah. re Andacht zu Maria findet. Die An dacht zu Maria ist eines jener Kenn zeichen, welche fast immer unzweideu tig und mit Gewisheit den wahren Glauben anzeigen. Sie ijt auch, wo sie wahr und innig ist, ein Beweis der Liebe zu Jesu und der Liebe Jesu zu uns. Denn, wie Johannes, „der Jünger, den Jesus lieb hatte", es war, welcher unter dem Kreuze die überaus süßen Worte hörte: „Siehe da deine Mutter", so sind es auch jetzt noch die Lieblings jünger Jesu, wel chen Er in besonderer Weise Seine Mutter empfiehlt. Was kann aber nun unsere An bacht, unsere Liebe und unser Ver trauen zu Maria mehr erhöhen als ihre unbefleckte Empfängnis, als ih re nie verlorene, nie getrübte Un schuld, und ist sie nicht das reinste, vollkommenste Bild menschlicher Un schuld! Alles ist Reinheit, alles ist Gnabe, alles Heiligkeit in bieser un tiergleichen Jungfrau unb Mutter. „Ganz schön ist sie, diese Freunbin ihres Gottes ganz schon ist sie, unb fein Makel ist an ihr." Wahrhaft sie ist die „Gebenedeite unter den Wei bern", und „selig müssen sie preisen alle Geschlechter". Aber auch sich dür fen selig preisen alle sündigen Kin der Evas, denn eine mächtige Für sprecherin haben sie an dem Throne Gottes. Eine Fürsprecherin, der nicht bloß wegen ihrer erhabenen Würde, sondern auch wegen ihrer Unschuld und Heiligkeit nichts kann verweigert werben. Sie ist bie „biitenbe All macht" sagen bie hl. Väter, weil ihre Bitte bei Gott allmächtig ist. Und wie sollte auch der Zorn des ewigen Rich ters über ben größten Sünder sich nicht besänftigen, wenn bieses un schulbigfte unb reinste Geschöpf für ihn feine Fürbitte einlegt! Als der Geist des Aufruhrs in die Völker gefahren und wie der Sturm, der über das Meer hinbraust, fast überall die Menge aufgewühlt hatte, ba schlugen bie Wogen der Empörung auch an den Stuhl Petri, und der Stellvertreter Jesu Christi sah sich ge nötigt, in einem fremden Lande vor feinen eigenen Untertanen Schutz zu suchen. In diesem Lande der Verban nung, wie auf einer Insel im stür-. menden Meere, erhob er seine Augen gegen Himmel und zu dem Meeres stern, der noch immer über dem Len ker des Schiffleins Petri als ein schützenbes Gestirn gewacht hatte, unb ihm empfahl er bas Wohl ber ihm anvertrauten Kirche. Wie feine Vor fahren in ähnlichen Drangsalen ge tan Hattert, so nahm auch Pius IX. seine Zuflucht zu Maria, ber mächti gen Himmelskönigin, der unüber windlichen Helferin der Christen, und um sicherer ihrer Schutz sich zu ver dienen, beschloß er jenen hehren Vor zug ihrer unbefleckten Empfängnis, den die heilige Kirche schon so lange verehrte, noch einmal in reifliche Er wägung zu ziehen, und wenn es der Geist Gottes verlange, als verpflich tende Glaubenslehre aufzustellen. Am 2. Februar 1849 erließ er ein Schreiben an sämtliche Bischöfe der Christenheit, in welchem er sie, und durch sie alle Priester und Gläubigen, aufforderte, mit ihm sich im Gebete zu bereinigen, um von Gott das nö tige Licht zu erflehen, damit er er kenne, welche Entscheidung in bieser wichtigen Sache zu treffen fei. Zu gleich verlangte er, daß alle Bischöfe ihm berichten, welches in Beziehung auf diesen Vorzug Mariens ihre ei gene Meinung und der Glaube ihrer Herde sei. Kaum war dieser erste Schritt zur Verherrlichung Marias getan, als auch der Sturm sich zu legen begann. Ein Volk, welches bis dahin im eige nen Lande die Ruhe und Ordnung noch nicht herzustellen vermochte, war von der Vorsehung Berufen, dieselbe in das Erbteil Petri zurückzuführen. Der Vater der Christenheit war bald wieder in seinen eigenen Staaten und in der Ewigen Stadt. Mit erneutem Eifer und mit dem Gefühle innigen Dankes ward die große Herzensange legenheit fortgeführt. Von allen Län dern der Erde kamen die Rückfchrei ben der Bischöfe, welche einstimmig ben Glauben der Hirten und Herden an die unbefleckte Empfängnis Mo rias bezeugten. Nur darüber waren einige Bedenken, ob der gelegene Zeitpunkt zur abschließenden Entschei dung des allgemein Geglaubten an gekommen sei. Doch unterwarfen sich hierin alle unbedingt dem Urteile des Hl. Stuhles. Nun versammelte der Hirt der Hir ten noch einmal eine große Anzahl seiner Brüder im heiligen Amte um sich, um zu den letzten Beratungen zu schreiten und festzustellen, in welcher Weise die höchste Entscheidung des HI. Stuhles in dieser Glaubenssache ge geben werden solle. Noch allen Sei ten hin waren Einladungen ergan gen, und aus allen Gegenden, selbst OHIO WAISKNTRKUND U, jfamtltcnhrete U von den entferntesten Zbnen der Er de, kamen in solcher Anzahl die Bi schöfe nach Rom, daß sowohl durch ihre Zahl als durch die Verschieden artigkeit der Länder und Zungen sie eine wahrhaft katholische Versamm lung bildete. Unter dem Vorsitze dreier Kardinäle wurden die Ver handlungen vorgenommen, an wel chen über hundertundfünfzig Bischöfe teilnahmen. Alles ward geprüft, er wogen und bedacht. „Wir waren Zeugen," schrieb der Erzbischof von München-Freysing," „wir waren Zeu gen von der kindlichen Andacht gegen die heiligste Gottesmutter, von der Einheit im Glauben, welche die Ver sammlung beseelte, von der gründli chen Wissenschaft, womit die schwie rigsten theologischen Fragen erörtert wurden, von der ehrerbietigen Frei mütigkeit, mit welcher die Berufenen sprachen, und von der Sorgfalt, mit welcher jede ihrer Bemerkungen auf genommen und erörtert wurde." Nach viertägigen Beratungen, welche im Ganzen zwanzig Stunben bauer ten, war bas Ende der letzten Sit zung herangenaht. „Eben schlug es zwölf Uhr," schrieb ein Augenzeuge „die ganze Versammlung fiel auf die Kniee, um den englischen Gruß zu beten. Dann kehrte jeder an feinen Platz zurück. Kaum waren noch eini ge Worte gesprochen worden, als eine Akklamation für den Hl. Vater er folgte. Ein Ruf ewiger Anhänglich keit an den Hl. Stuhl, den Titz Petri, brach aus allen Herzen hervor, er scholl und verbreitete sich in dem Saale: ,Petrus, lehre uns, bestärke deine Brüder!' Und bie Belehrung, welche bie Hirten begehrten, war bie Definition ber unbefleckten Empfäng nis. Diese Worte burchschauerten die Seelen mit so unaussprechlicher Wir kung, baß sie gleichsam ein einziger flehender Ruf der Versammlung wa ren ein Rus, der so sichtbar von Herzen kam, so erhaben, daß man ihn gehört haben muß, um ihn zu be greifen weder das schriftliche noch das mündliche Wort können davon einen Begriff geben." Es war diese Versammlung zwar fein Konzilium, aber es war ein sol ches auch nicht erfordert. Durch die Antwort auf das Rundschreiben Sei ner Heiligfeit vom 2. Februar 184!) hatten sich die in der ganzen Welt zerstreuten Bischöfe, welche der Geist Gottes gesetzt hat, die Kirche zu leh ren und zu regieren, genugsam aus gesprochen. Es blieb nur noch übrig, daß auch das Oberhaupt der Kirch1, welches auch den Beschlüssen der Kon zilien durch seine Zustimmung ilire volle Kraft gibt, hier feinen Aus spruch tat. Denn ihm, dem der Auf trag gegeben wurde, die Schafe wie die Lämmer zu weiden, liegt es ob, auch seine Brüder zu bestärken und wie er der Fels ist, auf ben Christus Seine Kirche gegrünbet, so ist er auch ber höchste Richter in Sachen be» Glaubens. Alle Vorbereitungen zur enbgülli gen Entscheidung der Kirche waren nun getroffen, und diese erfolgte auch zur Freude der ganzen Christenheit am 8. Dezember 1854, am Feste seilet der Unbefleckten Empfängnis Maria. Tie Umstände dieses erhabenen Sifted sind gar zu wichtig und lehrreich, aid daß wir sie übergehen dürsten. Auch hier werden wir dem Berichte An die Unbefleckte Wie entzückend strahlt im Bilde, Maria, deine Milde, Strahlt, o Königin, dein Glanz! Zwölf der Sterne, die mit Namen Rief der Weltenschöpfer, kamen, Sich zu reihen dir zum Kranz. Bräutliches Gewand umschließet Sanft die Glieder, und es fließet Wellig leicht das Haar herab lind des Himmels reinste Bläue Spiegelt sich mit seltner Treue 3it dem Mantel lieblich ab. Zärtlich schmiegt zu deinen Füßen Sich der Mond mit stillem Grüßen Und mit sanftem Silberlicht Auf der Erde hoch erhoben Stehst du, mit dem Blick nach oben, Ter für uns »m Rettung spricht. Machtlos ruht die alte Schlange, festgebannt von solchem Zwange, Unter deinem keuschen Fuß. Was durch Eva sie gewonnen, ihr in ein Nichts zerronnen, Da vor dir sie zittern muß. Blick herab, ewig Schöne! Mette mich, dein Kind, versöhne Deinem Sohne mich aufs neu? Mutter, hilf! Du kennst mein Leiden! Jungfrau, Mutter, hilf! Mit Freuden Bleib ich ewiglich, dir treu. ülMMWMMfüüy S. B. um diesen Zug und empfing den Se iMt des Hl. Vaters, der betend, das .'Intlitz von Andacht unb Freube strah lend, baherfchritt. In ber Kirche an gelangt, begab er sich zuerst mit fei ner ehrwürbigen Begleitung zu ber Capelle, in welcher das AUerheiligste 3aframent aufbewahrt würbe, um vor allem den darin gegegenwärti gen Gott und Heiland anzubeten, auf ben allein alle Ehren, die wir Sei ner gebenedeiten Mutter erweisen, sich zurückbeziehen. Nach verrichteter An betung schloß der HI. Vater die in zwischen abgesungene Allerheiligen Litanei durch die üblichen Gebete. Dann setzte der Zug sich in Bewegung zum Hauptaltar, wo die Gebeine des hl. Petrus ruhen, ber an diesem Tage ohne Zweifel mit allen heiligen Apo steln segnend auf seinen Nachfolger und die Nachfolger der heiligen Apo stel herabsah, die hier so zahlreich versammelt waren. Der Papst setzte sich hierauf wie der auf seinen Thron. Sämtliche Bi schöfe, nachdem sie ihm als ihrem Haupt und dem lebendigen Grund stein, worauf Christus Seine Kirche erbaut, die altherfömmliche Huldi gung dargebracht, nahmen rings um her ihre Sitze ein. Nachdem die Terz gesungen, begann der Hl. Vater die Feier des heiligen Opfers. Das Evan gelium wurde sowohl in lateinischer als auch in griechischer Sprache ge sungen. Unb nun war der große, gna denreiche Augenblick gefommen, den Gott bestimmt hatte. Den Augenzeugen folgen. Das Fest würbe zwar in Rom ge feiert, aber es war ein großes Fest ber ganzen katholischen Christenheit, bie in ber Person ihrer Bischöse Alle Augen wendeten sich auf den Hl. Vater. Ein tiefes feierliches Schweigen herrschte durch die ganze unermeßliche Versammlung. Alle Herzen erhoben sich zum Himmel. Da traten fünf Abgeordnete der Kardi näle unb Bischöfe ber Dekan des Kardinalkollegiums, ber Patriarch von Alexanbrien, ein griechischer Erzbischof unb ein lateinischer Erzbi schof und ein Bischof vor den Hl. Vater, um im Namen der ganzen Christenheit ihn zu bitten, den from men Glauben an die Unbefleckte Empfängnis Maria als Glaubens pflicht auszusprechen^ Der Stellver treter Christi nahm mit Freude diese dem innigsten Wunsche seines eigenen Herzen so entsprechende Bitte auj und erklärte, zuvor noch einmal den Bei stand des Hl. Geistes anrufen zu wol len. Auf feinem Throne siel er auf die Kniee und alle, fo viele ihrer die Peters-Kirche faßte, mit ihm. Wie er das „Veni Creator Spiritus" an stimmte, fielen nicht bloß alle Bi schöfe und Priester, sondern alle die Tausende des Volkes mit ein. Die ganze Kirche lag auf den Knieen und ein allgewaltiges Gebet stieg zu Gott empor. Dann erhob sich der Stellver treter Christi und, stehend auf feinem Throne als oberster Lehrer der Kir« che, als Verfünder und Ausleger der katholischen Ueberlieferung, des hei ligen katholischen Glaubens, in Ge genwart der ganzen Kirche, die hier in ihren Vertretern sichtbar versam uiui Priester unb Laien aus allen Völfent unb Zonen sich um ihren gemeinsamen Vater versammelt hatten. Denn trie gesagt, nicht bloß aus allen Ländern Europas, sondern selbst aus ben ein ferntesten Teilen ber Erbe waren Bi schöfe auf ben Ruf bes Hl. Vater nach Rom gefommen aus Amerika, aus China, von ben Inseln bes Stil len Ozeans. Sie alle mit sämtlichen Karbinälen unb Prälaten Roms hat ten sich am Morgen bes 8. Dezem bers in ber Sixtinischen Kapelle im Vatikan um ben Hl. Vater versam melt. Um halb neun Uhr stimmte man die Litanei von allen Heiligen an, und geleitet von allen geistlichen unö weltlichen Würdenträgern Roms so gen sie, dieselbe absingend, über die Treppe Konstantins des Großen hei ab, aus dem Vatikan über den Herr lichen Vorplatz zur Hauptkirche ber Welt, der Basilika des hl. Peters, in Prozession ohnegleichen: sechs Kardi nalbischöfe, siebenunddreißig Kardi nalpriester, elf Kardinaldiakonen, ein Patriarch des Orients, zweiundvier zig Erzbifchöfe, hundert Bischöfe, alle in ihrem höchsten kirchlichen Schmuck, zuletzt der HI. Vater. Die unermeßli che Volksmenge, die seit dem frühen Morgen bie St. Peters-Kirche und ihre ganze Umgebung erfüllte, er blickte von frommer Ehrfurcht ergrif- melt war, in Gegenwart von zwei hundert Bischöfen, dreihundert an deren Prälaten, Tausenden von Priestern und Mönchen aus allen Orden und mindestens sünszigtausend Gläubigen aus allen Ländern der Erde, verkündet er, daß es Glaubens satz sei, die allerseligste Jungfrau Maria sei im ersten Augenblicke ih rer Empfängnis, durch einen beson deren Vorzug und eine besondere Gnade Gottes, in Kraft der Verdien ste Jesu Christi, des Erlösers des Menschengeschlechtes, von jeder Ma kel der Erbsünde unbefleckt bewahrt worden. Eine unaussprechliche Ruh rung und Freude bemächtigte sich der Herzen aller. Nachdem der Hl. Vater das heilige Opfer dann vollendet, stimmte er das „Te Deum" an und, wie am Anfang das „Veni Creator", wurde es gemeinschaftlich von allen mit hoher, heiliger Begeisterung ge sungen. Zum sichtbaren und bleibenden Sinnbild und Andeuten jener Ver herrlichung. womit die Kirche ihre große und gebenedeite Mutter und Beschützerin gekrönt, nahm der Hl. Vater noch eine höchst sinnvolle und rührende Feierlichfeit vor. Er begab sich in Prozession zur Kapelle Sixtus' IV. Hier setzte er dem Bilde der aller seligsten Jungfrau eine kostbare Kro ne aus Gold und Edelsteinen aus. Indes das soeben Geschilderte sich in der Peters-Kirche zutrug, hatte ber Donner der Geschütze von der Engelsburg und das Geläute aller Glocken Roms die frohe Botschaft al len seinen Bewohnern verfündigt. die zum großen Teile in den übrigen Kir chen versammelt dieses Augenblickes harrten, teils beschäftigt waren mit den Zurüstungen zu den Festlichfei ten, und alle wurden mit derselben unaussprechlichen Freude und Rüh rung erfüllt. Die Liebe und die Ver ehrung zur hl. Muttergottes machte alle so glückselig, als ob ihnen per sönlich das größte Glück widerfahren wäre. Am Abende dieses Tages, der wie der schönste Frühlingstag gewe fett, war ganz Rom von der Kuppel der St. Peters-Kirche bis zur letzten, ärmsten Hütte erleuchtet, wie man nie vorher etwas Aehnliches gesehen, in einen ^großen Tempel tierwandelt. Alle Stände und Alter fonnten sich nicht genugtun, um ihre Freude und ihre Andacht auszudrucken. Wie ganz anders war jetzt Rom, als vor einigen Jahren, wo der Hl. Vater geflüchtet war aus der Mitte feiner Kinder und der Gräuel der Verwüstung an hei liger Stätte stand! Heute erschien Rom wieder als die gläubige, die fromme, die heilige Stadt, das Jeru salem des Neuen Bundes. Der Strom der_ Freude und der Gnade, der an diesem Tage in Rom am Grabe bes Apostelfürsten entsprungen, ergoß sich bald nach allen vier Himmelsgegen den, von Land zu Land, von Weltteil zu Weltteil und wird sich ergießen bis an die Grenzen der Erde. An die schönsten Zeiten des Christentums wurde man erinnert durch das, was man in diesen Tagen in vielen großen unb kleinen Städten, wie auf dem Lande sah. Eine unwiderstehliche Be geisterung des Glaubens und der Liebe,_ die selbst Laue und Kalte mit fortriß, hatte sich aller bemächtigt. Die Kirchen faßten au vielen Orten die Scharen nicht, die sich zu ihnen drängten, nicht um neugierig zu schauen, sondern um zu beten und Gott zu danfen. Ja, man fonnte sei ne Andacht und Freude nicht in die Räume der Kirche verschließen, lie berall bewegten sich unabsehbare Pro- Zessionen burch Stäbte und Flecken. Wie Rom waren nicht nur große •stäbte, sondern auch Heinere Orte prächtig beleuchtet und strahlten bis i» die entlegensten Straßen in Schmuck und Licht. Ueberau las man Ausdrücke der Verehrung gegen „Ma ria ohne Sunden empfangen" und der Anhänglichkeit an die Kirche. Unh was müssen wir nun diesem entnehmen? Vorerst sehen wir, wie die Kirche den erhabenen Zweck ihrer Stiftung, die Ehre Gottes und da? Heil ber Seelen, allzeit vor Augen bat. unb wie sie bemfelben, unbeirrt burch die herrschenden Urteile und Neigungen der Menschen, unermüdet zustrebt. Wir sehen dann -auch, welche innige Bande sie mit ihrem göttlichen Stifter vereinigen, und wie sie voll kommen dem Bilde entspricht, das •schrtft und Väter von ihr entworfen" haben. O Eine, heilige, fatholifche und apostolische Kirche! Wer kann dich betrachten und dich nicht lieben, deine Stimme hören und bir nicht folgen, deine Liebe erfahren unb bir nicht banken, dir angehören und sich dessen nicht rühmen, sich dessen nicht freuen? Nur Unwissenheit kann dich verken nett, nur Bosheit-dich lästern. Allein das Licht der Wahrheit, das du strahlst, wird jene verscheuchen, und die Fülle der Wohltaten, die du spen dest, wird diese besiegen. O möchte doch ber Tag nicht fem mehr fem, an welchem alle, ein Hirt und eine Herbe, durch einen Glauben dem einen Gott gefallen! R. „Santa Claus" Heute (Donnerstag) begeht die Kirche das Fest des hl. Bischofs Niko laus. Hierzulande heißt es „Santa Claus". Auch auf dieses Fest freuen sich die Kinder, erhalten sie ja man ches Geschenk. Weshalb sie aber Ga ben erhalten, bas wissen bie meisten nicht. Wer dieser „Santa Claus" ist, können sie nicht erklären. Sie sehen nur auf den Bildern ein bunt geklei deten, dicken, alten, bärtigen Mann. Derselbe trägt Geschenfe in den Hän den, auf den Armen und auf dem Rücken. Bald erscheint er im Zimmer, um die dort hängenden Strümpfe zu füllen, balb steht er hoch broben aus dem Hausdache, im Begriff, in den Kamin zu steigen bald saust er auf einem von Hirschen gezogenen Schlit ten über mit Schnee bedeckte Felder. 8ur Belehrung der Eltern setzen wir folgende Legende hierher und wäre es gut, wenn sie dieselbe den Kindern erzählen würden, damit diese so die Bedeutung des Festes kennen lernen. Der hl. Nifolaus war ein fatholi scher Bischos, der für das Wohl fei ner ihm anvertrauten Herde gar sehr besorgt war, besonders nahm er sich der Armen und Bedürftigen an und suchte sie nicht nur zu trösten, sondern sie auch durch Geld und notwendige Dinge zu unterstützen. Er liebte es jedoch sehr, seine guten Werfe geheim zu halten. Trotzdem wurde einmal befannt, wie er drei Jungfrauen aus großer Not errettete. Die drei Mäb chen wollten sich bem Laster in bie Arme werfen, weil ihnen die Ausstat tung fehlte, die in jenem Lande zur Eheschließung notwendig war. Als der hl. Nifolaus davon hörte, warf er an drei aufeinanderfolgenden Ta gen soviel Geld durch das offene Fen ster in die Wohnung der drei Jung frauen, daß sie genug hatten, um al les Notwendige sich anschaffen zu fön nen. So wurden sie vor dem Laster bewahrt und konnten balb darauf heiraten. Von dieser Zeit her datiert der Gebrauch, am St. Nikolaus Abend heimlich Geschenke an Arme zu tierteilen. Aber auch in der Familie teilte man ehemals kleine Geschenke aus. Meistens erschien an jenem Abend ein Mann mit weißem Bart, mit Sack, Stock oder Rute und fragte, ob die Kinder brav gewesen, ob sie gerne lernen und beten, um dann seine Gaben an die guten auszuteilen, den bösen aber seine Verweise ober gar schlage zu geben. Ursprünglich war das ein durchaus fatholischer Brauch. In dem guten alten Manne sollte die Erinnerung an den ehrwürdigen und wohltätigen Bischof aufgefrischt und dadurch der Wohltätigfeitssinn im Volfe geweckt und gepflegt werden. Nach und nach verbreitete sich dieser Brauch auch un ter Nichtfatholifen. und aus der ehr würdigen Bischofsfigur wurde ein ge» wohnlicher, behäbiger, gutmütiger, alter Mann. Gegen den „Santa Clans", wie er auftritt, wäre im allgemeinen wohl nichts einzuwenden, da es sich ja nur um Austeilen und Empfangen von Gefcheiifen bandelt. Allein, man muß es beflagen, daß zwischen „Santa Claus" und dem „Christfindchen" kein Unterschied gemacht wird. Man läßt den „Santy" die Weihnachtsge schenke bringen, während man das „Cln'istfind" ganz außer acht laßt. Auch wird allerlei Unsinn verzapft über eine „Mrs. Santa Claus" und dergleichen. Katholische Eltern soll ten ihre Kinder im richtigen Sinne der alten Tradition eingehend beleh ren. „sanfa Claus" stellt im guten kirchlichen sinne den HI. Nifolaus dar als ein Vorbild der Güte und Freigebigfeit. Das „Christfind" zur Weibnachtszeit erinnert uns an den inenschgewordenen Gottes'ohn, der Sich zu einem Kinde erniedrigt hat, um die ganze Menschheit zu heiligen. Dieses göttliche Kind steht unendlich höber als „Santa Claus", der ja felbft nur ein Geschöpf des Christ kindes ist. Letzteres muß deshalb viel mehr geachtet und geehrt werden als ,,santa Claus", selbst wenn wir in ihm den hl. Nifolaus sehen wollen. Drum, ihr Eltern und alle, die ihr mit Kindern zu tun habt, klärt die Kleinen auf, damit die Wahrheit er« halten bleibt und ihr nicht dem Un glauben in die Hände arbeitet!