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I ^fv?. r,\ 45* 'f u A Vs5 e-/ $fc, -v *tnky$t jjfchrgan* 74 Schluß der Pariser Konfereuz Nach mehrwöchigen Beratungen hat sich am Freitag die Pariser Minister« konferenz vertagt. Eines der Haupt ergebnisse der zeitweilig recht scharfen Debatten war der Beschlutz, die von Staatssekretär Byrnes schon seit Mo naten geforderte Friedenskonferenz auf den 29. Juli einzuberufen. Sie wird, wie die Ministerkonferenz, im Palais du Luxembourg in Paris ab Wchalten werden. Die Zusammenkunft der Minister Byrnes, Bevin, Bidault und Mo Istow galt den Vorbesprechungen der Friedensverträge mit Italien, Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Finnland. Von größerer Bedeutung als diese war aber die Einleitung der Verhandlungen über das europäische Zentralproblem, die deutsche Frage. Darüber kam jedoch nicht einmal eine prinzipielle Verständigung zustande. Es wurde aber unzweideutig festge stellt daß die für Herbst in Aussicht genommene Sonderkonferenz über das deutsche Problem von vornherein noch ganz andere Schwierigkeiten bieten wird als das Hauptprogramm der Pariser Ministertagung, die nur ein Vorspiel und Versuchsfeld der Frie densverhandlungen bildete. Und die Einleitung der Auseinan Versetzung über Deutschland stellte den Beginn des offenen Kampfes zwischen den Westmächten und Rußland um das ehemalige Deutsche Reich klar in den Vordergrund. Augenscheinlich fühlt sich der Kreml stark genug, in diesen Kampf einzutreten die Aus führungen Molotows ließen darüber fount einen Zweifel. Die Folgen der kurzsichtigen, einseitigen, dilettanti schen, jeden großen Zuges baren Po litik des ersten „Friedens"-Jahres werfen ihre Schatten voraus. Es er scheint zweifelhaft, ob die verschwen dete Zeit sich einholen läßt und ob die Westmächte durch zielbewußtes Planen zwischen heute und der Herbst konferenz für erfolgreiche Verhand lungen mit den Russen bessere Vorbe dingungen. zu schaffen imstande sein werden, als sie in den scharfen Debat ten auf der Pariser Zusammenkunft zutage traten. Die Pariser Friedenskonferenz wird sich voraussichtlich wochenlang hinziehen. Man hat darum die ur sprünglich auf den 3. September an gefetzte Tagung der Vollversammlung des Völkerbundes auf Ende Septem ber angesetzt. Diese Beratungen dürf ten ebenfalls Wochen in Anspruch neh men, sodaß die Sonderkonferenz über Deutschland vielleicht erst in den Win termonaten zustande kommen wird. Dieses endlose Verhandeln und Schachern, während Länder verelen den und Völker sterben, stellt unserer Kultur unb Staatskunst ein schlechtes Zeugnis aus. Trotz allem Gerede über Humanität und Fortschritt und Auf stieg ist die Gesellschaft von heute so ratlos und hilflos wie die Völker auf den Trümmern des Dreißigjährigen Krieges vor dreihundert Jahren. Und aus den gleichen Gründen. Weil Hab gier und Machtgier sich herrisch ein drängen in jeden Versuch, Ordnung in das schauerliche Weltchaos zu brin gen! Mit Recht warnten die Erzbi schöfe und Bischöfe der Ver. Staaten letzten November in einer gemeinsa men Kundgebung, daß man mit der Planlosigkeit, wie sie schon damals an allen Ecken und Enden hervortrat, nichts erreiche. „Der erste Schritt," schrieben sie u. a., „um zu erfolgrei chen Friedensverhandlungen zu ge langen, muß auf einen Plan gerich tet sein. Und ein guter Plan stellt die Grundsätze fest, nach denen all die Sonderfragen zu regeln sind. Statt dessen aber haben wir bisher immer nur Kompromisse geschlossen und stuck weise Regelungen herbeizuführen ge» sucht. Statt ehrlicher, verheißungs voller Besprechungen selbst von aus einander strebender Plänen und Vor schlägen erleben wir die Rückkehr der Tragödie der Machtpolitik und der Gefahren, die sich aus Abmachungen im Sinne des Machtgleichgewichts er geben. Und solche Abmachungen, wel che die Gerechtigkeit durch bloße Zweck mäßigkeit ersetzen, haben in der Ver gangenheit immer wieder zu neuen Kriegen geführt. Wohl müssen wir darauf bedacht sein, zur Herbeifüh rung eines guten Friedens mit allen -•siiifcrn Verbündeten zurechtzukom men. Es gibt aber Zugeständnisse, »*-'".*»** V -, i$ £i '!•#., V Zwischen Krnv« und Frieden die wir unter keinen Umständen ge währen dürfen, da sie unsittlich sind und einen wahren Frieden vereiteln." Seitdem hat sich die Lage einiger maßen geklärt, soweit die frühere Servilität Rußland gegenüber in Be tracht kommt, welche die Bischöfe zweifellos im Sinne hatten. Aber von der richtigeren Einschätzung der maß losen russischen Forderungen und der vom Kreml verfolgten Politik bis zu einem klaren und festen Programm ist ein weiter Weg. Wenn man die oft genug im Sande verlaufenden Debat ten all der vielen Konferenzen und das eigensinnige, oft geradezu kna benhaft anmutende Gebaren eines Gromyko und anderer Wortführer mächtiger Staaten auf sich wirken läßt, möchte man zuweilen an der Möglichkeit verzweifeln, daß die Völ ker je einen Ausweg aus dem fürch terlichen Chaos finden werden. Ein kleiner Fortschritt Dieses düstere Bild wurde durch die Pariser Konferenz nur um ein geringes erhellt. Es war dort das alte Feilschen, die alte Kompromisselei, der alte Mangel an einem umfassenden Plan und an Grundsätzen. Viel mehr kann man allerdings nicht erwarten, wenn di.e Vertreter moderner Staa ten zusammentreten, die ja ihre Poli tik nicht nach Grundsätzen machen, sondern noch Zweckmässigkeitsgrün den, denen Machtmittel den erforder lichen Rückhalt geben müssen. Wohl wird da zuweilen geredet, als ob man die höchsten Grundsätze und Ideale als Richtschnur nähme. Selbst ein Molotow schlägt solche Töne an, wenn es ihm paßt. Tatsache aber ist, daß die Säkularisierung, die Loslösung der Gemeinschaft und Kultur von ei ner übergeordneten göttlichen Bestim mungswelt, einen erschreckenden Um fang angenommen hat, und daß dieser verhängnisvollen Zeitkrankheit auch Millionen Christenmenschen gespal ten und zerklüftet und selbst von den Miasmen des Liberalismus und der Verweltlichung infiziert, bisher gera dezu hilflos gegenüberstehen und sich unter die amoralen Machtsprüche mit telmäßiger Staatsmänner und Poli tiker beugen. Die Pariser Konferenz hatte aller dings vor manchen der vielen Pala vers dieser redseligen und tatenarmen Zeit wenigstens das voraus, daß sie ihre Agende erledigen konnte. Es war ihre Ausgabe, die Friedensverträge mit Italien, Rumänien ufw. vorzube reiten. Und diese Aufgabe hat sie er füllt. Allerdings gelang das nur auf Kosten einer Reihe von Lösungen, die weder als gerecht noch als förderlich für den Frieden angesprochen werden können. Wir haben die wichtigsten Ab machungen bereits früher aufgezählt und auf bedauerliche Schwächen ein zelner derselben hingewiesen. Unent schuldbar ist die erneute Überwei sung Südtirols on Italien, die ols Verrat an der Atlantic Charter und andern Versprechen der Wortführer der Westmächte bezeichnet werden muß. Nicht viel besser ist das Triester Kompromiß, das, wenn auch unter einer Jnternationalisierungsformel, die wichtige Hafenstadt und ihr Hin terland dem russischen Jnteressenkreis einverleibt. Wenn es auf der bevor stehenden Friedenskonferenz nicht ge lingt, die endgültige Bestimmung ei nem späteren Plebiszit vorzubehalten, dann mag in kommenden Jahren Trieft einmal eine ebenso Verhängnis volle Rolle spielen, wie sie Danzig als einer der schwelenden Brandherde des zweiten Weltkrieges gespielt hat. Auch der erzwungene Verzicht Italiens auf feine afrikanischen Kolonien kann schwerlich als eine gerechte und ver nünftige Lösung bezeichnet werden. Aber die Konferenz war beherrscht von den russischen Ansprüchen, und in der Hauptsache setzte Molotow seinen Willen durch. Die Friedenskonferenz Das gilt in weitgehendem Maße auch von der am 29. Juli beginnen, den Friedenskonferenz. Hr. Byrnes hat diese, wie gesagt, schon seit Mo naten gefordert. Daß er sie endlich erhielt, bedeutet für ihn einen Sieg. Aber er erhielt sie, wie Hr. Molotow sie wollte! Hr. Byrnes hatte mit al lem Nachdruck gefordert, daß China gemeinsam mit den andern Mächten die Einladung zur Teilnahme an der y 9 s'3 .' -t. Konferenz ergehen lasse. Aber Hr. Molotow Wies diesen Vorschlag zu rück, da an der Konferenz nur jene Staaten beteiligt sein sollen, die mit Hitlers Vasallen tatsächlich im Kriege lagen. Und Hr. Molotow setzte seinen Willen durch. Er wollte überhaupt die Konferenz nur als eine lose Forma lität gelten lassen, ihr nur das Recht zugestehen, die Beschlüsse der Mini ster konferenz gutzuheißen. Damit drang er nur zum Teil durch. Die einundzwanzig Staaten, die als Kriegsteilnehmer gegen Italien usw. auf der Konferenz vertreten fein wer den, können nach dem Moskauer Ab kommen die Beschlüsse der „Großen Vier" prüfen und erweitern. Aber in jedem einzelnen Fall haben nur jene Staaten ein Mitbestimmungsrecht, die mit Italien, Rumänien usw. tatsäch lich im Kriege lagen. Und Molotow setzte durch, daß diese Staaten in je dem einzelnen Fall als ein einheitli cher Ausschuß handeln müssen, der nur mit Zweidrittelmehrheit Beschlüs se annehmen kann. So kann es ge schehen, daß Rußland und feine Na talien bei der Beratung der meisten Friedensverträge über die erforder liche Zweidrittelmehrheit verfügen, um den Willen Moskaus geltend zu machen. Zir allem Ueberfluß mußten Byrnes und Bevin dem russischen Wortführer versprechen, daß sie sich auf der Friedenskonferenz für die Pariser Beschlüsse der Minister ein setzen würden. Endlich bedürfen die Friedensverträge, welche auf der Grundloge der Ministerbeschlüsse in der Friedenskonferenz zustande kom men, der Gutheißung durch die Waf fenstillstandsmächte. Faßt man all das zusammen, dann ist der Pariser „Sieg" unseres Staatssekretärs recht bescheiden. Man fragt sich, ob diese Friedenskonferenz überhaupt von großer Bedeutung ist, und ob es sich tatsächlich lohnt, die Vertreter von fast zwei Dutzend Län dern mit dem ganzen Apparat von Sekretären, Dolmetschern usw. nach Poris zu bemühen. 9M?t*ab6 Dtutschteeb-PeHtik Für Hrn. Molotow waren die aus gedehnten Debatten über Triest und die andern Fragen und über das Programm der Friedenskonferenz wohl nicht unwichtig, aber doch nicht die Hauptsache. Er hat das indirekt betont, als er mehrmals geheimnis volle Andeutungen machte, daß er mit einer wichtigen Erklärung über Teutschland aufwarten werde. Man che waren geneigt, darin eines der Manöver zu erblicken, mit denen Hr. Molotow die Geschichte der Konferen zen zu bereichern beliebt. Diesmal handelte es sich um mehr. Als man mit den provisorischen Friedensverträgen und der Friedens konferenz im Reinen war, kam die deutsche Frage aufs Tapet. Hr. Byrnes hatte eine Besprechung des deutschen Problems schon seit gerau mer Zeit gewünscht, seitdem es immer klarer wurde, daß Rußland in Deutschland seine eigenen Wege geht und die Beziehungen zwischen den vier Okkupationsmächten fortge setzt unerquicklicher werden. Seiner zeit hat er eine Verständigung mit den Russen herbeizuführen gesucht durch seinen Vorschlag eines langfri stigen Schutz- und Trutzvertrags ge gen irgendwelche deutsche Angriffs gelüste. Moskau behandelte diesen Vorschlag ziemlich despektierlich, Mo lotow zerriß ihn in Fetzen. Zugleich teilte er seinen verblüfften Minister kollegen mit, daß Rußland von Deutschland Reparationen im Betrag von zehn Milliarden Dollars fordere. Man führte Hrn. Molotow zu Ge müte, daß Rußland durch feine deut schen Annexionen und den Abtrans port deutschen Besitztums, soweit sich auch nur annähernd errechnen lasse, mindestens vierzehn Milliarden sich angeeignet habe. Die Vorwürfe flo gen hin und her. Molotow griff die ganze alliierte Okkupationspolitik an, drehte den Stil um und beschuldigte die Westmächte, daß sie und nicht Rußland die Potsdamer Abmach ungen sabotierten. Schroff wie in der deutschen Frage, stemmte sich Molo tow gegen den amerikanischen Vor schlag, eine Sonderkommission mit dem Entwurf des Friedensvertrags für Oesterreich zu betrauen und tier weigerte die Zustimmung zu einer Kommission, welche eine Aufnahme der deutschen Bestände in Oesterreich vornehmen sollte. Dieser schmetternden Fanfare folg te vor der Vertagung der Konferenz eine Erklärung des gleichen Hrn. Mo lotow, die wie ein Postorole anmu tete. In einer mit ersichtlicher Sorg Familienblatt für Wahrheit und Recht zur Belehrung und Unterhaltung Äit^gah* ö|| »Wanderer' Oer»«»se«ete» lw» Päpstliche» Ästest** Z»fvphi»«» pm Beste» Her PriesterzSglmD». Preisfür ei» Jahr i» de» »er. Et—te» Z2, is ftamfct und alle« nehme Staate» 9&fiO. Samstag den 20. Juli 1946 falt ausgearbeiteten Erklärung wider setzte sich der Russe jeder staatlichen Aufteilung Teutschlands und der Schaffung eines deutschen Staaten 'bmii)e§. Rußland fordere die sofortige Schaffung zentraler deutscher Verwal tungsstellen als Vorstufe für die Bil dung einer deutschen Zentralregte» rung, mit der die Alliierten einen Friedensvertrag abschließen können. Sowjet-Rußland glaube nicht, erklär te Molotow, daß die Zerstörung Teutschlands als Staatsgebilde oder feine Umwandlung aus einem vor wiegend industriellen Lande in einen Agrarstaat zweckmäßige Lösungen sind. Tie Vorschläge für die Aufteilung Deutschlands in einen Staatenbund gründen sich auf den Gedanken einer staatlichen Zerstörung Teutschlands. Diesen Gedanken mache sich Rußland nicht zueigen. Tie Alliierten haben kein Recht, dem deutschen Volk einen Staatenbund aufzuzwingen. Rußland glaube nicht, daß Roche ein guter Berater für die Politik ge genüber Teutschland fei. Tarum kön ne Rußland weder die staatliche Zer störung Teutschlands noch seine Um wandlung in ein Agrarland unter stützen. Es wäre unrecht, sagte Rußlands Außenminister, das ganze deutsche Volk mit Hitler zu identifizieren. Ge nau fo falsch wäre es natürlich, wenn man behaupten würde, das deutsche Volk habe keinerlei Verantwortung für Hitler. „Natürlich versteht es sich von selbst, daß wir unsererseits keinen Einwand erheben könnten, wenn das deutsche Volk selbst in einer Volks abstimmung den Wunsch ausdrücken sollte, Teutschland in einen deutschen Staatenbund zu verwandeln. Wir könnten natürlich auch keine Einwän de erheben, wenn in den ehemaligen deutschen Ländern auf dem Wege der Volksabstimmung beschlossen werden sollte, sich vom Reiche zu trennen," erklärte Molotow wörtlich. In diesem Zuasmmenhang sprach Vi) Molotow gegen die französische Absicht aus, das linke Rheinland, die Saar und das Ruhr-Gebiet von Teutschland abzulösen. Eine Tren nung des Ruhr-Gebietes, des Saar Landes und des Rhtzin-Landes könne nur erfolgen, wenn sich die deutsche Bevölkerung dieser Gebiete im Wege der Volksabstimmung zugunsten ei ner Trennung aussprechen würde. Em amerikanischer Kommentar In einem Leitartikel sagt die New Aorker ,Times' zu den Erklärungen Molotows über die Haltung Ruß lands Deutschland gegenüber: In Ergänzung seiner Forderungen für weitere Reparationen hat Hr. Molotow jetzt dem Rat der Außen minister eine allgemeine Erklärung über die russische Politik Teutschland gegenüber unterbreitet. Seine Regie rung, so sagt er, begünstige keine Ra chepolitik, keine Zerstückelung Teutsch lands oder eine Vernichtung des deut schen Staates entgegen deutschen Wünschen, keine Agrarisierung und keine Zerstörung der deutschen Indu striezentren. Tiese Erklärungen haben überrascht, da Rußland bisher der unerbittlichste Exponent eines harten Friedens gewesen ist, demzufolge es selbst gemeinsam mit Polen fast ein Viertel deutschen Gebiets annektiert und alles Besitztum in diesem Gebiet konfisziert hat Jetzt stellt sich Ruß land auf die Seite der Ver. Staaten und Großbritanniens und gegen Frankreich, das eine weitere Zer stückelung Teutschlands durch eine Loslösung der Ruhr, des Rheinlan des und der Saar verlangt) Rußland opponiert sogar die Föderalisierung Teutschlands, wie sie von den Ver. Staaten, Großbritannien und Frank reich verlangt wird, obgleich Deutsch land immer ein Bund einzelner Staa tengebilde war, es sei denn, daß Teutschland selbst einen solchen wählt, was es so sagt die ,Times' wahrscheinlich tun würde, wenn es dazu in der Loge wäre. An Stelle dessen schlägt Hr. Molotow eine ein heitliche Reichsregierung vor, die ge nügend demokratisch sein müßte, um die Ueberbleibsel des Nazismus aus zumerzen, und die genügend Verant wortung besäße, um den Verpflich tun gen den Alliierten gegenüber, die Reparationszahlungen einbegriffen, nachzukommen. In der Zwischenzeit verlangt er die sofortige Schaffung einer deutschen Zentralverwaltung, wie sie im Potsdamer Abkommen vor gesehen wurde, die sowohl von den Ver. Staaten wie Großbritannien ge fordert, ober von Frankreich bisher blockiert wurde. Molotow verlangt w außerdem die Schaffung einer Vier Mächte-Kontrollkommission für die Ruhr, an der auch Rußland beteiligt sein würde. Bei den meisten dieser Vorschläge sollten die Ver. Staaten und Großbritannien, wenn auch vielleicht nicht Frankreich, einen ge meinsamen Boden finden, wodurch die augenblickliche Lage verbessert wird. Und Frankreich kann sich nicht lange isolieren. Aber hinter dem rus sischen Programm steckt mehr, ols im ersten Augenblick wahrnehmbar ist. Vor allen Tingen opponiert Hr. Mo lotow einer weiteren Diskussion über einen deutschen Friedensvertrag, wie sie von den westlichen Mächten gefor dert wird, mit der Begründung, daß kein Friedensvertrag unterzeichnet werden könnte, ohne daß eine neue deutsche Regierung geschaffen wird und sich bewoyrt hat. Außerdem hebt V5 allgemeine Programm nicht die ruhischen Sonderforderungen in Hö he von $10,000,000,000 als Repara tionszahlungen auf, noch die Fort führung der Besatzung Teutschlands gemäß den augenblicklichen Zonen, bis diese Reparationen bezahlt sind, was viele Jahre dauern und eine fort schreitende Sowetisierung der russi schen Zone bedeuten würde. Schließ lich verlangt Rußland, während es in seiner eigenen Zone freie Hand Hat, eine gleichberechtigte Stimme in der Ruhr-Kontrolle, wodurch es einen direkten Einfluß auf die alliierten Zonen erhalten und diesen Einfluß bis zum Rhein bringen würde. Kurz gesagt: was jetzt bei der diplomati schert Tebatte auf dem Spiele steht, ist nicht so sehr die deutsche Abrüstung als die Kontrolle über Deutschland selbst. Eine Washingtoner Stimme „Tie Kontrolle über Teutschland"! Tos wird wohl stimmen. Als wir im April 1944 in einer Rede vor der Catholic Association for Internation al Peace ausführlich die russische Weltgefahr behandelten und als Fol ge des alliierten Sieges einen welt historischen Vorstoß in das Abendland in Aussicht stellten, wenn eine ent schlossene Politik dem nicht vorbaute, vermochten wir noch lange nicht alle Zuhörer zu überzeugen. Es herrschte eben damals, inmitten der Kriegssorgen, in der russischen Frage ein gefährliches „Laisscc-fairc". Seidem hat sich der Wind in der Bun deshauptstadt gedreht. Unterm 11. Juli meldete die „Ass. Preß" aus Washington: Premier Stalin scheint eine Ent scheidung von großer Bedeutung für Europa getroffen zu haben, als er die russische Politik Teutschland gegen über festlegte. Er hatte die Wahl zwi scheu Frankreich und Teutschland, und er wählte Teutschland. Ties ist jeden falls die Auffassung der hiesigen Di plomaten inbezug auf die Erklärung, die Molotow gestern auf der Pariser Ministerkonferenz über die russische Politik abgegeben hat. Nun stellt man sich die Frage, wel che Wirkung diese Erklärung auf die französischen Kommunisten und ihren Einfluß ausüben wird, und die erste Schlußfolgerung scheint zu sein, daß die französischen Kommunisten ein Argument für die Unterstützung des französischen Volkes verloren haben. Molotows Erklärung dürfte das Ende eines großen Dilemmas bedeu ten, in welchem sich die Russen seit dem Ende des Krieges befunden ha ben. Sie standen zwischen dem Kon flikt deutscher und französischer Inter essen von großer Bedeutung und wa ren seit Monaten der Entscheidung aus dem Wege gegangen. Tie einschlägigen Fragen sind ziem lich einfach. Frankreich will ein sehr schwaches Teutschland haben und ver langt, daß das Rheinland und das Ruhr-Gebiet ganz oder teilweise vom Reich losgelöst werden. Die Ver. Staaten und England nahmen diesen französischen Ansprüchen gegenüber eine ziemlich kühle Haltung an, wa ren aber zu einem Kompromiß ge neigt, der das französische Volk be friedigen konnte. Frankreichs Ideen inbezug auf West-Deutschland sind politischer Dy namit in Deutschland, wo alle Par teien für die Gebietsintegrität eintre ten. Molotow erklärte, daß Rußland für einen entwaffneten aber gefunden deutschen Staat sei. Er lehnte die Lostrennung von Gebieten im We sten glatt ab und verwarf auch die Britisch-amerikanische Föderationsidee. Gleichzeitig war er dagegen, daß in anderer Beziehung Trennungslinien durch Deutschland gezogen werden, und verurteilte die Idee, Deutschland »WWWWWSWVWWWWWW tzMWWWWD-- Eines ist jedenfalls sicher: Daß Rußland mit seiner Erklärung zu gunsten eines prosperierenden, zen tralisierten und industrialisierten taates das Fundament zu einer Kampagne gelegt hat, um in Deutsch land mehr Freunde und Einfluß zu gewinnen als irgend eine andere Macht, England, Frankreich oder die Ver. Staaten. Solche Entwicklungen hoben wir seit Jahr und Tag in Aussicht ge stellt. Ob nun die Russen ihre ange kündigte Politik konsequent durchfüh ren werden, bleibt abzuwarten. Ein neuer „Anschluß" Während die Herren Minister in Paris debattierten und deklamierten und Hr. Molotow eine feierliche Mie ne aufsetzte, als er sich gegen die Ge waltpolitik aussprach, ist die russische Gewaltpolitik nicht faul gewesen. Sie hat um die gleiche Zeit einen neuen Raubzug gegen das unglückliche Oe sterreich unternommen, der mit einem Schlag die unter fo unsäglichen Mü hen und Opfern erzielten Erfolge der Wiederaufbaubestrebungen in dem kleinen Donau-Lande zunichtemacht und das österreichische Volk hoff nungsloser Verelendung preisgibt. Zugleich hat der asiatische Sadismus neue Exzesse auf dem Gebiet der Mos fenvertreibung unschuldiger Menschen gefeiert (die in den letzten Tagen aus unbekannten Ursachen wenigstens zeit weilig eingestellt wurde). Was gegenwärtig in Niederöster reich und im Burgenland vorgeht, genügt, die Hoffnung auf einen an ständigen Frieden in Europa als ab surd erscheinen zu lassen. Tie Leute Stalins haben genau ge wußt, was sie taten, als sie unter kaltherzigem Bruch der dem Volke und der Regierung Oesterreichs ein um das andere Mal gegebenen Zu sicherung, die Serie de^Konfiskatjo nett auf „Reparationskonto" fei abge schlossen, die neue Raubexpedition in Niederösterreich ins Werk setzten und mit der Verjagung weiterer fünfzig bis sechzigtausend deutscher Menschen begannen. Ihnen lag daran, in Oe sterreich vollzogene Tatsachen zu schaf fen. Tie österreichische Angelegenheit steht zwar formell nicht auf der Ta gesordnung der kommenden Konfe renz. Tennoch dürfte sie mit zur Ver handlung gebracht werden, wie ja auch in Paris die Außenminister an dem österreichischen und deutschen Problem nicht vorbeigegangen sind und gar nicht daran vorbeigehen konnten, ist dieses Problem doch schlechthin das europäische Problem! Gewaltakte wie die neuesten Lei stungen der Russen in Oesterreich wa ren es, die dem Tyrannen Hitler schließlich Rejch und Leben kosteten. Wir können nicht an die Anwendung des gleichen Rezepts gegen die An griffs- und Raubpolitik des roten Faschismus denken. Wohl aber hal ten wir es für ausgeschlossen, daß die Diplomatie Amcrikaf, Englands und Frankreichs auch diesen Stalin' schen Gewaltakt duldet. Polen Die antisemitischen Demonstratio neu in Polen dauern an. Die kommu nistische Regierung sucht die Schuld auf die Kirche zu wälzen, die dem Sturm nicht rechtzeitig gewehrt habe. Gegen diese Anklage legt Kardinal Hlond energisch Verwahrung ein. Es sei der Kirche zu danken, daß die Un-~ ruhen nicht noch größeren Umfang an nahmen. Im übrigen lege man der Kirche alle möglichen Schwierigkeiten (Sortsetzung auf Seite 8) -vV Nr. U auf ein Ackerbauland herunterzu» drücken, eine Idee, die übrigens von. keiner bedeutenden Regierung ernst lich erwogen wurde (?), seit die Kon troverse über den Morgenthau-Plan entstanden ist. Daß sich Moskau ausdrücklich ge« gen den Mergenthau-Plan gewandt hat, dürfte nach Washingtoner Auf fassung mit dem Bestreben zusammen hängen, die Kommunisten in Deutsch land für die russische Politik zu ge» Winnen. Die Russen können es sich jetzt leisten, diese Haltung einzuneh men, weil sie alles bekommen haben, was sie von Teutschland haben wol len: Entschädigung für die Polen für das, was die Russen selbst den Polen abgenommen haben. Tos wurde schon vor einem Jahre erreicht. Rußlands entschiedene Haltung gegen eine Zer stückelung Teutschland» wurde in der Bundeshauptstadt dahin ausgelegt, daß die Russen jetzt den deutschen Führern nach den Gebietsverlusten im Osten die Zusicherung geben wollen, daß weitere Verluste nicht zu befürch ten seien.