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F\ "ti 16.- „v, w. -5L ':-v g" if'.-' 6 & i V4* 4 fcli A. 6 %vA. ti Jahrgang 75 .t, 5 Hie italienischen Wahle» In Sem Kampf unt Europa hat Rußland eine wichtige Schlacht verlo ren. Tie kommunistisch-sozialistische Front in Italien erlitt in den Wah len am Sonntag und Montag eine so schwere Niederlage, daß sie keinen An spruch auf Beteiligung an der Regie rung erheben kann. Tie Christlichen Demokraten und ihre Verbündeten ha Ben, soweit die bei der Niederschrift unserer Wochenrundschau vorliegen den Wahlergebnisse erkennen lassen, nahezu siebzig Prozent der abgegebe nen Stimmen erhalten. Davon entfal len mehr als sünfundvierzig Prozent auf die Christlichen Demokraten, weit mehr als der kommunistisch-so zialistische Block aufzuweisen hat. Togliatti und andere rote Führer hatten noch vor wenigen Wochen mit aller Bestimmtheit vorhergesagt, daß die Kommunisten als stärkste Partei aus der Wahl hervorgehen würden und daß die Christlichen Demokraten sich mit höchstens fünfunddreißig Pro zent der Stimmen würden begnügen müssen. Diese Zuversicht der Hand langer Moskaus war nicht ganz un berechtigt. Die Kommunisten waren festorganisiert, hatten einen starken Rückhalt an den Gewerkschaften, be sonders in den großen Jndustriestäd ten in Nord-Italien, und es standen ihnen augenscheinlich reiche Geldmit tel zur Verfügung. Eine ganze Reihe ihrer Führer ist in mehrjährigem Auf enthalt in Moskau in der Agitations und Wahltaktik geschult worden, und glaubwürdige ausländische Beobach tet erzählten von geradezu unglaubli chen Schwindeleien, deren sich roten Wahlagitatoren bedienten. So ver sprachen sie z.B. städtischen Arbei tern den Besitz der Fabriken und ar men Bauern und Xaglöhnent, gaben sie „Anweisungen" aus Landgüter, und allen insgesamt malten sie die Zukunft unter der Sonne russischer Freundschast in den rosigsten Farben. Dabei hüllten sie sich in den sprich wörtlichen Schafspelz, versicherten hoch und teuer, daß sie keine un freundlichen Absichten hegten gegen die Kirche, sondern in Freundschaft mit ihr leben wollten, wenn sich die Kirche der Politik fernhalte. Auf intelligente Wähler machten solche Flunkereien sicherlich keinen Eindruck. Aber es ist hinreichend be gannt, daß auch in politisch aufgeklär ten Ländern und in ganz normalen Zeiten gar viele auf den dicksten Wahl schwindel hereinfallen, und es kann darum nicht wundernehmen, wenn in einem verarmten und hungernden und politisch verhetzten Land die roten Verheißungen nicht wenige betörten. Die Kommunisten, deren politische Werbung nie zum Stillstand kommt, hatten angesichts der lähmenden In teresselosigkeit und dumpfen Verzweif lung weiter Volksmassen einen weiten Vorsprung. Die Angehörigen des Mittelstandes, die auch in andern Ländern schon lange der Politik und der Parteien überdrüssig sind und allzu sehr im Banne des Schlagwor tes stehen, daß „ja doch alles nichts nützt", standen vielfach dem Partei getriebe ^mißtrauisch und verbittert gegenüber. Ten Christlichen Demokra ten standen zudem nur unbedeutende Mittel für Wahlagitation zu Gebote. Ihnen und den zahlreichen kleinen Parteien, die zum Teil in überlebte Traditionen (Monarchismus) tier strickt find oder auf eigenbrödlerische Sozialprogramme sich festgelegt ha ben, fehlte es an einer strammen Or ganisation. Neben den Christlichen Demokraten kam als nennenswerter Gegner des Umsturzes und des Aus verkaufs an Moskau nur noch der rechte Flügel der Sozialisten in Be tracht. Kein Wunder, daß die Kom munisten und Radikalsozialisten von einem leichten Sieg und der Über nahme der Regierung träumten! Der Wendepunkt Aber dann leiteten die Ereignisse in Prag den Umschwung ein. Die Volksschichten, die noch nicht dem Ra -dikalismus verfallen waren, denen Vaterland und Christentum noch nicht zu leeren Begriffen geworden waren, begannen den politischen Vorgängen Beachtung zu schenken. Positiv einge stellte Führer vom Schlage de Gaspe ris fanden Gehör. Die Vertreter der Kirche, zuerst durch Liberalismus und 1 1 Mio :ij, ml in Familienblatt Gwischen Krieg und Frieden Logentum und dann durch den Fa schismus mundtot gemacht, traten auf den Plan nicht um der Parteipoli tik willen, sondern um das Vaterland und christliche Kultur zu retten und dem Volkswohl zu dienen. Tie Katho lische Aktion begann sich zu regen und verbreitete Aufklärung über die dro henden Gefahren. Ter Kommunismus suchte empört den erwachenden Wi derstand zu Boden zu treten und alle kirchenfeindlichen Gewalten, über de ren wüstes Treiben schon im Winter Papst Pius und das Kardinalskolle giunt bittere Klage geführt hatte, zu mobilisieren, um das scheinbar in Reichweite liegende antichristliche Re giment in der Stadt der Päpste auf zurichten. Ta ergriff Papst Pius am Ostertag von neuem das Wort und rief in flammender Rede auf zur Ab wehr der feindlichen Anschläge. Unterdessen hatten auch die westli cheu Regierungen, die Italien nach dem Zusammenbruch des Faschismus recht schäbig behandelt hatten, begrei fen gelernt, daß der Apenninischen Halbinsel im Kampfe zwischen Osten und Westen eine weit größere Bedeu tung zukommt als Griechenland. Man beschleunigte den Europäischen Hilfs plan und räumte darin Italien eine wichtige Stelle ein. Man ergänzte die se Hilfsaktion durch eine ganze Reihe Sondermaßnahmen für Italien, droh te zu gleicher Zeit mit der Ausschal tung Italiens im Falle eines fommu nistischen sieges, stellte dem Land die Revision des Friedensvertrags und die Rückgabe Triests in Aussicht und dazu die Aufnahme in den Tugend bund der friedliebenden Nationen. Tie Kommunisten, tobten, Moskau wetterte und drohte. Aber das fast Unglaubliche war geschehen, Italien war aus der Lethargie erwacht, das italienische Volk kämpfte um seine Existenz, kämpfte um die amerikani sche Freundschaft und Hilfe, kämpfte gegen die bolschewistische Verseuchung, die es materiell und geistig zu erstik ken drohte, wurde damit ein be siegtes, verarmtes, zu Boden getrete nes, verachtetes Land! zu einem wertvollen Bundesgenossen des We stens, zu einem Schutzwall gegen die rote Flut. Man darf die Bedeutung der ita lienischen Wahlen nicht überschätzen. Tie Millionen roter Wähler werden jetzt nach der Niederlage ebenso wenig aus dem politischen und sozialen Le den ausgeschaltet sein wie die Millio nen der deutschen Kommunisten nach Hitlers „Machtübernahme" ausge schaltet waren. Unter dem Nazi-Re giine wechselten diese vom roten ins braune Lager, und gerade diese Tat sache, die Mitgliedschaft von Millio nen geistig und sittlich hemmungslo ser Menschen, wirkte sich im National sozialismus so fürchterlich aus. Die Millionen enttäuschter und verbitter ter Kommunisten werden sich auch in Italien nicht ins Altenteil zurückzie hen. Sie werden sich irgendwie Gel tung zu schaffen suchen. Vielleicht, daß sie die Niederlage scheinbar ruhig hin nehmen und sich auch einstweilen da mit abfinden werden, daß sie aus der Regierung ausgeschaltet bleiben. Aber man kann sich darauf verlassen, daß sie ihre Rolle im politischen und so zialen Leben Italiens noch nicht aus gespielt haben. Sie werden, von Ruß land über das benachbarte Jugosla wien unterstützt, ihre Agitation fort setzen, bei jeder sich bietenden Gele genheit Unruhe und Unfrieden stiften, die ihnen wesensverwandten Soziali sten umwerben und sich ihnen anzu passen suchen, um mit deren Hilfe schließlich doch noch eine Mehrheit zu erlangen und ein radikales Regime zu errichten. Und das größere oder geringere Maß des Erfolges solcher Bestrebungen wird abhängen von der Klugheit und den Leistungen der jetzt siegreichen Koalitionsregierung und der staatsmännischen und vernünfti gen Haltung der führenden Länder des Westblocks und der Erfüllung der von diesen aus politischen Motiven gegebenen Versprechen. Europäische Wirtschaftskooperation Aber wie immer auch die weitere Entwicklung sich vollziehen wird, das vorläufige Ergebnis der Wahlen wird von unberechenbarem Einfluß auf die Weltlage fein. Es schafft, we nigstMs für die nähere %r,Si fur v jV* Wahrheit Nun ist es zweifellos, daß das durch Teheran, Ialta und Potsdam im Her zen Europas geschaffene Vakuum für den russischen Eroberungswillen eine beständige Lockung bildet. Ten Osten des ehemaligen Deutschen Reiches ha ben sich die Russen bereits angeeignet, und sie werden Mittel und Wege fin den, den Raub durch „Volksabstim mung" unter dem Terror ihrer kommunistischen Handlanger zu „legalisieren". Die Bildung eines ost deutschen Vasallenstaates ist im Gang und vielleicht werden sich in einigen Wochen die Amerikaner, Briten und Franzosen trotz aller gegenteiligen bisherigen Erklärungen zur Preis gäbe von Berlin genötigt sehen, wenn sie es nicht zu einer Katastrophe kom men lassen wollen. Angesichts der sich immer kritischer gestaltenden Lage hat man sich endlich hen, und der britische Militärgouver- neur Robertson hat neulich die Deut schen ganz unverblümt eingeladen zum Eintritt in den westeuropäischen Block (England, Frankreich, Holland, Belgien und Luxemburg). Dieser Block ist als Gegengewicht gegen den Ostblock gedacht, und der Beitritt Deutschlands wäre gleichbedeutend mit der Teilung Deutschlands, der „zeitweiligen" Teilung, wie man euphemistisch sagt, die aber, einmal endgültig vollzogen, viele Jahre, viel leicht Jahrzehnte bestehen wird. Aber immerhin, die Berücksichti gung Deutschlands in dem amerika nischen Hilfsplan und der britische Vorschlag bedeuteten einen kleinen Fortschritt gegenüber der engherzigen Politik, die bisher jeden Aufstieg Deutschlands unmöglich machte. Der Eintritt Deutschlands in den Westblock wird wohl nicht so bald erfolgen, schon deshalb nicht, weil ja Deutschland kei ne Regierung hat, die einen solchen Schritt beschließen könnte. Es hat auch gar keine Eile damit. Denn die Al lianz der fünf Staaten ist trotz der feierlichen Vertragsbestimmung mili tärisch bedeutungslos (besonders wenn nicht Amerikas Kriegsmacht vertrags mäßig dahinter steht) und würde auch nicht stärker durch den Beitritt des ohnmächtigen Teutschland. Und für Teutschland selber könnte sich der et tvaige Anschluß als schlimmes Aben teuer erweisen, da es das erste An griffsobjekt sein würde, wenn es Ruß» land einfiele, gen Westen zu marschie ren. Deuhschlands Vertrete? in Paris Wichtiger ist die Beteiligung Teutschlands am Marshall-Plan. Es ist zweifellos, daß die Kunde davon Tausende Deutsche mit neuer Hoff nung erfüllte. Aber es ist zu befürch ten, daß Deutschland kein Jota mehr erhält als den Westländern im eige nen Interesse als unbedingt notwen dig erscheint. Zn den letzten Tagen waren die Vertreter der „Marshall Plan-Länder" in Paris versammelt. Sie einigten sich auf die Schaffung einer Organisation für die Europäi sche Wirtschaftskooperation (OEEC). Die Staatengruppe heißt es in einer Meldung der „Ass. Preß" „will den Wiederaufbau koordinieren und zusehen, daß die Beisteuer der Ver. Staaten unter dem Marshall Plan in Höhe von $5,300,000,000 so verteilt und angewandt wird, dah die besten Ergebnisse erzielt werden kön nen. Vertreter der beteiligten Staaten. Ver.Wsate» unfr "m f\Z'y?^^w $ ..•• und amerikanischen Hilfsplan freie Bahn, wird im Verein mit diesem die in dein ungeheuren Sumpf der Nachkriegszeit versinkenden Völker mit neuem Le benswillen und neuer Hoffnung erfül len und dämpfend auf'die russisches lirpmtsionsplätie einwirken. Aller dings ist auch mit der Möglichkeit, wenn nicht Wahrscheinlichkeit, zu rech nen, daß Rußland in der Erkenntnis des entschwindenden Sieges seine An strengungen verdoppeln und, nachdem feinen Plänen und Intrigen in Ita lien ein Halt geboten wurde, über Deutschland gegen Westen vorzusto ßen versuchen' wird solange die Westmächte für einen entschiedenen Abwehrkampf nicht gerüstet sind. Man darf angesichts der rücksichtslosen Po litik Rußlands, die sich in den letzten drei Jahren in ihrer ganzen Brutal^ tat und Skrupellosikeit enthüllt hat, als sicher annehmen, daß die Mosko witer unbedenklich einen Bruch her beiführen würden, wenn sie sich heute das Risiko eines dritten Weltkrieges leisten zu können glaubten, und daß sie unverwandt Ausschau halten nach unzweideutigen Anzeichen der Schwä che des Westens. der westlichen v- .' rAJAAA,^" -,1s W' *'"'r. 1 Recht AusyabedeÄ,Manderer* Hera»»gegebe» Päpstliche» Kollegin« Josephi»»« z»« Beste» de? PriesterzSgli»ge! -r Preis fiir eis J«hr is de» Be?. Gwate» $2*60, is Äennbo und alle» anbeten Ländern $3.00. Okkupationszonen in Deutschland un terzeichneten die Charte und erwähl ten die Beamten. Paris wurde zum permanenten Hauptquartier bestimmt. „Viele Beobachter erblicken in der Organisation den Kern für eine zu künftige wirtschaftliche und politische Föderation von ganz Europa. Der französische Außenminister Bidault nannte sie ,den ersten Schritt zur Bil dung Europas'. „Premier Paul-Henri Spaak von Belgien wurde zum Vorsitzer des Rats der Organisation gewählt. Robert Marjolin von Frankreich wurde Ge neralsekretär. Griechenland und Dä nemark sind durch Vizevorsitzer im Rat vertreten. „Sir Edmund Hall-Patch, der Fi nanzfachmann des britischen Auswär tigen Amts, wurde zum Vorsitzer des Exekutivkomitees gewählt, in dem England, Frankreich, Italien, Hol land, Schweden. Schweiz und Türkei vertreten sind. Der Amtstermin läuft auf ein Jahr. „Ter britische Außenminister Er nest Bevin legte die Charte der Ver sammlung vor Tann setzten die Vertreter der Länder ihre Unterschrift unter das Dokument. Ter letzte war Sir Brian Robertson, der britische Militärgouverneur, als Vertreter der britischen und amerikanischen Okkupa tionszone unterzeichnete. Es war das erste Mal, daß Teutschland seit dein Ende des Krieges in einer internatio nalen diplomatischen Konferenz ver treten war Tic Schlußsätze lesen sich fast wie ein Witz. Also „Teutschland war ver treten" durch den britischen Mili tärgouverneur. Kollektivschuld nur eine deutsche Angelegenheit? Taß in Paris Italien und Oester reich wieder durch ihre Außenminister Graf Sforza und Tr. Karl Gru ber offiziell mitberaten durften, Teutschland aber durch den britischen Militärgouvernenr vertreten war, de- Inie ^öutoroeit von xaita ,7^r,v v. zur Belehrung und Unterhaltung uud Potsdam, inmitten Europas einen po litischen Hohlraum zu schaffen. Es ist dieselbe Torheit, die es verschuldet hat, daß nun die Gefahr eines dritten Weltkrieges besteht. Genau genom men, waren es ja solche Explosionen wie die von Griechenland, Prag uud Berlin, die das westliche Siegerlager aufschreckten und es erklären, daß nun eine Konferenz zur Rettung Europas die andere jagt. In der bisherigen Ausschließung Teutschlands von al len diesen Konferenzen haben wir es nur mit einer Fortsetzung von Ialta und Potsdam zu tun, wie sich erst vor ein paar Monaten in Ti'mfirchen zeig te, wo England und Frankreich ein Verteidigungsbündnis gegen einen künftigen deutschen Angriff schlossen, von dem fein militärischer Fachmann der Welt zu sagen vermöchte, wie er nach dem Zustand, in den Teutschland durch seine totale Niederlage geraten ist, in absehbarer Zeit denkbar wäre. Das propagandistische und politi sche Eingreifen der Ver. Staaten, Englands und Frankreichs in den ita lienischen Wahlkampf hat gezeigt, wie weit die westalliierte Staatskunst ge hen kann, wenn sie ihren Vorteil da rin findet, in irgendeinem der besieg ten Länder die demokratischen Kräfte zu stützen. Auch im Falle Oesterreich haben Washington, London und Paris nicht Daran gedacht, das ganze besiegte Volk ans der Gemeinschaft der demo Erotischen Nationen auszuschließen, wenn die kleine Republik auch, im Ge gensatz zu Italien, noch nicht als gleichberechtigtes Mitglied zu dem (nun im Verscheiden liegenden) Völ kerklub von Lake Succeß eingeladen worden ist. Gegen die anständige Be Handlung Italiens und Oesterreichs durch die Sieger ist natürlich nichts zu sagen. Sie ist nur ein Gebot der Gerechtigkeit und Vernunft, von der Demokratie im Völkerl eben und den Grundsätzen der Atlantic Charter nicht zu reden. Zwar trifft es zu, daß der moderne Totalitarismus faschisti scher Prägung, der Amerika das Le ben von Hunderttausende!! und drei hundert Milliarden Dollar kostete, ei ne italienische Erfindung ist. Das ita lienische Volk ist auch seinem Diktatur jahrzehntelang durch dick und dünn gefolgt und es ist nicht zu bestreiten, daß dem Begeisterungsrausche der Katzenjammer erst folgte, als der Duce besiegt war. Es war ein amerikani scher Präsident, der die Rolle des sa schistischen Italiens im Jahre 1940 als die eines Schakals brandmarkte, der sich beutehungrig auf ein schon aus tausend Wunden blutendes Opfer (Krankreich) stürzte. Aber wir hüten uns vor der undemokratischen und un sinnigen Verurteilung eines ganzen Volkes wegen der Sünden seines po litischen Regimes, an die ja auch die Verkünder der Kollektivschuld-These nicht denken, solange es sich etwa um das faschistische Italien von gestern oder um daS bolschewistische Rußland von heute handelt. Nur tragen wir vergeblich, warum den Deutschen noch immer das Brandmal der „Gesamt schuld" an den Verbrechen eines To talitätsregimes auf die Stirn gedrückt werden muß und warum nur für sie die wunderschöne Verkündung der „Vier Freiheiten" keine Geltung ha ben soll. Churchills Memoiren Letzten Freitag begann die New porker .Times' mit der Veröffentlich ung der Memoiren von Winston Nicht der unparteiische Historiker, sondern der Geschichte kl itterer führte die Feder, als er im dritten Abschnitt des ersten Kapitels über die Pariser Konferenz schrieb: „Fünfmal in hun dert Iahren 1814, 1815, 1870, 15)14 und 1918 hatten die Türme von Notre Dame das Blitzen preußi scher Kanonen geschaut und deren Tonner vernommen." In den Jahren 1814 und 1815 ging es um die Nie derwerfung des Korsen Napoleon, und in diesem Zusammenhang in abspre chendem Sinn von einer „Invasion" Frankreichs zu reden, ist billige Ten denzmache, die um so abstoßender wirkt, wenn man bedenkt, daß damals England unter den Feinden Frank reich* und den Verbündeten Preußens war! Es finden sich noch andere tenden ziöse Glossen in den bisher veröffent lichten Kapiteln. Aber selbstverständ lich sind das nicht die Hauptsachen, und_ man dars sich durch solche Ent gleisungen und schiefen Darstellungen den Blick nicht trüben lassen für die Würdigung der vielen sachlichen Ur teile des britischen Staatsmannes. So spricht Churchill rückhaltslos von den verhängnisvollen Fehlern nach dem ersten Weltkrieg von den wahnsin nigen („insane") ReparationSforder imgen und unnötigen Verdemütigun gen Deutschlands, der auf das politi sche und wirtschaftliche Leben Teutsch lands ausgeübte Zwang, der nur Verbitterung schuf und die späteren Katastrophen vorbereiten half. Zwei Aeußerungen Churchills sind beson ders beachtenswert: Er bedauert, daß eS dank „des amerikanischen Vorur teils gegen die Monarchie" zur Er richtung der Weimarer Republik kam, und noch .nachdrücklicher beklagt er die Tragödie der vollständigen Zer schlagung des österreichisch-ungari 1*d)eit Kaiserreiches, dieser noch verbliebenen Verkörperung des Hei ligen Römischen Reiches", in der vie le kleine Staaten vereinigt waren, die allein nicht lebensfähig waren und ohne diesen Halt zur Beute mächtiger Nachbarn werden mußten .. Tie Ausführungen Churchills ent halten für die heutigen Staatsmänner manche eindringliche Lehre (die leiden der ehemalige britische Premier selber nicht beachtete). Mit Recht betont er, daß auS dem ersten der zweite Welt krieg hervorging, „durch den die Welt in ein noch fürchterliches Ringen ge stürzt wurde, von dem niemand wird behaupten können, daß es mit der Vernichtung (von Faschismus und Nazismus) sein Ende fand". Und, so kann man mit Bestimmtheit beifügen, ans dem neue Katastrophen hervorge hen werden, wenn die Staatsmänner die unseligen Fehler des ersten Welt krieges fortsetzen, wozu sie in Teheran, Ialta und Potsdam den Anfang machten! Es zeigt sicherlich nicht von staats männischem Weitblick, daß man in Italien mit allen zur Verfügung ste i Churchill. Ein Mann, der das briti sche Volk durch die düstern Kriegs jahre führte und als einer der leiten den Staatsmänner folgenschwere Ent scheidungen treffen half, hat sicherlich vieles zu sagen, und seine Memoiren dürften zu den hervorragendsten Er scheinungen der Kriegsliteratur zäh len. Aber man darf keine abfolut ob jektive Darstellung erwarten. Solche Memoirenwerke neigen dazu, zur elbstapologie zu werden (ein Fehler, der ja auch den Erinnerungen von Cordell Hull anhaftet) und tenden ziös eingestellt zu sein gegenüber den Geschehnissen der Gegenwart. Chur chill ist sehr kritisch gegenüber den Fehlern des ersten Weltkrieges iso weit er keinen persönlichen Anteil da ran hatte), wir sind gespannt darauf, wie er die Fehler des zweiten Welt krieg es, an denen er als Staatsmann mitschuldig war, beurteilen wird. 3nlan& Die Befürworter einer großen ame rikanischen Luftarmada errangen letz te Woche einen Erfolg gegen Präsi dent Truman, als das Haus mit drei« hundertdreiundvierzig gegen drei Stimmen beschloß, $3,198,000,000 für die Luftwehr auszuwerfen, um fie auf siebzig Geschwader zu bringen. Wehrsekretär Forrcstal war für fünf» nndfünfzig Geschwader eingetreten und hatte erklärt, wenn darüber hin ausgegangen werde, kämen die ver schiedenen Waffengattungen aus dem Gleichgewicht. Stuart Symington, der Sekretär der Luftwehr, war für sieb zig Geschwader. Für die fünfundfünfzlg Geschwa der waren $2,376,100,000 verlangt worden, aber das Haus ging darüber hinaus, bewilligte noch weitere $822, 000,000 und schickte die Vorlage an den Senat. Das Ausbauvrogramm ist auf fünf Jahre berechnet, und um es durchzuführen, müssen später noch weitere Milliarden bewilligt werden. Die Frage der Stärke der Luftwaf fe wird von neuem zu scharfen Mei nungsverschiedenheiten führen, sobald der -senat mit den Verhandlungen in der Sache beginnt. Sie ist überaus kompliziert, und die endgültige Cnt jchetdung des Kongresses muß das Re sultat gewissenhafter und objektiver Prüfung durch die besten Fachleute sein, und zwar auch solcher auf wirt schaftlichem Gebiet. Wird es sich doch hierbei nicht nur darum handeln, wie weit der Kongreß in dem Ausmaß der Rüstungen gehen soll, vielmehr sind gleichzeitig auch die Folgen zu berück sichtigen, die mit den neuen Rüstungs lasten für unsere Wirtschaft verbun den sind. Es war Forrestal, der nachdrücklich darauf hinwies, daß der Nation und ihren militärischen Sicherheitsinteres sen schlecht gedient sein würde, wenn das Wirtschaftsleben unter der „schim mernden Wehr" zusammenbrechen würde. Tie innerrussische Propagan da und die „Kominform".Agitation lassen seit langem keinen Zweifel da ran, daß die Machthaber in Moskau gerade auf ein solches Ergebnis unse rer Rüstungspolitik spekulieren. Mit Ungeduld warten sie aus die amerika nische Wirtschaftskrise, die ihren In filtrationSkünsten in den Ver. Staa ten die ersehnte Gelegenheit geben und zugleich alle Pläne für die Sanierung West-Europas über den Haufen wer fen foll. Präsident Truman erklärte mu Samstag in einer Rede vor Zeitungs leuten, daß die Wirtschaft der Nation durch hohe Preise ernsthaft gefährdet ist. Erneut forderte er die Annahme seines Programmes zur Inflations bekämpfung durch den Kongreß, „che es zu fpät ist". Er führte aus, der Erfolg der ame rikanischen Außenpolitik sei weitge hend von der Stärke und Stabilität der internen Wirtschaftslage abhän gig. „Wir bemühen uns, eine Wirt schaftskrise zu vermeiden, indem wir unsere Prosperität beschützen, so lange wir sie haben. Wir bemühen uns, ei nen Krieg zu vermeiden, indem wir fest bleiben, ehe eS zu fpät ist. Tat sache ist es jedoch, daß Misere Wirt schaft infolge hoher Preise und In flation in ernsthafter Gefahr schwebt." (Sottfefctna auf 6cUt I) •nzxilt "1 Nr. 51 henden politischen und wirtschaftlichen Mitteln den Kommunismus und das hinter diesem stehende Rußland zu rückzuwerfen sucht und gleichzeitig in Teutschland, wo die russische Gesahr gleich groß ist, immer nur den Kriegs verbrecher, den MachtrivaJeu und Ge schäftskonkurrenten erblickt, daß man dem deutschen Volk schöne Versprech ungett macht und sich dann zur Be schwichtigung der französischen Angst meierei (und auf die lumpigsten der französischen Könige zurückgehenden Annexionspläne?) in nie endenden Debatten darüber ergeht, ob Deutsch land als Staatenbund oder als Bun desstaat wieder erstehen darf. Churchill will ein kalt berechnen der Realpolitiker sein, Bidault ein christlicher Staatsmann, Bevin ein Biedermann, und Marshall ein Stra tege auch als Diplomat. In der Pra xis aber merkt man von all diesen Ansprüchen herzlich wenig. Ob Real Politiker, christliche oder sozialistische Staatsmänner und diplomatische Strategen, sie könnten sich mit Ge winn die Politik zu eigen machen, die weben wieder Papst Pius gegenüber Deutschland vorgeschlagen hat Verzeihung und gemeinsames Mühen um den Wiederaufbau der Welt? \n\n Samstag, dea 34. April 1948