H. Jaivoar &S& &&* i hannelis Weihnacht Ko» Elfe Baumgart»er Ein fturmtoilder später Winter abend ist es, kurz vor Weihnachten. Wie dicke weiße Polster lagern die Schneemassen vor den hohen Fenstern. Die elektrischen Bogenlampen in den Straßen schaukeln hin und her flak fcntb tanzt ihr Schein über die der ßhneiten Wege. Mit großen und klei nen Paketen beladen, huschen dunkle Schatten durch die Straßen. Frierende Menschen eilen, vom Sturm vorwärts gejagt, schutzsuchend ihren Wohnungen zu. In Hannelis Vaterhaus aber ist es mollig warm. Große Bukenknoben glühen und knistern im altmodischen Kamin. Traute Behaglichkeit erfüllt ben Raum, darin Vater und Kind eng aneinandergeschmiegt dem Feuer zu schauen. Vor ihnen liegt Hektar, der Jagdhund, lang ausgestreckt und stößt hie und da sein wohliges Grunzen aus. In dieser Zeit sind der Vater und sein kleines Mädeli abends immer bei fammen. Hanneli darf dem Vater nun immer bis vors Gartentor entgegen jvufen, denn er kommt erst am Abend mit dem Zuge aus der Stadt, wo er ein wichtiges Amt hat. Dann beginnt für Klein-Hanneli eigentlich erst der Itcig. Sie darf ihre Abendsuppe im großen Eßzimmer mit dem Vater ein Pehmen, wo die vielen Hirschgeweihe hängen, und sitzt neben ihm am schön gedeckten Tisch. Aber erst beim Nach •tisch, auf den sich das Hanneli schon den ganzen Tag freut, geht die Ge mütlichkeit so richtig an. Der Vater nimmt dann einen großen rotbackigen Apfel und schält mit einem feinen Sil Oermesserchen eine Riesenschlange von 6er Frucht und ist das Werk, dem man Mit großer Spannung zuschaut, be Kndet, dann jubeln beide übermütig auf und es geht weiter. Kleine zierli che Scheiben werden geschnitten und Hanneli steckt sie abwechselnd dem Va fer und sich in den Mund. Bei diesem gegenseitigen Füttern wird dann, al les erdenklich Nötige, Liebe aber .Manchmal auch recht Unliebe zwischen üen beiden Kameraden ausgetauscht. Daß sie sich gegenseitig unendlich Hebhaben, wird überhaupt und selbst verständlich zunächst immer wieder mit einer zärtlichen Umarmung festgestellt. Wie ein Bächlein plätschern dann die Erzählungen des Kindes über sein Er leben am Tage. Da, wo der Vater flicht so ganz, ganz sicher ist, ob alles in korrekter Ordnung und Artigkeit abgegangen ist, stellt er in liebevollem Hone seine kleinen Gewissensfragen. Und ehrlich und wahrheitsgetreu, mit fcern klaren Blick der großen Guck äugen gibt das Kind dann Auskunft. Wenn auch manchmal so purpurrot im Besicht wie die röteste Stelle im rosa fleisch des zum Schmause bereiteten pfels. Daß sie mit den wilden Buben ohne Strümpfe und Schuh im Schnee gewatet, daß das neue Kleidchen ganz von selber schwarze Flecken be Bommen von der Heidelbeerkonfitüre. Daß man, o wie rot wird da das Hanneli! heimlich ein Bücherpaket jBuf Vaters Schreibtisch geöffnet, um zu sehen, ob nicht vielleicht etwas vom Christkindli dabei sei Das alles mußte der Vater natürlich wissen. Sein ernstes klares Verbot aber tour* de vom Hannelt niemals übertreten, das wußte er. Und nie, niemals hatte pe ihm eine Unart, die sie begangen, verschwiegen. Auch das wußte er ge nau. So konnte er, der vielbeschäftig te Mann an diesen Weihnachtsvor abenden, die er seinem einsamen Kin* ie widmet, aus Hannelis Seelchen herausfragen, was ihm wichtig Der Wintersturm tobt ums Haus und rüttelt an Fenstern und Türen. Heftor fährt auf und spitzt die Oh ren. Noch enger kuschelt sich Hannelt an den Vater, der neue Buchenscheite ins Kamin wirst, wo sie lustig auf prasseln. Sinnend schaut Klein-Hanneli in die Flammen. Es- ist schweigsamer heute als sonst —und immer wieder fucht das Auge des Vaters in die Seele des Kindes zu dringen. Hanneli hatte heute den ganzen Tag mit den wilden Buben herum getollt, war dann' mit ihnen in ihr Häuschen eingekehrt und hatte bei Franzlis Mutter, der Moosbäuerin, wundervolle Schmalzküchlein zu ko tzen bekommen. Dann hatte sie mit angesehen, wie die Bäuerin ihren braunen Buben um seines zerrissenen Hösleins willen kräftig bei den Oh ten nahm, und schließlich hatte sie der Karli an der Hand genommen und ih sein armseliges Hüttlein geführt, wo seine blasse, kranke Mutter, die Flickmarie, dem Hanneli Puppenflik- T, V "»I ken und zuckersüße Lebkuchen gab. Und hinterher hatte sie ein ganz zar tes, liebes Streicheln von Karlis Mutter bekommen— das aber war noch viel, viel süßer als alle süßen Sachen zusammen... „Hanneli!" sagt der Vater jetzt und hebt das Köpfchen des Kindes sanft zu sich empor. „Sag' mal, Vati," beginnt das Kind stockend, „warst du denn ctgent lich immer schon auch mein Mutti?" Der Vater steht auf, nimmt sein Mädeli auf den Arm und trägt es »vor das Bild der Mutter. Nun galt es, die Frage zu beantworten, die er eigentlich längst schon erwartet hat te: „I, denk' nur, Hannelt. der glei che Gottesengel, der dein Seelchen hier zur Erde getragen, der Hat dein junges Mütterchen an die Hand ge nommen und in den großen, wunder schönen Himmelsgarten zum lieben Gott geführt." „Warum denn, Vati?" Ja, danach dürfe man nicht fra gen, sagt der Vater, denn was Gott tut, geschieht aus lauter Liebe zu uns. Aber alle Vatis, deren Kinder kein Mutti mehr haben, die find dann eben Vater und Mutter zugleich. „Ach so," sagt Hanneli nur und nickt dazu wichtig mit dem Kopfe, wobei die kürzen dicken Schwänzchen mit den roten Maschen an den Ohren sich munter auf und ab bewegen. Es verstand gerade so viel, daß es einen doppelt guten und lieben und ihm ganz besonders angehörenden Vater besaß. Es liebt ihn womöglich noch zärtlicher, umarmt ihn noch ungestü mer, läuft ihm abends noch unge duldiger durch den Schnee bis zur Gartenpforte entgegen. Aber wenn es tagsüber allein ist, muß Hanneli immer wieder daran denken, wie schön es wäre, wenn es nur einmal, ein einziges Mal vielleicht nur am Heiligen Abend ein Mutti bei sich hätte. „Vati," fragt an einem der näch sten Abende das Hanneli schüchtern, „können wir denn kein neues Mutti zum Christkindlitag kaufen?" „Nein, Hanneli," sagt der Vater sehr ernst, „ich kann dir kein Mutti kaufen, das dich so lieb hätte wie deins, das der liebe Gott zu sich ge nommen hat. „Aber kannst du auch keins kaufen, das wenigstens dich so lieb hat?" sucht das Kind mit dem Vater zu handeln. „Ich kann auch keins kaufen, das mich so lieb hat wie dein Mutti, Han neli," sagt der Vater bewegt und wen det sich rasch ab. Heute darf das Hanneli besonders lang beim Vater bleiben. Die alte treue Martha war schon längst mit ihren humpelnden Schritten ein- und ausgegangen und hatte den Tisch für den nächsten Morgen gerichtet. Han neli wird heute vom Vater ms Bett gebracht und plaudert wieder von an deren Dingen: wie es alle Nacht das Christkindli mit einem feinen, feinen Silberglöckchen vom Himmel schwe ben sehe wie blle Sterne so wun dersarn hell am Nachthimmel leuchte ten —, und ein Sternlein, ein ganz, ganz Helles, klares, das lasse gewiß das tote Mutti aus dem Himmels garten auf den Vati und sein Hanne Ii herunterleuchten. Und selig plaudert sich das Kind in den Schlaf, währen der Vater an seinem Weißen Gitterbettchen sitzt und das warme Kinderhändlein festhält ganz ruhig und fest, bis die Wor te immer abgebrochener von dem rast losen Plaudermäulchen fließen und ruhige, gesunde Atemzüge ihm an künden, daß sein Kind in das Traum land eingezogen, wo es dem Christ kindlein begegnet und seinem Mutti, das es nie gekannt und nach dem es sich von Tag zu Tag mehr sehnt. Hierauf geht der große, ernste Mann in sein dunkles Arbeitszim mer, um den Sturm in seinem In nertt austoben zu lassen. Hell itttb jubelnd lauten die Glok ken das Christkind ein. Hanneli darf dem Vater heute bis zum Bahnhof entgegengehen, denn heute kommt er schon um einige Stunden früher heim. Mit roten Backen, fest in das warme Mäntelchen gehüllt, steht sie am Stationsgebäude und schaut un geduldig dem einfahrenden Zuge ent gegen. Ein paariyal hatte Hanneli heute» schon an der verschlossenen Tür des großen Zimmers gerüttelt, aus dem ein so lieblicher, geheimnisvoller Dust zu strömen schien. Ja, auch durch das Schlüsselloch hat man zu sehen versucht, weil die Zeit heute gar so langsam dahinschlich. Alles das aber würde man dem Vati sagen, der dafür sein fernes, verständnisvol les Lächeln haben würde. Da kam er gerade, mit rätselhaf­ ten Paketen beladen, die endloses Fragen heraufbeschworen. Jubelnd springt Hanneli an des Vaters Hand durch den Schnee. Es dämmert und aus der Ferne grüßen vereinzelte Lichter den Heimwärtsschreitenden entgegen. Auch Hannelis Heim ist erleuchtet. „Vati, sahst du nicht, wie gerade das Christkindli durch unser Fenster flog und einen großen, großen Weih nachtsbaum mit leuchtendem Silber kugeln im Arm hielt? Wie unser Mutti auf dem Bilde sah es aus," fügt das Kind hinzu. „Ob wohl der liebe Gott unser Mutti heute zu uns schickt, damit es uns viele schöne Sachen aus dem Himmelsgarten bringt?" Unaufhörlich plaudert das erwartungsvolle Kind, ahnungslos, wie es den Schmerz schürt fit der Seele des geliebten Vaters. Mit strahlenden Augen spielt Halt neli unter dem Weihnachtsbaum die Kerzen sind fast am Verlöschen. Still hat der Vater dem Spiel des Kindes zugeschaut, seine Gedanken tauchen in die Vergangenheit. Mit ten unterm Spiel schaut Hanneli zu ihrem Kameraden auf wie trau rig der Vater heute aussieht. Er ist einsamer als sonst Hanneli muß doch nun für die neuen Puppenkin der sorgen. Aber nun springt sie zu ihm, schmiegt sich zärtlich an ihn: „Komm, Vati, jetzt bringen wir unsere Kinder ins Bett und dann schälen wir uns einen Apfel." Und Vati kniet mit Hanneli am Boden und tut alles, alles, was es begehrt, damit es nur ja nicht daran denke, daß es kein Mutti hat Die Frühglocken hatten zum Ge bet geläutet. Die Sterne am Him mel waren erblaßt und leise Däm merung lag über dem Christntorgen, da erwacht der Vater davon, daß sich etwas Weiches, Warmes sanft an sei ne Wange schmiegt. Jmt langen, wei ßen Nachthemdchen steht Hanneli an seinem Bett. „Vati," sagt das Kind glückstrah lend und neigt das Köpfchen leicht zur Seite „Vati, wenn ich groß bin, dann werd' ich dein Mutti." Und es war, wie wenn bei diesen unschuldigen Worten die ersten reinen Strahlen künftigen Weibtums das junge Haupt umflossen. Friedhofsgedanken am letzten Tage des Jahres Einen sah ich um den andern Wandern fort aus dieser Welt, Einen folgen um den andern Nach der Reih', die Gott bestellt. OHIO-WAISENFREUND Familienkreis Dem, der weinet, jammert, klaget. Traurig blickt dem ander nach, Folgen bald auch Blick und Tränen Stilles Sehnen, lautes Ach. Das sind die ernsten Gedanken, die einem kommen, geht man in den letz ten Tagen des Jahres über den still gewordenen Friedhof. Wenn auf den Wegen die Spuren der Räder, die da die Toten trugen, und die Spuren der Füße, welche die Toten begleiteten oder die Gräber in Liebe wieder auf suchten, zurückgeblieben wären, es würde einem vorkommen, als sei eine große Armee hier durchgewandert. Die Begräbnisse selbst sind so verschie den gewesen, manche mit viel Pomp und ganzen Wagen von Kränzen, an dere ganz einfach, einige still, von wenigen, vielleicht niemandem beglei tet, andere, bei denen die Weisen der Hornmusik über den Kirchhof schall ten und Gewehrsalven in die Gräber knallten. Des einen Grab, obgleich er schon viele Monate gestorben, liegt noch verlassen da und niemand von den Verwandten und Bekannten hat so viel Interesse für den Toten, vielleicht auch nicht so viel erspart gehabt, ein Blümchen drauf pflanzen zu lassen aus anderen Gräbern steht schon lange ein schöner Stein oder ein einfaches Kreuz und die schön gepflanzte An läge gibt Kunde von häufigem und liebevollem Besuch. In wie vielen Arten und Formen hat der Tod in dem verflossenen Jah re die Seinigen auf den Kirchhof ge bracht! Den einen als kaum gebore nes Kind, den andern als lebensmü den Greis, den einen im kräftigsten Mannesalter plötzlich durch ein Un glück, einen Schlagfluß, den andern in den vielversprechenden Jugendjah ren nach langem schmerzlichen Siech tum Vater und Mutter, beweint von ihren Kindern, Kinder, beklagt von ihren Eltern, deren Stütze sie waren in alten Tagen, Männer, die arme Witwen und Waisen zurückließen. Mm-, Vertraue dem Sterne Ein Neujahrs- und Eplphaniaslied v o n a a e e u Keine Zeit hat die Zeit Zeiger fliegt! Nacht will zum knospenden Licht! Tag will zu Tag Jahr zu Jahr, Seele, fürchte dich nicht! Ziehe mit dem Jahr den Weg, den es mag, Spann deine Segel und nütz deinen Tag Keine Zeit hat die Zeit der Zeiger fliegt! Träumst du rückwärts den Steg, Siehst du ans Gräber: Weh liegt bei Weh, Auch Hofnung verschneite am Weg. Eins nur flammt jenjseits vergängli cher Zeit, Wach-starke Seele, zum Lieben bereit. Lieben, Lieben ist Glück! Keine Zeit hat die Zeit der Zeiger fliegt! Geheimnis umwittert das Jahr O Seele, durch nebelnde Winternacht, Tappt nicht ein Lichtlein dir klar? Seele, und siehst du den schweislgen Stern? Drei Könige ziehen zum Kind, ihrem Herrn Glauben, Glauben ist Glück! Und siehe: Die eilende Zeit hat Zeit, Neigt sich zum Heiland und spricht: „Ich komme aus Gottes Ewigkeit, Seele, fürchte dich nicht! Ich trag dir den Stern der Sterne voran, Vertrag ihm und folg' ihm! Hinauf geht die Bahn Sei stark! Sei froh! Sei bereit!" Frauen, die. der Familie Ernährer und Schützer verloren. Gute Men schen hat man hierher gebracht, bei denen man sich schmerzlich fragt: Wa rum, o Gott, hast Du das getan? -y Nun ist der Mutter Freude tu diesem Kinde für immer dahin und der vortreffliche Mann, der so viel Gutes getan, wer soll ihn ersetzen? Ob auch Böse kanten, wird dec Richter do oben wissen, wir können nur wün schen, es möge, wenn sie es im Leben gewesen, vor dem Tode Gottes Liebe und Barmherzigkeit ihnen zuteil ge worden sein. Und welchen Wechsel hat der Fried hcs selbst in diesem Jahre wieder er fahren Im Januar einige Zeit mit dem Leichentuche des weißen Schnees bedeckt, schien er noch starrer dazulie gen, aber auch noch friedlicher als sein Zweck ihn schon erscheinen läßt. Tann das erste Locken der Robins, ien Frühling zu kün5 n, das erste Hervorlugen der grüner.. Blatter im Äpril, dann Rose, Lilie und Nelke im limugen Flor. Dann wieder ein allmähliches Hinsterben, eine merk würdige, melancholisch stimmende Färbung des Laubes an Baum und Strauch, nun der Herbstwind und da? Wirbeln der dürren Blätter, zuletzt Allerheiligen mit viel Kränzen und viel Menschen, und dann allmählich eine große Stille, Weihnachtsfriede, Weihnachtsruhe rings umher. Und wie wird jetzt am Schluß des Jahres der Wert der einzelnen Men schen, die man hier in den zwölf Mo naten begraben, geschätzt? Vielleicht nach der Größe der Denkmäler oder der Kostbarkeit ihres Gesteins, viel leicht nach den Titeln, die man unter den Namen noch auf die Marmor platte geschrieben? Ich glaube kaum, denn wenn vielleicht mehr Leute an solchen Steinen stehen blei ben, als bei einem einfachen Kreuz, dann ist es eben mehr das neugierige Interesse an dem Stein oder an der Marmor- und Bronzefigur, seltener ein lebendiges Interesse an dem, der da unter dem Steine ruht. Da muß er schon weit über das Gewöhnliche hinausgeragt und einen allgemein be kannten Namen getragen haben.. Aber hat man denn keinen Maß stab zur Beurteilung des Wertes de rer, die hier schlafen? Wohl, und der Maßstab ist, wie viel sie von Gottes liebe in sich aufgenommen und nach ihrem Stande und Berufe und Ver mögen. Da kommen vielleicht manche mit den herrlichsten Denkmälern zu kurz. Aber die arme Frau, die eine Reihe von Kindern unter Sorgen und Not, mit Gebet und gutem Beispiele aufgezogen, der Vater, von dem die Kinder sagen können, sein Lebens- Vi, wcmdel ist das Beste, was er uns hinterließ, die guten Seelen bei Reich und Amt, deren Herz losgeschält von Habsucht und Ehrfurcht und Sinnen lust, dem Edlen und Guten sich zuge wandt, die barmherzigen Schwestern, die den Kranken und Armen dienten, die guten Kinder, die mit ihrer Hände Arbeit für die alten Eltern in Liebe sorgten die Gräber dieser scheinen mir jetzt die Hülle derjenigen einzu schließen, die auch für die Welt am wertvollsten waren. Man könnte sa gen, das ist Geschmacksache: mag sein, aber wenn es wahr ist, daß der Mensch sich selbst am besten erkennen kann, wenn er sich fragt, was er am mei sten liebt, dann kommen bei dieser Schätzung die Genannten sicher nicht zu kurz. Aber noch ein anderer Gedankt legt sich für uns am letzten Tage des Jahres auf dem Friedhof nahe: Diesem hat die Stund' geschlagen Bald erschallt des Führers Ton, Und ich ziehe mit den andern Von den anderen davon. Es zerfällt auch deine Hütte, Das beweglich leichte Zelt, Und die Händ' sie abzubrechen. Sind zum Werke schon bestellt. Willst du zagen, willst du weilen? Willst du ohne Kampf die Krön' Willst's als Sünder besser haben Als der ew'ge Gottessohn? Nicht wahr, wie wird e§~imS im neuen Jahre ergehen? „Heute mir, und morgen dir," und ant Friedhofs tor steht geschrieben: „Wanderer, be te für die, die int Grabe hier ru hen im Frieden, denke der eilenden Zeit, bald ruhest im Grabe auch du." Dem einen oder dem andern Freund schicken wir am 1. Januar 1949 keine Glückwunschkarte mehr, wie im vorigen Jahre, er ist eben un ter den Toten. Ob nicht unsere Freun de im nächsten Jahre vielleicht die ^arte auch für unsere Adresse sparen iönnen? Wer kann's wissen? Doch, da wir nicht den Tag noch die Stun de kennen, wann der Herr kommt, wollen wir uns in unserem Denken, Reden, Tun und Lassen immer recht nahe bei Gott halten, wollen durch Gebet und Sakramentenempfang un sere Seele mit übernatürlichen Kräf ten versehen, daß sie auf dem Wege zum ewigen Ziele nicht wanke. Aber indem wir noch einmal den Blick auf die Gräber und Kreuze wer fen und dabei die Frage an die Toten richten: Auf welchem Wege seid ihr hierhergekommen, und sie alle ant worten durch Leid und Schmerz und Kreuz, so wollen auch wir sagen: Da zu bin ich auch bereit: Ertrage, ent sage! Weltüberwindung und Selbst verleugnung, warnte Gottes- und Nächstenliebe, sei das Losungswort fürs neue Jahr! Neujahrsspuk Bon Fritz Müller-Partenkirchen In München war einmal der Win ter aus der Weife mild. Bis ins Weihnachtsfest hinein blieb's auf den Baugerüsten spring-lebendig. Dann, um eine Mittagsstunde, biß ein sol cher Wolfsfrost durch den ungedeckten Neubau, daß die Maurer holterpol ter alles stehen und liegen ließen. Auch einen Balken. Den entdeckten um Sylvester sechs Studenten. Stu denten waren damals noch verpflich tet, den Neujahrstag anzuulken. Ein getriebene Zylinder waren alter Schnee. Ausgehängte Türen gleich falls. Abgerissene und vertauj'fte Na mensschilder lohnte kaum i:jr ein Lächeln. Und alle diese alten Witze hatten das eine gemeinsam: Kam die Polizei dahinter, gab es Strafbefeh le.- kam sie nicht dahinter, gab es keine. Die Kunst war, eines mit dem anderen so zu kombinieren, daß man trotz Dahinterkommens keinen Straf befehl erlassen konnte. „Machen wir," sagten die sechs, nachdem sie eine Weile vor dem lo seit Balken gestanden und scharf nach gedacht hatten, „hoolup!", lupften, schulterten den Balken auf j: chs Schultern und marschierten los. Fei erlich durch eine Straße, Feierlicher durch die zweite. „Halt!" sprang aus der dritten ein behender Schutzmann. Gehorsamst, festgebannt im Raunte stand der Balken. Taktfest hoben sich und senkten sich vor Ort die zwölf Studenten beute, derweil der Schutz mann brüllte: „Was tun Sie da!" «Wir tragen," sagten die Sechs mit Grabesstimme. „Was tragen Sie „Wir tragen einen Balken." be harrte man tiefernst. „Wohin tragen Sie den Balten?!" »Wir tragen den Balken spazie ren," erscholl es voll und mild. „Ha! Spazieren! Einen Balken spazieren! Ihnen wird man's zeige» mitgegangen!" Der Balken wanderte im Räume wagrecht, unter ihm im Takte senk recht auf und ab zwölf Berne, vor ihm wütend der Gendarm. Wachtlokal. Gelangweilt drin ein Leutnant. Auf geht die Türe. Herein mit Zubehör der Balken. Der Schutz mann rapportiert. „Schon gut" der Leutnant, der ein Lächeln mühsam sich verbeißt. „Meines Wissens ist das Spazierentragen von Balken nicht verboten die Herren können ge hen." Feierlich geht's wieder durch eine Straße. Feierlicher durch eine zweite. „Halt!" springt aus einer dritten abermals ein Helm, „was tut Ste da??" „Wir tragen!" „Was tragen Sie da? „Wir tragen eine» Balken." „Wohin tragen Sie den Balken?!" „Wir tragen den Balken spa zieren." «Ha, spazieren auf die Wache!" Ilm die Geschichte kürzer zu ma chen, als der Balkan damals lang war: Dent Leutnant ist in dieser Nacht so ait die fünfmal jener Balken in sein ödes Wachtlokal getragen wor den. Beim sechstenmal schlug's ein Viertel vor Mitternacht. Der Leut nant nickte den alten Bekannten zu: „Prosit, meine Herren, da wir uns schon sechsmal kennenlernten, und da zu die Bitte: Tragen Sie ^en Bal ken mit dem alten Jahr zu Grabe und mir aus den Augen, damit ich Ihnen nicht aus Ihren Augen einen Splitter (er wies aufs Protokollbuch) ziehen müßte." £tn Hauspsalm Bon Bischof Joh««» Mi e S a i e Selig ist das Haus, wo Gott aus und eingeht, und wo der Hausvater für Ihn ein Zimmer bereit hält. In dem Hause ist's hell wie im Himmel, wie Auserwählte gehen die Leute darin herum. Den^ Bösen, der hineintritt, über fällt Schrecken, es ist ihm, als wenn ihm jemand in die Seele schrie: Bleib draus, da wohnt Gott! Man ist gern in dem Hause, wo Gott wohnt, denn wenn man die Leute sieht, so sieht matt Ihn. Fromm und gut, offen und herz Itch wie Er, sind Seine Leute. Wie der Kelch in der Kirche, so ruht der Friede Gottes in ihren Herzen. Heil und ordentlich wie in einer sichten und aufgeräumten Stube, so sieht's in einer solchen Seele aus: wie die Strahlen der Sonne durchs Fenster, so strahlt Gott in die Seele. Sei unten oder oben im Hause unten und oben ist Gott. Wie die Kirche voll Weihrauch, wie der Garten voll der Blumenblüte, to voll von Gott ist das Haus. Die Leute in der ganzen Stadt sind gern in einem solchen Hause, wo man nicht einmal das Böse nennt. Man mag beten wollen oder gebetet haben, allemal ist man gern um die frommen Leute. Laß noch fo viel Leute drin fein, die Christen sind alle ein Haus wie die Balken in der Stube, so hängen ihre Seelen aneinander fest hat sie Jesus Christus ineinander geklemmt. Das Haus aber, wo der Teufel wohnt, ist voll Finsternis und Ge stank wie Mistställe so liegen die See len drinnen. Satan ladet auf und ladet ab wie wenn er unter einen großen Regen kommt, so läuft der fromme Mann hinaus. Aerger als draußen der Hund bellt, bellt der Mann, und die Frau knauzt wie die Katz'. Man sieht in einen rauchenden Klotz, wenn man in eine solche Seele sieht wie Wagenschmiere das KlM» so beschmutzen sie ihre Reden. Eins fürchtet sich vor dem andtttt^ eins zankt mit dem andern, auf die letzt fallen sie alle einander in die Haare. Wehe dem Hanse, wo der Teufel aus und ein geht, und wo der Haus vater ein Zimmer für ihn hält!