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tz. April „Ich habe Ihnen nichts getan ich Habe Sie heute noch nicht einmal ge lehen." Ralf betrachtete ihn näher, und ivußte, daß er die Wahrheit sprach. Ein. wilder Gedanke durchzuckte ihn. Schweigend half er der Dame einstei gen, schweigend fuhren sie ans Ufer. Polly aber 'legte sich zur Ruhe mit dem Bewußtsein, Unrecht geahndet und feurige Kohlen auf des Betrügers Haupt gesammelt zu haben. Der Liebe Traum „Komm' in mein Atelier, Prinzeß •chen," sprach Ulrich am folgenden Morgen nach dein Frühstück „ich habe mit dir zu sprechen." Polly war trübe und niedergeschla «gen und beachtete Ulrichs ungewöhn lichen Ernst nicht. „Du siehst schlecht aus, Polly," be gann er, nachdem sie seiner Aufforde rung Folge geleistet „ein Wechsel der Umgebung und Lebensweise dürfte .angezeigt sein. Ich beabsichtige, dich in «in Institut zu bringen." „In ein Institut, Ulrich?" „Ja, mein Kind in Fräulein Prim roses Erziehungsanstalt zu Bromp ton." Polly wechselte schnell die Farbe sie ckrat ans Fenster und blickte schweigend hinaus. Das war der Traum ihres 'Lebens gewesen nun sie aber ihren Wunsch plötzlich erfüllt sah, war das -erste Gefühl atemloses Erstaunen. Ihr Schweigen, ihre Ruhe erschreck* ien Ulrich. Nicht Ladys Charteris Wille allein hatte ihn beeinflußt, son dern hauptsächlich Ralf Fanes Auf znerkscunkeit und Pollys sichtliche Be günstigung. Ihm schien es als Frevel, ibetit schuldlosen Kinde von Liebe zu sprechen er wollte sie zeitig der Ge fahr entziehen. Nun aber stand sie vor ihm bleich und still. War es mög lich, baß es bereits zu spät war? „Was hast du, Polly? Du wolltest ja immer gehen. Willst du es nicht mehr?" Sie wandte sich lächelnd zu ihm. „New, Ulrich, ich gehe gern ich Wife, daß ich des Unterrichts bedarf. Mann soll ich eintreten?" „In acht Tagen, wenn du bis 'dahin alles ordnen kannst." „Die Frage mag Rosanna entschei den. Aber, Ulrich, der Pensionspreis ist hoch, du kannst ihn nicht erschwin gen." „Du hast dein eigenes Vermögen, 'Polly, und kannst von siebenhundert Pfund leicht zweihundert auf deine Ausbildung verwenden. Bist im erst eine feine Dame geworden, so findet jich auch ein vernünftiger Mann, viel leicht ein Arzt oder Advokat, der dich zu deiner Ehehälfte erkiest." „Ich hasse vernünftige Männer und verabscheue Äerzte und Advokaten," zürnte Polly „ich werde nie heiraten, sondern einst Herrn Hawksleys Haus halt führen, wenn er aus den Gold reg Ionen je zurückkehrt. Darf ich nun gehen, Ulrich? Ich babe für Rosanna ewiges in der Stadt zu besorgen." Das junge Mädchen eilte davon und einmal umgeben von Sonnen schein und Morgenluft, war sie bald genug wieder ihr altes Selbst, aller Trübsinn spurlos verschwunden. Sie sollte in ein Institut, sollte als Dame zurückkommen dann würde Fräulein Hautton sie Wohl keine plumpe Bauerndime mehr nennen. Gegen Wend erst kehrte Polly heim und sang leise vor sich hin: „Graf Guido, auf! Die Stund' ist nah'!" Der Text ihrer Lieblingsballade er innerte sie an Guido Earlscourt, der eigentlich doch :der Verschlungene Made Frei bearbeitet nach eiuem amerikanischen Roma« v o n e i i v o n e e s Held ihrer Träume war. Ralf Fane vermochte ihre Ge fühle nur momentan zu beeinflussen, ihre Eitelkeit und Gefallsucht zu er regen, das Herz aber blieb unberührt. Die Wahrheit dieser Behauptung be wies sich in dem mutwilligen Lächeln, mit dem sie ihn begrüßte, als er ihr an der Gartentür entgegentrat. Er nahte sich etwas unsicher. Der Gedanke, daß Polly ihn zur Strafe seines Verrates auf die Insel ver bannt hatte, drängte sich immer mehr auf und doch vermochte er ihr nicht zu grollen. Sie war so reizend und be zaubernd. „Wie geht's, Herr Fane?" lachte sie. „Ist Ihnen die Wasserfahrt gut bekommen? Hat das Rudern Sie nicht angestrengt? Nicht wahr, es ist himmlisch auf der Lilieninsel?" Was lag daran, wenn er die Sach läge durchschaute. Was war er ihr, was war sie ihm? „Ein pittoreskes Modell!" „Sie wissen wohl, daß ich weder rudern noch schwimmen tarnt, Fräu- mm few Mason und ich brauche Ihnen kaum zu sagen, wie es uns ergangen ist. Vielleicht würden Sie uns bemit leidet haben, wenn Sie unsere trost lose Lage gesehen hätten." „Ich bemitleide niemand, ien ge rechte Strafe trifft. Uebrigens sollen Sie dem Geschick danken, Herr Fane es bot sich Ihnen herrliche Gelegen heit, Ihrer Dante Ritterdienste zu lei sten." „Seit Don Quichotte leistet man keine Ritterdienste mehr am wenig sten, wenn die Schönheit der betref fenden Dame nicht zu begeistern der mag." „Glauben Sie nicht, daß Sie unter allen Umständen Liebe und Lilien bald langweilig finden und sich nach des täglichen Lebens Brot und Butter sehnen würden?" „Nicht an Ihrer Seite, Polly!" „Unsinn, Herr Fane übrigens rate ich Ihnen, rudern zu lernen, bevor Sie sich wieder auf» Wasser wagen." „Ich will alles lernen, was Sie wollen." Sein Antlitz glühte, seine Augen funkelten. Es lag an diesem Abend etwas in ihrem Wesen, was ihn noch zehnmal mehr berauschte. „Ich habe meine Zeit besser zu ver wenden, Herr Fane ich trete in ein Institut." „In ein Institut?" „Wenn ich gesagt hätte, ich komme nach Newgate, könnten Sie nicht er staunter aussehen. Ja, ja, es ist ganz richtig: ich gehe auf zwei oder drei Jahre nach Brompton." „Zwei öder.drei Jahre?" Ralf Fane war starr. Der Gedanke an die Möglichkeit ihres Fortgehens war nie in ihm aufgetaucht ihm war's, als müßte es immer so bleiben, als müßten die Sommermonate in der kleinen Elfe Nähe dahingleiten. Frei lich, einmal mußte das Ende kommen und er die Priory verlassen aber zwi schen ihm und diesem Ende lagen vor erst in goldenem Nebel noch lange, glückselige Wochen. Und nun ging sie, und mit der Kunde wurde es ihm be wußt, daß er das einfache, kindliche Mädchen liebte, daß nach hundert Liebeleien ein ernstes Gefühl ihn er faßt hatte. Er erbleichte. Stellung, Blick und Stimme änderten sich Plötz lich. Polly sah es mit Erstaunen und Vergnügen. „Ja, ja," begann sie wieder, „ich gehe in wenigen Tagen und es ist auch ratsam. Selbst ein,pittoreskes Modell' kann nur gewinnen, wenn es die Grammatik innehat. Bitte senden Sie mir die ,Morning Post', wenn Sie Fräulein Hautton zum Altar füh ren vorausgesetzt, daß Sie mich bis dahin nicht vergessen haben." „Ich werde Sie nie vergessen." Ralf Fane sprach die Wahrheit. Er vergaß sie nie. Noch nach Jahren er innerte er sich mit schmerzlicher Be wegung dieser Stunde. „Mich nicht vergessen?" wiederholte sie mit bitterem Lächeln. „Nun, ich glaube fest, daß die Erinnerung an das ,pittoreske Modell' mit den golde nen Haaren und schmelzenden Augen Sie und Fräulein Hantton noch eine Zeitlang unterhalten wird. Bitte, er eifern Sie sich nicht, Herr Fane wer wird auch einem Landmädchen Reden halten? Nur was Sie Diana sagen, ist ihres Herzens Meinung." Sie erinnerte sich seiner eigenen Worte und wiederholte sie mit pathe tischem Ausdruck. Er bemächtigte sich ihrer .Hand. „Ich wußte, daß Sie es waren, Polly. Aber begreifen Sie denn nicht, daß man in der Gesellschaft solch leere Komplimente sagt, daß die Damen wissen, was sie havon zu halten haben! Ich schwöre Ihnen, daß ich mich für Fräulein Hautton nicht interessiere." „Ich weiß das," entgegnete sie kalt und stolz und suchte ihm die Hand zu entziehen „aber heiraten werden Sie dieselbe doch. Lassen Sie mich los man kann uns vom Hause aus sehen." „Was liegt daran, wenn alle Welt mich sieht!" rief er, völlig fortgerissen von der Leidenschaft des Augenblicks. „Gehen Sie, Herr Fane unsere Wege liegen sich fern. Ich bin ein uu wissendes Landmädchen, aber nicht unwissend^ genug, von Ihren Worten geblendet zu werden. Lassen Sie uns nun Lebewohl sagen für immer." „Welch hartes Wort, Polly!" „Es ist mir vernünftig, Herr Fane. Lassen Sie mich los sehen Sie, aus Ihrer Tasche ist etwas gefallen." Es war ein kleines Lederetui. Er hob es auf, öffnete es ein Diamant ring funkelte im Abendfonnengold. Im nächsten Augenblick glitzerte er an Pollys Finger. Er küßte leidenschaftlich des Mäd chens Hand zum ersten zum letzten Male. „Trag' ihn, Polly, denn ich liebe dich!" O die Beständigkeit 2)e^ Männer! Vor vierzehn Tagen hatte er den Ring für Diana Hautton bestellt, vor einer Stunde hatte er ihn erhalten und nun schmückte er Polly Masons Hand Gott weiß, was er noch gesagt haben würde, hätte sich nicht zu guter Stunde Roiannas hagere Gestalt ge zeigt. Ohne das Dazwischentreten die ses Schutzgeistes wäre Polly vielleicht Frau Fane und die Erzählung nie ge schrieben worden. Rosanna rief Polly zum Tee, hatte aber keine Einladung für den eleganten Herrn, den sie mit finsterer Miene betrachtete. Polly umworben! Polly, die kaum ihre Puppe in Schlaf gesungen! Ralf Fane grüßte und ging. Das Mädchen blickte nicht auf. Ihre Wan gen glühten, ihr Herz pochte laut. Sie verbarg die Hand, welche den Ring trug, und folgte Rosanna schweigend. Auf der Treppe begegnete sie Ulrich, der sie ernst aufforderte, in sein Zim mer zu kommen. „Ich würde des jungen Mannes Aufmerksamkeit nicht begünstigen," begann er „er ist nicht, was er zu fein scheint. Verlaß' dich darauf Pol ly, er ist ein Schwindler, auch wenn fein Vater ein ehrlicher Schneider ist." „Ein Schneider!" „Ja, ein Schneider ich habe oft Kleider bei ihm gekauft und erinnere mich an Ralf Fane, als er noch ein kleiner Junge war. Er kennt mich nicht mehr, und ich habe feine Lust, die Bekanntschaft zu erneuern. Gewiß ist er ein Schneiderssohn. Ich glaube, das ist noch das einzige ehrenhafte an ihm." Es war ganz ungewöhnlich, baß Ulrich über Abwesende hart und bit ter urteilte der Gedanke aber, daß der Künstler Polly betören könnte, ärgerte ihn mächtig. „Er ist ei» Schwindler, Kind, und beabsichtigt, Frl. Hautton zu heira ten. Sie ist reich und vornehm, er ein hübscher Abenteurer mit verführerisch reinem Wesen. Nimm dich in Acht, Polly!" „Hast du mir noch etwas zu sa gen?" fragte Polly demütig. Instink tiv fühlte sie, daß Ulrich recht hatte wenn sie aber den Ring betrachtete, durchbebte sie doch ein Schauer über die süßen Worte: „Ich liebe dich!" Inzwischen schritt Ralf Fane dem Schlosse zu und begriff schon unter wegs, daß er ein Tor gewesen. Für ein hübsches Lärvchen hatte er die Hoffnungen eines ganzen Lebens hingegeben. Was nützte ihm eines Weibes Schönheit? Vermochte sie ihm zu verschaffen, was er zum Leben brauchte, was es verschönte? O des Wahnsinns, der ihn erfaßt, 'der ihn fortgerissen! War es aber auch wirk lich zu spät? Er hatte ja Polly Mason nicht gebeten, sein Weib zu werden. Als er den Parf betrat, traf er Frl. Hautton am Weiher. Er näherte sich ihr und auch sie teilte ihm mit, «daß sie abzureisen beabsichtige. „Montalieu Priort) ist im ganzen langweilig," gähnte sie. „Die Herzo gin von Elanroland hat mich einge laden, sie nach Italien zu begleiten." Diese hohe Dame aber hatte einen verarmten Neffen, der sich schon im verflossenen Jahre eifrig um Diana beworben. Natürlich würde auch er nach Italien gehen. Blaue Augen, Jugend und Schönheit sind sehr an nehmbar, wenn in goldener juwelen geschmückter Fassung. Unter den gege benen Verhältnissen aber konnte Fane sich nicht entschließen, Polly! Mason zu heiraten, sich als Porträt maler in einem Landstädtchen nieder zulassen, sein glänzendes Selbst in einen schäbigen, sorgenvollen Fanti lienvater verpuppt zu sehen. Er muß te eine reiche Frau nehmen. Und be vor Diana Hantton ausgegähnt hat te. war das inhaltschwere Wort ge sprochen, hatte er sie gebeten sein Weib zu werden Das rosige Abendlicht schwand, noch immer weilte Diana mit ihrem Verlobten am Weiher. Er war kalt und bleich das Etwas in seiner Brust, das die Funktionen des Herzens ver sah, lag schwer wie ein Stein in ihm. Aber er ergriff Dianas Hand und küßte sie. Seine Lippen waren so ei sig, daß sie verwundert aufblickte. Ue brigens war seine Aufregung ja na türlich: er liebte sie uttd hatte gefürch tet, sie zu verlieren. Zusammen betraten sie das Haus. Um Dianas Lippen spielte zufriede nes Lächeln, sie hatte ihn lieb und er war ein schöner Mann. Kein Ring schmückte den Finger der Braut. Dem Uebel sollte bald abgeholfen werden, flüsterte Ralf. Eine halbe Stunde entfernt stand ein junges Wesen und beobachtete mit kindlichem Vergnügen des Abendlich tes Widerschein im Gefunkel des Dia mantringes an ihrem Finger. Robert Hawksley hält Wort Drei Tage später stand Polly Ma son am Fenster und blickte trübe auf die öde Straße. Das schöne Früh lingswetter war Landregen gewichen, der nun wohl aufgehört, aber den noch bleiernen Horizont und kotige OHIO WAISENFREUND Straßen hinterlassen hatte. Klagend heulte der Wind durch die Bäume, alles erschien unsagbar trostlos. Die Verhältnisse im Hause harmo nierten mit dem Wetter draußen. Ro sanna litt an Zahnschmerzen, Ulrich hatte sich mit dem Theaterdirektor gezankt, und Ralf Jane war nicht wiedergekommen. Es gibt Zeiten im Leben, wo alles schief geht, Tage, die trübe, kalt und traurig sind, als ob es keine Frende auf Erden mehr gäbe. Ralf war feither nicht gekommen. Der Gedanke beschäftigte Polly zu nächst, als sie am Fenster stand und auf die öde Straße hinausblickte. „Heute wird er kommen," war ihr erster Gedanke gewesen am Morgen, nachdem er ihr den Ring gegeben, und ihr Antlitz hatte geleuchtet vor Glück und Freude, so daß Ulrich und Ro sann a sie verwundert betrachtet und sich betrübt hatten, daß das Bewußt sein in ein Institut zu treten, solchen Einfluß bedingen formte. Rastlos wartete sie den ganzen, lan gen Tag, den folgenden und er kam nicht. Seine Worte hallten noch in ihren Ohren wider, fein Kuß brannte noch auf ihrer Hand aber er kam nicht! Was sollte das bedeu ten? Zu jeder anderen Zeit hätte sie Alice Warren besucht und dort sicher erfahren, was allenfalls im Schlosse vorgegangen. Nun aber hatte sich ih rer eigentümliche Schüchternheit be mächtigt. Am dritten Tage trat Rück schlag ein. Rosanna hatte Zahnweh, und Polly lauschte ihren Klagen, wie sie dem Klagen und Heulen des Win des lauschte. Eine schlimme Ahnung hatte sie erfaßt: sie fühlte, daß Rais Fane in der Stunde, da er ihr seine Liebe gestanden, sie auf immer ver lassen. Sie liebte ihn nicht. Manch' vor überziehendes Lüftchen bewegt des Sees Oberfläche, der Sturm aber, der dessen Tiefen aufwühlt, kommt nur selten. Sie liebte den Künstler, wie sie Ivanhoe, Ernst Mal trovers und Konsorten liebte er war der Held einer ihrer Lieblwgsromane, ins tägliche Leben getreten, der erste Gentleman, der ihr Aufmerksamkeit erwiesen. Ihr Sehnen war, eine Dame zu werden. Ralf Fane konnte sie zu einer machen. Und wäre er treu geblieben, sie hätte ihm nach und nach ihr gan zes Herz gegeben. Vorerst freilich war nur ihre Eitelkeit verwundet. Er hat te nur ihre Phantasie beschäftigt. Aber der Verlust, die Demütigung blieben sich trotzdem gleich. Sie war betrogen worden, ihr Herz fühlte tief die Wunde. „Horch, man pocht!" rief Rosanna. Pollys Herz schlug laut. Endlich kam er. Sie blieb wie gebannt stehen. Ulrich trat in Hemdärmeln aus seinem Atelier und öffnete. Auf der Schwelle stand eine ältliche stattliche Frau mit einem Körbchen in1 der Hand. Es war Frau Hamper, die! Haushälterin im Schlosse Diese. mußte wissen, was dort vorgegangen, und Polly sank in einen Sessel und lehnte müde das Haupt zurück. „Sie sehen nicht gut aus, liebes Kind." begann Frau Hamper „mir scheint. Sie wachsen zu schnell. Hier babe ich Ihnen einige Aprikosen und Pfirsiche mitgebracht ich weiß ja, daß Sie sie gerne essen." Polly dankte herzlich für die schö nen Früchte, die so lockend aus dem Körbchen lachten aber sie empfand darüber nicht mehr die Freude, die sie vor wenigen Tagen gefühlt hätte. „Und wie befinden sich die Herr schaften?" fragte Ulrich. „Ist Lord Montalieu zurückgekehrt?" „Nein. Die andere große Neuigkeit aber werden Sie bereits erfahren haben." „Wir haben nichts erfahren, wir kamen bei dem schlechten Wetter nicht aus dem Hause. Was bringen Sie für eine Neuigkeit?" Pollys Herz erbebte, als sie die Frage stellte sie wußte, daß es Ralf Fane betraf. „Nun, die Verlobung Fräulein Hauttons mit Herrn Ralf Fane." sprach die Haushälterin und kreuzte behaglich die Anne „ich halte es übri gens für eine Mißheirat, wenn die Enkelin eines Grafen sich mit einem Künstler vermählt. Die Dame ist frei lich nicht mehr jung, und Herr Fane ist eilt angenehmer, hübscher Herr. Meinetwegen, die Familie ist damit einverstanden man hat die Werbung seit einiger Zeit erwartet. Die Vor lobung fand am Dienstagabend statt Tie Haushälterin heftete neugierca den Blick auf Polly Ob sie wonl nur gekommen war, um Früchte 51t bringen? Im Schlosse war es fem Geheimnis, daß Ralf Fane für Polin schwärmte und Fräulein Hautton eifersüchtig war. Des Mädchens bleiches Antlitz ata blieb unbeweglich, die blauen Augen blieben verschleiert Ralf Fane mochte ebensogut Julius Cäsar oder eine andere Person aus längst ver schollenen Zeiten gewesen sein, wollte man nach der Bewegung urteilen, welche Pollys Züge über die Kunde seiner Verlobung verrieten. „Wird die Hochzeit bald sein?" fragte Rosan»a. „Wahrscheinlich erst nächstes Früh jähr. Zunächst wartet Herr Fane Lord Moittalieus Rückkehr ab, um seine Einwilligung zu erbitten. Freilich ist das nur eine Form, denn die Braut ist alt genug, für sich zu entscheiden, und mag frei über sich und ihre drei tausend Pfund Renten verfügen." Dreitausend Pfund Renten! Und Polly hatte geglaubt, er liebe sie und freue sich über ihre siebenhundert Pfund! Ein trostloses Gefühl der eigenen Unbedeutendheit kam erdrük kend über sie. Frau Hamper erhob sich. Sie hatte einen Ausbruch von Schmerz und Zorn erwartet, und das Mädchen hatte die Nachtlicht mit gleichgültiger Ruhe aufgenommen. Sie war also jedenfalls klug genug gewesen, des Künstlers Aufmerksamkeit nicht ernst zu neh men Ulrich geleitete die Haushälterin zur Tür. Als er zurückkehrte, fand er Polln noch in gleicher Stellung mit ge schlossenen Augen und gefalteten Hän den sich selbst so unähnlich. „Willst du mit ins Theater gehen. Prinzeßchen?" fragte er nach einer längeren Pause. Er war nie sentimental gewesen, hatte nie zu heiraten gewünscht, und fühlte doch instinktiv, daß des Mäd chens Herz blutete, wußte es so be stimmt, als ob derlei Gefühle ihm so bekannt werden wie seine Violine. „Willst du?" fragte er wieder. „Es ist eine neue Komödie: ,Der Prinz von Pipesandbeersbad' komme, lache noch einmal nach Herzenslust, bevor du ins Institut gehst." Lächelnd blickte sie auf. „Ich danke dir, Ulrich ich will gerne gehen, wenn Rosannas Zahn schmerz aufhört." „Gott sei Dank." dachte der gute Mann, als er zu seiner Arbeit zurück kehrte. „sie interessiert sich nicht ernst haft für den Laffen. Ich bin im gan zen friedlicher Natur, wenn ich ihn aber ein bißchen boxen dürfte, wäre es gut für ihn und mich." Rosanna begab sich stöhnend zu Bett. Polly setzte sich mit ihrer Arbeit ans Fenster. Der Wind ächzte und heulte, das Firmament wurde immer grauer und dunkler der Regen fiel aufs neue. Im Herzen des Mädchens wühlte dumpfer Schmerz. Sie war betrogen worden, konnte nie wieder mit vollem Vertrauen einem Menschen nahen. Ralf Fanes Hand hatte den Blüten staub kindlicher Unbefangenheit von ihr gestreift. „Oh, wie konnte er so Handeln!" seufzte sie. Mehr als eine Stunde saß sie so ihr Zorn, ihre Aufregung wuchs. Die Dämmerung senkte bereits ihre Schat ten, als wieder Pochen an der Haus tür ertönte. Sie kannte dieses Klop sen, und bevor sie sich zu erheben ver mochte. stand Ralf Fane vor ihr Endlich war er gekommen. Seine Kleidung war durchnäßt und be schmutzt er war bleich bleicher als sie. Warum war er gekommen? Er wußte es seist nicht. Er vermochte nicht wegzubleiben, obgleich er an Polly zum Judas geworden. Vielleicht auch glaubte er, Polly wisse noch nichts. Der erste Blick belehrte ihn eines anderen Polly erhob sich. Selbst im Dämmerlicht vermochte er den Ausdruck ihrer Züge zu unter scheiden. Er fand feine Worte. Sie sprach zuerst. „Sie kommen, meine Glückwünsche zu holen, Herr Fane," begann sie und ihre Stimme bebte nicht „ich gebe sie um so lieber, als v'hre Braut bezüg lich Geburt, Stellung und Reichtum nichts zu wünschen übrig läßt." Verwundert blickte er auf. Was sollte diese höhnende Betonung be deuten? „Nicht oft geschieht es," fuhr Polly mit verächtlichen! Lächeln fort, „daß der Sohlt eines Londoner Schneiders sich mit der Enkelin eines Grafen ver mählt. Sie sehen, ich kernte Ihr wohl gebiitetes Geheimnis. Fürchten Sie aber nichts, ich werde Sie nicht ver raten ich wünsche Ihnen im Gegen teil Glück, wenn des armen Dekora tionsmalers Nichte es wagen darf. Ten Ritig, den Sie so freundlich waren, mir aufzudrängen, will ich nun zurückgeben: er mag als Ver lobungsring für Diana Hautton dienen." Order from: V2 7 Der Künstler vermochte sich nicht länger zu beherrschen. Weich wie Wachs war sew Wesen und so er überhaupt zu lieben vermochte, liebte er dieses Mädchen. Er bedeckte das Antlitz und bat mit bebender Stimme um Verzeihung .. Polly blickte mit Verachtung, Zorn und Mitleid auf ihn. „Ihnen vergeben?" sprach sie er regt. „Ich will es versuchen, Herr Fane. Nicht, daß mein Herz unter Ihrer Falschheit litte, 0 nein ich weiß nun, daß ich Sie nie liebte. Aber Sie haben mich dessenungeachtet schwer verletzt. Ich werde nie wieder das gleiche Vertrauen zu den Menschen fühlen ich habe meine Jugend ver loren in dem Augenblick, da ich sie er« faßte. Sie haben schlecht, sehr schlecht an mir gehandelt aber ich will ver suchen, Ihnen zu vergeben. Nehmen Sie den Ring zurück." „Ich kann nicht. Polly!" In leidenschaftlicher Aufwallung warf sie ihm das Kleinod vor die Füße. „Nennen Sie mich nicht wieder Polly!" zürnte sie. „Und nehmen Sie so sort den Ring, wenn Sie nicht wol len. daß ich Fräulein Hautton alles mitteile. Hier sind auch Ihre Bücher und Zeichnungen, alles, was Sie mir je gegeben. Nehmen Sie es, Herr Fane ich befehle es Ihnen!" Was konnte Ralf Fane tun als ge horchen? „Und nun erlauben Sie mir, mich 31t empfehlen, Herr Fane. Sie hatten das Vergnügen, ein einfaches Land mädcheu momentan zu betören ein weiterer Aufenthalt ist unnötig, nach dem ich Ihnen meine Glückwünsche ausgesprochen und Ihr Eigentum zu rückgestellt habe." Sie verneigte sich und verließ das Zimmer Ralf Fane trat aus dem Haufe und wars Bücher und Bilder in den Brunnen. Am liebsten hätte er den Ring auch nachgeworfen Dia» maittringe aber sind kostbare Dinge eine Stunde später funkelte das Juwel an Dianas Finger. Ulrich sah den Künstler fommen und gehen und war auf des Besuches Resultat begierig. Rosannas Zahnweh legte sich nachgerade die kleine Fa milie versammelte sich zum Tee. Polly war bleich und still: sie sah ernster und weiblicher aus, als Ulrich sie je ge sehen. „Es mag besser sein für sie," dachte er „ich aber hätte lieber meinen klei nen Wildfang wieder." Roianna war die Veränderung gleichfalls aufgefallen. „Das Kind leidet an Galle," be merkte sie, „und wird demnächst einen Anfall von Gelbsucht erleben, wenn sie nicht Kräutertee nimmt. Fühlst Hu dich nicht schwach und müde und wei nerlich?" Polly blickte auf Ulrich und brach in krampfhaftes Lachen aus. Nachdem sie das Zimmer verlassen, wandte sich Ulrich an seine Schwester. «Laß sie gehen. Rosanna, das ist das beste. Ich weiß, was ihr fehlt. Kräutertee hilft ihr nicht. Ich will sie lieber mit in das Theater nehmen, da mit sie sich zerstreue." Es regnete noch, als Polly an Ul richs Seite dem Theater zuschritt. Der Besuch desselben war früher ihre Wonne gewesen nun aber betrachtete sie die glänzende Szene mit trüben Augen. Der Prinz von Pipesandbeers bad war ein kleiner, fetter Potentat, der zwei Stunden lang das Publikum in heiterster Laune erhielt. Polly allein sah die Gestalt schattenhaft vor übergleiten wie in einer Latema Ma gica. Einmal nur nahm sie sich zu sammen. Elise Lang war im Theater und trat während des Zwischenaktes zu ihr. „Wie geht dir's. Polly? Ich hätte dich schon gestern gern gesehen, um zu erfahren, ob es wahr ist, daß Herr Fane sich mit Fräulein Hautton ver lobte. Mir war's, als könnt' ich's nicht glauben, da er so sest tu deinen Ban den zu liegen schien. Einer der Lafeien int Schlosse sagte es meinem Vater." „Mit den Lakeien des Schlosses habe ich feinen Verkehr," entgegnete Polly kalt. „Ich habe meine Bekann ten nie unter der Dienerschaft gesucht, obgleich diese gut unterrichtet ist be züglich der Verhältnisse ihrer Her ren. (Fortsetzung folgt) \n\n S e s e s K a i e S i e e n e s K a i e Available fa* THE OFFICIAL HOLY YEAR PRAYER The prayer composed by Pope Pius XII for the Holy Year 1950, translated into English and printed in convenient leaflet form (3x5Yi inches) for insertion into missal or prayer book. Suitable for congregational recitation. With notation of condi tions for indulgences, and the Imprimatur of His Excellency, the Most Rev. Archbishop Murray. Single copies 5 cents. 10 to 99 copies 1 cent each. 300 to 499 copies cent each. 500 or more cent each. WANDERER PRINTING COMPANY 128 East lenth Street, ST. PAUL 1, MINNESOTA