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K »I 80. Jahrgang Stalins Termiten Die Tatsache dieser modernen ägyp tischen Plage aber ist unleugbar. Der Kalte Krieg als ausgeklügelte Kampf Methode gegen die Völker des We stens, die in auf- und absteigender Linie die Geschichte Jahrtausende hindurch bestimmt haben, hat sich den verheerenden Weltkriegen unserer Zeit angeschlossen. In logischer Fort entwicklung des „globalen" Krieges erstreckt er sich auf alle Kontinente. Der von allen bedeutenden Strategen perhorreszierte Zweifrontenkrieg frü herer Epochen hat sich zu einem Kampfsystem mit unübersehbaren Fronten erweitert, in das alle Völker der Erde von Pol zu Pol verstrickt sind. Die Weltordnung aus der eine hochmütige Philosophie den Schöpser und Erhalter hinauszu schwätzen so lange sich bemüht hat ist scheinbar aufgelöst und dem Wil len selbstherrlicher Kreaturen und sich als Titanen gebärdender Gewalt menschen überlassen. Das aber ist ei ne Erscheinung, welche die Menschheit schon mehr als einmal erlebt hat vom Babylonischen Turmbau in grauer Vorzeit bis zu einem Napoleon Bo naparte und einem Adolf Hitler. Stalin ist nur eine neue Auflage menschlicher Ueberheblichkeit und Narretei. Er wird nur solange als Völkerschrecken und Völkergeißel sein Unwesen treiben können als die Völ ker ihre Bestimmung abseits vom na türlichen und geoffenbarten Gesetz Gottes erstreben. Der Unfriede in Permanenz Damit ist ausgesprochen, daß es Selbsttäuschung wäre, auf ein baldi ges Schwinden der heutigen Welt misere zu hoffett. Es mögen bei der heutigen Zerrüttung und Verwilde rung viele Jahre vergehen, bevor die Menschheit sich wieder eines gedeihli chen Friedens erfreuen kann. Ande rerseits aber kann nur Kleinmut an einer besseren Zukunft verzagen. Ein solcher Kleinmut wäre nur dann be rechtigt, wenn wir uns sagen müßten, daß schwächen und Vergehen nur auf unserer Seite zu finden sind und daß Rußlatfd über ein größeres Maß des Rechts und sittlicher Kräfte verfüge. Das aber ist nicht der Fall. Rußlands Beherrscher, die Gewaltmenschen im Kreml, haben sich weiter von der fitt- Die neue Phate des Weltkrieges Der Kalte Krieg ist die von Stalin zum äußersten Raffinement entwik feite Taktik der Zermürbung und Er mattung und schließlichen Ueberwin dung des Gegners. Er tritt an die Stelle von beschwerlichen Feldzügen und riskanten Großkampfunterneh mungen, die ebenso zur vernichtenden Niederlage wie zum entscheidenden Siege führen können. Er verhält sich zum Kriege alten Schlages etwa wie in der Natur das zähe und äußerlich fast unsichtbare Wühlen und Bohren der Termiten zu dem Einfall gefräßi ger Scharen von Wanderraupen oder Wanderheuschrecken. Tie Myriaden dieser wie eine ägyptische Plage ein fallenden Insekten fressen in unglaub •Itch kurzer Zeit ganze Landschaften kahl. Aber der Mensch hat es gelernt, sich ihrer durch allerhand Vertilg gungsmittel, in neuer Zeit mit Hilfe von Flugzeugen, zu erwehren während die Termiten ihr Zerstö rungswerk ungestört bereits vollendet haben möge», bevor die systematische Gegenwehr wirksam einsetzt. Stalins Termiten sind schon seit Jahr und Tag am Werk. Wie ihre Vorbilder in der Natur mit Vorliebe morsches und faules Holz angreifen, so bohren sich ihre Kolonnen in das Gefüge dekadenter, durch Korruption und andere Zerfallserscheinungen ei iter absterbenden Kultur geschwächter westlicher Staatswesen und atrophi scher, durch den Kolonialimperialis mus zur Rückständigkeit verurteilter Völker ein. Es ist schwer zu sagen, wie weit das durch menschliche Schwä che und Kurzsichtigkeit geförderte Zer störungswerk dieser Termitenschwär me gediehen ist uttd den Berechnungen der Zauberlehrlinge im Kreml ent spricht, die in verbrecherischem Hoch mut die Plage des Kalten Krieges auf die Menschheit herabbeschworen haben. Es mögen da auf beiden Sei ten, der angreifenden und der ange griffenen, allerhand Illusionen und falsche Berechnungen bestehen, da bei-' de, der Osten und der Westen, vor einem Phänomen stehen, das in der Geschichte der Menschheit seinesglei chen in ähnlichem Umfang nicht auf weist. (Ohio lichen Ordnung entfernt als die Re gierungen des Westens. Wohl gibt es unter diesen mehr als eine, die nicht nur amoral, sondern auch korrupt ist und der christlichen Gesellschaftsord nung kalt und ablehnend gegenüber steht. Aber es gibt unter ihnen feine einzige, die so wie der Lenin-Stali nismus voller Ueberheblichkeit und Hohn die Religion verfemt und ver folgt und als „Opium für das Volk" lächerlich macht. Ter Kreml hat kei nen einzigen Rechtstitel aufzuweisen, der die von ihm verfolgte Politik ob der unverhüllten Gewalt oder des Termitenkriegs als Irgendwie be rechtigt erscheinen ließe! Diese Politik ist ein Verbrechen an der Menschheit, ganz gleich wie schwer andere Völker gesündigt und ihren Teil zur heutigen Weltkrise beigetra gen haben mögen. Denn die Mehr zahl der Völker ringt heute um die Wiederherstellung von Frieden und Ordnung, während Rußland und sei ne Vasallen durch unaufhörliche In trigen und offene und versteckte An griffe die Ordnung vollends zerrüt ten, die Wiederherstellung friedlicher Beziehungen unter den Völkern un möglich machen und nur den Kirch Hofsfrieden unter dem Joch bolsche wistischer Tyrannei gelten lassen. Borzeichen kommender Entwicklungen Das Verzeichnis der russischen Fre fei wird immer länger. Kaum je in der Geschichte hat ein politisches Sy stem innerhalb weniger Jahre eine solche Fülle von Brutalität, Ver schmitztheit und Gemeinheit ausge häuft wie das von der dilettantischen Staatskunst Roosevelts und Church ills gemästete bolschewistische Unge Heuer. Der durch den Krieg zerschla gene europäische Kontinent, soweit er nicht durch die unseligen Abmachun gen der geheimen Kriegskonferenzen russischer Versklavung ausgeliefert wurde, wird von Moskau her fort gesetzt beunruhigt und bedroht. Durch die Abmachungen der gleichen Konfe renzen verraten, wurden China und die angrenzenden Ländermassen im Norden dieses Landes Beute des Kommunismus. Der Kalte Krieg in Europa führte, seitdem der erste rus sische Anschlag auf den Besitz Berlins und Deutschlands abgeschlagen wurde, zu endlosen Wirren, bis die West mächte in der Erkenntnis begangener Fehler zur Wiederherstellung Deutsch lands und zur Errichtung einer ein heitlichen Abwehrfront schritten. In Korea ist seit just zwei Jahren ein bis zur Stunde unentschiedener Krieg im Gang, und diese Woche ist es ein volles Jahr her, daß int Anschluß an eine Rede Maliks im Völkerbund Waffenstillstandsverhandlungen ein geleitet wurden. Ter Kalte Krieg in Europa hat in den letzten Monaten im Zusammenhang mit dem Deut fchett Vertrag und dem Atlantischen Schutzpakt von neuem bedrohliche Ge stellt angenommen und Kriegswolken über das in Ost und West gespaltene Deutschland und das innerlich durch aus nicht gefestigte und durch solida tischen Willen geeinte West-Europa gebreitet. Tiese Woche haben Großangriffe alliierter Flieger eine neue Phase des koreanischen Krieges eingeleitet. Es ist bei der heutigen Lage nicht wahr scheinlich, daß sich darin Endentschei düngen ankündigen. Aber es mag sein, daß eine erfolgreiche Fortsetzung dieser Angriffe eine erhebliche Fern Wirkung auf die Entwicklungen in Europa haben und die Russen von riskanten Abenteuern zur Bereite lung der Abkommen von Bonn und Paris abschrecken werden. Diese Vorgänge werden begleitet von einer Moskau'er „Friedensosfen sive", die vor allem auf die Isolierung der Ver. Staaten und die Sammlung der mit Moskau sympathisierenden Kräfte in den westeuropäischen Län dern gerichtet zu sein scheint. Wie schon früher in diesen Spalten aus geführt wurde, darf die Werbekraft der russischen Propaganda in den West-Staaten durchaus nicht unter schätzt werden. Moskau hat mit seiner Forderung einer Viermächte-Konfe renz zur „Lösung" der deutschen Fra ge auf anderm als dem in Bonn und Paris vereinbarten Weg eine Trumpfkarte ausgespielt, welche die nach langem Mühen zustande gekom menen Abmachungen zu „stechen" ge eignet ist. Ob die von Moskau vor geschlagene Konferenz zustande kom men wird, wird sich möglicherweise in den nächste» Tagen entscheiden. Es mag fein, daß die Moskowiter selber dafür sorgen werden, daß ihre Bäume nicht in den Himmel wachsen. Jedenfalls enthält ihre neueste Ge walttat, der völkerrechtswidrige An griff auf ein unbewaffnetes schwedi ich es Flugzeug, eilte ernste Warnung an die Völker, wessen sie sich von dem Größenwahn und der Herrschgier der Moskowiter zu versehen haben. Zwar sucht Moskau in der üblichen Weise die Schuld von sich abzuwälzen und die Schweden für den Zwischenfall verantwortlich zu machen. Aber mit leeren Ausreden ist es nicht getan besonders nicht nach all den offenkun digen Rechtsbrüchen, deren sich Mos kau und seine Vasallen in den letzten paar Jahren schuldig machten. Ter russisch-schwedische Konflikt ist von besonderer Bedeutung besonders auch deshalb, weil sich Schweden im letzten ^rieg peinlichster Neutralität befleißigte und sich aus dem gleichen neutralen Verhalten heraus dem At lantischen Verteidigungspakt fern hielt. Daß es trotzdem nicht gefeit ist gegen russische Angriffe, ist eilte kräf tige Warnung nicht allein für Schwe beit, sondern auch für jene Kreise in Teutschland und andern Ländern, die durch Neutralität der Verstrickung in den Konflikt zwischen Osten und We steit entgehen zu können hoffek. Die Bonner und Pariser Abkommen W*,W Wkv yW w '1 An Familienblatt für Wahrheit und Recht zur Belehrung und Unterhaltung Ausgabe dos ,Wanderer' Ter zuständige Senatsausschuß in Washington hat am Dienstag die Ab kommen von Bonn und Paris gutge heißen, und im Plenum des Senats wird die Entscheidung ebenfalls ohne ernsten Widerstand fallen. Wären die Aussichten in den europäischen Paria menten, besonders in Bonn und Pa ris, ebenso günstig, dann würde sich die Klärung in der europäischen La ge in Bälde vollziehen. Aber einer glatten Entscheidung stehen vor al lem in Teutschland Schwierigkeiten entgegen, die durchaus nicht zu unter schätzen sind. Nachdem die westlichen Alliierten bis vor Jahresfrist in Teutschland eine antimilitaristische Propaganda entfaltet hatten, sehen die neuen Ver träge die Wiederaufrüstung Teutsch lands vor. Ihre Durchführung wird das Land der europäischen Mitte wie der zu einem ausschlaggebenden Fak tor der Machtpolitik machen, aller dings diesmal im Rahmen der wehr politischen Zusammenarbeit der euro päischen Staaten gegen eine weitere westliche Expansion des Sowjet-Ko losses. Tie neue deutsche Armee wird ein gleichberechtigter Faktor neben den anderen abendländischen Streitkräs ten sein, die dem Kommando des ame titanischen Generals Ridgway unter stellt werden. Tie deutsche Anteilnahme an der neuen europäischen Landarmee soll zunächst zwölf Divisionen mit 253, 000 kampfbereiten Soldaten, zuzüg lich Führerstäben, Versorgungsein heiten und Ausbildungseinheiten be tragen. Sie sollen ebenso ausgerüstet und bewaffnet fein, wie die Soldaten der anderen NATO-Länder, die glei che Dienstzeit haben und die gleiche Besoldung empfangen. Wie für die anderen europäischen Partner würde das auch für die Deutsche Bundes republik die Einführung einer ändert halbjährigen Dienstpflicht bedingen. Das ist die Konsequenz, die am mei ften dazu beiträgt, in erheblichen Tei len der deutschen Bevölkerung und in der öffentlichen Meinung Frankreichs und der Benelux-Länder ein starkes Ressentiment gegen die neuen Maß nahmen zu entfesseln. Ferner sollen eine deutsche Luft Waffe von 1350. Flugzeugen mit 85, 000 Fliegern und eine Küstenflotte mit 12,000 Mann aufgebaut werden. Die deutsche Industrie soll für die europäische Armee Tanks, Artillerie, leichte Waffen und alle Arten von Munition herstellen mit Ausnahme von Flugangriffwaffen, atomischen und chemischen Waffen, sowie mag netischen Mitten. Diese Regelung ist bekanntlich das Ergebnis langwieriger diplomatischer Verhandlungen der Bonner Regie rung mit den westlichen Siegernatio nen gewesen. Die Wiederaufrüstung Deutschlands ist grundsätzlich in den Verträgen von Bonn und Paris fest gelegt worden. Dennoch vermag heute noch niemand zu sagen, wann die erste deutsche Division zur Verteidi gung Europas bereitgestellt werden wird. Erst wenn die Parlamente Deutschlands und ber Siegerstaaten StrssSgegelei Um Ptpßliche» ftflegia* Jsfephw»» z»« Beste» der PriesterzSgliuge. Preis für ein Jahr in bot Ber. Staate» $8.00, ia Sa»aba «»d alle» a»bere» Li»ber» $3JS0. Samstag, den 28. Juni 1952 Staatssekretär Acheson ist diese Wo die zur Besprechung der Antwort aus die letzte Kreml-Note mit dem briti schen und französischen Außenminister in London eingetroffen. die Verträge ihrer Regierungen rati fiziert haben werden, kann mit der Aushebung neuer Soldaten für die deutsche Europa-Armee gerechnet wer den. Bis dahin ist zu erwarten, daß der Kalte Krieg zwischen West und Ost und zugleich der bisherige innerpoli tische Kampf in Deutschland und sei nen westlichen Nachbarstaaten mit un geminderter Schärfe fortgeführt wer den. Ja, es ist offenkundig, daß die Machthaber im Kreml gewillt sind, kein Mittel unversucht zu lassen, um das Zustandekommen der gemeinsa men abendländischen Abwehr noch in letzter Stunde zu sabotieren. Dieser bolschewistische Eifer ist wohl zu ver stehen wenn es Moskau nicht jetzt noch gelingt, einen Keil zwischen Deutschland und die westlichen Ver bündeten zu treiben, so ist die Chance verspielt, Deutschland als Kriegspo tential auf der eigenen Seite oder wenigstens als hin-und herschwanken den Pufferstaat gewinnen zu können. Sobald die neuen Verträge ratifiziert sein werden, ist Teutschland ein inte grierender Teil der Aktion geworden, die weitere Expansion des Bolschewis mus gegen den Westen mit allen ver fügbaren Mitteln aufzuhalten. Tai? Aufgehen der eigenen Armee in einer europäischen Armee erfor dert natürlich nationale Opfer zugun ften übernationaler Zwecke. Jahr hunderte lang ist in Europa der na tionale Staat als der höchste Wert gepriesen und der Verzicht auf fouve rärte Rechte als nationale Schmach gebrandmarkt worden. So ist es selbst für die Siegernationen keineswegs leicht, Rechte und Entscheidungen ih rer Staaten hinfort einem europäi schen Staatenbund zu übertragen. Be sonders schwer aber ist dieser neue Schritt für eine Nation, die plötzlich aus der Hybris nazistischen Eroberer Übermuts in die Katastrophe der tota len Niederlage und einer weitgehen den Diffamierung seitens der Sieger nationen getaumelt ist. Wir betrachten es schreibt in un ferrn Sinn Tr. M. Fischer als ein bleibendes historisches Verdienst der Regierung Adenauer, daß sie mit küh nem Wirklichkeitssinn die veränderten Verhältnisse in Europa und die große Chance Deutschlands als ausbauwil liges Element des neuen Europas er kannt hat. Es gehörte Glauben und Weitblick dazu, an dieser Ueberzeu gung festzuhalten, da nicht nur die Opposition im eigenen Land die Po litik der Regierung schmähte, sondern auch vonseiten der Vertragspartner immer wieder Zweifel auftauchten, ob man eine deutsche Regierung wirklich zum militärischen Partner machen dürfe, ob die Deutschen wirklich „de nazifiziert" und „vertrauenswürdig" seien. Mit großer Selbstdisziplin ist der sechvundsiebzig jährige deutsche Kanzler gegen alle diese Verdächti gungen den Weg gegangen, der nach seiner Ueberzeugung in eine bessere Zukunft Teutschlands und Europas weist. Widerstände gegen die Verträge Die Propagandalüge, daß die Kon solidierung der europäischen Abwehr jedes weiteren sowjetistischen Vorsto ßes gegen Westen den dritten Welt krieg unvermeidlich heraufbeschwöre, erfüllt die Menschen mit Angst, die nach der allmählichen Genesung von den Wunden und Zerstörungen des zweiten Weltkriegs endlich wieder eilt friedliches Lebenswerk aufbauen wol len. In dieser Panikstimmung, welche die Sowjet-Politik zielbewußt er zeugt, sucht sie dann zu unterstellen, daß durch Verhandlungen zwischen dem Osten und dem Westen alle Pro bleme friedlich gelöst werden können. Was es mit solchen Verhandlungen auf sich hat, wie sehr die Propaganda für Verschleppungsmanöver von rea listischem Friedenswillen unterschie den werden muß, lehren die tragi komische Geschichte der koreanischen Verhandlungen und das Scheitern der westlichen Bemühungen um einen gemeinsamen Friedensvertrag mit Oesterreich. Die Kommunisten fürch ten nichts so sehr wie ein verpflich tendes Kompromiß mit der freien Welt, sie bedienen sich solcher Ver handlungen zwischen West und Ost nur als wirkungsvoller Schaubühne für die Täuschungsmanöver ihrer ideologischen Propaganda, welcher die westliche Welt noch immer nicht an Elastizität gewachsen ist. Frieden, Verständigung, guter Wille wie leicht schmeicheln sich diese Worte in die Ohren von Menschen ein, die fürchten, daß ihr Land der Haupt kriegsschauplatz des kommenden Krie ges werben wird, der zugleich ein Bürgerkrieg zwischen westlich und öst lich beeinflußten Deutschen werden könnte! Allezeit ist es dem Durchschnitts menschen vor den Opsern und Greu eln des Krieges bange gewesen aber diese Furcht hat angesichts der gewal tigeit Vernichtungskraft der modernen Kriegsmittel ungeheuere Dimensionen angenommen. Besonders in Deutsch land, wo Hitler die weltgeschichtliche Gloriole der Kriegstaten pries, aber das alle Zerstörungen des Krieges am eigenen Leibe erfahren mußte, herrscht heute kein Kriegsenthusiasmus mehr und jeder Vorschlag kamt aus Gehör rechnen, der auch nur die kleinste Chance gibt, den entsetzlichen Folgen eines neuen Weltkrieges auszuwei chen. Es ist keineswegs so, daß die deut schen sich im allgemeinen über den wahren politischen Charakter des So wjet-Kolosses täuschen. Ganz im Ge genteil, sie geben sich über den kultu feilen Standard und die Achtung der Menschenwürde bei ihrem östlichen Nachbarn weniger Illusionen hin als Menschen, die weiter von den Sowjet Grenzen wohnen. Aber sie hoffen doch, daß eilte Vierrnächte-Konserenz über Teutschland die deutsche VerHand lungsposition verbessern und vielleicht auch zu einigen praktischen Ergebnis sen führen könnte. So herrscht in Teutschland bis in die Kreise der Regierung hinein die Auffassung, daß es nicht völlig verla dene Liebesmüh sei, eine Viermächte Konferenz zustandezubnngen. Von der Opposition des Bonner Kanzlers wird sie geradezu als die letzte Hoffnung auf eine Wiedervereinigung Deutsch lands hingestellt. Tie hartumstrittene Regierung Adenauer hält es für gün stiger, später mit der Crgebnislosig feit einer solchen Konferenz zu ope rieren als von vornherein den Ver handlungsmöhlichkeiten entgegenzu treten. Tie Saar-Frage Tie Politik der Bonner Regierung ist noch dadurch besonders erschwert worden, daß die Franzosen die Er schöpfung Teutschlands am Ende des zweiten Weltkriegs mißbrauchten, um im krassen Gegensatz zu den Grund sätzen der Atlantic Charter das wirt schaftlich bedeutsame Saar-Gebiet vom Reich abzutrennen, wie sie Hof feit, ein für allemal. Tiese unfaire besonders von „Botschafter" Grandva! in Saar brücken betriebene französische Po litik hat natürlich die Machthaber im Kreml entzückt und den deutschen Gegnern der Adeitauer'schen Europa Politik Wind auf ihre Mühlen ge trieben. Aber diese Demütigung der Deutschen und die Beeinträchtigung ihrer Souveränitätsrechte ist für ei nen Teil der französischen Politiker der Rechten wie der Linken noch lange nicht genug. Sie bekämpfen jede Ver wirklichung der deutschen Wiederauf rüstung, statt sroh zu sein, daß Frank reich durch Teutschlands Wacht an der Elbe besser gegen jede Bolschewisie rungsgefahr geschützt sein wird. Nach einer Bonner Meldung vom 18. ds. hat Kanzler Adenauer damit gedroht, vor dem Europa-Rat in Straßburg gegen die Franzosen den Vorwurf zu erheben, daß fie in dem umstrittenen Saarland „undemokra tische Zustände" schassen. Im Bun destag sagte er, daß er dies tun wür de, „falls die Franzofen ihre gegen wärtige Politik nicht ändern". In der Saar selbst wurde dieser Tage die Christlich-Temokratische Union des Saarlandes gegründet. In dem von der Gründungsversammlung einstimmig angenommenen Pro gramm heißt es, die CTU wolle in Fortentwicklung des derzeitigen vor läufigen Zustande? des Saarlandes der Bevölkerung das Recht gesichert wissen, an ihrer Einordnung in die europäische Völferfainilie auch durch ein freies Bekenntnis zum deutschen Volk und Vaterland teilzuhaben. In der deutsch-französischen Verständi gung erblicke die CDU eine der wich tigsten Voraussetzungen für die Schaf fung eines vereinten Europas. Der Vorsitzende der verbotenen De mokratifchen Partei Saar, Richard Becker, hat den Europa-Rat in einem Telegramm gebeten, die politische Freiheit im Saar-Gebiet zur Debatte zu stellen. Gleichzeitig wird empsoh len, eine Untersuchungskommission des Europa-Rates oder der UN an die Saar zu entsenden. Becker erklärt in seinem Telegramm, es bestehe keine Aussicht, daß die bevorstehenden Wahlen im Saar-Gebiet in freiheit lich-demokratischer Weise vor sich ge hen. Nr. 9 Der Kampf um Berlin Der schikanöse Truck der Russen auf die Bevölkerung von West-Berlin hat mit dem Bekanntwerden der Verträ ge von Bonn und Paris sofort wieder eingesetzt. Es ist nicht ausreichend, wenn die neuen russischen Aktionen im wesentlichen damit erklärt wur den, daß es den Russen vor allem darauf ankam, jenen Flüchtlingen aus ihrer Zone den Weg zu verlegen, die das bolschewistische Paradies mit der freien Welt vertauschen wollten. Abschneiden der Westberliner Enkla ve vom elektrischen ftraftftrcm, Ent führung von Sowjet Gegnern und Drohungen mit weiteren Nadelstichen dienen nicht diesem Zweck, sondern einem erneuten Versuch zur Unter grabung der Moral West Berlins. Durch diese Taktiken hoffen die Bol schewiken die Nervosität der Bevölke ruitBerlins so lange zu steigern, bis diese so erwartet man im Kreml! eines Tages die Vereinigung mit Ost-TeutschlanÄ als den einzigen Weg betrachten wird, der sie von dem ständigen Nervenkrieg befreit. Wenn Moskau es auch offenbar noch nicht zu kriegerischen Veiwicklun gen um Berlin kommen lassen will, so ist es doch offenkundig, daß man West Berlin nach Möglichkeit zu isolieren und den Durchgangsverkehr durch die unter westlicher Kontrolle stehende Stadt in raschem Tempo umzulegen bestrebt ist. Obwohl alle wirklichen Aktionen der Russen auf eine Milita risierung Ost-Deutschland zielen, wird aber die russische Propaganda sicher ihre Versuche fortsetzen, den Deut scheu vorzuspiegeln, sie könnten int Kriegsfalle neutral bleiben und als „dritte Front" zwischen West und Ost sich unabhängig erhalten. Diese Propaganda soll am 15. Juli in Ost-Berlin durch Demonstrationen und eine Rede des deutschen kommu nistiichett Parteisekretärs Walter Ul bricht gefordert werden, die der Poli tik der Ostdeutschen neue Richtlinien geben soll. Anschließend findet in Ber lin eine Tagung des stalinistischen „Welt-Friedensrates" statt, der sich mit den deutschen, japanischen und ko renaischen Problemen beschäftigen soll und es an massiven Angriffen gegen den „amerikanischen Imperialismus" nicht fehlen lassen wird. Tie ostdeutsche Armee Was Moskau unternehmen wird, wenn die Viermächte-Konferenz nicht zustande kommt und die Bonner und Pariser Abkommen ratifiziert wer den^ ist schwer zu sagen. Seit Jahren hören wir von der „Nordkoreanischen Armee", die die Genossen Ulbricht und Grotewohl für den Vormarsch auf Bonn bereit hät ten. Nun heißt es, daß jetzt mit der Organisierung dieser Armee unwi derruflich ernst gemacht werden soll.» Der westdeutsche Sozialistenführer Dr. Schumacher meint, die zwölf deut schen Divisionen, die der Europa Streitmacht angehören sollen, mit Tanks, Flugzeuge« und allein moder nen Kampfgerät, feien weniger als nichts. Denn die Russen könnten in der Sowjet-Zone die gleiche Zahl be waffnen. Sie „könnten". Aber wenn es schon im Westen genug Leute gibt, die den Deutschen „nicht trauen", wie steht es mit den Russen, die aus Pritt zip niemand trauen, nicht einmal Frau Anita Pauker, der rumänischen Mcssalina, die täglich mit Stalin tele fonierte und jetzt als arglistige Feindin „entlarvt" wurde? Der Ausbau 'der Polizeibereitschaf ten zu einer richtiggehenden Armee ist nicht eine Frage der Rekrutierung. Csn der sogenannten „Demokratischen Republik" gibt es keine Zwirnssaden in Gestalt von Verfassungsfragen, um die allgemeine Wehrpflicht aufzuerle gen. In der Praxis wird den „Frei willigen" die Wahl gelassen, ob sie beim Militär oder in den Urem gruben „dienen" wollen. Wenn jetzt eine „gesetzliche" Regelung durch das sogenannte „Parlament" annonciert wird, so dient das offenbar dem Zweck, der Bonner Opposition neue Munition gegen die Ratifizierung der Pariser Verträge zu liefern. Tie Kernfrage ist, ob die Russen jetzt bereit sind, eine wirkliche deut sche Truppenmacht aufzustellen. Tanks und Flugzeuge fallen nicht vom Himmel. Moderne Waffen sind kom plizierte Dinge, die schnell veralten. In der gründlich ausgesaugten So wjet-Zone Mittel-Deutschlands fehlen alle Voraussetzungen für ihre Herstel lung. So bliebe nichts übrig, als auf. Kosten der eigenen Rüstung deutsche Regimenter zu bewaffnen. Wrtsetzung auf Lette 6)