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Die Tntkiihrung. ' Roman von 9L Grocr. , (4. Fortsetzung.)'' . f.j- . ) i ' Lassony sah nur noch den Nebe! vor sich und doch ' er sah auch noch andere. Dort vor ihm aus der Straße tauchte die. Gestalt eines klei ven, wohlbeleibten Herrn aus. Et kannte diese Gestalt: der Mann, der da langsam herankam, war seinem Vater ein guter, Freund gewesen. LassonyS Zähne' schlugen aufein anderes. Er wollte vorwärts stürzen, ber er konnte sich nicht vom Flecke rühren; er wollte schreien, aber seine Lippen öffneten sich nicht. Ein ent setzlich starker fremder Wille hielt den elenden Menschen in Bann. ' ; -iv Poigner!" ' rief Brauner, stehen bleibend. .Bist Du schon da? Ich kann Dich nicht . sehen. . Bin ja schon ohne Nebel halb blind wegen meiner inamen Kurzsichtigleit." Bräuner schwieg: er stand in der Haltung , eines Lauschenden da, .: .Ah! Da kommt er!" hörte Las sony ihn sagen und bemerkte, daß Bräuner dabei eine Wendung nach der dürren Pappel mame, oeren Aeste sich, hundert Galgen gleich, in daS sie umwallende , Grau . hinaus schoben. - '"-,.--.;' "- .Galgen!" dachte Lassony. Er sank, langsam in die Knie, preßte die Hände gegeneinander und' starrte mit dem Blick eines Irrsinnigen auf die Straße, hinüber, wo jetzt eine zweite Gestalt auftauchte. Gerauschlos wie ein Panther war Jmre aus , dem - Graben hinauf ge sprungen. .Ah - Poig - - -'' S: Weiter kam Bräuner nicht? er konnte nur noch eine halbe Wendung rückwärts zu dem hinmachen, den er für seinen Freund hielt. Da fuhr ihm jemand mit einem feuchten, starkduftenden Schwamm ins Gesicht er verlor die Besinnung und sank zu Boden. v Jmre drückte ihm noch ein paar Sekunden lang den . Schwamm auf Mund und Nase, dann steckte er den Schwamm ein, nahm den Besin nungslosen auf die, Schulter, hob Bräuners Hut auf und rannte, nach einem machtigen Sprung , über den Graben, dem Wagen zu. ! Aber er hatte den Wagen noch nicht erreicht, als er sich von Bräu ner, der wieder zu sich gekommen war, am Halse und an den Haaren gepackt fühlte. Da schüttelte er ihn ab. griff nach einem Ast, der zu sei neu Füßen lag, und schlug damit zu zweimal, aber es war genug. Der Betäubte 'sank zusammen. ' .Auch ; Lassoyy sank nieder und siarrte wieder 'nach.dem Buschwerk, vor dem' ' das Gräßliche . geschehen war. .-. '.Batet unser der du bist im Himmel Bater unser der du bist im Himmel würgte er her aus und - griff schwankend in die Zweige des Strauches, neben dem er kniete. ' Es war ein Dornstrauch, und Lassonys Hand blutete aber er suhlte es nicht. Er'würgte noch im mer au dem Anfang des Gebetes, dessen Fortsetzung er vergessen hatte. Dabei stierte er auf Jmre, .. der 23 raunet wieder auf die Schulter ge nommen hatte. War er tot? Er regte sich nicht. Bräuners Hut und Flinte hielt Jvre tn der Hand. Jetzt warf , er den j Körper und alles übrige in den Wa , gen. .. Sein Gesicht sah dabei grauen erregena aus in lernet nuye uns schrecklichen, Grausamkeit. .Blut!'' murmelte Lafsony. .Ich sah auf seinem Kopfe Blut! Du Du hast ihn ermordet!" .Schweig und sitz auf! Bis zur Straße muß ich den Wagen führen," sagte Jmre. riß dem Pferde, den Futtersack weg und griff in die ZU gel. V:V' '".'V. ", Lassony war mit Mühe und Not auf den Sitz gekommen. ' .Er ist tot!" murmelte n ein um das andere Mal. ' , .Schweig," gebot Jmre noch ein mal, .sonst schlage ich Dich nieder! Glaubst Du, es geschieht immer, was wir wollen? Ein Einbruch sollte eö sein dann eine Entführung! Nun ist's ein Äiord geworden! Ich weiß , nicht, ui wir cev die Ast in die Hand geriet. Das Schlimmste ist, daß nun alles umsonst geschah. Ber fluchteö Mißgeschick!" , Sie waren jetzt auf der Straße angelangt; hier sprang auch Biro auf den Wien. :.' ' .Mache Platz!" bcsi er. und Lassony rückte weg, so weit er nur tonnte. ' . 4'''-' So fuhren sie dahin die zwei, r die in dieser Stunde auf Du und Du" gekommen waren fuhren da hin mit dem stummen Dritten, über dessen Kops eine dicke Geschwulst lief. : und ' aus .' 1 dessen Schläfe Blut sickerte. , Nachdem sie über das Brücklein ge. fahren waren, hielt Jmre nach einer Weile, den Wagen an und beugte sich darüber. Neben : 1 dem regungslosen Brauner lag ein Bündel. ' Jmre löste die Knoten des großen, grauen ' Tuches; 'einige Kleidung! stücke und eine Holzschachtcl kamen zum Borschem. Die Kleider warf Jmre in den Wagen zurück. daS Tuch breitete er über BrLuner, die Holzschachtel stellte , er Lassony , auf den Schoß. Dann setzte er sich wieder, und sie fuhren weiter. :,- ; " ' Lassony, einer Ohnmacht nahe, lief Gefahr, hinunter zu stürzen. Da zog Biro den Arm. des feigen Ge fährten durch den seinigen und schüt telte ihn roh. . .Wir müssen uns des Inhalts der Schachtel entledigen," sagte Biro. .Du wirfst die Farbenbüchsen nach und nach in den Straßengraben." Wie der Diener befohlen, so tat der Herr. In der Schachtel lagen drei kleine Blechbüchsen, , ein be schmierter Lappen und ein flacher, in Blech gebundener Pinsel Auch die ser war voll Farbe, und Farbenflecke waren auf de' Außenseite der noch neuen Büchsen, die mit Blechdeckeln verschlossen gewesen waren. : Mit zitternden Händen öffnete Lassony die Schachtel und ließ den Deckel, hinter sich in den Wagen fal len. .Nicht jetzt!" zischte Biro ihm zu. als Lassony in die Schachtel griff. .Dummkopf, siehst Du nicht das Weib dort drüben?" a ' Nein, Herr von Lassony sah das ziemlich entfernt auf einem Feldwege dahingehende Weib nicht. Vor sei nen Augen schwamm ein noch ganz anderer , Nebel als der, der aus der feuchten Erde stieg. .Jetzt!" befahl Jmre nach einer Weile, nachdem er scharf ; Umschau gehalten. Da warf Herr von Lassony eine Farbenbüchse hinaus. : Sie flog in den Straßengraben. Hoher, dichter Graswuchs befand sich an der Stelle, wo sie liegen blieb. Auch eine noch reich blühende Wege wartstaude stand da. ' Man befand sich nicht mehr auf -dem Gemeindewege, der von Mllhl t leiten nach MännerSdorf führt, son j dern hatte die breite Landstraße er reicht. Gerade als die erste der drei. Buchsen m den Graben flog, tauchte der Männersdorfer Kirchturm vor den beiden Spießgesellen auf. Schweigend nahm Biro die Schachtel von Lassonys Schoß, stellte sie in den Wagen, überzeugte sich, j daß Brauner vollständig bedeckt war, und gab dann dem Braunen' einen Hieb, worauf der Wagen noch viel schneller weiterrollte. ' . ; ,. So schnell fuhr er, daß der Män! nersdorfer Schuster Wenzel Prichoda, ! der vor feinem netten, kleinen Hause stand, bei sich dachte: .Die Zwei ha ; ben es aber eilig." '. Er hätte gern gewußt, was sie in dem Wagen hatten.' Biel konnte der merkwürdig bunte Wagen mit seinen hohen Bretterwänden nicht enthalten, ! sonst hätte ihn das kleine Pferd nicht . so flink von der Stelle gebracht. ; .Spaßige Leute," dachte Prichoda, j während er dem - Wagen nachsah, j .Der eine hockt wie ein Affe oben." j Und als er die Buchstaben auf dem? hinteren Abschlußbrett des Wagens gelesen, meinte er kopfschüttelnd:! ,N. :v-y;K'!::' V-;:- Sonst , begegneten sie : hier nie wand. , Anders war es in der Männers ! dors ganz nahe gelegenen Gemeinde ! Orth. Hier geht die, Landstraße, mit ten durch den Ort. Da schauten schon- etliche Augenpaare ' nach dem bunten Wagen und den beiden Män nein; aber auch hier ahnte niemand, was für eine gräßliche Last sie fuh ren; hier siel der Wagen auch nicht so auf, weil Biro ein vernünftiges Tempo einhielt. Er war zur. Er kenntniö gekommen, daß man durch ein gar zu schnelles Fahren die Auf mertsamteit der Leute aus sich len ken würde. ' V Als er Örth hinter sich hatte, atmete er erleichtert auf und - holte die Schachtel wieder hervor. .Da, jetzt sieht's niemand. Wirf wieder eine Büchse weg," befahl er und schob Lassony die Schachtel auf den Schoß. Er selber hatte nämlich mit dem Pferde zu ; tun, . mit dessen Riemenzeug schon auf der Herfahrt nicht alles in Ordnung gewesen. : Biro hatte diesmal , am unrichti gen Orte gespart; er hatte billig und hastig eingekauft und war dabei be modelt ; worden. DaS Riemenzeug war alt und schadhaft; beim Ein fahren in die Au war der . Wagen gegen einen Grenzstein gefahren, und einer der Niemcn war gerissen. Biro hatte die Enden , zusammengcknotet, und die dadurch bewirkte ungleiche Länge der Riemen erwies sich jetzt als hinderlich. Darum hieß er Las sony die Schachtel entleeren, was zur Folge hatte, daß alle Büchsen auf die linke Seite 'der Straße hinüberge schleudert wurden. , Die zweite Büchse, die die - rote Farbe enthielt, fiel nicht in ' den Straßengraben; sie war zu weit ge morsen und kam auf den Rand des Ackers : zu liegen, dicht neben - einem KreuzbildniS, vor dem sich ein Bet schemel befand. ' ,; Sie prallte ' auf einen , Stein, ihr Deckel sprang fort und rollte ein Stück weiter. Biro . bemerkte eö, legte aber die sem Vorkommnis keine Bedeutung bei. Gegen fünf Uhr fuhr der Wagen zwischen dem Schlosse Eckartsau und der gleichnamigen Ortschaft durch; auf dem Wege zwischen dieser und dem Oertchen Witzelsdorf, wurde die letzte Farbenbuchse weggeworfen. Man hatte sich also schon einiger veroachtlger Drnge entledigt. Den mit -Farbe beschmierten Lap, pen und den Pinsel hatte Biro ver ge en. ""v-v.:i' Jetzt fuhr Biro nicht mehr schnell; er fürchtete keine Berfolauna mebr. Nun lag ' auch Witzelsdorf hinter ihnen; sie fuhren zwischen den sump, figen Wiesen hin. die sich nordöstlich dieses kleinen OrteS ausdehnen und bell Engelhardtstatten ihr Ende er reichen. ; Es war unangenehm naßkalt, denn auch hier, fern vom ; Flusse, gab eö Nebel, besonders über dieser weiten, moorigen Fläche. ) . Zum Teufel!" schrie Biro und hielt an. .schon wieder ist der Nie men gerissen!" ' ; Er beugte sich vor, ', knüpfte die beiden Enden noch einmal zusammen und wurde bei dem leisen Gejammn Lassonys zornrot. .So eine Feigheit!" schrie er. .So eine Feigheit! Lauf! ' Renne schnell davon und hänge es an die große Glocke, damit Deine Jammerseele wieder Ruhe findet!" Dann gab er dem Pferde einen Hieb, und wer ter ging die Fahrt. ; -Den Strolch, der sich in einen na hen Heuschober eingewühlt, hatte Jmre nicht bemerkt. Eine halbe Stunde später, ganz nahe einem Straßenwärterbäuschen. riß der alte Riemen zum drittenmal. Diesmal wäre Lassony vor Schrecken fast vom Sitz gefallen. Er hatte", als sie an dem Häuschen vorllberfuhren, gesehen, daß ein alter Mann davor saß. .Wenn der nun hierherkommt!" murmelte er, und seine Zähne schlu gen zusammen. .Alter Klapperkasten!" höhnte Bi ro, stieg ab und ging zu dem Häus chen. , r ;:r-": Lassony war zum ersten Male mit dem stillen Mann hinter sich allein. Er preßte die Zäyne aufeinander und zog die Wirbelsäule ein. Er glaubte die eiskalten Hände Bräu ners auf seinem Leibe zu fühlen. Er hatte nicht den Mut, sich um zuschauen, er getraute sich kaum, sich den Schweiß von der Stirn zu wi schen. Dann stierte er vor sich hin, lauschte und lauschte und hielt dabei krampfhaft die Zügel, die Biro ihm zugeworfen hatte. Wie lange der brauchte! Was er nur von dem Al ten wollte? ';.' ;a , Plötzlich zuckte Lassony jah zu sammen. Ein Gedanke 'war ihm durch das fiebernde Gehirn geblitzt: wenn nun ! Jmre gar nicht" wieder kam? . Wenn er geflohen war, ' ihn mit hem Toten allein gelassen hatte! Einen Augenblick hatte der - ge ängstigte Feigling keinen Atem, und dann das Entsetzliche hinter , sich mit einem entgeisterten V Blick, strei. send, schaute er zurück. - - Aber da Zam Biro mit ; einem langen Strick daher. - Herr von Lassony atmete wieder. Er empfand in diesem Augenblick auch ein leidenschaftliches Gefühl des' Dankes gegenüber seinem Mitschuld! gen. "T""; -?-:-;', .".. ''. --. .;;: ,--::r :.. , . .Habk ' ihn verdammt teuer bezah len müssen!" murmelte er, während er den unbrauchbar gewordenen Rie men durch den Strick ersetzte. Ei nen ganzen Gulden hat er gekostet, weil der alte Halunke -nicht, wechseln, konnte oder wollte!" . ' Beeile Dich! Beeile Dich!" bet telte Lassony. Da schaute Jmre zornig auf, sah die Holzschachtel noch auf dem Schoß des Jammermenschen, griff nach ihr. und warf sie in den Wagen. , Daß dabei der Pinsel heraus flog und mitten auf die Straße, fiel, beobachtete er nicht. .Ekelhaft ist diese Furchtsamkeit!" höhnte er. Was kann uns denn jetzt noch gschkhen? Wenn man hinter uns her wäre, hätten wir es längst bemerkt. Also halt' das Maul und laß mich nach wie vor handeln!" Ach, ich möchte zu Hause sein!" jammerte Lassony, worauf Jmre vol ler Hohn erwiderte: ,, ' .Möchtest Du? So. das möchtest Du? Na. ich möchte auch allffhnnd zum Beispie! einen Sack voll Su katen statt der Leiche, die hinter Dir liegt.' Aber man kriegt eben nicht immer, waS man möchte. Und libri gens . h,we ich gar keine Eile. Ich will, gar nicht an die . Marchbrücke kommen, ehe es nicht völlig, finster ist." Warum warum . willst Du nicht früher hinkommen?" - Damit es niemand ; sieht, wenn wir den da in den Fluß werfen." ' Lassony stierte Jmre so verstand nisloS an. , daß dieser hell' auflachte.' Er stieg auf. nahm die Zügel in die Hand und stieß seinen ehemaligen Herrn grob an. - ' - Meintest Du. daß wir ihn ewig spazieren fahren würden?" fragte er zynisch. Die March ist jetzt , nach den vielen Regengüssen reißend, die trägt ihn rasch hinweg. waS für uns recht gut ist." - , - V Herr von Lassony erwiderte, nichts , vielleicht, weil seine Zähne ohne hin nicht zur Ruhe kamen. waS sei nen teuflischen Gefäbrten ,u dnrftrn ge veranlaßte, wozu er denn in die ftii ft5f" f W , V ' ' ' " ' Der Wagen verschwand bald im Äleoer. y Der alte Streckenwärter sni,t ihm nach nicht etwa, weil er ihn rmereiilertt, i onoern weil daS Ge fahrt jetzt daS einzige sich Bewegende in der weiten, stillen Landschaft wr. .AIS der alte Mann seine Pfeife usgrraucur yane, irecne er stetem, . -t f-jt rjc . ' - eryo ,icy, icyuiierie yie neven lym liegende Schaufel und ging die Stra ße entlang, wo der Wagen gefahren war. Da machte er einen . Fund. Ein Pinsel lag da mitten auf der Strake. der noch ziemlich neu w?. Gebraucht war er aber schon, sogar für mehrere Farben, die noch nicht einmal ganz .trocken, waren.; An der lecyklNsaiiung war er blau, ein Stück weiter rot. und an d (Shiht schwarz allerdings waren diese am Larven teiiroene tnemanderge icymiert und jetzt von Staub be deckt. . AIS der Alte heimging, nahm er ven Piniel mit. ..Er erinnerte sich dabei, daft auch , der Waaen blau und rot und schwarz gestrichen gewesen war. ei vieler Erinnerung schüt tette er den Kopf. , In der Umaebuna der htirrtn Pappel herrschte nach dem Wegfahren ves Wagens wiever die größte Ruhe. Die Krähe, die auf einem Aste der Pappel gesessen und den Vor gangen ausmerkam zugesehen, war emgeicylasen. :-i Im Grase, das JmreS grobe Fü ße niedergetreten hatten, glänzte et was. . : Es waren BräunerS Auaenaläser. Sie lagen etwa dreikia Schritte von vem vurren Baum. - Am Rande eines noch dicht belaub ten Brombeerstrauches lagen sie. Es war eine cenge Beeren aus dem Strauck. Auch auf ibnen aab 3 viele feine Glanzlichter. Sonst war alles trübe rings um die dürre Pap peu. v Viertes Kapitel. Jetzt, meine Hanne. können wir endlich, lzandeln." . hatte Frau Bräu nrr zu ,yrer oeriorr zu ryr aus blickenden Nichte gesagt, und dann: Fahre mich. n mein Zimmer und schicke mir Anna. . Indes sie bei mir ist, soll Lois frühstücken, darauf den Zappen lattein und dann u mir kommen. So. Kind, und nun mach' auch Du Dich fertig. Ich merke, daß Bu evensaiis in den .Kleidern ge blieben bist." , , ' . Johanna seufzte. Die Kehle war lyr wie zugeschnürt. . - Langsam rollte sie den Fahrstuhl in das Wohnzimmer der . Tante. Dann klingelte sie Anna, herbei und ging, den zweiten Auftrag äuszufüh ren. : ; ., .Was wird uns dieser Tag brin gen?" dachte sie auf dem Wege zum Kutscherhaus, das neben, der Gart nerei in dem umfriedeten Teil des großen GartenS stand und in dem auch Lois, der Stallbursche, wohn te. ;,,a: ; .,,, Fröstelnd ging sie auf dem gewun denen Gartenwege dahin, Strauch und Baum tauchten gespensterhaft in dem roten Nebel vor ihr auf. Jetzt wurde ein Mann sichtbar. Regungs los stand er da. die Augen auf den Boden geheftet.- : -;i Josef war es. Als Fräulein Mileska ihn an sprach, zuckte er zusammen. ' . An unsern Herrn ; hab' ich ae dacht." sagte er ' hastig. , Ich glaub'S : schon. Josef. -Wir denken ja jetzt alle nur an ihn. . Da ist etwaS geschehen ein Verbrechen," murmelte der junge Mensch. -Josef!" Fräulein Mileska starrte den Die ner entsetzt an. Warum denn gleich das Schlimmste fürchten?" sagte sie mit erzwungener Ruhe. .Sie frei lich ". , , . Josefs ; sonst so stilles, sanftes Gesicht .war sehr blaß geworden, und seine; Augen glühten. ; Aber daS dauerte nur ein paar Augenblicke dann sah der junge. Mensch ganz wie sonst aus. . - . ; Er war ' während des ganzen JahreS, daS er im Erlenhof ver bracht hatte, immer sanft, ruhig, be scheiden und - traurig. . Freilich, so traurig wie jetzt war er doch nicht immer. Seit ' die hübsche Anna sein schüchternes Wer ben mit sichtlichem Wohlgefallen ent gegennahm, hatte sein Trübsinn sich merklich verringert. ' . Aber - jetzt sah er erbarmungswert traurig ' aus. -, . .Sie haben recht, gnädiges Fräu lein," sagte er leise. - Andere Men schen denken nicht sofort an ein Ber brechen, dazu muß man .- schon : etn ' gewesener Zuchthäusler sein." Fräulein Mileska streckte ihm im pulsiv die ' Hand entgegen; er aber schien es nicht zu sehen. -. Josef. Ihre Hand will'' ich. ha ben!." sagte sie da laut, und als ) er seine lwchte zögernr in die ihrige legte, fuhr sie fanft fort: ES tut mir leid daß mir diese Worte ent schlüpften. Sie wissen, daß wir alle Sie gern , haben, und daß Onkel und Tante eS noch keinen Augenblick be reuten. Sie ins HauS genommen zu haben! ' DaS sage ich Ihnen, gerade in dieser Stunde am liebsten. Wer gessen Sie- Ihre Vergangenheit - wie auch wir sie vergessen haben." .Um sich gelegentlich- doch daran zu erinnern!" murmelte er schmerz llch' ::: ;). V- ! Da wurde daS ' temperamentvolle Fräulein ungeduldig. " : .Nur , nicht zu empfindlich sein!" mahnte sie und ließ feine Hand faflen. ''".Sagen Sie mir lieber, war um Sie an ein Verbrechen denken." Josef war sofort bei der Sache. .Der - Einladungsbrief hat ; mich darauf gebracht," antwortete er. Johanna sah ihn fragend an. . .Der kam doch vom Förster?" .Ich fürchte, er kam nicht von ihm!"' i - -' Er soll eine Fälschung eine Falle gewesen sein?" , .Ja". -.Aber 'eö war doch PoignerS Handschrift?" ? ' Handschriften können nachgemacht werden." 'Mein Gott!" murmelte Johanna erschrocken. .Ich habe mich in der Nacht auS dem - Hause geschlichen, bin über das Gitter geklettert, den ganzen Weg zwischen hier und der dürren Pappel abgegangen und habe geru fen. Dann bin ich heimgekommen und trotz aller Angst einge schlafen." : Hastig, stoßweise hatte er daS be richtet.. v. Fraulem Mileska hatte ihm ae spannt zugehört. .-, Jetzt fragte sie: .Weshalb glau ben Sie, daß der Brief gefälscht war?" ., . ,Herr Poigner soll ia gestern den ganzen Nachmittag mit" dem Herrn Adjunkten dienstlich in der Lobauge weseiz sein. Da kann er unseren gnädigen Herrn doch nicht zur toten Pappel bestellt haben?" - ' Wer sagt, datz der fforster in der Lobau Dienst tat?" fragte Johan na. ; ' : .; Die Frau Försterin hat eö zu dem Kutscher gesagt. Und dann soll Herr Poigner von Aspern auS nach Wien gefahren sein." : , Johanna erbleichte. ; ; ' k : Halten Sie sich bereit sagte sie. Sobald der Nebel schwindet, reiten wir beide zur dürren Pappel. Mit Mathias rede ich selbst." Sie nickte dem Diener zu und ging weiter. Die Angst in ihr wuchs ? - riesengroß, seit Josef so offen von einem Verbrechen ge redet hatte. ' Sie fand Mathias, den Gärtner Eigner und Ludwig, seinen Gehil fen, im eifrigen Gefpräch beisammen stehen. . Sie schwiegen. al3 sie , Fräulein Mileska kommen sahen, aber diese fühlte, daß sie über ihren Onkel gesprochen hatten, denn die drei Männer hatten sorgenvolle ' Mienen. Sie erwiderte freundlich ihren zu traulich achtungsvollen Gruß und rief, Lois herbei, der mit dem Säu bern des Wagens beschäftigt war. - Sie richtete ihm den Befehl ihrer Tante aus und wandte sich dann mit der Frage: WaS denken Sie über OnkelS Fortbleiben?" den drei Män nern zu. . - Die drei zuckten die. Schultern. Der gnädige Herr ist kein Trin er," bemerkte der Gärtner. Bei Trinkern 'kann man auf. allerhand gefaßt fein, aber unser gnädiger Herr weik genau, was er tut: da ' sind noch nie Unregelmäßigkeiten vorge ommen. .Und feinde kann er unmöglich haben," sagte Ludwig. .Aber krank kann er geworden ein." siel der Kutscher ein. .Gerade in der -lekten Äeit klaate er öfter über Köpfweh und Wallungen. Wie eicht yt es möglich, daß ihn . Der Schlaa getroffen bat dan er irgendwo hilflos im Freien liegt - vas meinen, Esie doch, Mathias?" ragte Fräulein Mileska. '.:''-.:;: . .Aber, ich glaube daS nicht " Wie denken anädiaes - ' Fräulein darüber?" fragte Mathias. Johanna atmete tief auf und leg le die Sand fest auf des Kutschers Arm. Ludwig .meint, Onk6 habe kerne Feinve. - Man sollte annehmen dürfen, daß dem so ist. Aber eS gibt kaum einen ' Menschen auf Er den, der keine Feinde hat." f .Fräulein Sie denken " ,An ein Verbrechen denke ick. Mein Onkel ist so rücksichtsvoll , gegen alle, ganz besonders - aber aeaen seine kranke Frau, daß er. wenn er - es ir- gend gelonnt hatte, sicher eine . Er. klärung' für sein Fortbleiben gesandt hätte. Ich denke an den Brief, der die Einladung zur Jagd enthielt und den das ist fast 1 sicher der Herr Förster nicht geschrieben hat. Seine krau wenigstens weik nichts von der Einladung; sie sagt, ihr Mann.yave mit Herrn von Amberg. den gestrigen Nachmittag dienstlich in der Lobau zugebracht und sei abends nach Wien gefahren. Diese Nachricht vaven voq i-ie,. Mathias, heute nacht heimgebracht. Haben Sie sich da bei nichts Besonderes gedacht?" Der Kutscher nickte. y -.v'V; , Ich habe mir. wobl meine , Ge danken gemacht, aber . unser einer ou so etwas nicht zuerst sagen. Und Sie beide?" laate RrihiM Mileöka. , Die Seiden Gärtner schwiegen ver Man weiß nie, waS bei so et. , waS , herauskommt." 'murmelte Elg ; ner endlich. ; ' . DaS junge Mädchen gebot Mo fiina ihrtn , Notfuchs und noch kl hJ Mf -7"-'- , , . zweites Pferd zu satteln, gmg dann 9 . . l. . a . .. ; ..MW Mtiit rasch Toilette, um mit ihrer Tae eine Tasse. Tee zu trinken. Frau Em. ma sah recht elend auS, aber sie war die einzige im Hause, die volle Ru he zeigte. .ES ist Dir recht. Tante, wenn.ich zur dürren Pappel reite? Den Jo. sef nehme ich mit." sagte Johanna, sich ebenfalls zur Ruhe zwingend. ; Frau Bräuner nickte. ' .Gewiß ist eS mir recht mein Kind , -erwiderte ' sie. .Kommt Lois bald?- ; .Gleich wird er hier sein.. Wohin schickst Du ihn?" - - - .Frau Emma . reichte ihrer Nichte -einen verschlossenen Brief. Er war an Herrn Wachtmeister Pertl in Groß - Enzersdors adressiert. Johannas Hand zitterte ein wenig als sie den Brief , wieder, zurücklegte, i .Trink noch eine Tasse Tee," sag te, ihre Tante. .Es ist sehr kalt und noch feucht draußen und. Du ertäl test Dich so leicht. Eigentlich könn te Eigner statt Deiner zur dürren Pappel reiten." , .Nein, Tante, laß mich eS tun : C.aV' r! ' tflisil ' f&. Tante herzlich und ging in ihr Zim mer. Gleich danach . kam sie wieder zurück. Sie war im Reitkostllm, hatte ihr Jackett angezogen und die Kappe aufgesetzt. Josef wartete schon mit - den Pferden. Anna stand am offenen Tor. Als sie es eine halbe Minute später schloß, ritten die zwei schon durch . die Allee der Straße zu, die zur dürren Pappel führte. Frau Emmas Blicke folgte ihnen. Die arme Frau konnte sie aber nicht deutlich sehen; ihre, Augen standen voll Tränen. Als Fräulein Mileska und Josef die Straße erreichten, stießen sie aus einen dritten Reiter. Es war Herr von Amberg. der in sehr scharfem Tempo von Groß-En zersdorf herkam. . 'Die junge Dame hielt sofort ihr Pferd an. .Bringen Sie Nachricht?" rief sie erregt dem jungen Mann entgegen. f s.::ii.n. v. lUUCUC VCU .Nichts weiß ich außer dem Un glaublichen, das Frau Poigner mir erzählt hat, als ich heute früh um fünf. Uhr heimkam". .Jetzt ist es ein Viertel nach sechs. Sie sind also. sofort hierhergeritten?" .Aber selbstverständlich!" .Und die Nacht über waren Sie im Freien!" 5 , .Ja. Bis gestern abend war ich mit dem Herr Forster und später mit vier . Hegern in; der Lobau. Es werden jetzt so viel Schlingen gelegt. Wir yossten die Kerle zu , erwischen. Herr Poigner ist gestern abend gegen acht Uhr, nach Aspcrn hinllbergegan gen. Heute gegen elf Uhr wollte er wieder zu Hause sein". .Der Brief an Onkel kam also ganz bestimmt nicht von ihm?" .Ganz bestimmt nicht!" V, .Kann er diese Einladung nicht doch geschickt und es hinterher ver gessen haben? ' Sie ist jedenfalls schon vorgestern geschrieben." .Vorgestern schon?" Sie haben sie Uns ja selber ge bracht. Mit der gestrigen Frühpost ist sie ausgegeben." , ' . .Ich also ich habe Ihnen da. Unglück ins Haus getragen?" , Der hübsche Forstadjunkt sah ganz unglücklich aus. ' " So "denken Sie also auch, daß eö ein : ein Unglück gegeben hat?" forschte Johanna angstvoll. - . - .Ich nehme an, daß auch Sie zur dürren Pappel reiten", fagte er aus weichend. Johanna nickte. Hierauf wandte der Adjunkt sich an Josef. Holen Sie ' Treu", sagte er mi5k ritt weiter. Johanna, die an - seiner Seite blieb, reichte ihm die Hand. .. Sie denken doch an alles," dankte sie, traurig lächelnd. Treu wird uns gute Dienste leisten, falls der Nebel noch so dicht ist, wenn wir ) hinkom men." "';':."'.:. - . Ganz langsam ritten sie weiter. Nach kurzer Zeit hörten sie Pferdege trappel und Hundegebell hinter sich. Treu war sichtlich sehr vergnügt über seinen Morgenausflug. Sein Bellen kam bald von rechts, bald von links,, und plötzlich war es i vor dem jungen Paare. ' ' Gleich danach stürmte der Hund -ihnen entgegen. Sie hielten ihre Pferde an und Amberg ließ das lebhafte Tier ' zu erst seine stürmische Zärtlichkeit ge gen Johanna austoben, , dann, rief er es zu sich, streichelte ihm den Kopf und sagte eindringlich: .Such' den Herrn!" - Der Hund schaute klug zu ihm auf, wedelte, bcllte ein paarmal und jagte d?von., . ? Inzwischen war auch Josef heran gekommen und sie' ritten zu dreien weiter. . . -. ";.'':; Bald lag die Gcgend frei vot ih nen da, auch schon ziemlich frei vom Nebel, den nur der Wald noch - fest hielt. . ' , . (Fortsetzung folgt.)