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( v-, t j t " '! ! : i U r. : . f M - ( : f i !I M i!i ffil ; H ; '! i ! H :H ' i ! ;! I $ rl V? . t . '1 I V sC . Tv -II f !i -..-v- . ! f ßi t 13 i I Sonliurrc utiit. i ttcmait von Frih (5 a n h e r. 1. SUJo das wäre da nu Zedilin, sag te Jürgen Völsch mit seiner knar renden, wie eingerostet klingende Stimme, lieb die Peitsche eine kiiap i, steife Berdeugung nach dorthin maiKii, nc ein schlanker Kirchturm au roten siegeln über eine nicht joncrr'jch bedeutende Änsaiiiiiillittg von Häusern )ai Reginient sühne, und spie dabei so kunstgerecht zur Seite, als hätte er bei einem von der Wasserkante, die im Speien bekannt lich Studierte sind, das Lehrgeld bejoijlt. Tann sah er sich, halb .lter die hochgezogene rechte Schuller Willens, um, murmelte etwas, das ein frommer Wunsch, ebensogut aber auÄi ein kräftiger Fluch sein noch e, und fügte laut hinzu: Ja, Herr Toltor, cS is man ein kleines Nest, unser Zechlin, so ein kleines, niith geS Nest. Unser alter Toklor Bnnf. meicr sagte immer! ein Lauscnest. Er lachte breit, wie Leute u lachen pflegen, die sich über ihre eigenen ' , Worte am meisten erheitern, klapp tc kurz mit der Peitsche und sagte: ! .Hü Olle!" ; Doktoe Friedrich Vogelsang, dem ' die vorläufige und nach näherer Ve- ' kanntfchaft nicht gerade lobende Vor ' sieüung Zechlins soeben vermittelt worden war, halle sich von dem eingesessenen Polster des Hinterfiyes im Ziorbwägelchen ein wenig erho- den, um daS kleine, nüttige Nest besser selien zu können. ES lag zum gröszten Teil in eine flache Talmulde gescluniegt und kletterte mit dem Nestc seiner Anwesen den Hang einer bescheidenen Anhöhe hin an. Viel Vanmgrün, schon Herbst' täiie aiifweijend, verlieh eine freund liche Note und gab nur hier und dort !,", vom Alte, aeschwärztes Siegel' .,?ch oder ritten roten Giebel dem , ü'h'le frei. Etwas nach IinkS hin- über, wo blangrün schimmernder .njernwald nnseyle, der sich weit i das Land hineindehnte und am Horizonte wie ein tiesschwarzer Strich verlief, blitzten Silberlichter dej Flusseö in der Seplembersonne craj und verrieten breitgefpannte weiftgraue Segel die gemächlichern!,, ge Fahrt lasttragender Zillen. Ter icyianle .irazturm mit leliiem Schie ferdach und dem Wettet Halm, einem sich breit und massig spreizenden Ge sellen, beherrschte das Bild und war wir ein über allerlei leiiwolk regie render Fürst c.iizaicl'.i-u. Ter Toktor. ein hoher Treiftiger etwa, trug ein leis.s Lächeln ans seinen! Gesicht, tmeie tief, wie einer, der von Ges:l an:en bejriedigt ist. nd suchte dir Vertiesung iin Pol tterjit; ti?i..'der ans. Jürgen Völjch sah sich abermals nach ihm um, nun über die linke Schtilter weg und mit einem fragen den Älick in den blauen Bieder mnttSaugen. Na?" sagte er ziiin ikrslus:. ,Tcr Ort macht einen ungemein cheimelnden Eindruck", erklärte Friedrich Vogelfang. Es niuft sich d ganz gut leben lassen." .Nu ja", meinte Jürgen Völsch, m seinem Lokalpatriotismus offen bar geschmeichelt, denn er griente breit und anhaltend. Tann frönte er wieder seinem Speigelüst, dies mal in noch kunstvollerer Weise als nrhin. denn er traf fast den Stra- Wngraben, und knallte breitspurig "-au. xa? klappern ue Wage-, mit der Peitsche. Unser klter Tok- l'raCl) vlel,linn,g an den Hau m Brinkmeier sagte immer: Wenn Isronte des liiidenum,aumte Zechlin auch 'n Lausenest ist, so bin kanten. Neugierde. wie e doch ,ch in ihm doch nich verhungert. Sol- wohnlich m Uleliiiladten dahem, che fetten Hammels, wie der Meyer Wewn die Anwohner nicht z am Markt schlachtet, schlachten die ! besitze, den kein Fenster offnen rv'N',Tm,fi-fihn, sfiinintthrr ti.rii ntni lich. und keim. Gardine geriet in lin der Salomon in der Vandgass.' öat immer die frischeste Butter, die fettesten Käse, vor allem, was der LÄnburger und der Parmisankäse is ld so, und die delikatesten Raucher heringr. Schleie und 5karauschei, und Aale kann man fressen, soviel man will, und sie find billiger al-: avderswo die Stinte. Dazu da: Bier im Grünen Hecht!" Und wenn dann nich sa viele krank sind, daft man seine Ruhe hat und nich all, nasenlang in die muffigen Vnden der Zechliner 'reinriechen muft, sann man in dem Lausenest ganz gemiil ttch leben. Ja." Jürgen Völsch inachte eine jtunstpause und schlaft So, sagte unser crZter Toktor Vrint meier immer und strich sich dabei über seinen dicken Bauch. Trnn da mussen Se wissen, Herr Toktor, wa-: uns alter Toktor Brinkineier war. der war dick wie 'ne jkai'.one und iö schließlich an der Fettsucht gcitor den. Gott hab' ihn selig! Er Hai mir auch mal von der Jnsaulenza und meine alte Braune da vorm Wagen von der Kolik kuriert." Friedrich Vogelfang, dem während r ganzen Erzählung Jürgen Slschö ein höchst belustigendes La 4fn ftuf dem Gefickt gestanden Hat e, kam in keiner E:::geg:".:üg mein . Tie J'aii'.i'.firr.re macht.' li.:1 das Ver gnüg, u, pii!iii e:;i wenig steil eil' v.. Te: '"ranne ichh:.' eir.e." d'i.a'.i':! Trab an. und das :orv.rä .yUlxi: begann so e.'.iidriügti.h -u-i'Iappern, das: eine Verständigung uuiiöglich war. TU' bih'n Juftii u-n des (Gejährt 5 fli'en anf i'iren Sil'eu aus und nieder, i:nd der Tol tor lU'ripürti ein schmerzhafte: Leibgiiminen. Als die Strafe eine leme Bie gunei machte und den Blick eui Zeck' lin voll freigab, sie' Jürgen Viilfch dem Tokkor zu: ., ,!' fa'ore Sie vor-: erfte ,nm Grünen He.lt' ." Tie Aussicht, zunächst die Ve kanntichail mit dem Grünen Hecht" machen zn können, war Tottor Vi. gelsang durchaus angenehm. Er hatte Berlin mit dem Frübzuge ber lassen. var am halben vormittag in Müftrin gewesen und sas; nun schon über zwei Stunden ans diesem seder losen lesährt. lind wenn er auch , icht zn den Menschim geborte, die. ivie weiland sein Moilege Brinkmeier, begeiflerte Nachahmer X!iifnUiis' sind, so war sein Magen doh so viel Herr seines Besitzers, das; er auf ihm zustehende Zielte nicht verzichten mochte, 'judem meinte es die Sep tembersomie feil i'fiva einer Stun d? so gilt, das! der Hunger all sei neni Bruder Turu einen nicht min der anälenden MitnialuiiT gemnden halte, lind das Vier im Grünen ücW sollte ja wohl nicht sdiled;: fc:n! Vorab kam iv.vr der i'rüne Hedit" noch nicht. Tas ,iorbwägel- iben ti'ar, miuidiuii es an den ersten Hänsen, 1Ze: lins vorübegefakren in eine nicht gepla'lerle Zeitensira s'.e eingebogen. Jürgen Völsch er Härte, das-, dieser llmweg vorziizie lien sei, weil die Haumüras-.e ein zn miserables Pflaster babe. Wir ahren die Feldiirane bis zur Läm- mergaise runter, biegen in die Lebn fer .strafte ein, kreuzen die Fischer gasse und den Wendenweg. koinmei ''ara gl'i.I in die Vandgasie, wo der Salomon wohnt, und haben dann den i'üirkt. lind da is der ..'riiin Hecht"." Nil, daS schien so ungefähr ganz Zii sein ! Aber dem .oktor beuchte es gar nicht so übel, auf' die- ; fer Nnndfahrt deil gröftten Teil des CNcö kennenzulernen, llnd eS be ' reitete ihm Vergnügen, die Ausfichl zu haben, soar das Geschäft des ,täederholt genannten Salonion, der .,iei!b?i eine Hauptrolle in icAy ! '.in spiritr zu sehen, (vr ,, f0llar sxnn Salomon ! Denn als man die ausgefah , rcncn andgleise der Feldstiafte , likllich l'inte, sich hatte, langsam : nr.h die Lebuser Strafte, die Fischer iiifft und über den Wrndenweg gerat i cit und daiiil endlich in die Vand wr-:' ge.-'cinnieit war, stand da voi i .-.: Haule mit der sielzen Jnschrij: ..oionial-.-earei. und T.likateftha!id. !.-.ig von (.'u.'ei'. Salomon" ein da-.-.ere-.' iä::na'.n in Hemdsärmelü v.5 inii einer blauen L'ahstl'iirze an '.teta.i und Zi..1 le aus einem Morb. ie angefanlten 'Zwiebeln Kerans. Tas is Herr Salomon", belelu le Jürgen Vlsw den Tol'ior. um dann dem Zwiebelsottierer einen gn len Tag zn ivünschen und daran du Bemerkung zn knüpfen: Tie Volle:, faulen das ahr sehr. Herr Salo mon." Engen Salutiern verbeugte sich, llnd Toktor Vogelfang war sich nicht darüber klar, ob ihm oder Jürgen Völsch die ehrerbietige Verneignng 1 gegolten haben möchte. Und da war ja min endlich auch der Markt und dort drüben der .Grüne Hecht". Jürgen Völsch suhl 1 Emilen Trabe quer über den schwankende Bewegung. Nur zwei im Lindenschatten vor der Apotliet, ballwerjende kleine Mädchen umee brachen ihr Spiel und schenkten dem Gefährt und seinen Insasse ein vor übergehendes Interesse. Friedriä Vogelfang fühlte lich durch die auf lallende Teilnatnnslosigteit, die niaii ,eiem Eliizuge in 'ailin entgegen oraazte, ungemein ange.lehm he .'ührt. Brr!" sagte Jürgen Voljch gela, im und zog Sie Leine a. Ter Wa gen hielt vor einem G.'bänc.e in breiter Einfahrt, über iXr ein Holz ,chilo die Inschrift: aslhos zu, Grünen Heun von Hei, ich Miiaei' liug. Wie Schi'.lopojle.i ttanuei, dn eeioen k'nndei bannte in ee grün gestrichenen Kübeln und 'flankierte,, :. Emsohrl. Ein schmaler oi .,,anen mit drei g.'stiiylen Lindei, At i'iiem von wildem Wein dicht ichcnviichetten Lanbc-ngange schmück te die gelbweid getünchte Fachirerl sront des Grünen Hechts" und litt zu beschaulichem lusenthait an di, vier weiftgescheucrten Tische. Si waren jet)t leer. Nur ein roteök kiger srechcr Jnnghahn niit goldge tönter Halskrotis thronte ans dein vordersten und krähte dem Toktor vii I anten (." :ern machender 'i'.l'.eudutt ;a;:. c.v.-:- dem Hause. Irgendwo :!-.'!-erte ntan mit Tellern. Te, H.::i-.-'.ne.vt tam. Ninzt gerade eil :üig, sondern im rnbigen, gemül liaen Kleinsiadtlempo wie jemand. ;ip' viel ;Zeii hat und das Warten lasjeii zu seinem Vergniigeii betreibt. Und min zeigte sich auch Herr Miil la, dienerte und lüftete das Samt' fch'pche mit der blaftgrünen Ran ke: Ta wäre ja nnn wohl unser aener Herr Toktor." Ehe Friedrich Vogelsang entgeg nen konnte, sagte Jürgen Völsch: ..Na, das siehst? ja, Heinrich !" und reichte Angnst Rllmmers, dem Haus knecht, das Gepäck vom Wagen. Tie geschmorte Kalbslende und das Apfelmus aus Ananasrenetten halten dem Mittagstisch im Grü nen Hecht" alle Ehre gemacht und die Küche dieses Hauses bestens emp fohlen. Und als Heinrich Müller seinem Gaste in das neben der Schantjinbe gelegene Honoratioren smbchen trat, um sich pflichtschuldigst zn erkundigen, wie es geschmeckt ha be, und sich dabei noch selbst den Ännd mit seinem blaukarietten Schnlipftuche wischte, hätte Friedrich ''ogelsang lügen müssen, wenn el was anderes als ein uneingeschränk tes Leb über seine Lippen gekom ihm wäre. Herr Müller zeigte sich erfreut ,.vVi, bin es gemöinii, daft meine .afie zufrieden sind," jagte er und !'eft sich in einen der sechs weilen Lehnslühle, die rings lim den gro ftin Mittellisch standen, nieder. Aber Ihre Vermutung, daft mei ne Frau gel'ocl't habe, ist nicht rich tig. Meine Frau ist nämlich schon vor fünf Jahren gestorben. Sie lochte noch besser," Während Müller sich in einer An ivandlnng von Rührung ob in wehmütiger Erinnerung an das bes sere Kochen seiner verstorbenen Frau oder aus anderen Gründen, das sei dahingestellt die Augen betupfte, meinte der Toltor, es sei kaum mög lich, daft jemand noch besser kochen könne, als es die Erzeugerin die ses soeben verspeisten Mittagsmab les getan. Aber wenn ich es Ihnen sage Herr Toktor", ereiferte sich der Wirt vom Grünen Hecht" und lieft von dem AugenbetllpfZen ab. Meine Frau war im ganzen Bruch be lübint mit ihrem Hochen. Schleie in Till zum Beispiel, ich sage Ih nen! Ertra, ta! Oder Karpfen in Vier! Pikfein! Unfer alter Toktor Brinkmeier hielt geivift auf einen guten Tisch lind hatte eine Wirt schafterin, die beim Kochtopf groft .'jemorden war. Aber die Weih nachtskarpfen as; er in jedem Iahn bei uns. Karpfen in Vier kam. nur Ihre Frau kochen, Müller", sag ke er dann jedesmal. Meine alte fungier Tberde wird mir zwar nun wieder acht Tage lang ein Gesicht machen, als trenn s;e Et'ig ge'.nin en lütte, daft i.l) die Karpfen be ..Minen gegessen bad.. Aber das ist mir schnappe. Karpfen in Bi.'r ver 'teilt eben nur die Müllern in ;)cch .tn zu kochen. Tie haben das gewis se Etwas, das sie haben müssen und ebne das ich sie nicht riechen, gc schweige denn essen will"." Friedrich Vogelfang hatte Mühe, ein belustigendes Lächeln zu unter -drücken. Wie war es möglich, Ma gcnfragen ein so tiefgehendes Jn tereffe entgegenzubringen, daft man darüber in Weitschweifigkeit sprach und kein Ende fand! Denn Heinrich Müller erzählte mm noch von den ebenfalls nicht ,iu verachtenden Kochkünsten seiner einzigen Tochter Gertrud, die gewis fermaften die Fähigkeit ihrer Mut ter geerbt, das Erbteil aber noch nicht recht zur Entfaltung gebracht hätte. Tas gewisse Etwas, wi Ihr Herr Kollege Brinkineier im mer sagte, kriegt sie noch nicht raus Aber es wird schon . . ." Toktor Vogelsang spürte ein ner vöses ctribbeln in seineil Fingerjpit zen und rückte ungeduldig auf seinem stuhle hin uild her. Gewift, Hert Müller," unterbrach er in Bestäti gung der unansgesproaien geblie benen Erwartung. Ich möchte nachher den Herrn Bürgermeister aufsuchen Wo wohnt er?" Heinrich Müller war diensteifrig zofort be der Sache, ohne anschei ,rnd an ftorpfen in Bier oder sonst etwas Tlikates, das seine Selige zu suchen verstanden, anch nur noch zu denken. Er beschrieb ausführlich und erwähnte beinahe jede Hausecke ,:nd jeden Laternenpfahl ans dem i)ege vom Grünen Hecht" bis zur !l)ohnll'.ia des Bürgermeisters Lan wnslein Tan'e schön, danke schön! . . . a, ich finde mich nun sicher hin", .'erstl.l.te der Toktor Einhalt zu .im. . . . . N'achher linls um da: Standbild vom Alten Frih lind dann '.eradeauS in die LrbuZer Strafte hm .-in. Ich meine mir. damit Sie licht rechtsum gehen, sonst kommen Sie in die Bandgasse, wo der Sa lomon wohnt." Dieses Zechlin war mit seinen aN' derthald Tnhend Straften und Gas len doch kein Lablirintkl Ab'r Hein tr.tr tue.reni'r c:li.!,ne t" Willioinin eai gegen. rich Müller si ien es d.n'''r zn ballen. Cder hielt er Um, den Titlor. für ein kleines in), das ,::.m mit ei nein 'lellel zum .S.:i:;,.K.r,n sä i-.len miift':' Und da schon wieder der Sa Lmion! Wie o"t wo'ite man ,ln denn beute noch, von dein ei '.aalen? Schön, schön Herr Müller! Ich will zunächst ein Ständchen schlafen. ;',i!in Besnchinachcn ist es noch zn 'riU) . . . Natürlich, mein Zim mer sinde ich schon. Ich danke, ich 'aiike!" Friedrich Vogelsang entschlüpfte auf die Einfahrt und eilte die Trep pe zum Odergeschoft hinan. Tas bm angewiesene schmale Fremden ,'immerchen mit dem Blick auf den Marktplatz lnd mit seiner wohltuen, den Stille und anheimelnden Gemüt, lichkeit so recht zur Nulie ein. llnd als sich der Toktor auf dem kühlen Ledersofa wohlig ausgestreckt hatte, starrte er mit müde blinzelnden Au gen nur noch ein kleines Welchen in das fahlgrüne, sonnenüberflutete Laub der neugierig herüberlugenden Marltplablinden, dachte lächelnd an Jürgen Völsch und an Engen Salo mon und an den erzählsreudigen Wirt vom Grünen Hecht". Ein kleines Weilchen noch. Langsam ver schwamm die Wirklichkeit, wurde zu etwas Fernem, Weltenfremdem: Friedrich Vogelfang war fest einge- !chia?en. Jakobns Langenstein hatte dein Regieren für heute Lebewohl gesagt und feierte eine Erholungsstunde in seinem Garten, der hinter der Biir lermeisterei lag und sich bis zum Flusse erstreckte. Man erzählte sich, daft Jakobus Langeiistein nur dieses Gartens wegen, der ihm ans Herz gewachsen sei, in Zechlin geblieben iväre. Denn der Bürgermeister galt als tüchtiger VerieaUnngsbeamter und hätte schon häufig Gelegenheit gehabt, Zechlin mit einem grösseren Crte und einem besser besoldeten Po sten vertauschen zu können. Einen begnemen Hansflausch tra gend und die geliebte lange Pfeife rauchend, schritt Jakobns Langeiistein an seinen Apfclfpalieren hinab, die mit zn den wenigen Sehenswürdig keiten Zechlins gehörten uud dies mal einen reichen Fruchtbehang aus wiesen. Mit ein paar Schritten Ah stand folgte Tina, die Tackelhündin, der Alter und verhätschelnde Pflege Fettleibigkeit und ein gehöriges .'lsthma verliehen hatten. Es war ihr nur recht, daft ihr Herr oft fte henblieb, um sich hier über einige besonders prächtig entwickelte Früch te in Mnfte freuen zn können oder )ort eine Zweig mit einem Bast ,'aden, deren ein ganze Bündel ans 'er Tasche des Flausches guckte, aii .binden. Als jakobns Langeiistein jox dem Par ade stück' seiner Apfel ipalieie, dem weiften Winlert'alville, land, jede der i''.!n:igen Früchte mit ieblosei'.den Bli-.I.-,: streicheile nnd an !'!e!ima.l'tr.? buchte, den feinen Tust, ler .e.. te-.'-.;''-:bi.i, .tepiein oaun 'nlsleönte'.i w!,r; -. gleichsam ahnend, :-ük- il'in Doktor Vogelfangs Uar ij'.'b rächt. Sieh' d.", sagte ei erfteat. ,'Sieh' da: So bald hätte ich den gn .en Tektor nicl-t erwartet. Ta .!!iiiie;i wir schon gehen. Tina, und Miseren Gast begrüften." Er schritt bnchsbaumgefaftten Weg so schnell zurück, daft die Tackelhündin nur mit Mühe folgen konnte und ih rem Unwillen über die nicht pro zc'ammmäftigo Störung durch ein .epsendcö Kläffen Ausdruck verlieh. Fräulein Jda Barnelow, eine im dritten Gliede mit dem Stadtober Haupt Zechlins verwandte ältliche Taine. die dem Hauswesen des un beweibt gebliebenen Jakobus Lan genstein vorstand und Jakob, wie ,'ie den Bürgermeister in der An' Wandlung einer schlechten Laune zu nennen pflegte, ein wenig zu tyran nisieren snchte obwohl sie gemein hin eine gute, harmlos? Seele war , hatte sich des wartenden Tok tors inzwischen angenommen und ihn in das Arbeitszimmer Langen, ceins geführt. Nach einigen einlei- .enden Bemerkungen begann sie eine .InterHaltung über Aepsel mi allge einen und über die Bereitung von .'Ipfelgelee im besonderen. Ta Fried eich Vogelsan auf dem Gebiete der Homologie ein Laie war nnd von X'r Knnsl, Apfclgelee herzustellen, rst recht iiichts verstand, blieb er ziemlich schweigsam, hatte das Ge liihl, einige Prinlich-wunderlichr Mi nuten zu verleben, und betrachtete .n seiner Verlegeniieit verstohlen die ille Wände bedeckenden, nahezu zahl los erscheinenden Obst-Slilleben und ,äuberlia, eingerahmten !nn'lblat .er ans (Äarteildauzeitjchriiien, du uisnahnislos Aepfel in allen Foi men, Grvften nnd Farben dariteli 'en. Fräulein Jda Barnekow en. ung es scheinbar, daft der Toio, ihrem Vortrage nur ein geteiltes In kerefse entgegenbrachte, denn sie re dele mit sici) sieigertlder Hast w.u ärme und wollte gerade dem Ge U-c vorn weiften Winterkalmlle ein Loblied singen, als Jakobus an genstein, von der kurzatmigen .um' gefolgt, in Ziinmer trat. Tina kam ihm in der Begrnwmg Fried rich Vogelfangs zuvor. Sie stürzte sich kläffend ans den Doktor und rnuftte erst von Fraulem Jda, der es wen.g angenehm p.r, von oer Kro.:e alter At ielgelee - ii,!,i-: nnl' sagen zn tö;iM'ii, am :hr n.'.:e! s i t :i!;;.i::.-.e: Verhalten rnergibl; v.t-i.:ertsam g.'i.'acht und uir Rn'ie l'i'!'. iiien werde.;. Nun !ain oi!.l) jatiwns Langen stein zn Worte Es freut mich aufrichtig," sag te er, dem Toltor die Rechte ent gegenstreckend und mit der langen Pfeife in der Linken begleitende Be wegungen machend, Sie nnn auch persönlich kennenzulernen. Ich be griifte Sie in unserem guten Zech lin, das Ihnen eine schöne Heimat werden möchte, als ehrenwerten nnd längst herbeigesehnten unentbehrli chen Mitbürger. Möchte sie der Wechsel ..." Aber, Jakobns", unterbrach Fräulein Jda Barnekow im Tone höchster Bestürzung und umklam merte den linken Arm Langensteins. Tu hast wieder keinen Teckel ans dem Pfeifenkopf nnd schüttest Glut und Asche aus. Sieh' nur, hier sengt der Teppich schon." So?" fragte der Bürgermeister leichthin, drückte den aufgestöberten Rest des Pfeisenkopsinhaltes mit dem Zeigefinger fest nnd begann passend zu rauchen, dazwischen seine Willkommensrede abgerissen, wie es die andere Tätigkeit seiner Lippen erlaubte, zn Ende führend. ,,,ch wollte also sagen . . . der Wechsel möchte Sie nie gereuen . . . Tenn , . . Zechlin . . . Jda. laft doch die Äsche . . . liegen ... ja, Zechlin. Herr Toktor, . . . ist schlieftlich . . . nicht . . . Berlin." Friedrich Vogelfang halte ein paarmal versn:lt, auch etwas zu sa gen, war aber nicht zu Worte gekom men. Nun, da Jakobns Lattgenslein -ndlich schwieg und seine Hausda me dasselbe tat, anscheinend wegen der Aschenassäre in Ungnade ge taucht, erwiderte er nd gab der Hoffnung Ausdruck, daft die Wiiw iche des Bürgermeisters in Erfül lung gehen möchten. Ich bin Ih nen zn groftem Tank verpflichtet, Herr Bürgermeister," fuhr er dann fort, daft Sie meiner kurzen An frage auf Grund Ihres Inserates in der Frankfurter Oder-Zeitung ei ne so misfülirliche Beantwortung zu teil werdeii Heften und mich über die hiesigen Verhältnisse so 'eingehend unterrichteten." Sehen Sie, lieber Toktor, da war der Eigemmtz mehr treibende Krast, als die Absicht, Ismen gefäl lig zn sein." Jakobus Langenstein lächelte. Sie dürfen mir .meine Offenheit nicht übelnehmen. Wir rnnftten liier wieder einen Arzt ha ben, als unser alter Brinkmeier ge storben war. Ehe einer Ihrer Be--iiissgenossen ans Küstrin hier in, kann der Kranke schon tot nnd be graben sein. Und die Praris Tok tor Brinkmeiers zn übernehme und nach hier überzusiedeln, wollte sich i einer der Kii',tt'ier Herren ver- I ;Lleti. Und da sich auch sonn nie- I man) für iZechlin zu interessieren i schien, wiidfte ich den Weg der ös fentl.uie.'i Beianiitiiiachung, um im-"-wilder einen ilrzt ;,n verschlissen. Na, im) da ran j find Sie als erster ii'ch leler hereingefallen." Als eine!! Reinfall taun ich es bis jei)t nich' betrachten", ' meinte FnediK? Verfang lächelnd, jech lin hat l'Cir bei:??: Eindruck ans mich gemacht.' Schön, schon!" rief Langenslein rr freut. Hoffentlich erfahren Sie se ile Täusch-.ü'geii. Tas würde ich sehr bedauern . . . Aber wollen Sie nicht auch eine lauge P seife rauchen? Ich habe solche mit Psefferrohr und solche mit gutem Weichselholz. Und einen seinen Varinas, das Pfund zu i Mark 150 . . . Oh. Sie ran c'.en nicht lange Pfeife. Na. das werden Sie sich noch angewöhnen müssen, lieber Toktor. Denke Sie mal: die langen Winterabende nd dann keine lange Pfeife. Das ist ja schrecklich! Zigarren habe ich leider nicht da. Aber wie wäre es mit einer Tasse Kassee? Nicht wahr, - , " x)i a Fräulein Barnekow fand die Sprache wieder. Gewift, Herr Toktor, eine Tasse Kaffee trinken Sie. Und dann können Sie gleich mein Apselgelee probieren." Ter Toktol dankte zwar wieder holt, konnte es aber nicht verhindern, daft Fräulein Jda ans dem Zim mer eilte, :,' die nötigen Vorbe reiiiiügeii zu treffen. Wi können inzwischen allerlei Glich filL.es erledigen, wenn ich so sagen will", schlug der Bürgerinn ner vo,' Eine Wohnung habe Sie iiatnrlich noch nicht?" Allerdings nicht. Ich hätte Sie ,;ei".i g.b.'ten, mir vielleicht einen Vorschlag zn machen, mir etwas gaffendes zn empfehlen." G.etgiiiie Wohnungen sind in ;iii.lin napp. Tie Bantätigkeit n'i'ing. d die vaar Mietwohnnn ( i nnd in seilen Händen. Abei .!-e'zdem glaube i-h, Ihnen einen Rat ib.'.i löiinen. Ta ist nämlich as Hans hres Vorgängers noch ici-l ertaitit " Friedrich Vogelfang erhob abweh ren) beide Hände. Was glauben Sie von mir, Herr Bürgermeister! M) bin nicht in der glücklichen La y, mir ein .van-:- tan .-: :: u.: ne: " Ware ja a:iei; rorab g.n rni t aitig. mein Lieh'!" . bern'-igte -' ''cx.v angen'tei'! und ki'i.u:e T iiiu ie sich zu Fi'.fteii ihres Herrn faul ',, 'winmengesie.lt hatie, mit dem Ab giift seiner ausgebrannten Pfeife am Halse. Eint Nichte von Tokio, Brinkmeier, die in Lübeck wohnt, hak das Hans geerbt und würde gewift t.-oh sein, zunächst einen Mieter zu linden, da die Verlanfsmöglichkei ten gering sind. Ich wülde Ihnen recken, bei der Erbin anzufragen," Ter Doktor slimmie diesem Vor i lag zu. erfreut, di, Möglichkeit ei iier paffenden Unterkunft gefunden zu haben. Unterdessen kam Fräu lein Jda und bat in das Nebenzim mer, wo der Kaffeetisch gedeckt sei. Das geräumige Gemaai, anjchel end als Wohn- und Eftziinmer die nend, war ungemein gemütlich aus gestattet, lleberhanpt heimelte Friedrich Vogelfang die Art und Weise, mit der man ihm entgegen kam, an. Es schien Jakobns Lan genstein und feiner Hausdame durch aus selbstverständlich, daft der Tok tor bei seinem ersten Besuche ihr Kaf feegast war und Fräulein Jdas Apfelgelee probierte. Man war in leöer Hinsicht bemüht, ihm wie ei nem alten Bekannten zu begegeneu und ihn vergessen zu machen, daft man sich vor einer Stunde persönlich völlig fremd gewesen war. Währen) des Kajseetrint'ens erfuhr der Toktor dies und jenes über .'Zechlin und feine Bewohner anch Eugen Salonton tauchte von neuem auf und wurde von Fräulein Jda. in ausführlicher Weife über die Zu bereitung des Apfelgelees einge weiht, wovon sie mit derselben liebe vollen Weitschweifigkeit zn erzählen wnftte, wie Jakobns Langeiistein von seinen Spalieren. Ein Besuch des Gartens, den der Bürgermeister vor Ichlug, muftte leider unterbleiben, da es bereits zn dunkeln begann. Aber Friedrich Vogelfang versprach, die Spaliere bei nächster Gelegenheit be wnndirn zu wollen, und .hatte beim Abschiede das Gesühl. alten rain den d'e Hand zu reichen, denen man n herzlicher Zlineigiiilg gewogen ist. So durfte denn Doktor Friedrich Vogelfang mit den Ereignissen, - die ihm der erst' Tag in Zechlin gebracht hatte, nur zufrieden sein. Tie Kunde von der Ankunft deö neue Arzte- verbreitete sich dank der Mitteilsamkeit Jürgen Völsch mit ziemlicher Schnelligkeit. Bereits am Mittage des zweite,, Tages gab es kantn noch jemand in Zechlin, der es nicht gewnftt hätte, daft die Stadt wieö'-- einen Arzt ihr eigen nanu te, iin) am Nachmittage stellten l'ch schon die ersten Patienten ein: ein Tifte,lergeselle mit einer Onelschwun dc und ein Junge mit einer ver brühten Hand. rer irt zum Grünen Hecht" ;;niie dem Teiler einen Raum zum .-IhalUii der Sprechstunden bis ims ireiu'r-.-. zur Verfügung gestellt. Ta s Fl-edrii.', Vogeiiang aber natür lich d,'inm zu lim war, bald in ge ordm-', Verhältnisse zu kommen, be schlos', er, dem Hanse seines verdor bene Vorgängers noch heule eine Besuch zwecks vorläufiger Besichti gung abzustatten. Tie Septeuibersonue schüttete eine Flut goldtlaren reinsten Lichtes über das Städtchen und lieft alles tvie m eine grofte Freude getaucht erschei nen, als sich der Doktor am Spät Nachmittage auf den Weg machte. Vom Markte führte er ihn ein Stück in die Bandgajfe hinein, die von Norden nach Süden lief und daher schon im Abendschatten lag. Nur um die Firste und Giebel der Häuser spann sich noch leuchtendes Sonnen gold, durch daS die Schwalben in ge wandtem Zickzackflug dahinschosjen. lautjauchzende, gellende Schreie aus stoftend. Am Ende der Gasse spielte eine lärmende Schar Kinder und gab den Schwalben an jauchzender Lust nichts nach. Der Dottor ging die sonst men schenleere Strafte bis zum Geschäst Eugen Salomons hinab, dem schräg gegenüber die Lindenallee abbog, in der das Haus des verstorbenen Dok tors Brinkineier lag. Die Zechliner nannten die Lindenallee das Millio uiirsviertel". Verschiedene pensio nierte Offiziere und Vcrwaltungsbe umte, denen Frankfurt und Küstrin zu teuer ode, ans einem anderen Grunde verleidet gewesen, hatten sich h.er villenartige Häuschen gebaut, mit deil Rest ihres mehr oder minder arbeitsreichen Lebens in beschaulicher Ruhe und Abgeschiedenheit zu be Ichlieften. Nicht viel mehr als ein u&lbe Dutzend solcher netten von wohlgepflegtet. Vorgärte geschmück ten Häuser gab es tu der Lindenal lee. Obst- and Gemiiscanlagen, die mit ihrer Ausdehnung die Billigkeit Zechliner Grund und Bodens bewie en, umgaben die freundlichen Sied lungen. Toktor Brinkineier hatte lich einst als erster hier angekauft nnd war jahrelang der einzige Be wohner der Lindenallee gewesen, bis dann, zu seinem Verdruß, Zuzug ge kommen war, der seine Souveräni tät gestört hatte. (Tkortseknna folgt.) ' ' V-M: yn:r u : - -' - jyjrtjhBSIimfcyUJg II jV-rt' V-'-s r - rra$"rfrj'i VT'y'plsryr-x ' ': -vrrnx w,fi Mjwevmwmm " "lt ,m.wiM 99. irt WSIA 1 nrnrt:i'r- lW ., , 4. - .ifjß w