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Detroiter Abend-Post. (Detroit [Mich.]) 18??-19??, July 15, 1917, SECOND SECTION, Image 14

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Z?ie viel Kedern Hat der
Kahn?
Von Peter Robison.
Henmann Freundlich. Mcmufakwr
waren en gros und en d4tail in Sixo
jenfe, hatte seinem Geschäft eine Kon
fekticnsabtheilung angegliedert. Tas
Publikum recht schnell auf diesen neu
en Zweig seine? Unternehmungen zil
locken, batte er wieder eine Reklame
dce. eine neue, ein? arandiose Idee.
Ter Kronjanker Stadt- und Land-
. Iwte" berichtete darüber am dritten
Tage nach dem Osterfest? unter Nach'
: richten aus Stadt und Umgegend" in
f dem ihm eigenen Stile folgendes:
Gelungene Reklame.
In einem der Schaufenster dir
rühmlichst bekannten und renommier
tcn Firma Henmann Freundlich, Ma
nufakturnxlarenbandlung en gros
und cn dtail und.'ionfektionögeschäst.
- befindet sich seit gestern ein geräumi
ger Käfig und erregt dieser das leb
hafte Erstaunen und die Heiterlcir der
Zahlreichen Passanten. Qx dient näm
lich einem stattlichen jungen .akne
zum 'Aufenthalt. Ia? anfangs sch'.i
umherflatternde T bierchen bat sich
gar bald an seine neue Behausung ge
wöhnt, und scheint eö die ihm von
Herrn Tes'auer. dem eriien stemmte
des Herrn Freundlich, reicfclufc darge
botenen Futter förnrr mir Behagen zu
j genießen, und bietet die? einen aller'
liebsten Anrkif dar.
Herr Hermann Freundlich unter'
breitet nun seinen geschätzten stunden
die folgende Frage: Aus wieviel Fe
dern fetzt sich da? schmucke st'leid des
Halme s 7,us-inin'cii ? Jeder stänstr er
hält für ic fünf Mark feines- Einkauf?
einen Von, und muß er auf diesem dir
von ibm vermuthete ZaM notieren.
Eine Wecke ror dem PfingfiTciie ver
fällt der .inn demSchlachtmes'er und
wird alsdann ror $iotar und Zeugen
. die genaue ZaM der Federn frige
stellt werden. Der Inhaber od-7 -Inhaberin
des dieser Zar,l r.ää
slen kommenden. Von? crböXt a'l
.Pfingstgabc einen Anzug au? echt
Englischem Bto'r, respektive ein Kleid
jin beliebig ni wählendem Stoss und
,Mus:er.
I Wir beglückmünscben Herrn Hei'
mann Freundlich zu dieser wirklich ge
'Iungcnen Idee und hoffen wir, da';
, die schönste unserer Leserinnen den
wobwerdienten Preis davontragen
, wird.
. Diesen Artikel las halb Krojanke.
die andere Hälfte lies; sich davon er
zählen, und ganz Trojane gerieth
in eine geradezu ungebeure Aufre
gung. Das mittlere Schautcnncr des
Heymann Freundlichfchen Magazins
war umlagert. Flankiert von zwei
Ballen rotben Wollstoffe, sogenann
ten Franzofentuches, stand hier der
Käfig des Halm. Freilich war nieder
diefer Käfig so geräumig, noch auch
fein Anfasse so stattlich und munti-r.
wie man es nach dem Bericht des
! L 3 tadi u::d Landboten" hätte arnieb
men müssen, Im Gegentheil, es wac
ein ziemlich kläglicher v.lin, der auf
jednn Hühnerbof eine bemitleidens
wertbe Schwächlingsrolle gespielt hät
te. Tic Bauerfrau, die ibn am letzten
i Markttage zu verkauf gestellt hatte,
war ibn trotz aller Anpreisungen nickt
losgeworden, bis ibn endlich Hey
mann Freundlich in (cgenrechnung
'erstanden batte für zwei bunte
fchentücher, geschmückt mit den wohl
getroffenen Bildnissen einiger hoher
Herren, die ein anderes Schirr als
den Halm in ihren Wappen führen.
Das Tnier schien sich in dem Schau
fettster durchaus nicht wobl zu füblcn.
, Trübselig bockte es da. und nur wenn
sich der schön frisirte Kopf des Herrn
' Dessauer zeigte, der oft nach seinem
Pflegling schaute, gerieth es in Auf
regung. sprang auf. schlug mit den
Flügeln und nabmKampfstellung ein.
Der Habn mußte eben eine tiefgehen
jde Abneigung gegen Herrn Tefsaucr
gefaßt haben.
I Das belustigte die Strafzenjugend.
und da Herr Dessauer seinen Kopf
icht so oft herausstreckte, wie eS da
vrtterhalttlngsbedürfnist der Jugend
erforderte, ging auch sie dazu über,
den 'Hahn herauszufordern durch lau
tes Kräben. Schleudern kleiner St?i
nc gegen die Fensterscheibe. Heraus
stecken der Zunge und ähnliche im
schuldige Unternehmungen.
! Dies batte einen zweiten Artikel
des Stadt- und Landboten" zur Fol
ge, der unter der Ueberschrift Tö.
richte? Bernalten" erzieherisch zu wir
ken suchte, gleichzeitig aber auch die
ergänzende Mittbeilung brachte, das;
der Werth des demGewinner oder der
Geminnerin zufallenden Anzuges oder
Kleides sich auf hundert Mark bezif
fere, dasz Herr Nechtsannxllt und 9io
tar Findeisen die Zählung der Fe
dern kontrollieren würde, und dasz d'e
Betbeiligung an dem hochinteressan
ten Preisrathen bereits eine äußerst
rege wäre.
i" Das war auck selbstverständlich der
pall. denn in ganz Krojanke gibt ci
toohl niemand, der nicht ein Kleid
fcfccr einen Anzug umsonst haben
piochte. Selbst die Frau Superinten
dent kam und ließ sich Bons geben,
lim der Wahrkeit die Ekre zu .geben
die Frau Superintendent war fo
2QV die erste, die zu diesem Zweck ci
flcn Einkauf bei Henmann Freundlich
Machte. Allerdings kaufte sie nickt
für sich selbst, sondern Stoff für.Fen
stervorhänge in der Kleinkinderbc
wahransmlt, im W rthe von zwanzig
Mark, aber die vier Bons, die sie
daraufhin bekam, konnte sie doch für
sich selbst verwenden. Denn was soll
te die Kleinkinderbewabranstalt wohl
damit Mtfanaen? Die kleinen Kinder
konnten sich doch nicht an einem so
schwierigen Unternehmen beteiligen.
Auf die Frau Superintendent folg
te Frau .Rechtsanwalt und 9Jofcr
Findeisen. Ihre Einkäufe waren so i
beträchtlich, dasz sie ihr das Recht auf
zweiunddreißig Bons gaben, und dar
in lag zweifellos eine große Gewinn
chance. Von den Damen der Herren
Gymnafiallchrer brachte es keine ein
zige, nicht einmal die Frau Direktor,
auf nur annähernd eben so viclcBons.
Man hatte eben vor Ostern schon zu
viel eingekauft. Aber für zebn oder
znxlnzig Mark kaufte doch eine jede
von ibnen bei Henmann Freundlich,
wie es denn überhaupt in diesen Ta
gen in ganz Krojanke kein einziges
groizjähriges weibliches Wesen gab,
das nicht irgendeinen ganz und gar
zwingenden Grund gehabt hätte, et
was durchaus ')!othn-endiges, nur tn
Freundlichs Manufaknirwaarchand.
lung in entsprechender Güte Borhan
denes zu besorgen.
Als am Sonnabendmorgen der her
gebrachte Krojanker Wochenmarkt er
öffnet nmrde, hatten bereits in der er
sten Viertelsrunde sämmtliche Bauern
frauen, die junge Hühner feilboten,
ihren Vorrath ausverkauft. Die Nach
f-age überstieg bei weitem das Ange
bot. und eine riesige Hausse in Hüh
ncrn war die natürliche Folge. ' Am
Sonntag gab es in sehr vielen Fairn
lien junges Huhn zum Mittagessen.
Obgleich das Wetter sebr sckön war,
lief; sich am Nachmittag kaum jemand
auf der Promenade seben Krojan
ke war zu sehr beschäftigt. Krojankc
batte keine Zeit zu Spaziergängen,
Krojanke mustte Hühnerfedern zählen.
Denn die grosze Frage zu lösen, wie
viel Federn Henmann Frcundlichs
junger Hahn hätte, schienen natürlich
die aus solider Erfahrung gewönne
ncn Folgerungen weitaus geeigneter
als unfruchtbare Spekulationen.-
9!iemanden aber beschäftigte diese
Frage mcbr als Herrn Gymnasial,
oberlekrer Böhmke. Herr Oberlehrer
i Böhmke imtcrricktcte in Matbematik
und arurwis'enscka fteil . Außerdem
':-ct er eine Gattin. Frau Böhmke
i war sparsam. Von den Henmann
I Freundlichscken Bons hatte sie nur
einen einzigen erstanden: ein Hubn
aber hatte sie am letzten Sonnabend
überhaupt nicht gekauft, die Preis?
waren ibr infolge der Hühnerhausse
doch zu hoch erschienen. Und warum
auch? ..Das baben wir doch nickt, nö
:big." sagte sie zu ihrem Gatten: ..du
gibst doch Unterricht in der Zoologie,
also mußt du mir ganz genau sagen
können, wieviel Federn der Hahn
bat."
Wäre Herrn Böhmke diese Frage
von einem Schüler vorgelegt worden,
so hätte er ihn ngendwie kurz abgefer
tigt und sich vorgenommen, den Vor
witzigen in der nächsten Zeit einigen
wohlthätigen erzieherischen Schikanen
ni unterwerfen. Seine Gattin aber
konnte er weder kurz abfertigen noch
schikanieren: das wäre ihm sebr übel
bekommen. So gab er denn eine aus
weichende Antwort: das könnte man
Mrklich nickt so genau wissen, es gä'
be zuvielunterschiede zwischen den ein
zelnen Hähnen usm.
..Unsinn." meinte Frau Böhmke;
ein Mensch bat genau soviel Knochen
wie der andere, alfo hat auch einHubn
ebensoviel Federn wie das andere
Wenn du es nicht weißt, mußt du es
herausbekommen. Das erwarte ich
von dir."
Der HerrOberlehrer hätte mm ant
Worten können, daß der Vergleich mit
den menschlichen Knochen nicht zuträ
fe. und nmn sich eher auf die doch
durchaus verschiedene Ausrüstung mit
Haaren vergleichsweise beziehen konw
te. Aber darauf kam er nicht, das war
zu naheliegend. Er seufzte nur ver
tröstete seine Frau damit, daß die Sa
cke ia noch Zeit hätte, und beschloß,
sich wenigstens einmal den Hahn in
Hcymann Freundlichs Schaufenster
anzusehen.
Herr Oberlehrer Böhmke war in
keiner besonders angenehmen Ge
nrüthsverfassung, derHahn aber schien
es noch weniger zu sein. Kümmerlich
zusammengesunken hockte er in seinem
Käfig: die Straßenjugend, diefer Un
tcrhalwng bereits überdrüssig (der
Stadt' und Landbote" führte das
ganz unberechtigter Weise auf seine
crmahnenden Worte zurück), animier
te ihn nicht mehr, und auch auf Herrn
Tessauers schön frifirten Kopf rcagirt
er nicht mehr. Ia, selbst das Futter,
das ihm Herr Dessauer spendete, rühr
te er kaum mehr an.
Der Hahn ist krank oder meschug.
ge." sagte Herr Dessaucr zu seinem
Prinzipal. Ihm wird mies, wenn
er Sie siebt." entgegnete Henmann
Freundlich, der gerade schlechter Lou
ne war; lassen Sie ikn inRube. dann
wird er wieder gesund werden." DaS
tkat der Hahn aber nicht: er wurde
immer kränker und zwar mit solcher
Konsequenz, daß er am zehnten Tage
feiner Gefangenschaft im Schaufenster
starb, an einem Freitag um fechsein
viertel llhr Abends, gerade als das
Freundlichsche Magazin geschlossen
wurde, weil der Schabbes angefangen
batte.
Was nu?" jammerte Henmann
Freundlich. Ich will doch noch vier
Wochen lang Bons vertheilen!" Einen
anderen Hakn unterschieben? Das
ging nicht, denn der todte trug an',
linken Fuß den ibm von .Herrn Notar
Findeisen angelegten Ring mit Plom
be. der ihn als den ollein echten Ori
ginal-Preishahn kennzeichnete. Und
den todten Hahn vier Wochen lang
aufheben? Dagegen würde er energi
schen, an den Geruchssinn appellieren,
den Protest einlegen. Aber es gab ja
einen einsacken Ausweg. Henmann
Freundlich lief zu Herrn Rechtsan-
Natt und Notar Fideisen. Der Hahn
ist todt, Herr Rechtsanwalt!"
Gehen Sie lieber zum Thierarzt.
sagte der Rechtsaiuvalt: aber der
wird auch nicht mehr helfen können."
Herr Notar," erklärt? Freundlich,
wir müssen die Federn schon jel;t
zählen. Sie müssen Protokoll aufneb
men. Ds Resultat bleibt aber natür
lich bis zum festgesetzten Termin gc
beim."
Der Notar schüttelte den Kopf.
..Das mache ich nicht. HerrFreundlich.
Bedenken Sie: meine eigene Frau bat
zwciunddreißig Bons. Wenn sie nun
zufällig gewinnt, wird jeder sagen, ich
hätte nicht den Mund gehalten."
Das sah Heyman Freundlich ein;
er kannte die Welt. Uebrigens hätte er
Frau Findcisen die Prämie gegönnt,
die Dame kaufte ja genug bei ihm.
Schön. Herr Notar." sagte er. nxr.
den wir die Federn also nicht zähleil.
Wir werden sie in Ihrer Gegenwart
dem Hahn abrupfen, wir werden sie in
ein Glasgefäß thun. dasSie verfiegcrn
iverden, und gezählt wird erst an dem
festgesetzten Tage, wenn keine ausge
füllten Bons mehr entgegengenoni
men werden."
Das wurde gemacht. Henmann
Freundlich besorgte ein EinmächglaL.
Dmit das Arrangement aber stattli
cher aussähe, wurde in das Glas zu
nächst ein aus Pappe geklebter, oben
geschlostencr Zylinder gestellt und um
diesen bcrum und obenauf die Federn
geschüttet. .Herr Notar Findeisen hat
te daran nichts auszusetzen, denn es
kam ja für die Prcisbewerber nicht
daraus an. anzugeben, wieviel Federn
in dem Glase enthalten tnären. son.
dcrn wieviel der Hahn besessen hät
te. Der . . Stadt- und Landbote"
brachte einen neuen Artikel. Er be
dauerte den Tod des Hahnes, machte
Mittbeilungen über das Lebensalter
verschiedener Thiere und freute fick,
der Lösung., Ganz Krojanke ging, sich
das Glas mit den Federn anzuschalt
en. Auch Herr Gnmnasialoberlehrer
Böhmke. Er, war sehr zufrieden.
..Jetzt kann die Mathematik helfen!"
dachte er bei sich. Und nachdem er die
Ueberzeugung gewonnen zu haben
glaubte, daß das Einmackglas einen
Durchmesser von 1 1 Zentimetern hat
te und bis zur Höhe von 13 Zentime
tern mit Federn gefüllt N'äre. ging er
nach Hause, klaubte heimlich aus e:
nem Kopfkissen eine Handvoll .Federn
heraus und stellte diefe Rechnung an:
Ein Zylinder von 11 Zentimeter
Durchmesser und 0,5 Zentimeter Hö
he enthält r Federn: ein Zylinder von
gleichem Durchmesser, aber 18 Zenti
metern Höbe enthält also 36 Fi
dern.' Er war wirklich sebr zilfrie
den. Am Sonnabend, eine Wocke vcr
Pfingsten, begab fich Herr Recktsan
nxilt und Notar Findeisen zu Hey
mnn Freundlich. Das Einmachglas
wurde geöffnet, und die Zählung der
Federn begann. Als nach , 6 Ubr
Abend die Rolläden an den Fenstern
des Magazins aufgezogen wurden,
weil Schabbes vorüber war. hing am
mittleren Schaufenster ein Plakat:
Die Anzahl der Federn beträgt
8145."
Geminnerin war Frau Rechtsan
walt Findcisen geworden mit derZahl
8140. Da die Dame auf ihre 32
Bons zwi.scken 7000 und 18,000 sich
bewegende Zahlen geschrieben hatte,
waren ibre Aussichten von vornherein
beträchtlich gewesen. Der an diesem
Abend sehr spät erscheinende ..Stadt'
und Landbot theilte als Kuriosum
mit, daß die höchste abgegebenen Zahl
auf 22,317 gelautet hätte.
' Diese Zahl hatte Frau Gymnasial
oberlehrer Böhmke niedergeschrieben.
Die Folge war, daß sie einige, oder
vielmebr viele durchaus kränkende
Worte an ihren Gatten richtete. Herr
Oberlehrer Böhmke ging wüthend an
seinen Stammtisch. Und er hatte doch
richtig gerechnet! Von dem Pappzy
linder im Einmachglas wußte er ja
nichts. Seine Ehre als Gelehrter war
angegriffen. Ein gekränkter Gelehr
ter redet mehr, als er verantworten
kann. -: Schwindel," sagte Herr
Böhmke an feinem Stammtisch:
Findeisen und Freundlich haben
beide geschwindelt!"
Das Wort sprach sich herum, und
da alle an dem Wettbewerb Bethei
ligtcn mit Ausnahme der siegreichen
Frau Findeisen natürlich über den
Ausgang empört warm, wurde Herrn
OberlehrerBöhmkes Ansicht allgemein
getheilt. Hcymann Freundlichs Ma
nufakturwaarenhandlung undKonfck
ttonsgeschäft wurde boykottiert, No
tar Findeiscn als vertrauensunwcrthe
Persönlichkeit angesehen. Der Notar
stellte Beleidigungsklage gegen Ober
lehrer Böhmke, will aber noch eine
Entschädigungsklage wegen des auf
denOberlehrer zurückzuführeildenBoy.
kotts folgen lassen Er berechnet sei
nen Schaden für die nächsten Jahre
auf mlnderttausend Mark. .
Im Gymnasium sieht maiz frohe
Gesichter. Böhmke wird reinfallen."
beißt es, Böhmke wird hunderttau
send Mark bezahlen müssen.. Ob er
wobl nach Amerika ausrückt?"
A S a u f p r a ch.
Ein biederes Schwabenmädchen,
das nach fünfjährigem Aufcnhalt in
Amerika seine bei Tübingen wohnende
Mutter besuchte, wurde von derselben
unter anderem auch gefragt, was dv
Amerikaner für eine Sprache hätten.
O". versetzte die Tochter, dui Hand
ä Sausprach: en' Gaul boißet fe
...'das" lSorse). Schossleisch hoißet fe
Motten" (Mutton). Wie goht's Ih
na hoißt Hau di do" (How do you
do) und, was denkst, au do derzu !, en
Unterrock hoißet se ..Bhüctigott""
(Petticoat.)
Per Keist der Präsidentin.
r ' c
Humoreske von H a n s R e i s.
I Ein leises Klopfen erklang und auf
das freundliche ..Herein" der Geheim
räthin trat Tine ins Zimmer.
Das alte Mädchen blieb an der
Thür stehen, und ihre großen verar
beteten Hände strichen erst einlge Ma-
j le verlegen über die saubere Schürze,
ti;c sie mit tiefem Aufathmen begann:
! Ich möcht' die Frau Räthin bit
tcn. ob ich nicht wieder könnt' oben in
meine alteMädchenkammcr schlafen?"
Ia, aber warum denn?!"
, Die noch jugendliche Hausfrau sah
erstaunt auf. Ihr Mann hatte bk
hübsche Vorstadtvilla, die sie jetzt be
wohnten, vor wenigen Wochen erst
von einerVenvandtcn, der Frail Pnv
sident Lenz geerbt. Und die Tine, die
der Verstorbenen zwanzig Jahre treu
gedient hatte, war gleichsam mit in
seinen Besitz übergegangen. Die Ge
hcimräthin glaubte dem alten Fakto
tum cinc besondere Gunst zu erweisen,
als sie ihm anstatt der dtirftigen
Tachkamnier ein hübsches Parterre
zimmer überließ, das unmittelbar ne
den der Schlafstube der verstorbenen
Präsidentin lag.
Tine hatte die Frage ihrer Herrin
zunächst nicht beantwortet. Ihr ohne,
hin stark geröthctes Gesicht war noch
um cineSchattirung röther geworden,
und ihre runden Augen glitten rastlos
hin und her.
..Ich kann da nicht schlafen!" stieß
sie endlich hervor. Ich graul' mer
so."
Ia aber warum denn?!" wie
derholte die Hausfrau ganz verdutzt.
Weil. . . die Frau Räthin werden
verzeihen, aber ..." die Stimme des
alten Mädchens sank jetzt zu gehein:
nißvollcm Flüstern herab, da neben
an. . . in der Schlafftub' von der
fel'gen Frau Präsident... da ist'S
nicht geheuer. . . Da spukt's."
. Ach Tine das ist ja Unsinn,"
verwies sie dieGcheimräthin, während
ihr Neste, der Lichterfelder Kadett,
der fick mit einer Zigarre auf dem
Sofa herumrekelte, in ein schallendes
Gelächter ausbrach.
Tine warf zuerst einen grellcnden
Blick auf den künftigen Vaterlands
Vertheidiger und sagte dann feierlich:
Kein Unsinn, gnä' Frau, so wahr
ich hier steh! Denn alle Nacht Schlag
zwölf - man kann ja die Thurmubr
deutlich hören dann raschelt's im
vordern Korridor. . . und es kommt
jemand mit leisen, vorsicht'gen Schrit
ten den Gang entlang . . . und macht
an der Schlaszimmerthür der fell'ge.
Frau Präsident Halt. Und dann . . .
wird sachte die Klinke runtcrgcdrückt
. . . und man hört deutlich, daß je
mand durch Zimmer geht und dabei
leise seufzt. Und dann knackt di:
Bettstell', und dann. . . bleibst's still
tedtenstill die ganze Nacht. Aber
allemal am Morgen wenn ich aus
meiner Swb' komm'' steht die Zim
merthür von nebenan halb auf wo
ich fie doch jeden Abend selbst zu
macht! Und die Nissen im Bett smd
zerdrückt, aber 'man ganz wenig, so
als wenn sich einer nicht recht getraut
hat. Und das sag' ich man bloß:
Ich hab' die Frau Präsident gewiß
lieb gehabt, und sie war 'ne fein?
Dame; aber so was müßt' sie nich
machen Das is nich recht von
ihr..."
Ach. Tine das baben Sie ge
träumt," sagte die Hausfrau; aber fie
war ganz blaß geworden. Merkwür
dig Tine war doch sonst 'ne ver
ständige Person ....
Der .Kadett wollte sich immer noch
ausschütten vor Lacken. .Aber Tine.
altes Haus, is ja Blech " rief er
mit der ganzen Würde feiner 10
Jahre. Geister gibts nich! Is ja
2?umpitz!"
Tine brummelte etwas vor sich hin,
das sich beinahe so anhörte wie
Schasskopf!" Laut aber sagte sie:
Der Herr Kadett kann ja die nächste
Nacht mal in meiner Swb' schlafen,
dann wird er ja sehen, obs Geister
gibt."
Der jugendliche Krieger sah einen
Moment verblüfft aus, dann aber
schlug er sich vor Vergnügen auf die
Schenkel und bramarbasirte:
..Tonnerwetter famoser Gcdar
ke! Wie weiland mein Namensvetter
Georg denDrachen bezwäng, so werde
ich jetzt den Geist der Tante bczmin
gen. Haha!" Und er lachte so recht
dämlich, wie Tine fand.
Als das geheimräthliche Paar nebst
Ruth, dem fünfzehnjährigen Töchter
lein, am nächsten Morgen zum Früh
stück erschienen, war' der Kadett schon
anwesend. Es war das sehr auffal
lend, denn sonst pflegte er bis in den
kellen Mittag zu schlafen. Blaß und
schweigsam saß er vor der noch gefüll
ten Kaffeetasse, und der Brötchenberg
neben ihm zekgte noch kein Abnahme.
Auch war der Scheitel nicht mit der
gewohnten Akkuratesse gezogen. Alles
höchst bedenkliche Symptome.
Auf die lächelnde Frage des Haus
herrn: Na, Georg, wie war es
heute Nacht?" antwortete er zunächst
nicht, sondern seufzte nur tief auf.
Erst als die Hausfrau die Frage wie
derholte, sprach er mit dumpfer Stim
me: Scheußlich war's! Einfach scheust
lich!! Es verhielt' sich nämlich genau
so, wie Tine uns erzählt hat.
Aber Georg " unterbrach ihn
die Geheimräthin. Auch ihr Mann lä
chelte nicht niehr.
Bis halb zwölf hatte ich gelesen",
fuhr der Kadett fort, dann aber
löschte ich das Licht und wartete , .
Immer wieder mußte ich an Tines
Worte denken, und obgleich eS todten
ftill war, glaubte ich allerlei seltsame
Geräusche zu .hören. Eine ungetnüth
liche Situation! Und dann um Mit
ternacht der letzte Schlag der alten I
Thurmuhr war noch nicht verklungen
da . . . kam es thatsächlich das
Räthselhafte. Geheimnisvolle. . . Alle
Geräusche, die Tine beschrieb, habe
auch ich deutlich gehört; dann- aller-
dings blieb's still so angestrengt ich
auch lauschte. Ich aber lag wie in -Schweiß
gebadet, und dic ganze Nackt
habe ich kein Auge zugethan!" !
Du gingst also dem Spuk nicht
zu Leibe?" fragte der Geheimrath un.
sicher. , !
Nein. . . nein," lautete die klägli-;
ehe Antwort. -
; Merkwürdig höchst merkwür- j
dig." sagte dieGeheimräthin. Sie und i
Ruth waren sehr blaß gelvorden. und
auch derHauöherr machte ein finstere,'
Gesicht. i
Da es Georg nicht gelungen ist, '
dem sonderbaren Spuk aus den j
Grund zu kommen," sagte er nach ei-
ner Weile, so schlage ich vor: wir '.
olle erwarten dieMitternacht heute im ,
Schlafzimmer der seligen Tante." i
Und so geschah es. j
Nach dem Abendessen begab man
sich in das bewußte Zimmer, das mit '
seinen hellen Eichenmobcln Und der
schadhaften Tapete eigentlich einen
recht harmlosen Eindruck machte.
Alle waren einverstanden, als d-'r
Geheimrath eineSkatpartie vorschlug.
Jedoch das Spiel vermochte dic selt
same Unruhe, die sich aller bemäch
tigt hatte, nicht bannen.
Ruth bekam viel Schelte, denn sie
spielte miserabel. Die Hausfrau ver
gab sich regelmäßig, und der Geheim
rath verlor einen Grand mit Vieren,
was ihm in feinem ganzen Leben noch
nie passiert war.
llnd jetzt die vier Insassen des.
Zimmers faßen mit bleichen Gesich
tern, und ihre Herzen klopften bis
zumHalse jetzt hub dic alteThurm
uhr draußen mit lauten, tönenden
Schlägen an, die Mitternachtsstunde
zu verkünden.
Hui, da prisf ein heftiger Wind
stoß um das Haus! Ein Fenster flog
auf, und Meister BoreaS blies mir
vollen Backen in die Stube. Er
machte, daß die Lampe einen Moment
hoch aufflammte und dann jäh erlosch
so daß alles in tiefster Finsterniß
lag.
Das geschah grade in dem Moment,
als draußen der letzte Schlag der al
ten Thurmuhr verklang.
Die vier Menschen im Zimmer
saßen regungslos. All ihre Sinne
konzentrierten sich nur aus das Ge
hör. Und da trotz Regens und
Sturmgebraus vernahmen sie ganz
deutlich wie es sich im vorderen
Korridor leise und geheimnißvoll ?u
regen begann. Mit müden, schleppen
den Schritten tappte es langsam den
Gang entlang . . . Das waren keine
menschlichen Tritte nein, das war
etwas Geisterhaftes, Ueberirdisches.
Vor der Zimmerthür machten die
Tritte Halt, man hörte einen leisen,
schmerzlichen Seufzer, dann wurde
die Klinke vorsichtig herabgedrückt.
Ein. . . zweimal vergebens; aber jetzt
jetzt sprang die Thür lautlos auf
. . . Eisige Zugluft drang ins Zim
mer und dann glitt es herein. Man
sah nichts, man hörte .nichts, man
fühlte nur es war da!. . . Und j;
der der vier Anwesenden schwor nach
her, daß er gerade er deutlich von
dem geheimnißvollen Etwas gestre'ft
worden wäre.
Da jetzt knackte die Diele, dann
rauschten die Kissen des Himmelb tts,
und dann war es still, todtenstill....
Sekundenlang saßen die vier Men
schen, ohne sich zu rühren. Sie waren
wie erstarrt.
Ruth war es, d zuerst ein Lebens
zeichen von sich gab. Da ihr seit
Iahren die Pflicht oblag, für Licht zu
sorgen, so , griff sie auch jetzt gewohn
heitsmäßig nach den Streichhölzern
und zündete die Lampe an.
Als ihr mildes Licht wieder fried
lich das Zimmer bestrahlte, fand auch
die Männlichkeit die Bewegungsfrei
heit wieder. Onkel und Neffe erhoben
sich fast gleichzeitig, um Thür und
Fenster zu schließen..
Nur die Hausfrau saß immer noch
wie eine Statue. Gleich den anderen
durchforschte auch fie mit großen, ent
setzten Augen jeden Winkel des Zim
mers. sah auf den Fußboden, blickte
zur .Decke empor allein nichts Ver
dächtiges war zu spüren. Es schien,
als habe die Erde den Geist ver
schluckt. Doch Ruths Augen bohrten sich
immer intensiver in das alte Him
melbett. Dann trat fie näher lang
fam Schritt vor Schritt, strich vor
sichtig die Decke zurück und brach
in ein unauslöschliches Gelächter aus.
Da haben wir den Geist!" rief sie
triumphierend. Flock, altes Thier,
komm', zeig dich mak."
Der grotzePudel aber lag ruhig da,
eng an die Bettwand , gedrückt, und
blinzelte die Anwesenden der Reih
nach mit verschlafenen Augen an.
Als man Tine am nächsten Morgen
den Geist vorführte, schlug sich das
alte Mädchen mit einer drastischen Be
wegung vor die Stirn.
Nee, aber auck so dämlich daß
ich an den Hund nich gedacht hab'!"
sagte sie in edler Selbsterkenntniß.
..Die Frau Präsident las ja stets bis
Mitternacht, und dann Schlag
zwölf - rief sie den Flock rein, und. r
mußt' sich in ibrem Bett ihr zu Füßen
niederlegen. Nu is das dem Thier
wohl noch so in der Gewohnheit gewe
sen und er hat das beibehalten. Na,
it man gut. daß 's bloß der Flock ge
wesen is," fetzte fie noch murmelnd
hinzu. .Ich hab' doch bestimmt ge.
4
dacht, 's war de Frau Präsident
selbst."
Aie 'Flachtragende.
.
Skizze von A. L a tt - Felsberg.'
, .
Als sie ankam, machte sie gerade
das Dutzend voll.
Wie eine Puppe sah sie aus, so zier
lich und klein lvar sie. Ihre älteste
Schwester nahm sich der Kleinen zärt
lichst an, da sie aufgehört hatte, mit
ihren Puppen zu spielen; damals
spielten Mädchen noch bis zum 15.
Jahre mit Puppen.
Sie fand es reizend, daß dem süßen
kleinen Ding sogar dic Wäsche ihrer
großen Sonntagspuppc paßte, die
kopflos im geräumigen Spind einer
Auferstehung entgegensah, die ge
wöhnlich in den ersten Dezembermo
chcn stattfand. j
Bis dahin konnte Baby die Pllp-'
penwäsche ruhig benutzen. Allzuviel
Kinderwäschc war so wie so nicht vor
banden; für solch Nesthäkchen, dem
elf vorangegangen, genügte es. muß
te es genüge, kein neues Fädcheu
kam an das, rosige Körpcrcken, das
nun die Puppenrolle bei der Aeltestn
vertrat.
Aber trotzdem gedieh es prächtig
zum Jubel seiner elf Geschwister. Sie
stritten sich förmlich um ihren Lieb
ling und putzten ihn mit Spitzen und
Bänden, die sie aus allen mög
lichen Schubladen hervorsuchten.
Kleinchen war unter einem mild
thätigen Stern gebore, dem Stern
des Nachtragens".
Hemdchen, Röckchen. Strümpfchen
und Schuhe hatten stets Vorgänger
gehabt, die fie benutzt hatten, ehe fie
an ihr Körperchcn kamen.
Aus den abgetragensten Kleidern
ihrer größeren Geschwister fiel immer
noch etwas für sie ab. Wunderhübsch
verstand es dic Aclteste. aus Flicken
etwas für ihre Puppe znusammcnzu
schneidern. Kleinchen wurde größer, aber neues
erhielt sie immer noch nickt. Sie
kleidete auch alles gut, sie sah stets
zierlich und nett aus, auch in dem
alten Kram.
Kleinchen war aber durchaus nicht
zufrieden mit diefer Art. mit der man
fich mit ihrer Toilette abfand. Ihr
glühendster Wunsch war. so bald xvxz
möglich so groß zu werden, daß sie
alle die überragte, die ihr großmüthig
ihre Garderobe abliefen, sobald si?
fadenscheinig zu werden begann?
Zur Einsegnung wenigstens glaub
te sie endlich ein neues Kleid zu crhal
ten. Und wirklich wurde großer Faml
lienrath abgehalten, ob es Wolle oder
Seide sein sollte.
Kleinchen träumte drei Tage und
drei Nächte von dem neuen Kleide.
Sie hätte gern mit Wolle vorlicb ge
nommen, nur neu mußte es sein. Wie
herrlich, wie schön mußte es sein,
etlvas zu tragen, was noch kein
Mensch angehabt hatte!
NeueSticfcl, sehr niedlich und fein,
hatte fie schon, auch Handschuhe, die
Röcke waren schon geerbte von den
Scknvitern, nun noch ein neues Kleid
und Kleinchen wäre mit dem Stolze
einer Königin an den Altar getreten.
Aber es sollte nicht sein.
Eine Tante schickte ein schwarzes
Seidenkleid, das etmasaltmodisch ge
worden. Der Stoff war noch tadel
los, und so prangte denn auch an diz
fem Festtage Kleinchen in einer Toi
lette. die sie einer andern nachtrug.
Die Aclteste war längst verheira
tet. Aber da sie fünf Jungen besaß, so
erbte ihre jüngst: Schwester, ihr Lieb
ling. ihre Puppe, immer noch ihre
Kleider.
Wirklich blieb sie so klein, daß ihr
alles passen mußte. Sie ergab sich
auch in ihr Schicksal und trug ruhig
nach.
Sie wurde Braut.
Nun endlich wird es aufhören,
dieses ewige Nachtragen", jubelte sie.
endlich, endlich etwas Neues ein
Brautkleid!"
Ihr Bräutigam war Wittwer und
hatte seine verstorbene Frau sehr ge
liebt. Liebes Kind, du darfst nicht bös;
sein, aber ich habe eine große, groß?
Bitte an dich "
Mit tausend Freuden will ich sie
dir erfüllen!"
Sie war ja so froh, daß fie ihm
eine Bitte gewähren konnte.
An unserem Hochzeitstage trage
das Brautkleid meiner seligen Frau."
Mit großen Augen blickte sie ihn
an. Dann füllten sich die blauen Au
gensterne mit Thränen der Rührung
und er küßte sie weg von Wanzen und
Augen.
Ergeben und schweigend trug sie
alle die Kleider ihrer Vorgängerin
auf. die ganze Schränke voll Gar
derobe hinterlassen hatte.
Aber dann kam ein Tag, an dem
sie doch ein neues Kleid trug, ihr
erstes.
ES war schwarz ein Trauer
kleid. Voll Grauen legte sie es -an,
kühl, so fremd, so ungewohnt war es
ihr.
Sie trug es mm erstell Mal, als
sie ihren Gatten begrub, als niemand
es wagte, ihr ein altes zu bieten.
Eine merkwürdige Scheu batte si:
nun vor neuen Kleidern. Sie war
nicht arm sie hätte sich wie jede an
dere Frau jede Saison ein oder auch
zwei neue Kleider kaufen können.
Aber sie vergaß es, sie sehnte sich nicht
mehr danach, und es kamen auch aller
lei Anforderungen an ihre Kasse. Sie
unterstützte studierende Neffen groß
müthigst, stattete Nichten aus und da
sie selbst keine Kinder hatte, sorgte ste
unablässig für die Kinder ihrer Ge
schwistcr.
Oft kam ein Tag, an dem fie ein
sah, daß sie sich ein neues Kleid zu
legen müsse, sie berieth sich auch mit
ihren Geschwistern und Freundinnen
aber dann kam meist ein dringender
Fall und sie mußte das Geld für da
neue Kleid zu einem anderen, bes
seren" Zweck, wie fie meinte, aus
geben.
Nimm es mir nicht übel, aber du
kannst dich nickt mehr so sehen lassen,
dies Kleid ist mir zu eng, dir pa'r es
wunderschön, bitte, nimm es. du sorgst
,doch nicht für dich, du denkst eben nur
an andere."
So hieß es unendlich oft.
Einmal zu Weihnachten, da gincz
sie strahlend hin und kaufte fich ein
neues Kleid.
Gräue Wolle, ganz bescheiden.
Sie berieth mit der Schneiderin,
.probte an, 'und endlich lag es aw
Weihnachtsabend fertig vor ihr.
Ordentlich fiebernd zog sie es an.
Zu eng über der Brust, die Acrmcl
zu kurz, der Rock zu lang! Sie blicke
in den Spiegel und entsetzte fich vor
ihrem Anblick. Das blanke Futter bl
rührte fie eisig. Rasch zog fie es au?.
Als ihrDienstmädchen eintrat, maß.
fie Prüfend deren Figur.
Richtig, dem Mädchen paßte es uns
freudestrahlend dankte dasselbe.
Es sollte nicht sein sie sollte kein
neues Zeug' haben!
Ihr Herz King nicht am Anißeren,
sie hatte soviel anderes zu denken und
zu thun.
In der großen Familie ibre elf
Geschwister waren alle reich mit Kin
dern gesegnet da kam immer ir
gend etwas vor: Freudiges und
Trauriges, alles lebte sie mit durch,
die kleine Tante, der Liebling von
Groß und Klein.
ttcberall war sie willkommen und
viele Hände putzten sie und statteten
sie ausnlit allerlei schönen, zuweilen
auch kostbaren alten Sachen.
Sie war zufrieden, sie ließ sie)
putzen und lächelte dazu.
Sie lächelte auch noch, als alle an
dereil weinten.'
Das war. als sie in ihrem weißen,
schweren, seidenen Brautkleid, dems-.'l-ben.
das sie der ersten Frau ihres
Gatten nachgetragen, im Sarge laz.
Sie lächelte, ein verklärtes, himm
lisches Lächeln, als unzählige duf
tende, frische Kränze mit neuen, herr
lichen Bändern sie umgaben, als man
-"aernd' den Deckel-berabließ auf ihr
liebes, sanftes, gutes Gesicht.
amcnöwcchscl.
besuche um Namcnänderungen lna
chcn tinmer nun eigcnarligcn m
utud; t nehmen sür ven lucyztellcr
nle ein, uno wenn sie niqt s'eyr gut
begrunoel sind, so bnden sie, $u.naf in
rulgcn ouicn, einen umrujuajcn
weis für einen schwachen, schwankn
den yarJ!:er. zn ttriegszellen ver
sind s,e kaum weniger faziit'.pfl'.ch als
Fahnenflucht, trotzdem kann man d:e
Ablehnung des Gesuches eines Jini;
nes um die Aenderung seines Na?neliS
H. B. Schneider in A. Snyoer ?e
anstanden, soweit die Begründung
Richters in Betracht kommt, dieser
H. B. Schneider ist ein geborener New
Yorker, und hatte um die amcnSän
derung ersucht, weil er infolge s:t:ä
deutschen Samens Schwitrigielten in
geschäftlicher Hinsicht habe, vesvnvers
mit britischen Firmen. Dr Richter
wies das besuch ab, weil der :Vtinn
. einen ehrlichen deutschen Namen trögt,
den er von seinem geachteten Ba:er
übernommen, und daß das (Äkrlch: n'y
' nicht dazu hergeben könne. Iei'and
das Segeln unter falscher Flazg? zu
ermöglichen.- Mit diesen Aussül,
rungen kann man sich durchaus e.mer
standen erklären. Wenn aber der
Richter den Hinweis des H.B. Schlei-
der auf die geschäftlichen Schwierig
ketten mit britischen Firmen 'mit der
, Behauptung abweist, daß nn loviW
amerikanischer Bürger sich auf dcn
, Schutz der Vereinigten Ktaaten gegen
j Ungerechtigkeiten verlassen kann,
I sollten ihm aber Schwierigkeiten in
folge des Krieges erstehen, so müsse cr
. sie als etwas Unvermeidliches ertragen,
I so ist das doch nicht anqän'lick.
Mit dem Schutz amerikanisDer Bürger
britischen Uebergriffen gegenüber ist cs
überhaupt so eine Sache gewesen,
man spricht lieber nicht davcn. Jeden
falls ist es nickt statthast, daß der
Unannehmlichkeiten ertragen soll uno
der Andere nicht, bloß weil st- rersch'e
dene Namen führen! Das rerlrät
sich doch nicht mit dem Grundsatz:
Gleiche Rechte für Alle! Ein P?o
lest, den ein gewisser John McEann
; in einem Breellyner Blatt gegcn die
Annahme irischer Namen seitens gc
boren Russen erhebt, entbehrt nickt
ganz des humoristischen Elements. So
' hatte sich ein gewisser Theodor Bu
halsty m John T. McEann umtaufen
lassen, und der erwähnte John Mc
Cann versichert, daß sich in ein:m ge
wissen Stadttheil hinter Namen wie
Kelly. Moran. Morris. Mulligzn u. f.
w. lauter Russen verbergen! Herr
John McEann hält da- nick: für
Recht! Man muß ihm ohne Zweifel
zustimmen, dcrm. auck wenn er kagi,
daß irische Namen auf Jrlönder be
fckränkt bleiben sollten! Aber wi: in
aller Welt kommen Russen gerade da?
auf, sich irische Namen beizulegen?
sN. I. Freie Zeitung.)
Was ' macht denn der ' Doktor
Schneider?"
Ter privatisirt!"
.Noch oder schon?"

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